Die alteingesessenen Parteien wollen endlich, endlich, endlich die jungen Leute erreichen. Wo ginge das besser als auf YouTube? In der „Diskuthek“ haben sich Kevin Kühnert und Philipp Amthor zusammen- und auseinandergesetzt.
In einem neuen Format, das der stern ins Leben gerufen hat, haben sich Juso-Chef Kevin Kühnert und der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor einen halbstündigen Schlagabtausch geliefert. Superlässig in Hemd und Sakko ging es in der „Diskuthek“ auf Barstühlen sitzend um Themen, die die Gesellschaft bewegen – den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, soziale Gerechtigkeit und der Einsatz gegen den Klimawandel.
Zu drei Statements sollten sich die beiden Politiker positionieren. Erstens: Privatpersonen sollen mit Wohnungen Geld verdienen dürfen – nein, findet Kühnert, klar, sagt Amthor. Zweitens: Vermögen und Einkommen sind gerecht verteilt – Kühnert: nein, Amthor: zögerliches Ja. Und drittens: Wirtschaftliche Überlegungen dürften beim Klimaschutz keine Rolle spielen – beide: nein, aber.
Die Positionen der beiden sind nicht überraschend. Amthor wie Kühnert vertreten die Linien ihrer Parteien. Und sowieso ist der Grat für ein cooles Talkshowformat über Politik ziemlich schmal. Weder Kühnert, der als möglicher Nachfolger für den SPD-Vorsitz schon eine Weile in der Erwachsenenpolitik angekommen ist, noch Amthor, dem immer wieder nachgesagt wird, der älteste 26-Jährige der Welt zu sein, wirken so richtig jugendlich-hip.
Aber das ist nicht die eigentliche Schwäche des Formats. In vielen Kommentaren, die unter dem Video zu sehen sind, kritisieren Userinnen und User etwas anders: Den Schnitt des Videos.
Tatsächlich ist das Streitgespräch der beiden Jungpolitiker gefühlt öfter geschnitten als ein Actionblockbuster, die Einblendungen flackern gewollt modern durchs Bild, die Kamera schwenkt wackelig-dynamisch zwischen den Gesichtern hin und her. Das ist vielleicht gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Denn: Was YouTube-Videos wirklich interessant macht, ist die ungefilterte Direktheit möglichst ungeschnittener Clips. So lässt sich Authentizität herstellen. Die Produktion der „Diskuthek“ schrammt daran leider vorbei.
Trotzdem. Zwischen Kühnert und Amthor findet eine nachvollziehbare, angeregte Diskussion um politische Inhalte statt. Das allein kann man als Erfolg verbuchen. Und auch, dass Moderator Aimen Abdulaziz-Said die beiden Teilnehmer an einer Stelle mahnt, „Rezo hätte so nicht gesprochen“, macht da nichts.
Es muss ja nicht jeder wie Rezo sein. Noch hat sich der blauschopfige YouTuber schließlich nicht zur Wahl aufstellen lassen.