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Das Öl des 21. Jahrhunderts

 

Große Digitalkonzerne wie Google, Amazon und Microsoft arbeiten daran, die Zukunft der Wirtschaft zu gestalten, doch ihre Dienstleistungen erweisen sich auch in alten Geschäftsfeldern als nützlich. Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Kooperationen ausgerechnet mit Ölfirmen, die symbolisch wie kaum eine andere Industrie für das vergangene Jahrhundert stehen. Wie Big Oil und Big Tech gemeinsam daran arbeiten, das Bohren nach fossilen Rohstoffen um jeden Preis profitabel zu halten, zeigt dieses YouTube-Video.

Dabei geht es um den Einsatz von künstlicher Intelligenz und damit um deutlich mehr, als nur Speicherplatz auf Cloud-Servern zu verkaufen, den man prinzipiell jeder Branche anbieten kann. Die Innovationen, die die Tech-Unternehmen zum Beispiel im Bereich des maschinellen Lernens hervorbringen, lassen sich nämlich auch dazu einsetzen, Industrieprozesse zu automatisieren und effizienter ablaufen zu lassen. Machine-Learning-Algorithmen können, einmal mit Trainingsdaten gefüttert, eigenständig Muster in neuen Daten erkennen und Entscheidungen treffen – und so zum Beispiel den Stromverbrauch großer, vernetzter Anlagen minimieren. Auch die Ölfelder und Raffinerien von Shell, Total, BP und anderen profitieren von solchen Algorithmen, wenn die Produktion sich automatisch selbst reguliert und Maschinen ihren Wartungsbedarf von alleine melden. Sogar die Suche nach neuen Ölvorkommen in geologischen Daten lässt sich damit automatisieren. Die Macher des Videos zeigen anschaulich die Logik dahinter: Kosten senken, neue Quellen erschließen, um den zur Neige gehenden fossilen Ressourcen doch noch Profite abzutrotzen, beispielsweise durch den neuen Boom der umstrittenen Fracking-Technik in den USA. Google und Amazon haben eigene Abteilungen gegründet, um dafür den Kontakt in die Ölbranche zu etablieren.

Das Problem dabei: Diese strategischen Kooperationen wollen so gar nicht zu dem klima- und umweltfreundlichen Image passen, das sich besonders Google und Microsoft aufgebaut haben. Das Video hebt dabei Google hervor, wo es öffentlich heißt, man sei der Nachhaltigkeit verpflichtet, würde seine Rechenzentren nur noch mit erneuerbarer Energie betreiben und setze seine KI dazu ein, den eigenen Stromverbrauch zu minimieren. Microsoft hat unlängst sogar angekündigt, bis 2030 „CO2-negativ“ werden zu wollen.

Manche Angestellten der Tech-Firmen finden die Deals mit den Ölgiganten deshalb alles andere als gut. Mehr als tausend Google-Angestellte forderten bereits im Herbst in einem offenen Brief an die Konzernleitung, sich strengeren Nachhaltigkeitszielen zu verpflichten und klimaschädliche Kooperationen aufzugeben. Auch bei Microsoft warfen interne Kritiker der Unternehmensleitung bereits vor, den Ölkonzernen dabei zu helfen, immer mehr fossile Ressourcen aufzubrauchen und damit den Klimawandel zu befeuern.


Weitere Netzfundstücke finden Sie im Teilchen-Blog.