Petra R. zum Beispiel findet, dass sie es viel zu gut haben hier in Deutschland, die Asylbewerber – oder, in ihren Worten: die Asylanten. „Nur als Asylant ist deine Existenz in Deutschland bedingungslos gesichert, nicht jedoch als Deutscher“, twitterte sie. Nun sitzt eine solche „Asylantin“, ein Mädchen, das als Flüchtling nach Deutschland kam, vor der Kamera, und liest den Satz vor. Ihr unsicherer Blick allein zeigt, wie wenig sie mit dieser Stammtischparole anfangen kann, die doch ihre Realität zu beschreiben vorgibt. Das von der Kirche getragene Portal katholisch.de hat mehrere solcher Tweets von Flüchtlingen in ihren Unterkünften vorlesen lassen. Die Flüchtlinge selbst kommen anschließend allerdings nicht zu Wort – das übernimmt für sie ein Flüchtlingsexperte.
Soziale Netzwerke tragen dazu bei, dass sich sogenannte Hate Speech dieser Art leicht verbreitet. In Posts und Tweets ist dann nur noch von „Asylanten“ die Rede, nicht von Flüchtlingen; von „Vier-Sterne-Hotels“, nicht von Massenunterkünften; von „leistungslosem Einkommen“, nicht von Existenzsicherung in Form von Sachleistungen.
Zum Tweet von Petra R. übrigens sagt der Flüchtlingsexperte Gisbert von Haugwitz: „Die Existenz als Flüchtling wird hier auf niedrigstem Niveau ‚gesichert‘. Sie haben ein Dach über dem Kopf und ein Bett, in dem sie schlafen können und sind – vorerst – nicht mehr der Verfolgung im Heimatland ausgesetzt. Andererseits leben sie zermürbend lange im Ungewissen, ob sie nicht vielleicht doch zurückgeschickt werden.“
- Wie Obdachlose reagieren, wenn sie gemeine Tweets über sich vorlesen, erfahren Sie in diesem Teilchen.
- So könnte es auch gehen: In fünf Reportagen haben wir gezeigt, wie erfolgreiche Flüchtlingspolitik funktioniert.
- In welchen Städten wie viele Flüchtlinge untergebracht werden, sehen Sie in unserer Deutschlandkarte.