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Dinner for Serienjunkies

 

Es ist ja nicht so, als sei noch niemand auf die Idee gekommen, eine Neuauflage von Dinner for one zu drehen. Otto hat es gemacht, Erkan und Stefan (Döner for one), Stefan Raab (mit Elton als Tigerfell!) und sogar Bernd das Brot. Nun hat auch der Streaming-Dienst Netflix den Lieblings-Sketch der Deutschen für seine Geschäftszwecke entdeckt und an sein Programm adaptiert. Und so „sitzen“ an der festlichen Tafel in Miss Sophies Salon nicht Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy und Mr. Winterbottom, sondern die Serien-Protagonisten Saul Goodman (Better Call Saul), Präsident Frank Underwood (House of Cards), Pablo Escobar (Narcos) und „Crazy Eyes“ aus der Gefängnisserie Orange Is The New Black.

Die Idee ist erst mal charmant und der Netflix-Butler James imitiert gekonnt den schmierigen Anwalt Goodman, den machiavellistischen Underwood, den größenwahnsinnigen Escobar wie auch die irre Crazy Eyes sehr treffend. Bei der Vorspeise zünden die Gags noch, Goodman erzählt schlechte Anwaltswitze, Underwood spricht natürlich direkt zum Zuschauer in die Kamera, Escobar schnarrt auf Spanisch „Eines Tages werde ich Präsident von Kolumbien sein“ und Crazy Eyes darf ihr Liebesgedicht an ihre Mitinsassin Piper Chapman rezitieren (You light a fire inside me).

Aber spätestens beim Chicken à la Red (Anspielung auf die Gefängnisköchin in Orange Is The New Black) laufen sich die Gags etwas tot und genauso wie James muss man als Zuschauer bereits beim Champagner aufstoßen. Und wenn man beim Original-James noch beim 25. Stolpern über den Tigerkopf infantil kichern kann, so entfaltet der Pferdekopf von BoJack Horseman einfach nicht denselben Reiz. Vielleicht sind die Werbehinweise dann doch etwas zu holzhammermäßig (Miss Sophie: „Stranger Things ist wunderbar, nicht wahr?“) oder die Inszenierung einfach zu nah an der Vorlage. Für eine Geschichtenschmiede ist das etwas armselig, hätte man doch zumindest den Schwarz-Weiß-Rahmen sprengen oder statt Saul Goodman gleich BoJack Horseman oder Queen Elizabeth (The Crown) an den Tisch setzen können.

Man sieht: Dinner for one ist eben kein Netflix-, sondern ein NDR-Original. Und das ist doch zumindest mal eine gute Nachricht für das deutsche Fernsehprogramm am Ende dieses Jahres.


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