Nee, was sind diese Wissenschaftlerinnen von heute aber auch kompliziert! Medizin-Nobelpreisträger Tim Hunt wusste schon, warum er auf einer Konferenz wohl sagte: „Du verliebst dich in sie, sie verlieben sich in dich und wenn du sie kritisierst, fangen sie an zu heulen.“ Denn nicht nur sah er sich aufgrund der großen Entrüstung gezwungen, von seiner Stelle als Honorarprofessor zurückzutreten – wer in dieser verweichlichten Weiber-Wissenschaftswelt hätte damit gerechnet? Jetzt flennen die Damen von Fach nicht auch noch wie sonst immer hilflos rum, sondern zeigen sich betont „sexy“ auf Twitter.
Unter dem Hashtag #distractinglysexy präsentieren sich Forscherinnen in all ihrer Pracht: klug, wortgewandt, schlagfertig, witzig. Gepaart mit einer ordentlichen Dosis Häme, Sarkasmus oder Unverständnis gegenüber Hunt. Vor plumper Anmache fürchtet sich hier niemand. Wer braucht schon Strapse, wenn er einen Ebola-Schutzanzug oder Watthosen vorführen kann?
Brace yourselves male ecologists. Waders are just so #Distractinglysexy! pic.twitter.com/q2qVBnLyNa
— Heidi Thomsen (@HeidiMThomsen) June 12, 2015
Vor allem Schutzmasken rauben männlichen Kollegen regelmäßig den Atem.
Looks like I’m a #distractinglysexy radioactive girl #TimHunt pic.twitter.com/A2wz8Vevmt
— Cam (@cachou_189) 12. Juni 2015
Auch wird demonstriert, dass nun wirklich jedes Forschungsinstrument von Frau gleich erotisiert wird. Ob nun Inkubatoren oder Trennsäulen:
Girls love big chromatography columns! #distractinglysexy pic.twitter.com/Y5Q9Nc32hk — Lissa Herron (@BrasilianScot) June 12, 2015
Da wusste sich manch eine vor all den Zuwendungen nur zu verstecken…
During my PHD I was so #distractinglysexy that I had to hide behind tissue culture waste bins from all my suitors! pic.twitter.com/z4GEILQvAP — Barbs (@Barbita14) June 12, 2015
… andere konnten sich bloß helfen, indem sie ihre Tränen schockgefroren:
I flash freeze my lady tears to avoid making puddles in lab #distractinglysexy #TimHunt #dbagsofscience pic.twitter.com/MjTmvsAbJN — Meg Lara (@Mego888) June 12, 2015
Viele Posts ziehen Hunt damit ins Lächerliche. Bewusst überzogen reagieren die Urheberinnen auf die Äußerungen des britischen Nobelpreisträgers. Es gibt jedoch auch einige, die sie einordnen:
The only time I cried in the lab is when the incubator died, along w my precious primary neurons. So take that #TimHunt #distractinglysexy
— Stacie GrossmanBloom (@stacie_bloom) June 12, 2015
Sicherlich lässt sich darüber streiten, ob der Sturm auf Hunt im Netz angemessen und die Form geeignet ist. Oder ob Hunt nicht vielleicht zu viel Aufmerksamkeit und damit Bedeutung bekommt. Doch es geht um mehr als diesen einen Wissenschaftler. In der Forschungswelt sind Frauen noch immer unterrepräsentiert, die Führungspositionen äußerst ungleich verteilt. Und nicht wenige berichten, dass das Ungleichgewicht früh zu spüren sei.
Zuletzt hatten Wissenschaftlerinnen Anfang Mai mit einer Twitter-Aktion auf die verzerrte Wahrnehmung ihrer Rollen in der Forschung aufmerksam gemacht. Unter #girlswithtoys stellten sie klar: Fette Forschungsgeräte sind nicht bloß Spielzeuge für Jungs. Zahlreiche lichteten sich selbst ab mit ihren Radioteleskopen, Mars-Rovern oder Bauteilen für den LHC-Teilchenbeschleuniger.
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