Parken in zweiter Reihe, Warnblinker an. Die beiden bleiben im Auto. Schnell rauf in die Wohnung. Zwei Kartons, eine Reisetasche. Uff. Wieder runter, Kofferraum auf, Zeug rein, Klappe zu, einsteigen. Zündschlüssel drehen, Musik.
Das lässt sich doch ganz schwungvoll an, irgendwie alt, aber dann auch wieder neu. Solide, knatternd und formschön wie ein VW-Käfer. Soul der Sechziger pufft aus Charity Case, dem ersten Lied auf The Odd Couple. Wir klatschen im Takt und drücken aufs Gas.
Ampel rot. Mein Beifahrer Cee-Lo ist verzweifelt: Wer nur soll seine Seele retten? Nun, da er sie sich aus dem Leib gesungen hat. Von der Rückbank rumpelt stetig das Schlagzeug seines Freundes Danger Mouse.
Orange, Grün, Going On. Danger Mouse packt seine Schere aus und schnippelt ein paar alte Tonbänder zurecht, es scheppert und rauscht. Cee-Lo drängt vorwärts, nimmt an Tempo auf: „Run, run away, run for your life“.
Atemlos kommen wir an. Warnblinker. Die beiden bleiben im Wagen. Kofferraum auf, Kartons und Tasche in die Wohnung. Treppen. Uff. Wieder runter. Zurück. Erzähl mal, Cee-Lo, was machst Du so? Hauptberuflich sei er eine Soul-Maschine. Klar, das hört man! Seine Stimme sei seine Stimme, der Spiegel seines Innenlebens. Und Du da hinten? Sagst Du auch mal was, Danger Mouse? Nö. Er mache lieber Musik. Beats. Sammele Vinyl und jage Tonschnipsel durch den Rechner. Ach, und zusammen seid Ihr The Odd Couple namens Gnarls Barkley? Könne man so sagen, sei aber eigentlich ein Maskenspiel. Gibt’s denn nicht schon genug Kostümclowns im Pop? Whatever.
Stopp. Wieder vor der Wohnung. Hoch. Pinsel, Folien, Klebeband eingepackt. Runter, Auto beladen. Surprise, wir streichen einen neapelgelb-rötlichen Canyonsonnenuntergang ins neue Wohnzimmer. Gleich zieht Danger Mouse die Klanghölzchen aus der Tasche. Cee-Los Gesang schwirrt durch die einsame Steppe, schwermütig, besorgt, suchend nach einer Duett-Partnerin. No Time Soon, die ist nicht so leicht zu finden. Kommt Jungs, nicht Trübsal blasen! Spielt mir etwas Fröhliches. So richtig fröhlich könnten sie es nicht, denn da läge immer ein Schatten auf Cee-Los Herz. Versucht es! Linke Spur, Blitzer beglücken. Von hinten trötet eine Jahrmarktmelodie, oder ist es ein Kinderkeyboard? Blind Mary, singt mein Beifahrer. Er liebe sie, denn er sei im Innern so viel schöner als außen, und sie erkenne das. Aber ich dachte, in Dir sei es so dunkel? Ja, schwarz und schön.
Letzte Fuhre, Sofa holen. Ganz schön schwer, Ihr packt mit an! Wie solle das ins Auto passen? Wird schon, der Mäuserich auf der Rückbank macht sich klein. Oh, die Platten nicht vergessen. Stevie Wonder und Motown-Scheiben liegen oben auf. My Neighbors, murmelt Cee-Lo. Unverkennbar. Ruckzuck in die neue Nachbarschaft gedüst. Klappe auf, Sofa raus, treppauf, links, rechts, abstellen. Nehmt Platz! Ob wir eben ihre Platte auflegen könnten? Sicher. Begännen wir doch mit dem letzten Lied, das passe gerade so gut zum Umzug: „Now the circumstances put soul in me. Oh, I feel better.“ Ein wahrhaft beherzter Neuanfang.
„The Odd Couple“ von Gnarls Barkley ist bei Warner Music erschienen.
Gnarls Barkley sind das seltsamste Paar der Popgeschichte. Sie sampeln alles, was nicht davonläuft. Lesen Sie hier die Analyse von Tobias Rapp »
…
Weitere Beiträge aus der Kategorie POP
Taunus: „Harriet“ (Ahornfelder 2008)
Billy Bragg: „Mr. Love & Justice“ (Cooking Vinyl 2008)
Adele: „s/t“ (XL Recordings/Beggars Banquet 2008)
Vampire Weekend: „s/t“ (XL Recordings/Beggars Banquet 2008)
Hot Chip: „Made In The Dark“ (EMI 2008)
Alle Musikangebote von ZEIT online finden Sie unter www.zeit.de/musik