Auf ihrem Debütalbum „North“ verneigt sich das Duo Darkstar vor den musikalischen Helden der Achtziger. Ihr trüber Elektropop lehnt sich an OMD, New Order und The Human League.
Guter, alter Nieselregen. Anders als der Platzregen legt er sich sanft auf Schultern und Gemüt. Man wird zwar auch klatschnass, aber merkt es nicht so. Ähnlich ist es mit North, dem Debütalbum des britischen Elektropop Duos Darkstar. Innerhalb von vierzig Minuten wird man immer trübseliger. Am Ende steht man wie begossen da. Das rote Plattencover täuscht. North fügt sich bestens in den englischen Himmel an einem Novembermorgen: alles grau in grau.
Die Platte ist auf dem britischen Label Hyperdub erschienen. Burial, King Midas Sound und Kode9 haben hier wegweisende Musik veröffentlicht. Von den harschen Klängen ihrer Kollegen sind Darkstar jedoch weit entfernt. Mit Dubstep hat North nur entfernt zu tun: Darkstar lassen kaputte Urbanität und Science Fiction links liegen. Sie lehren die stolpernden Beats das Laufen. Und von den meterhohen Basswellen ist allenfalls ein Kräuseln an der Oberfläche geblieben.
North verneigt sich vor der Musikszene des britischen Nordens. Von hier aus prägten Bands wie OMD, New Order und The Human League den Klang elektronischer Popmusik. Der heruntergekommenen Umgebung begegneten sie mit Eleganz und melancholischem Blick. Wenn schon um sie herum alles zerfiel, sollten wenigstens die Melodien poliert klingen. Derzeit sind Bands wie das Duo Hurts mit der Reproduktion dieses Sounds erfolgreich.
Auch für Darkstar steht der Wind günstig. Mit der unwiderstehlichen Single Aidy’s Girl’s A Computer hatten James Young und Aiden Whalley bereits im vergangenen Jahr einen kleinen Hit. Das Duo hatte seine Computer über eine kleine Melodie singen lassen, herausgekommen war ein gebrochenes Wimmern. Aidy musste einem einfach Leid tun.
Den vielversprechenden Charme ihrer Single vermochten Darkstar leider nicht auf ein ganzes Album auszudehnen. Während Aidy’s
Girl’s A Computer noch die Leichtigkeit eines zufällig entstandenen Popsongs atmet, wirkt North in seiner düsteren Gesamtheit wie ein schweres Denkstück. Sie hätten viel Radiohead und Burial gehört, sagen James Young und Aiden Whalley. Grau sollte diese Platte klingen. Und grobkörnig. Songtitel wie Deadness, When It’s Gone oder Ostkreuz vervollständigen die Trübnis. Die Stimme des Sängers James Buttery schwebt über sorgsam arrangierte Synthieflächen und spartanische Rhythmen. Das klingt zwar elegant und smart, aber auch hoffnungslos nostalgisch.
Es bleibt ein diffuses Gefühl: Dies ist kein Musik- sondern ein Postkartenalbum. Alle Karten zeigen einen einsamen Mann vor Industriebrache unter grauem Himmel.
„North“ von Darkstar ist bei Hyperdub erschienen.