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Für jene, die nie zum Jazz gehen

 

Bekannt wurden The Bad Plus mit einer Coverversion von "Smells Like Teen Spirit". Eine Jazzband, die Pop nachspielt, das war vielen verdächtig. Auf "Prog" tun sie es erneut, diesmal sind David Bowie und Burt Bacharach dran.

The Bad Plus Prog

Die Amazon-Konsumenten jammerten vor zwei Jahren über die CD Suspicious Activity? von The Bad Plus, dass diese Band mit jeder Platte schlechter werde. Sie erfüllte die Erwartung nicht, die beste, lauteste, radikale Alternative zum typischen Piano-Trio zu sein. Die neue CD von The Bad Plus verspricht nun Besserung: Prog.

Der Bassist Reid Anderson, der Schlagzeuger David King und der Pianist Ethan Iverson spielen seit 17 Jahren zusammen. Die drei Musiker wuchsen in Minnesota und Wisconsin auf, früh haben sie sich als Protestbewegung gegen den Mief ihrer Elternhäuser verstanden. Wer wie Ethan Iverson mit Glatze, Sonnenbrille und Krawatte auftritt, sei in einem kleinen Dorf per se ein Außenseiter, sagt David King über seinen Pianisten.

Die Aufregung um The Bad Plus begann im Jahr 2002 mit These Are The Vistas, ihrer ersten CD für die große Firma Columbia. Der schwarze Publizist Stanley Crouch verdächtigte damals die weißen New Yorker Jazz-Kritiker, mit ihrer Begeisterung für die weiße Band Rassismus zu praktizieren. Crouch sprach von einer Verschwörung gegen die schwarze Ästhetik. Schwarze Kritiker wie Willard Jenkins und John Murph mutmaßten, dass wohl nie einer von The Bad Plus erfahren hätte, wenn es die Verschwörung weißer Jazzkritiker nicht gäbe. The Bad Plus, behaupteten sie, sei deren Produkt.

Noch etwas anderes verschaffte der Band Aufmerksamkeit. Auf These Are The Vistas befand sich eine Coverversion von Nirvanas Smells Like Teen Spirit. Eine Jazzband spielt Popmusik nach? Das war vielen verdächtig. Auf Prog tun sie es erneut, sie interpretieren David Bowies Life On Mars und Everybody Wants To Rule The World von Tears for Fears neu. Und Burt Bacharach: This Guy's in Love With You.

Vielleicht sind sie auch bekannt, weil The Bad Plus Menschen ansprechen, die nie freiwillig zu einem Jazzkonzert gingen. So heißt es oft, ihr Jazz klinge kalkuliert, wie für ein Pop-Publikum. Zweifler überzeugen The Bad Plus am ehesten mit ihrem handwerklichen Können. Sie finden es ganz normal, mit Popthemen zu experimentieren. Warum sollten sie noch eine Platte mit den Melodien von George Gershwin und Cole Porter aufnehmen?

„Prog“ von The Bad Plus ist erschienen bei Do The Math Records/Heads Up/Emarcy

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