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Terror in Zahlen

 

Terror in Zahlen

Madrid, London, Paris – und jetzt Brüssel. Die islamistischen Anschläge an diesen Orten stehen für die kollektive Terrorwahrnehmung in Europa. Nicht nur die direkten Opfer, auch alle anderen Europäer sind getroffen, der Terror wirkt als Gefühl ständiger Bedrohung.

Da ist es interessant zu sehen, dass die vergangenen Jahre in Westeuropa vergleichsweise terrorfrei waren. Gemessen nur an den Zahlen der direkten Opfer waren die siebziger und achtziger Jahre deutlich schlimmer. Das zeigt eine Grafik, die der Dienst Statista für die britische Huffington Post schon im vergangenen November nach den Angriffen in Paris erstellt hat. Grundlage ist die Global Terrorism Database.

Zwischen 1972 und 1988 starben jährlich in Westeuropa mehr als 150 Menschen durch Terrorangriffe. Danach gehen die Zahlen deutlich zurück. Einzelne Ausreißer zeigen sich in den Jahren der Anschläge in Madrid (durch Al-Kaida 2004, 191 Tote), Norwegen (durch Anders Breivik 2011, 77 Tote) und Paris (durch den IS 2015, 147 Tote). Das Jahr 2016 mit den Angriffen in Brüssel ist noch nicht abgebildet.

Das heißt nicht, dass die jetzige Terrorangst übertrieben oder gar unbegründet ist. Viele der Anschläge in den Siebzigern und Achtzigern wurden von regional agierenden Gruppen verübt: die IRA in Irland und Nordirland, die ETA in Spanien, neofaschistische Gruppen in Italien, die RAF in Deutschland. Sie waren für die Menschen in diesen Ländern eine Bedrohung, für den Rest von Westeuropa aber jeweils ungefährlich. Der heutige islamistische Terror hingegen zielt auf Europa als Ganzes, jeder Ort kann gleichermaßen zum Ziel werden. Deshalb empfinden ihn Menschen beispielsweise in Berlin als bedrohlicher als damals die Angriffe der ETA oder der IRA, die zwar mehr Menschenleben kosteten, aber auch weiter weg waren.

Ebenfalls keine Verharmlosung, aber doch eine Einordnung, ist der Blick auf die Terroropfer nach Regionen, ebenfalls von Statista und Huffington Post. Zwischen 2001 und 2014 starben weltweit 108.294 Menschen durch Terror, davon 420 in Westeuropa. Allein im Irak waren es mehr als 42.000, in Afghanistan, Pakistan und Nigeria ist die Zahl auch noch fünfstellig.

Infographic: Victims Of Terrorist Attacks outside Western Europe | Statista

Wie sich Anschlagsregionen weltweit verschoben haben, zeigt wiederum der New Yorker Terrorismusforscher und ZEIT -ONLINE-Autor Hammad Sheikh. Er hat aus den Zahlen der Global Terrorism Database ein Video gebastelt, in dem für jeden Anschlag von 1970 bis 2014 ein Punkt auf der Weltkarte aufleuchtet.

Man sieht: Anfangs finden die meisten Anschläge in Lateinamerika und viele in Indonesien statt, aber auch in Europa. Später kommt die Grenzregion zwischen Indien und Pakistan dazu und Israel. In Europa werden die Punkte um die Jahrtausendwende weniger, dafür ballen sie sich zunehmend im Irak und Pakistan und zuletzt auch in mehreren Regionen Afrikas, zum Beispiel im Jemen. „Man kann daran die Verschiebung von kommunistischem Terror hin zu islamistischem Terror nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erkennen“, schreibt Sheikh.

Sheikh hat aus den Daten ein kleines Programm gebastelt, mit dem sich die Attentate beispielsweise auch nach ihrer Art unterscheiden lassen: Selbstmordangriffe kamen erst in den neunziger Jahren im Nahen Osten auf. Ihre Zahl nahm bis heute als Teil des islamistischen Terrorismus rasant zu.


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