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Schuhkauf hilft immer

 

Mit Elektropop und Stilbewusstsein zum Stimmungshoch: Soffy O. macht Musik für gebeutelte Großstädterinnen. Auf „The Beauty Of It“ singt sie vom verkorksten Gefühlsleben und bittet zum Tanz

Cover Soffy O

Es ist Samstagmittag. Ein paar Sonnenstrahlen schlängeln sich zwischen Fensterscheibe und Gardinen in Charlottes Bett und kitzeln ihre Wimpern. Augen auf, auch wenn es schwer fällt nach dieser durchtanzten Nacht. Draußen ist der Tag, ist das Leben, sind die Leute! Schnell den Schlaf weggewaschen, dann hinein in die Röhrenjeans, das Streifenshirt und Muttis abgetretene Schluppenstiefel. Rot auf die Lippen, Kajal auf die Lider, den Haarreif in die wilden Pony-Strähnen geschoben, Lederblouson und Täschchen geschnappt und aus der Tür. Ach, den iPod nicht vergessen!

Keinen Schritt mehr tut sie ohne ihr neues Lieblingsalbum: The Beauty Of It von Soffy O. Energisch, mädchenhaft, selbstbewusst – mit diesen Klängen im Ohr wird der rhythmisch wippende Marsch an den Milchkaffeebars entlang über den belebten Szenelaufsteg zum vollen Erfolg. Blicke sind garantiert. Hallo hier, Küsschen-Küsschen da. Manchmal auch Küsschen-Küsschen-Küsschen.

Bestens gelaunt und ein bisschen verwegen reserviert entert sie den angesagten Klamottenladen. Konsum wird helfen, dass die gute Stimmung bleibt. Ein kurzer Plausch mit der Verkäuferin über die neue Schuh- und Hosenlieferung, dann ein Besuch beim diensthabenden Boutiquen-DJ. Er legt gerade Soffy O. auf. Die spiele er hier oft, sie passe so gut zur Mode in den Regalen: Club-Kultur gemischt mit Sounds der 60er und 80er. Er freue er sich besonders, wenn mal jemand nachfragt. Soffy O. heiße eigentlich Sophia Larsson Ocklind und komme aus Schweden. In Deutschland habe sie schon 2001 einen großen Hit mit den Berliner Technojungs von Tok Tok gehabt, weiß er. Das Album habe Mocky mit ihr produziert. Und auf Don’t Go Away singe er auch.

Dazu kann Charlotte prima die Sonderangebote durchstöbern. Zum nächsten Lied Haven’t Had Much findet sie einen breiten Ledergürtel mit großer Metallschnalle, die passenden Cowboystiefel warten schon zu Hause. Everybody’s Darling empfiehlt einen gepunkteten Petticoat und rote Ballerina-Schühchen. Das kühle Let Me Care bleibt ganz in Schwarz, aber auf einer Seite schulterfrei. Während You Push Me läuft, probiert sie ein Oberteil mit Fledermausärmeln, Neon-Gelb mit pinkfarbenen Blitzen drauf. Vor dem Spiegel in der Umkleidekabine übt sie aufregende Tanzposen für den kommenden Disco-Abend ein, Fun Fun Fun.

Soffy O. spricht Großstadtmädchen wie Charlotte aus der zerwühlten Seele. Ihre naive, starke Stimme erinnert mal an eine generalüberholte Janet Jackson und mal an das knatternde Timbre von Louise Rhodes, der Sängerin des englischen Triphop-Duos Lamb. Sophia Ocklinds Pop ist mal fröhlich, mal düster, mal süßlich, mal herb, mal sehr organisch und dann wieder elektronisch. Das mögen auch die Jungs. Und um die und das ganze verkorkste Gefühlsleben geht es in den Texten: Machtspielchen, Rachegelüste, Unsicherheiten, Trennungen, Erniedrigungen, Sehnsucht. Da läuft die Kreditkarte heiß – Schuhkauf hilft immer.

„The Beauty Of It“ von Soffy O. ist als CD erschienen bei Virgin/EMI

Hören Sie hier „You Push Me“

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