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Schon verloren!

Über die Jahre (1): Im August widmet sich der Tonträger Platten aus vergangenen Tagen. Heute: Die Fehlfarben und ihr Album „Monarchie und Alltag“, mit dem sie 1980 das Zeitgefühl einer ganzen Generation trafen

Cover Fehlfarben

Die frühen 80er Jahre, das war für viele junge Menschen vor allem Tristesse, Kalter Krieg, no future, Beton, graue Städte und Orientierungslosigkeit. Jugendliche Proteste kamen als Importware von den britischen Inseln. Auch in Deutschland bauten sich Subkulturen ihre Nester in heruntergekommenen Kneipen und Übungsräumen.

In einem solchen Nest in Düsseldorf brüteten die Fehlfarben Monarchie und Alltag aus. Ein Album, mit dem es ihnen gelang, das prägende Zeitgefühl zu vertexten und zu vertonen. Im Begleitheft der CD-Ausgabe heißt es: „Das Buch des Jahres 1980 war sozusagen eine LP“. Viele der Stücke sind noch heute beklemmend.

Monarchie und Alltag war erfolgreich und wurde deshalb oft belächelt. Doch das es wirkt bis heute: Ohne die Fehlfarben sind Blumfeld & Co. nicht vorstellbar, es zog die Entstehung einer neuen deutschen (Pop-)Musik nach sich.

Das Album ist wütend, verzweifelt und ironisch. Es versammelt die klügsten Texte, die die deutsche Punk- und New Wave-Szene je hervorbrachte. Peter Heins treibender Sprechgesang ist typisch für eine sich Ende der 70er Jahre entwickelnde avantgardistische Musik-Szene. Ihre Protagonisten sangen auf deutsch, weil sie etwas zu sagen hatten und sich so deutlicher ausdrücken konnten. Und weil sie sich von der dominierenden Musikkultur abgrenzen wollten. Die Musik der Fehlfarben – hier ein Saxofon, da eine nervöse Gitarre, viele Lieder mit Ska-Einflüssen – funktioniert nur über die starken Texte. Sie machen den Kern aus, sie tragen, sie bleiben im Gedächtnis. Jede Zeile hätte das Zeug zum Schlagwort.

Der Zynismus von Es geht voran ist verpackt in eine grässliche Disco-Nummer, ein missverstandener Party-Hit. Die Zeilen „Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran. Graue B-Film-Helden regieren bald die Welt“, könnten aus einem aktuellen Stück sein. Man müsste nur das Wort „bald“ streichen.

Auch heute noch kann man zum Rebell werden, wenn man die Fehlfarben hört. Zu einem, der weiß, dass er schon verloren hat.

„Monarchie und Alltag“ von den Fehlfarben ist als CD erhältlich bei EMI

Hören Sie hier einen Ausschnitt aus „Gottseidank nicht England“

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Eine Orgel über den Wassern

Dringlich, düster, antreibend klingt die Musik der norwegischen Band The Low Frequency In Stereo. Nun, sie meinen ernst. Gerade kommt ihr drittes Album: „The Last Temptation Of… Volume 1“

Cover TLFIS

Nele hatte Geburtstag, es ist schon drei Jahre her, und sie hatte gemeint, komm doch in die Astra Stube, da spielt’ne Band und hinterher feiern wir noch, so bin ich da hin und hörte The Low Frequency In Stereo zum ersten Mal, gleich live.

Es sind ja oft Zufälle, die einen musikalisch weitertragen. Der richtige Abend, die passende Stimmung, die Abwesenheit von Erwartung, Freunde, und – nicht zuletzt – die Verfassung der Musiker.

The Low Frequency In Stereo kamen aus Norwegen; weder weiß ich aus der Erinnerung zu sagen, woher genau, noch wie viele es waren, obwohl ich mich sogar mit ihnen unterhielt, aber da war es schon spät, und wir waren alle nicht mehr allein.

Sie spielen einen schrammeligen, lauten Rock, was meinem Hang zur Feinheit, zur Transparenz und zur Lyrik nicht eben entgegenkommt. Aber sie lassen auf ihren stürmischen Wassern eine Heimorgel schwimmen. Sie haben zudem eine gewisse Dringlichkeit in ihrer Musik, etwas Düsteres, Antreibendes, es geht ihnen um etwas, sie meinen es ernst, das spürt man sofort, und sie nehmen sich die Zeit, die sie brauchen. Jenseits ihrer schnellen Stücke haben sie keine Eile, und so gibt es sie immer noch, gerade haben sie ein neues Album herausgebracht, das dritte erst.

Die Astra Stube liegt am Rande des Hamburger Schanzenviertels an einer vielbefahrenen Kreuzung und noch dazu unter einer Eisenbahnbrücke. Hier rattern alle Züge rüber von oder nach Skandinavien. Der Club ist winzig. Wenn man selber reingeht, ist er schon halb voll. Musik kann hier sehr intensiv werden, eindrücklicher als anderswo. In der Astra Stube können Musiker nicht einfach nur so spielen. Sie müssen es wollen.

Nach dem Auftritt der Band verspürte ich plötzlich den Wunsch, mir von ihr etwas mitzunehmen, eine Platte möglicherweise, ein Echo jener schweren Wellen, die sie durch die Nacht geschickt hatten. Ich kaufte mir eine Single und ein T-Shirt, auf dem zwei dicht beieinander stehende Hochhäuser sehr unterschiedlicher Breite zu sehen waren, ein nachhaltig beunruhigendes Bild. Auch der Name der Band beschäftigte mich, zeichnen sich tiefe Töne doch durch ihre Nichtverortbarkeit aus. Niedrige Frequenz in Stereo: Wie sollte das gehen? So machte diese Band auch ein kleines Geheimnis.

Ihre Mitglieder waren übrigens blutjung, jünger noch als Nele, deren Geburtstag wir bis in die Frühe feierten, am Fenster der Astra Stube sitzend, unter der Brücke auf die Kreuzung blickend, die in ein unwirkliches gelb-orangefarbenes Licht getaucht war. Lastwagen fuhren von links und rechts aneinander vorbei, und auch ihre Schatten hatten dieses gelbliche Orange, nur etwas fahler.

„The Last Temptation Of… Volume 1“ von The Low Frequency In Stereo ist als LP und CD erschienen bei Rec90/Cargo

Hören Sie hier „Big City Lights“

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Dädädädä-Däng, Dädädädä-Däng!

Was kommt denn da aus München? Musik wie eine Wand von der Band Couch. Kein Gesang, dabei großmäulig wie nur was. „Figur 5“ ist massiv, wuchtig, laut und, ja, fein

Cover Couch

Ja, hier geht es gleich richtig los. Kein Auftakt, kein Luftholen, kein Zögern. Ganz plötzlich ist da diese Wand aus Klang, aus Gitarre, Bass und Schlagzeug. Dädädädä-Däng, Dädädädä-Däng, die Boxen scheppern übersteuert. Eine zweite Gitarre malt verschleppte Muster in den Sand, bremst das Stück, lässt es wieder frei, übernimmt schließlich erneut die Führung. Gegen alles bereit heißt das Lied, schon der Titel scheint zu sagen, „Freunde, wir machen hier unser Ding. Folgt uns, oder lasst uns in Ruhe!“

Man sollte ihnen besser folgen. Gegen alles bereit eröffnet Figur 5, die neue Platte der Münchner Band Couch. Die anschließenden acht Stücke sind nicht weniger massiv. Dreimal steht der Name der Band vorne auf der Plattenhülle, das passt. Figur 5 stellt sich einem monumental in den Weg, reißt den Gehörgang auf und bricht sich den Weg in den Schädel. Auf dem lauten, stabilen Fundament aus Rhythmus liegt jeweils eine einschmeichelnde Melodie, meistens gepielt von der Gitarre, seltener vom Keyboard.

Selbstbewusst zitieren Couch aus allen Dekaden des Rock, des Metal, des Jazz. Die Hi-Hat scheppert fast durchgängig, der Bass grummelt ganz tief, die Gitarren kreischen. Aber Couch transformieren die großmäuligen Melodien, die angeberischen Gitarrenmuster und die komplexen Arrangements in ihren eigenen Kosmos, verzieren sie mit feinsinnigen Keyboard-Stickereien und Originalität. Und vor allem: Sie bleiben instrumental. Die Stimme fehlt an keiner Stelle, weder die Schreie eines Rocksängers noch ein zartes Indierockfrauenstimmchen würden überhaupt zu ihrer Musik passen. Die ist sich selbst genug.

Das Schlagzeug wurde an einigen Stellen durch digitales Dengeldongel ersetzt. Warum bloß? Schlagzeuger Thomas Geltinger ist einer der pfiffigsten und präzisesten seines Fachs, er hätte solche Spielereien nicht nötig. Bei Zwei Streifen im Blau fallen ein dumpfes Elektroschlagzeug mit künstlichem Hall und digitales Klatschen heraus. Das Geknarze im balladesken Stück Blinde Zeichen klingt regelrecht billig. Das ist ein Einwand, aber nur ein kleiner.

Der Rest ist mitreißend. Bereits die Titel der Stücke sind außergewöhnlich, rufen Assoziationen hervor. Bei Zwei Streifen im Blau erscheint ein Düsenjägerpärchen am Frühlingshimmel, Einhängen und positiver klingt nach einer erfolgreichen Fernbeziehung, Alles sagt ja weckt das Gefühl des ersten Sonnentages nach wochenlangem Regen.

Im Jahre 2001 war ihr letztes Album Profane erschienen, gelangweilt hat sich die Band seitdem nicht. Bassist Michael Heilrath spielte mit dem Tied & Tickled Trio, Keyboarderin Stefanie Böhm mit MS John Soda. Die fünf Jahre Bastelei haben sich gelohnt. Figur 5 ist ein präzise eingespieltes Album voller Ideen.

„Figur 5“ von Couch ist als LP und CD erschienen bei Morr Music.

Hören Sie hier „Gegen alles bereit“

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Tagträume in New York City

Ist das jetzt schon das Alterswerk? Ein Vierteljahrhundert nach ihrer Gründung klingen Sonic Youth auf „Rather Ripped“ überraschend melodiös und gelassen, stellenweise gar sommerlich

SY

Exakt 25 Jahre ist es her, da standen Sonic Youth erstmals unter diesem Namen auf einer Festival-Bühne in der Nähe von New York. Die Prinzipien ihres Musizierens hatten sie schon damals klar formuliert: vom Mainstream sollte sie sich abheben und von allen musikalischen Fesseln befreit sein. Außerdem sollte niemand in der Band die Führungsposition einnehmen. Ihre Musik bestand aus Rückkopplungen, Disharmonien, Geschrei und war vor allem laut.

Von der Überzeugung, dass die Befreiung vom Mainstream nur über kreischende Instrumente zu erreichen sei, haben sie längst Abstand genommen, glücklicherweise. Immer ausgetüftelter wurden ihre Platten, immer überwältigender die Melodien, die sie aus Disharmonien schufen. Es ist ihnen gelungen, dabei an ihren Prinzipien festzuhalten. So teilen sich Bassistin Kim Gordon und Gitarrist Thurston Moore noch immer die Gesangsteile, den Platz im Scheinwerferlicht.

Nun also Rather Ripped, das neue, mindestens 25. Album der amerikanischen Band. Ein bisschen ist es wie immer, alles klingt vertraut. Und großartig. Und dennoch wirkt es leichter als die letzten Aufnahmen, ja fast luftig. Klangtüftler Jim O’Rourke, der seit NYC Flowers & Ghosts (2000) Bandmitglied ist, spielt diesmal nicht mit. Es heißt, er wolle mit seinem Studium vorankommen. Vielleicht deshalb ist das Album sehr direkt geworden, so erstaunlich ballastfrei. Statt dicke Klangschichten aufzutragen und auf möglichst vielen Umwegen zum Ziel zu kommen, besinnen sich Sonic Youth auf ihre Stärken: das spannungsreiche Wechselspiel zwischen zarter Melodie und lärmendem Experimentieren, zwischen schwer konsumierbarem Gitarrenkrach und sachten Gesangslinien. Das alles präsentieren sie sehr gelassen und voller Spielfreude.

Mit Reena und Incinerate eröffnen zwei klassische Sonic Youth-Rocksongs das Album, beim ersten singt Kim Gordon sogar richtig. Die seltenen lärmigen Ausbrüche stören die sommerliche Stimmung ganz und gar nicht. Do You Believe In Rapture?, Lights Out und Or sind die einzigen Lieder, die in ihrer ruhigen, introvertierten Stimmung an die letzten Alben erinnern, nur das auf der europäischen Version des Albums exklusive Helen Lundeberg ist richtig rumpelig, klingt nach den frühen Tagen. Alle anderen Stücke könnten Überreste aus Sonic Youths erfolgreichster Zeit Anfang der 90er sein, als sie mit Nirvana im Vorprogramm um die Welt tourten. Damals erschienen Daydream Nation (1988) und Goo (1990), bis heute ihre melodiösesten und populärsten Alben. An diese scheinen sie nun anzuknüpfen.

Doch keine Angst: Weder klingen sie wie eine Band, die versucht, die guten alten Tage wieder aufleben zu lassen, noch sind sie nun brav, langweilig oder angepasst. Hinter jeder Ecke lugt auch weiterhin ein kleines Experiment hervor, jedem zurückhaltenden Takt kann eine Eskapade folgen. Rather Ripped klingt für eine ganze Zeit wie das beste Sonic Youth-Album seit, na ja, was weiß ich … langer Zeit eben.

„Rather Ripped“ von Sonic Youth ist als LP und CD erschienen bei Geffen/Universal

Hören Sie hier „Incinerate“

Auf der Website der Band kann man alle Songs zur Probe hören, bei myspace finden sich vier vollständige Lieder des Albums

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Kleine Zornesfalten

An der menschenleeren Küste Dänemarks schrieben Sometree aus Berlin ihr viertes Album „Bending The Willow“. Die neuen Stücke üben einen kraftvollen Sog aus – hinein in die schönste Trübsal

Cover Sometree

Vor zwei Jahren reiste die Band Sometree nach Dänemark. Man kennt das von Abiturienten: Kaum sind die letzten Prüfungen bestanden, belädt man das Auto mit Menschen, Euphorie und jeder Menge Alkohol und quält die völlig überbeladene Möhre hoch über die Grenze. Dort wird dann ein letztes Mal gemeinsam getrunken, geknutscht, gegrölt und manchmal auch geschwommen. Jedenfalls gefeiert.

Sometree wollten genau das Gegenteil. Gefeiert hatten sie genug, wurden sie genug. Nachdem sie ein Jahr lang Europa bespielt hatten, brauchten sie vor allem eines: Ruhe. Und die fanden sie in einem kleinen Holzhaus an einer menschenleeren Küste. Dort schrieben sie ihr viertes Album Bending The Willow – von freudetrunkenem Party-Rummsgazong ist darauf folglich keine Spur.

Melancholiker waren Sometree schon immer. Sie veröffentlichten drei Alben voller lakonischer, intimer Lieder über die Trias Leben, Liebe und Tod. Spannten Bögen von traurigen, poetischen Schwelgereien zu schroffem, wütendem Rock, von Melantonin zu Adrenalin – das machte sie in Deutschland einzigartig. Musik, die plötzlich loderte, in der Rückkopplungen piepsten und pfiffen, Musik, die einen mitriss, begeisterte und zugleich erhaben traurig war.

Von der Wut der früheren Alben hört man wenig auf Bending The Willow. Sie brodelt nun unter der Oberfläche. Gelegentlich zeigt sie sich, bricht aus in einem kurzen, ruppigen Gitarrenthema, das sich rasch wieder im dräuenden, stellenweise ätherischen Konzept des Albums verliert. Die komplexen Klanglandschaften Sometrees tragen kleine Zornesfalten, mehr nicht.

Schlimm ist das nicht. Bloß ungewohnt – wie die digitalen Elemente in den ausgedehnten Instrumentalpassagen. Keine aufdringliche Elektro-Pfriemelei, sondern Sprachsamples, Rauschen, Surren und Knirschen. Ein wenig klingt das nach der Einsamkeit der Küste, an der das Album entstand. Eine Stimmung, in die sich ein geisterhaftes Klavierlegato ausgezeichnet einpasst – wie im Stück Seraph – und in der selbst eine Trompete nicht stört.

Die Zerrissenheit ist immer noch da. Das Verlorensein, die Sehnsucht, die Verzweiflung des Verlassenen. Doch nun singen sie: „Stop saying Goodbye if you always return!“ Auch der Gesang ist gelassener, trägt nicht mehr diese asthmatische Ergriffenheit mit sich herum wie, naja, früher.

So ist Bending The Willow das intensivste, beste Album von Sometree. Die zehn neuen Stücke entfalten einen kraftvollen Sog hinein in die schönste Trübsal. Einsamkeit und Wärme fügen sich zu einen überzeugenden Stück Rockmusik aus Deutschland.

„Bending The Willow“ von Sometree ist als LP und CD erschienen bei pop-u-loud/PIAS

Hören Sie hier „Bending The Willow“

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Unübliches aus Berlin

Kate Mosh klingen so gar nicht nach dem aktuellen Großstadt-Rock, sondern ideenreich und wunderbar unbekümmert

Kate Mosh

Achtung, Wortspiel! Kate Mosh – Breakfast Epiphanies. Wem es nicht gleich ins Auge springt: Kate Moss – Breakfast at Tiffanys. So. Einmal lachen bitte. Die vier Berliner lieben’s manchmal etwas flach. Dafür machen sie erfrischend unbekümmerte Rockmusik.

Die letzten Rock-Bands aus Berlin, Tomte beispielsweise oder Wir Sind Helden klangen auf ihre Art leicht, eingängig, naja, abipartytauglich. Berlin-Rock, so schien es, musste in Latte-Macchiato-Bars ebenso funktionieren wie in Diskotheken. Bloß tanzbar! Bloß zum Mitsingen! Bloß deutsche Texte! Und vor allem: Bloß nicht verstören!

Kate Mosh kümmert das nicht. Ihre Songs bauen sie liebevoll auf, es entfalten sich grazile Gitarrenmelodien. Man denkt, ach, wie schön, zu dem Lied könnte man ja jetzt mit dem Fuß wippen. Und dann wird es in einem Synthesizerwutanfall zertrümmert. Manchmal schleicht sich aber auch ganz unbemerkt ein Elektronikthema an und übernimmt die Führung. Elektronische Subversion, sozusagen. Ob feinsinnig oder brachial: Kate Mosh wissen meistens, wann sie die Party versauen müssen.

Reine Sommergutelaune beherrscht ihre Lieder ebenso wenig wie Melancholie oder Lounge-Gefühl. All das aber ist in ihnen zu finden. Sie können nicht lange stillhalten, und manchmal überschlägt sich dann nicht nur die Stimme von Thom Kastning. Am Ende von Strxr befindet sich der Hörer plötzlich gar im donnernden Heavy-Metal – und weiß gar nicht, wie ihm geschieht.

Ideen haben sie. Manchmal zu viele. Wie viele Einfälle ein Lied verträgt, ist eine Frage des Geschmacks. Wenn’s Pink-Floyd‘sche Dimensionen annimmt, sind vier Minuten vielleicht zu kurz. Wie sich Pubertierende an ihren Worten besaufen, berauschen sich Kate Mosh an ihren Melodien. Vieles ist eigentlich zu schön, um sofort mit dissonantem Gelärm zerfleddert zu werden. Aber so sind sie eben.

„Breakfast Epiphanies“ von Kate Mosh ist als CD erschienen bei Nois-o-lution.

Hören Sie hier „Forever And Ever Amend“