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Ein Gedicht! Klassische Lyrik

Min jong

(nach Johann Wolfgang von Goethe, »Mignon«)

Kennst du das Land, wo die Zitronen blün?
Kennst du das Laub, das Goldorangen ziert?
Kennst du den Himmel, seine Bläue und sein Glühn,
und jenen Wind, den man auf Lorbeerhöhen spürt?
Kennst du das Dach, den Saal und auch die Säulen?
Die Flut? Den Fels? Das Maultier, grau und schnöd?
Vielleicht das Marmorbild? Du, echt, es ist zum Heulen:
Nix kennst du, gar nix?
Mensch, Junge, bist du blöd!

Bettina Hoffmann-Günster, Westerburg­Wengenrot

 

Was mein Leben reicher macht

Eine Szene, die ich als Aushilfe auf dem Wochenmarkt erlebt habe: Eine alte Frau kauft ein Pfund Kar­toffeln, und ich frage wie üblich: »Haben Sie sonst noch einen Wunsch?« Da strahlt die alte Dame mich an und sagt begeistert: »Ja, noch viele! Ich hoffe, Sie auch.«

Jenny Sturm, Stuttgart

 

Was mein Leben reicher macht

Mit neun Jahren im Regen Kühe hüten, die nackten Füße in warmen Kuhfladen wärmen, Sehnsucht nach der Ferne. Heute im achten Lebensjahrzehnt, nach fünfzig Berufsjahren auf See und Tätig­keiten auf drei Kontinenten. An einem Sonntagmorgen joggen wir in der Gruppe bei minus vier Grad und klarem Himmel der aufgehen­den Sonne entgegen, mit Blick auf die Hügelkette des Odenwaldes.

Uwe Andresen, Worms

 

65 Jahre DIE ZEIT

In Berlin und Ingelheim war DIE ZEIT anlässlich ihrer Jubiläumsaktion „DIE ZEIT reist zu ihren Lesern“ bereits unterwegs. Doch es werden nicht nur Wünsche in der Bundesrepublik erfüllt, auch im Ausland ist DIE ZEIT aktiv:

Am Montag, dem 7. März, traf sich Italien-Korrespondentin Birgit Schönau mit dem ZEIT-Leser Christopher Genillard in Rom beim Mittagessen. Der „italophile“ ZEIT-Leser beschreibt das Treffen: „Ich werde am Brunnen vor dem Pantheon abgeholt, und der von Kaiser Hadrian vor fast 2000 Jahren erbaute Tempel ist jetzt unwichtig, denn ‚meine’ Korrespondentin wird mir Rede & Antwort stehen, und ich werde vieles über ihre Arbeit und ihre Person erfahren.“ Zum Essen in der römischen Osteria Armando tauschten sich die beiden über ihre italienischen Familien und Politik aus: „Mich interessiert die journalistische Arbeit im Detail und Frau Schönau gibt mir offene Antworten auf die vielen Fragen. Für die Diskussion der sehr komplexen italienischen Politik hätten wir viele Abende benötigt, und insofern beschränken wir uns auf einige aktuelle Themen: Dauerbrenner Berlusconi, Betrachtungen von Roberto Saviano, warum das Land sich für sein 150. Jubiläum nicht erwärmt, ein sich anbahnendes Flüchtlingsdrama. Armando verwöhnt uns. Die zwei Stunden sind im Gespräch viel zu schnell vorbei. Es gäbe noch so viel zu bereden.“

 

Wiedergefunden

Beim Aufräumen fiel mir kürzlich ein ku­rioses Schriftstück aus dem Jahr 1967 in die Hände: ein Ausweis (mit laufender Nummer), mit dem mir die Berechtigung erteilt wurde, zwei Filmprojektoren fest­gelegten Typs zu bedienen, gültig für genau drei Jahre, versehen mit Unterschrift des Direktors und Siegel der Landesbildstel­le Rheinland, einer Unterbeörde des Landschaftsverban­des Rheinland. Ein Beleg für die Re­gulierungswut der Deutschen? Oder der Berechtigungs­nachweis einer Sub­behörde? Oder Be­tätigungsfeld eines ansonsten nicht einsetzbaren Beamten? Wie dem auch sei: Wie man sieht, habe ich als Junglehrer keine Gelegenheit ausgelassen, um meine Qualifikation zu erweitern.

Ekkehard A. E. Schmidt, Bergisch Gladbach

 

Was mein Leben reicher macht

Ich komme von der Arbeit nach Hause und höre Gitarrenklänge. Meine beiden Söhne haben Se­mesterferien, sind zu Hause, spielen Take Five von Dave Brubeck, der eine den Rhythmus, der andere die Melodie. Ich setze mich zu ihnen, lasse mich von dem Drive der Mu­sik mitreißen und denke daran, wie ich meinen Söhnen vor einigen Jahren die ersten Akkorde beige­bracht habe. Und jetzt haben mich beide bei Weitem überflügelt.

Klaus Rindermann, Duisburg

 

Eine kleine Weltreise…

… aus traurigem Anlass« unternimmt Sabine Kröner, 55: Im ver­gangenen Jahr ist ihr Mann in den Freitod gegangen, jetzt will sie durch neue Eindrücke Abstand gewinnen. Von Buenos Aires aus ist sie per Schiff in die Südsee gefahren, über Australien, Indone­sien, Malaysia, Myanmar, Indien und durch den Sueskanal geht es dann weiter bis nach Venedig. Der Bericht aus Fidschi und Neu­kaledonien entstand vor dem Erdbeben in Japan.

Balu Fidschi! Seemeile um Seemeile nähert sich unser Schiff der Wiege der Ethnologie. Ich beschließe, Savusavu im Alleingang zu erkunden. Schließlich bin ich gelernte Ethnologin. Freundliche Menschen heißen mich willkom­men, winken mir zu, wollen wissen, woher ich komme. In einem als Kirche gekennzeichneten Gebäude darf ich am Gottesdienst teilnehmen. Immer steiler führt der Weg bergan. Durchgeschwitzt bis in die Haarspitzen, muss ich bei 30 Grad Hitze und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit zu früh resignieren und kehre um. Plötzlich steht eine junge Frau vor mir und bietet mir auf Deutsch einen Ausflug im Aus­legerkanu an. Susan lebt hier mit ihrer Familie seit zwölf Jahren und gehört dem örtlichen Ruderclub an. Wir pad­deln durch die Lagune, bis ein Regenschauer uns zur Rück­kehr zwingt. In der »Vereinsgaststätte« finden wir Zuflucht und führen Fachgespräche, denn Susan ist auch Ethnolo­gin. Einige Männer beginnen auf der Gitarre zu spielen, nicht für Touristen, nur weil sie das immer tun. Sie stellen eine große Schale mit Kava auf den Tisch. In einer Kale­basse wird mir ein Probeschluck überreicht. Sieht aus wie Schlamm und schmeckt auch so. Von der angeblich dro­genartigen Wirkung spüre ich glücklicherweise nichts. Schweren Herzens muss ich am Abend Abschied nehmen und auf mein schwimmendes Hotel zurückkehren, denn es möchte ablegen. Auf der Ile des Pins, einem winzigen Ei­land in Neukaledonien und ehemals französische Strafkolonie, genieße ich einen Badetag an schneeweißen Traum­stränden mit Fototapetenmotiven. Suhle mich im Wasser, das mit seinen 28 Grad allerdings nicht wirklich Abküh­lung verschafft.

Sabine Kröer, zzt. Neukaledonien

 

Lieber Hans Bender,

ich denke oft an Sie, den klugen Dichter und Anthologisten: Jedes halbe Jahr nehme ich Ihre Prosa­ Sammlung Worte, Bilder, Menschen heraus und lese mich fest. Einen Vierzeiler von Ihnen kenne ich auswendig: »Irgendetwas will in dir / wie in deiner Jugend keimen. / Deine Wörter, deine Zeilen / wollen wie von selbst sich reimen.« Mit Ihnen bin ich erwachsen geworden und habe die Schulzeit üerstanden. Im kommenden Sommer werden Sie 92 Jahre alt. Alles Gute!

Anton Stephan Reyntjes, Recklinghausen

 

Was mein Leben reicher macht

Diese eine Lehrerin, Frau Kulke, die trotz 10jähriger Anstellung an dieser Schule,  die Schüler keinesfalls nur als solche sieht. Auf manchmal berührendste Weise sieht sie einfach den Menschen mit all seinen Fehlern und Schwächen dahinter – und schätzt ihn trotz allem noch immer. Denn für sie zählt in erster Linie der Mensch trotz Unvollkommenheit; denn das macht ihn in ihren Augen liebenswürdig. Immer ist sie für alle da, tritt selbst in den Hintergrund und auch lange nach Schulschluss nimmt sie sich Zeit; macht manchmal andere Probleme zu ihren. Und manchmal, in seinen persönlich schwächsten Momenten! reicht sie einem mit einem herzlichen Lächeln die Hand und richtet einen wieder auf. Sie sieht das, was andere übersehen…

Kimberley, 18 Jahre, Böhl-Iggelheim