Während Donald Trump auf den Stufen des Kapitols seinen Amtseid schwören und seine ersten Worte als 45. US-Präsident sprechen wird, herrscht ein paar Hundert Meter weiter Chaos: Tische und Stühle werden gerückt, Kissen, Decken und Vasen ausgewechselt, Vorhänge ab- und Kunstwerke aufgehängt, gesaugt, gefeudelt, geschrubbt und mindestens einmal richtig durchgewischt. Eine Schar fleißiger Handwerker und Hausmädchen, Floristen und Dekorateure wirbeln durch die Stockwerke und Flügel des Weißen Hauses, um es für die neue First Family herzurichten. Nur fünf Stunden später öffnen sich die Türen und die oberste Hausdame Angella Reid wird Trump mit den Worten begrüßen: „Willkommen in Ihrem neuen Zuhause, Mister President!“
Für Reid ist es der erste Transfer of Families, für die meisten Hausangestellten in der Pennsylvania Avenue, Nummer 1600 ist es reine Routine. „Ich nenne es organisiertes Chaos“, zitiert die Washington Post Gary Walters, der 21 Jahre lang Reids Posten innehatte. Gespickt mit Anekdoten, Grafiken, Fotos und Lageplänen zeigen uns die Kollegen der Washington Post den genauen Zeitplan dieses „wahnsinnigsten Rituals Amerikas“.
Um vier Uhr früh geht’s los, die Mitarbeiter versammeln sich um Angella Reid, viele werden die Nacht im Weißen Haus verbracht haben. Wann kommen die Umzugswagen der Obamas, wann die der Trumps? Welche Kisten müssen wohin? Welche Gemälde, Statuen und Sessel kommen aus dem Lager in Maryland? Welches Bild kommt an welche Wand? Wie warm muss es im Schlafzimmer sein? Wer füllt die Kühlschränke? Wer repariert endlich die kaputte Lampe im Flur im dritten Stock? Liegen die Handtücher schon bereit? Hat der neue Hausherr eine Hundeallergie? Wann kommen die neuen Blumen? Ist der Rasen gemäht, die Büsche gestutzt? Wer kümmert sich um was? Wer ist wann wo?
All diese Fragen werden in den kommenden Stunden beantwortet werden – wenn nichts dazwischenkommt. Los geht es um 10.30 Uhr, wenn die bisherige Präsidentenfamilie ihr Zuhause Richtung Kapitol verlässt. Vorher heißt es Abschied nehmen vom Personal, das dem Präsidenten traditionell ein besonderes Geschenk überreicht: zwei Sternenbanner in einer edlen Holzkiste: die eine Flagge wehte über dem Weißen Haus, als der Präsident vereidigt wurde; die andere an dem Vormittag, als er das Weißen Haus verlässt.
Ähnlich pathetisch wird es im wichtigsten Raum des Weißen Hauses erst wieder am Nachmittag, wenn der neue Präsident erstmals nicht mehr nur als Gast das Oval Office betreten wird. Jetzt, während der Umbauphase, herrscht auch dort „geordnetes Chaos“. Auch hier werden alle Stühle, Sessel und Hocker, alle Vorhänge und Kissen, jede Büste, jedes Gemälde, selbst der Schreibtisch und das Sofa ausgetauscht – wenn der neue Hausherr dies wünscht. Nur ein eventuell neuer Teppich lässt länger auf sich warten, für den kompletten Austausch der Auslegeware fehlt an diesem Tag schlicht die Zeit.
Für anderes nicht: So werden alle Blumengestecke gegen neue duftende Prachtexemplare ausgetauscht, eine Schar von Archivaren streunen durch die Amtsräume, um auch die letzten Schriftstücke, Festplatten und Mitbringsel ausländischer Staatsgäste, die noch in irgendwelchen Ecken herumliegen, einzusammeln. Um 14.30 Uhr beginnt Hausdame Reid ihren allerletzen Kontrollgang, um 15.30 Uhr heißt es: Spalierstehen für die neue First Family.
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