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Was in Clausnitz wirklich los ist

 

"Viele Möglichkeiten gab es ja auch nicht", schreibt der anonyme Autor über Clausnitz. © Hendrik Schmidt/dpa
„Viele Möglichkeiten gab es ja auch nicht“, schreibt der anonyme Autor über Clausnitz. © Hendrik Schmidt/dpa

Wer sind die Clausnitzer?
Wir sind das Volk, sagt der Mob.
Radikale Brandstifter, sagt die Vernunft.
Mutige Menschen, sagt Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling.

Nach den fremdenfeindlichen Ausschreitungen gegen Flüchtlinge in dem sächsischen Dorf haben sich in den letzten Tagen viele Meinungen über die Clausnitzer gebildet. Aber was sagen die Clausnitzer selbst? In einem Blogeintrag schreibt einer, der nach eigenen Angaben dort aufgewachsen ist, über Die Schande von Clausnitz – aus der Sicht eines Clausnitzers.

Der anonyme Autor schreibt über hilfsbereite Menschen, die sich um Flüchtlinge kümmern. Über Menschen, die mit rechtsradikalem Gedankengut sozialisiert wurden. Vor allem aber auch über die breite schweigende Masse, über Ignoranz und Neid, die eine Gesellschaft im Kern vernichten.

Er wohnt mittlerweile nicht mehr in dem Dorf seiner Kindheit, erinnert sich aber an judenfeindliche Sprüche zu Schulzeiten, an prügelnde Türsteher mit Springerstiefeln und Thor-Steinar-Jacken, an Sieg-Heil-Rufe im Jugendclub. „Als junger und naiver Mensch möchte man irgendwo dazugehören. Viele Möglichkeiten gab es ja auch nicht – in einer Gegend, aus der einige von uns jeden Morgen über eine Stunde mit dem Bus zur Schule fahren mussten,“ schreibt der Autor. Wenn er daran zurück denkt, hat er das Gefühl, dass es vielen damals gar nicht bewusst war, was sie sagten. „So als ob es einfach nur ein Spaß wäre. Als wäre es das Normalste der Welt … Ich denke an einige meiner Jugendfreunde und ich sehe keine Nazis, sondern einfach nur naive Jungen, die eben mal mit dabei saßen, ohne sich darüber Gedanken zu machen.“

Er spricht aber auch von den anderen Clausnitzern, den „wunderbaren Menschen, liebevollen Menschen, bescheiden, ehrlich und verantwortungsvoll. Menschen, die ich jedes Mal genau aus diesen Gründen gern wiedersehe, wenn ich nach Hause fahre.“ Jetzt jeden einzelnen Sachsen als Nazi zu bezeichnen – „das geht zu weit. Viel zu weit.“

In seinem Blogeintrag macht der Autor dem Großteil der Dorfbewohner in Clausnitz einen großen Vorwurf: ihre Ignoranz. Das Problem sei die „überall existierende, oftmals unauffällige, braune Gesinnung, die sich teilweise im Verborgenen langsam dahinentwickelt, bis sie zu solchen Vorfällen wie in Clausnitz führt. Eine Entwicklung, die viele ganz einfach nicht sehen wollen. Und die dadurch geduldet wird.“ Bezeichnend sei für ihn, dass einige Bekannte bei den Vorfällen dabei waren. Und einfach nur geschaut haben. „Naja, kann ich verstehen, auf dem Dorf ist das ein großes Ereignis … Aber dann nach Hause zu gehen, sich schlafen zu legen und am nächsten Tag auf Arbeit zu fahren, als wäre nichts gewesen?“


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