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Was mein Leben reicher macht

Beim Badezimmerputz fällt mein Blick auf das »neue« Duschgel meines Mannes. Nachdem er lange ein anderes hatte, ist es nach 15 Jahren wieder das, das er benutzte, als wir uns kennenlernten. Ich rieche daran, und zack – alles ist wieder da: unsere erste Begegnung, der erste Kuss in St. Moritz und die Gewissheit, alles richtig gemacht zu haben. Großartiges Gefühl!

Christina Bogner, Lengede, Niedersachsen

 

Gartenspaziergang

(Nach Johann Wolfgang von Goethe, »Osterspaziergang«)

Vom Unkraut befreit sind alle Beete.
Unter des Gärtners strengem, entschlossenen Blick
Grünet im Garten Hoffnungsglück;
Der mutige Einsatz vieler Geräte
Drängte selbst wuchernden Giersch zurück.
Im Boden trauen sich, mickrig nur
Vereinzelte Reste krautiger Blätter
Ersterbend aus der gepflegten Flur.
Aber das Unkraut liebt Sommerwetter,
Überall regt es sich bald darauf wieder –
Hier im Gemüse, dort unterm Flieder.
An Blumen fehlt es nicht im Revier,
Doch schauen sie bald kaum noch herfür!
Knie dich, Gärtner, rasch auf die Erde,
Auf dass daraus kein Urwald werde.
Aus dem Boden, armer Tor,
Dringt ein grünes Gewimmel hervor!
Sieh nur, sieh! Wie behänd jede Menge
Von Winden schon zartes Gemüse umschlingt,
Wie der Giersch in Breit und Länge
All deine schönen Stauden durchdringt.
Und wieder musst du niederknien,
Sosehr der Rücken dich auch plagt,
Musst Unkraut aus der Erde ziehen –
Es rächt sich, wenn man das vertagt!
Denn nur den Gärtner, der sich mühte,
Belohnt am Ende reiche Blüte.
Stolz stellt im Garten sich dann ein:
Da bist du Chef, da darfst du’s sein!

Jutta Hartmann, Kassel

 

Beutelschneider: Mein Wort-Schatz

Beutelschneider ist ein Wort, das in vollkommen klarer und plastischer Form das ausdrückt, was passiert, wenn man in finanzieller Hinsicht an die Falschen gerät. Meine Cousine und ich entdeckten es während einer Grachtenfahrt in Amsterdam wieder, als wir uns über die dortigen Immobilienpreise unterhielten.

Karin Dix, Konstanz

 

Was mein Leben reicher macht

Ich fahre morgens in einer Berliner S-Bahn, als sich zwei orthodoxe Juden auf die Bank gegenüber setzen. Während ich – wie so oft – mit einer Haarsträhne spiele, beobachte ich die beiden, die durch ihre eigentümliche Kleidung auffallen. Nach einer Weile deutet der Ältere der beiden auf meine Hand und fragt: »Werden Sie auch immer geschimpft, wenn Sie mit Ihren Haaren spielen? Ich spiele immer mit meinem Bart, und meine Kinder finden das unmöglich.« Wir lächeln uns an.

Ute Büschl, Niederseelbach, Hessen

 

Mr. Peaceful

Unter den vielen Erinnerungen an meine Zeit in Shanghai (1994 bis 1998) fand ich dieses in roten Samt gebundene Dokument. Es ist meine Ernennung zum General Manager eines deutsch-chinesischen Joint Ventures. Der Schreibfehler in meinem Vornamen hat mir immer gut gefallen. Ich habe ihn nie beanstandet, sondern eigentlich genossen. War es vielleicht Absicht? In unserem internationalen Bekanntenkreis vor Ort brachte mir die Buchstabenverwechslung übrigens den Beinamen Mr. Peaceful ein.

Friedrich Winter, Odenthal, Nordrhein-Westfalen

 

Internationale Küche

Wenn wir uns an unseren Korsika-Urlaub 2007 erinnern fällt uns immer sofort das Restaurant in Ajaccio ein, dessen auch in deutscher Übersetzung vorliegende Speisekarte für uns ein Quell großer Erheiterung (und Anlass einiger lexikalischer Recherchen) war. In der Rubrik »Teige« (eine ja durchaus plausible Übersetzung für pasta) entdeckten wir das merkwürdigste Gericht des Restaurants: Schwgfeder hat das arabiata. Während das italienische all’arrabbiata ja noch halbwegs nachvollziehbar übertragen schien, gab uns die »Schwgfeder« doch ziemliche Rätsel auf – bis wir später herausfanden, dass das italienische Wort penne auch »Schwungfeder« heißen kann. Dass bei der Niederschrift dann auch noch ein »un« verloren gegangen ist, dürfte sicher niemanden mehr überraschen …

Frank Wigger, Heidelberg

 

Was mein Leben reicher macht

Sonntagnachmittag. Schon eine ganze Weile ist es verdächtig still in unserer Wohnung. Ich begebe mich auf die Suche nach meinen Lieblingsmenschen. Im Schlafzimmer werde ich fündig: Mein Freund und unsere gemeinsame, vier Monate alte Tochter Frida liegen im Doppelbett und schnarchen um die Wette. Was habe ich doch für unbeschreibliches Glück!

Maria Gottschall, Offenbach am Main

 

Gassenhauer: Mein Wort-Schatz

Ein Begriff,der nicht mehr so geläufig ist: Gassenhauer. Das war im Zeitalter der Ritter einer, der mit seinem überlangen Schwert eine Bresche in die Front der Feinde zu schlagen hatte! In meiner Jugendzeit in den 1950er Jahren war damit allerdings eher ein Schlager gemeint, der so beliebt war, dass er in allen Gassen gesummt oder gepfiffen wurde. Als Beispiel fällt mir etwa der River Kwai Marsch ein.

Werner Müller, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Ärger im Job verschafft mir eine unruhige Nacht. Morgens sitze ich dann zeitunglesend in der U-Bahn. Trotz meiner schlechten Laune huscht mir hin und wieder ein Lächeln übers Gesicht – und der Mann gegenüber lächelt jedes Mal mit. Als ich aussteigen muss, hält er mir sein Handydisplay entgegen. Da steht: »Wenn Sie lächeln, gehen die Blumen auf und das Herz«. Es wurde doch noch ein schöner Tag.

Sarah Spitzl-Kirch, München

 

Zeitsprung

Als Bildjournalist hatte ich den Auftrag, Fotos für eine Beilage zum 50. Jubiläum der Nordbayerischen Nachrichten zu machen. Als Vorlage erhielt ich die obere Aufnahme, die Anfang 1962 im oberfränkischen Dorf Hundshaupten bei Forchheim entstand. Auf der Suche nach dem abgebildeten Motiv wandte ich mich an den Schlossherrn des Dorfes, Baron Heinrich von Pölnitz. »Wir gehen zur Betty Frauenknecht, die kennt im Dorf jeden«, meinte der Adlige. Die Genannte war zusammen mit ihrer Tochter Renate auch gleich zur Stelle. »Mutter, das bist doch du auf dem Foto«, sagte diese spontan, nachdem sie das Bild in Augenschein genommen hatte. Betty Frauenknecht holte ihre Brille hervor und bestätigte die Vermutung der Tochter, mit der sie zur Zeit der Aufnahme übrigens schwanger war. In den knapp fünf Jahrzehnten zwischen den beiden Aufnahmen hat der Fortschritt nicht haltgemacht vor dem Dorf und seinen 130 Einwohnern. Der Lebensmittelladen – zu dem die Fotografierte auf dem ersten Bild gerade unterwegs war – ist inzwischen geschlossen. Dafür wurde im Jahr nach der Aufnahme die Dorfstraße geteert.

Michael Müller-Jentsch, Nürnberg