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Wahlrecht mit Restrisiko

Von Christian Hesse

Am vergangenen Montag fand im Innenausschuss des Bundestages eine Anhörung von Experten zum Wahlrecht statt. Der favorisierte Gesetzentwurf, auf den man sich fraktionsübergreifend (mit Ausnahme Der Linken) geeinigt hatte, ist eine Kombination aus Überbleibseln des alten Wahlrechts und dem früheren SPD-Vorschlag. Dieses Vier-Fraktionen-Modell (4F-Modell) sieht eine Kompensation von Überhangmandaten durch Ausgleichssitze vor.

Eine Analyse des Wahlrechts ist generell anspruchsvoll, weil dafür sowohl staatsrechtlicher und politikwissenschaftlicher als auch mathematischer Sachverstand nötig ist. Zwar ist das Wahlrecht keine Relativitätstheorie, doch braucht man immerhin so viel quantitative Kompetenz, dass eine nur juristische Beurteilung unvollständig bleibt und zu Fehldiagnosen führen kann. Das wurde beim letzten Wahlrechtsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht deutlich und spiegelt sich in dessen Urteil wieder.

Bei der Experten-Anhörung wurde das 4F-Modell als im Wesentlichen verfassungsfest beurteilt. Einige Experten konzentrierten sich darauf, primär die positiven Eigenschaften des Entwurfs herauszuarbeiten. Das dürfte den Gesetzgeber in dieser kritischen Zeit ohne gültiges Wahlrecht gefreut haben, war seine Ausgangssituation wegen immer detaillierterer Vorgaben aus Karlsruhe doch überaus kompliziert.

Das 4F-Modell hat aber Licht- und Schattenseiten. Ausgesprochen positiv ist zu werten, dass alle Wahlkreissieger in den Bundestag einziehen und dass der Proporz der Parteien nach Zweitstimmen sichergestellt ist. Positiv ist auch zu sehen, dass sich föderale Verzerrungen in Grenzen halten. Bis auf kleinere handwerkliche Mängel sind diese Aspekte gut realisiert.

Negativ zu werten ist die starke Variabilität der Bundestagsgröße. Sie besitzt eine Eigenschaft, die mathematisch als sensible Abhängigkeit vom Input bezeichnet wird. Mathematiker haben diese Eigenschaft als eine Voraussetzung für die Entstehung von mathematischem Chaos identifiziert. Wenn man in bestimmten Konstellationen ein wenig am Input wackelt (= kleine Änderungen an den Stimmenzahlen vornimmt), so ändert sich der Output erheblich (= werden große Änderungen bei der Bundestagsgröße ausgelöst).

Beispiele sind schnell zur Hand, etwa für das Bundestags-Wahlergebnis von 2009: Hätte Die Linke in Hamburg nur 8000 Stimmen mehr erhalten, dann würde sich, bliebe alles andere gleich, unter dem 4F-Modell die Hausgröße von 671 auf 666 Sitze reduzieren. Das ist eine 50-fache, zudem gegenläufige Hebelwirkung. Sie kann sich natürlich auch in die umgekehrte Richtung auswirken. Diese und andere Verstärkungsmechanismen führen dazu, dass bei Simulationen von realistischen Wahlergebnissen die Modelle mit Ausgleichssitzen für Überhangmandate nicht selten zu Bundestagsgrößen von um die 800 Mandaten führen.

Ein zweiter bedenklicher Punkt ist das negative Stimmgewicht. Ganz klassisch bezeichnet es die Paradoxie, dass eine Partei für hypothetisch mehr errungene Zweitstimmen weniger Sitze im Bundestag bekäme, oder umgekehrt. Das Bundesverfassungsgericht drückt es im letzten Wahlrechts-Urteil begriffserweiternd so aus: Die Zahl der Mandate einer Partei darf nicht erwartungswidrig mit der Stimmenzahl für diese Partei oder für eine konkurrierende Partei korrelieren. Dabei ist es für das Vorliegen des Tatbestandes unerheblich, ob er durch Überhangmandate, Ausgleichssitze oder Rundungen verursacht wird.

Auch das 4F-Modell lässt negative Stimmgewichte zu: Verfolgt man die Auswirkungen der 8000 zusätzlichen Stimmen für Die Linke in Hamburg, so ergibt sich unter dem 4F-Modell für diese Partei auf Bundesebene ein Mandatsverlust. Dieses von mir schon im Dezember in die Diskussion eingebrachte Beispiel spielte auch bei der Anhörung im Innenausschuss eine Rolle. Es ist nicht angemessen, den im Beispiel beschriebenen Fall als nur dem negativen Stimmgewicht ähnlich umzudeklarieren oder ihn formal-juristisch (aber quantitativ nicht überzeugend) als gutartig umzudeuten.

Angesichts dieses Beispiels ist die verbreitete Meinung überraschend, das 4F-Model sei frei von negativem Stimmgewicht. Weiter gehende Analysen zeigen sogar, dass dieser Effekt nicht nur in seltenen Ausnahmefällen auftritt. Allerdings könnten nur aufwendige Simulationen letztlich die Größenordnung der Wahrscheinlichkeit dieses Effekts ermitteln. Auch hinsichtlich negativer Stimmgewichte ist der Gesetzentwurf damit noch risikobehaftet.

Was bleibt als Fazit? Zu begrüßen ist, dass sich fast alle Bundestagsfraktionen auf ein Wahlrecht geeinigt haben. Positiv ist auch, dass bei den maßgeblichen Staatsrechtlern der Entwurf auf überwiegende Zustimmung trifft. Aus meiner Sicht kann es aber nur ein Übergangswahlrecht sein, das wegen der angesprochenen Punkte noch Korrekturbedarf aufweist.

 

Weitere Literatur:

Hesse, Christian (2012): Gutachten zum neuen Bundeswahlrecht, BGBl 2011 Teil I S. 2313.

 

Christian Hesse ist Professor für Mathematische Stochastik im Fachbereich Mathematik der Universität Stuttgart und zur Zeit Gastprofessor in den USA. Beim Wahlrechtsverfahren im Sommer 2012 hatte ihn das Bundesverfassungsgericht als Sachverständigen hinzugezogen.

 

 

Karlsruhe und das Wahlrecht: Auf in ein Nebengefecht!

Gespannt richtet sich der Blick der Politik – wieder einmal – auf Karlsruhe. Was wird das Bundesverfassungsgericht zum neuesten Versuch urteilen, ein verfassungsgemäßes Wahlrecht zu installieren? Ist das negative Stimmengewicht (das korrekterweise eigentlich „vermindertes positives Stimmengewicht“ heißen müsste, aber das ist eine andere Geschichte) zur Genüge beseitigt? Oder werden die Richter sogar noch einen Schritt weitergehen und dieses Mal gleich die ganze Idee (nicht ausgeglichener) Überhangmandate beanstanden?

Wie auch immer das Urteil am Mittwoch ausfallen wird – eine Chance haben alle Beteiligten in jedem Fall verstreichen lassen. Die ganze Diskussion um die Reform des Wahlrechts war von Anfang an durch Technikalitäten und Kleinigkeiten geprägt. Wie kann man das negative Stimmengewicht beseitigen? Wie lassen sich Überhangmandate erhalten (oder abschaffen)? Zweifelsohne: Das sind gewichtige Fragen, ein Wahlrecht muss auch in den Details prinzipientreu funktionieren.

Und dennoch: Das negative Stimmgewicht hat empirische Konsequenzen, die sich in der Größenordnung von einem einzigen Sitz bewegen, den eine Partei zulasten einer anderen bekommt. Der kann entscheidend sein, richtig. Aber es bleibt doch ein einziger Sitz. Überhangmandate haben da schon größere Auswirkungen. Nach der Bundestagswahl 2009 gab es 24 davon. Da sie alle zugunsten der Union entstanden, liegt ein beachtlicher Verstoß gegen das Gebot der Gleichheit der Wahl vor. Und doch sind selbst diese 24 Sitze eine relativ bescheidene Größe.

Gemäß Art. 38 (1) des Grundgesetzes werden „(d)ie Abgeordneten des Deutschen Bundestages … in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes.“ Doch wie kann man von Letzterem sprechen, wenn die Wahlbeteiligung – wie 2009 – bei gerade einmal 70,8 Prozent lag? In Sachsen-Anhalt gingen gerade einmal 60,5 Prozent der Berechtigten zur Wahl. Und in einigen Städten und Stadtteilen war die Beteiligung sicher noch viel niedriger. Hätten die Nichtwähler Sitze im Parlament, dann würden sie seit 2009 – je nach Zählung und Hürden – rund 180 einnehmen!

Gleiche Wahl? Vertreter des ganzen Volkes? Die jüngsten (rückläufigen) Entwicklungen bezogen auf die Wahlbeteiligung lassen beides zunehmend fraglich erscheinen. Aber leider hat über diese Frage – wie kann man Wählen (und das Wahlsystem) attraktiver machen? – in der ganzen Diskussion niemand auch nur ein einziges Wort verloren. Auch aus Karlsruhe werden wir dazu morgen nichts hören. Schade eigentlich.

Thorsten Faas (@wahlforschung) ist Juniorprofessor für Politikwissenschaft, insbesondere Wählerverhalten, an der Universität Mannheim.

 

Das neue Wahlrecht: Kompliziert, aber fair?

Von Christian Hesse

Wer sich für Wahlrecht interessiert, weiß, dass eine äußerst wichtige Entscheidung ansteht, die uns alle angeht. Am 25. Juli wird in Karlsruhe ein höchstrichterliches Urteil dazu verkündet. Worum geht`s?

Ende letzten Jahres wurde von der Regierungskoalition gegen die Stimmen der Opposition ein neues Wahlrecht für die Wahl zum Bundestag verabschiedet. Das alte musste überarbeitet werden, nachdem das Bundesverfassungsgericht es für verfassungswidrig erklärt hatte. Grund dafür war die Besonderheit, dass unter bestimmten Umständen mehr Zweitstimmen für eine Partei dazu führen konnten, dass diese Partei seltsamerweise einen Sitz verliert. Der mit diesen Stimmen zum Ausdruck gebrachte Wählerwille würde also ins krasse Gegenteil verkehrt. Man spricht von Negativem Stimmgewicht. Als bei der Bundestagswahl 2005 in einem Wahlkreis nachgewählt werden musste, trat dieser Störfall tatsächlich auf.

Am neuen Wahlrecht erhitzen sich die Gemüter. SPD und Grüne haben in Karlsruhe dagegen geklagt. Auch in der Presse steht es fast einhellig in der Kritik. Von „einem unverschämten Anschlag auf die repräsentative Demokratie“ (Volker Beck) war sogar die Rede.

Am 5. Juni hat das Verfassungsgericht zum Wahlrecht verhandelt. Als vom Gericht geladener Sachverständiger habe ich daran teilgenommen. Wie man sich vorstellen kann, gehört ein Auftritt in dieser Manege nicht zu den Standardsituationen im Leben eines Mathematikers. Die Verhandlung war ein Ringen um die Deutungshoheit im wahlrechtlichen Raum zwischen Befürwortern und Kritikern des neuen Wahlrechts. Beide Seiten hatten als Verfahrensvertreter renommierte Staatsrechtler und viel Polit-Prominenz aufgeboten. Am Ende eines sehr langen Verhandlungstages hatten die Befürworter gegen die Kritiker einen klaren inhaltlichen Punktsieg erzielt. Während der Verhandlung gab es viele präzise Fragen der Verfassungsrichter an die Verfahrensbeteiligten. Aus ihnen konnte eine Tendenz des Gerichts jedoch nicht abgeleitet werden.

Wie funktioniert das neue Wahlrecht?

Das System aus Erst- und Zweitstimme wird beibehalten. Neu ist, dass zuerst für jedes Land nach der Wahlbeteiligung errechnet wird, wie viele Abgeordnete von dort in den Bundestag ziehen. Anschließend wird nach dem Verhältnis der Zweitstimmen in jedem Land festgelegt, wie viele dieser Abgeordneten welcher Partei angehören. Zusätzlich eingeführt wurde eine Korrektur von Rundungsverlusten. Nach wie vor zieht jeder Wahlkreissieger ins Parlament ein. So können auch im neuen Wahlrecht Überhangmandate auftreten. Diese entstehen dann, wenn eine Partei mehr Sitze durch Wahlkreisgewinner erringt als ihr nach Zweitstimmen eigentlich zustehen. Kurzum: Das neue Wahlrecht ist kompliziert. Aber auch das alte war nicht einfach.

Welche Auswirkungen hat es?

Vom Ergebnis aus gesehen ist das neue Wahlrecht minimal-invasiv. Bei dessen Anwendung auf die letzten sechs Bundestagswahlen seit 1990, hätte die SPD insgesamt ein Plus von 3 Sitzen erzielt, die CDU Plus/Minus 0, die CSU Plus/Minus 0, die FDP ein Plus von 10 Sitzen, die Grünen ein Plus von 11 Sitzen, Die Linke ein Plus von 9 Sitzen. Das ist kein großer Unterschied, und dies ist als Vorteil zu werten. Denn das deutsche System aus Mehrheitswahl und Verhältniswahl stößt auf breite Zustimmung in der Bevölkerung. Es ist verfassungspolitisch bewährt, gilt überwiegend als erhaltenswert und wird in der wissenschaftlichen Literatur meist positiv beurteilt. Es ist ein Erfolgsmodell und ein großes Gut unserer politischen Kultur. Wahlrecht made in Germany hat sogar andernorts (Neuseeland) als Vorbild gedient.

Wurden monierte Mängel beseitigt?

Es ist eine Binsenweisheit unter Wahlrechtlern, dass das perfekte Modell eine Utopie ist. Gemeinhin ist es für Experten nicht schwer, an einem Wahlsystem unerwünschte Eigenschaften aufzuzeigen, doch unmöglich, ein System zu entwickeln, das ganz frei davon ist. Alle haben ihre Vor- und Nachteile. Das von der SPD favorisierte Modell verursacht eine erhebliche Aufblähung des Parlaments. Das Modell der Grünen benachteiligt Landesverbände ohne Überhangmandate.

Das Verfassungsgericht hatte übrigens nicht die Überhangmandate bemängelt. Es hatte allein das oben angesprochene Negative Stimmgewicht als verfassungswidrig eingestuft. Und es hatte zudem eine mögliche Beseitigung vorgeschlagen, die nicht an Überhangmandaten ansetzt, sondern die Bundesländer zu getrennten Wahlgebieten macht. Dieser Weg wurde beschritten.

Negative Stimmgewichte sind zwar auch im neuen Wahlrecht noch möglich. Die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens wird aber stark zurückgedrängt. Bei realitätsnah simulierten Wahlausgängen treten sie nur etwa bei jedem hundertsten Wahlergebnis auf. Kein einziger Fall von Negativem Stimmgewicht gemäß Definition des Verfassungsgerichts wäre unter dem neuen Wahlrecht bei den Bundestagswahlen 2005 und 2009 aufgetreten. Das Gericht hatte die Beseitigung dieses Defekts außerdem nur für im politischen Alltag auftretende Szenarien verlangt, nicht unbedingt für alle theoretisch möglichen Situationen. Dieser Auftrag wurde erfüllt.

Negative Stimmgewichte sind ein gegenläufiger Effekt, der sich allein auf Änderungen bei den Zweitstimmen bezieht. Daneben können im neuen Wahlrecht gegenläufige Effekte auftreten, die als Ursachen gleichzeitige Änderungen bei Erst- und Zweitstimmen voraussetzen. Alle diese Effekte können aber vom Wähler nicht für strategisches Wählen oder manipulatives Verschieben von Sitzen eingesetzt werden. Nur nach der Wahl wird feststellbar, ob und wo sich dieser Effekt durch Rundungszufälle ergeben hätte. Insgesamt wird die Bedeutung gegenläufiger Effekte von vielen Kritikern des neuen Wahlsystems bei weitem überschätzt. Nichtsdestoweniger hätte der Gesetzgeber in der eingeschlagenen Richtung noch einen kleinen Schritt weitergehen sollen, um alle gegenläufigen Effekte zu beseitigen. Das ist erreichbar, würden die Sitze auf die Bundesländer nicht nach Wahlbeteiligung, sondern nach Bevölkerung verteilt und die Rundungsverluste der Parteien nach eingebüßten Sitzbruchteilen korrigiert. In der Endabrechnung macht beides nur wenig aus.

Ist das neue Wahlrecht fair?

Wer diese Frage beantworten will ohne Überhangmandate zu erwähnen, hätte das Thema von vornherein verfehlt. Für die Opposition sind diese Mandate ein rotes Tuch. Bei der letzten Wahl gab es davon die satte Zahl von 24 und alle konnte die Union einheimsen. Das war nicht immer so. Bei den Bundestagswahlen von 1990 bis 2005 hatte die CDU zusammen genommen 26, die SPD 30 Überhangmandate bekommen. Das Verhältnis war also bis vor der letzten Wahl relativ ausgeglichen. Und diese letzte Wahl kann insofern als Sonderfall gelten, als eine der großen Volksparteien ausgesprochen schwach und eine der kleinen Parteien ausgesprochen stark war. Die weitere Entwicklung der Überhangmandate ist schwer vorherzusagen. Es gibt aber seriöse Schätzungen, dass diese bei der nächsten Wahl mehrheitlich der SPD zugute kommen werden. Jedenfalls hat die Union kein festes Abonnement auf diese Mandate.

Auch ist das neue Wahlrecht aufs Ganze gesehen für kleine Parteien weniger nachteilig als es das alte war. Ferner wirkt sich die Vergabe der Sitze an die Länder nach Wahlbeteiligung im Vergleich mit der Zuteilung nach Bevölkerung nicht negativ für die neuen Länder aus, obwohl dort typischerweise weniger Wählerinnen und Wähler zur Wahlurne gehen. Zieht man Bilanz, ist das neue Wahlrecht, trotz vorhandener Fragwürdigkeiten, ausreichend fair. Vielleicht wird es Zeit, seinen Frieden damit zu machen und Ja dazu zu sagen, wenn auch nicht Hurra.

Christian Hesse ist Professor für Mathematische Statistik am Institut für Stochastik und Anwendungen der Universität Stuttgart. Er war im Rahmen der Verhandlung des neuen Wahlrechts vor dem Bundesverfassungsgericht Gutachter für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

 

Aus der Kategorie „Immer Ärger mit diesem Wahlrecht“, heute: Berlin

Als Wahlrecht hat man es in diesen Tagen nicht leicht… Auf Bundesebene gibt es derzeit kein verfassungsgemäßes Wahlrecht. Auch in Schleswig-Holstein war das Wahlrecht, das bei der jüngsten Landtagswahl zur Anwendung kam, nicht verfassungskonform, weswegen im kommenden Jahr eine vorgezogene Wahl stattfinden muss.

Nun wählt am Sonntag Berlin – und wieder könnte ein Wahlrechtsdetail für großen Aufruhr sorgen. Es geht um §18 des Berliner Wahlgesetzes, betitelt „Sperrklausel“. Dort heißt es:

Parteien, die im Wahlgebiet weniger als fünf vom Hundert der abgegebenen Zweitstimmen erhalten haben, werden bei Berechnung und Zuteilung der Sitze nach § 17 nicht berücksichtigt; dies gilt nicht, sofern mindestens ein Bewerber oder eine Bewerberin der Partei nach § 16 einen Sitz im Wahlkreis errungen hat.

Klingt nach einer ganz „gewöhnlichen“ 5%-Klausel, wie wir sie auch bei Bundes- und sonstigen Landtagswahlen kennen. Ist es aber nicht (ganz). Im Bundeswahlgesetz lautet die analoge Bestimmung nämlich: „Bei Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien berücksichtigt, die mindestens 5 vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten … haben“.

Worin liegt der Unterschied? In Berlin müssen 5% der abgegebenen Stimmen erreicht werden, im Bundesgebiet (und auch in allen anderen Ländern) 5% der gültigen Stimmen. In einem Fall zählen die ungültigen Stimmen also mit, im anderen Fall nicht. Es könnte daher die paradoxe Situation aufkommen, dass die Balken, die wir ab 18 Uhr in den Prognosen und Hochrechnungen sehen werden, zwar über die 5%-Marke hinausragen (denn die Basis der Balken sind die gültigen Stimmen), eine Partei aber trotzdem NICHT ins Abgeordnetenhaus einzieht. Hoffentlich bringt das den Touchscreen nicht aus der Ruhe…

Ein Beispiel: Am Sonntag werden 2,47 Millionen Bürgerinnern und Bürger wahlberechtigt sein. Nehmen wir an, 58% von ihnen machen von ihrem Wahlrecht Gebrauch (das entspricht der Wahlbeteiligung der Wahl 2006). Demnach gäbe es 1.432.600 abgegebene Stimmen. Nehmen wir weiterhin an, dass 2% dieser abgegebenen Stimmen (bezogen auf die Zweitstimme) ungültig sind, das wären 28.652 ungültige Stimmen; somit gäbe es 1.403.948 gültige Stimmen.

Um in das Abgeordnetenhaus in Berlin einzuziehen, braucht eine Partei 5% der abgegebenen Stimmen, das wären 71.630 Stimmen. Würde dagegen eine Regel analog zum Bundeswahlgesetz gelten, dann würden 5% der gültigen Stimmen ausreichen, das wären 70.197,4 (also 70198) Stimmen – ein Unterschied von immerhin 1.432 Stimmen!

Wären sogar 4% der abgegebenen Stimmen ungültig (wie jüngst in Mecklenburg-Vorpommern), dann gäbe es „nur“ 1.375.296 gültige Stimmen und dann würden „normalerweise“ sogar 68.765 Stimmen reichen, um in einen Landtag einzuziehen – außer eben in Berlin; dort bräuchte man 2.865 mehr (nämlich weiterhin besagte 71.630).

Heißt also ganz konkret: Würde eine Partei – nennen wir sie zum Beispiel „Die Seefahrer“ oder „GDP“ – in ersten Szenario (mit 2% ungültigen Stimmen) 71.629 Stimmen erhalten, dann würde der Balken in ARD und ZDF 5,1% anzeigen – und trotzdem wäre die Partei draußen, denn bezogen auf die abgegebenen Stimmen wären es nur 4,9999 Prozent. Im zweiten Fall (mit 4% ungültigen Stimmen) würden der Balken sogar 5,2% anzeigen, reichen würde es trotzdem nicht.

Für Spannung ist also gesorgt am Sonntag, auch aus dieser Warte!

Übrigens: Keine der beiden Lösungen ist zwangsläufig besser, vielmehr ist die eine so arbiträr wie die andere. Die Berliner Lösung ist lediglich ungewöhnlich. Man könnte sogar argumentieren, dass eigentlich die Zahl der Wahlberechtigten eine sinnvolle Bezugsgröße für eine Sperrklausel wäre. Dann hätten nämlich Parteien einen Anreiz, auch die Wahlbeteiligung im Auge zu behalten, die leider allzu oft an den Diskussionen an Wahlabenden untergeht.

 

Die Reform des Wahlgesetzes und das Problem des negativen Stimmgewichts und der Überhangmandate

Von Joachim Behnke
Seit dem 1. Juli verfügt die Bundesrepublik über kein Wahlgesetz mehr, nach dem ordnungsgemäß das Parlament und damit auch indirekt die Regierung gewählt werden könnte. In seinem Urteil vom 3. Juli zum sogenannten negativen Stimmgewicht erklärte das Bundesverfassungsgericht nämlich dieses als verfassungswidrig und legte dem Bundestag auf, diesen „absurden“ und „widersinnigen“ Effekt durch eine Änderung des Wahlgesetzes bis zum 30. Juni 2011 zu beseitigen. Doch der letzte der Fraktionsentwürfe, der von CDU/CSU und FDP, liegt erst seit Ende Juni überhaupt vor. Eine öffentliche Anhörung hierzu findet erst am 5. September statt. Bis zu der Verabschiedung des neuen Wahlgesetzes können keine Bundestagswahlen stattfinden, deren rechtliche Grundlagen unbestritten sind. Wir befinden uns demnach zwar nicht in einem Zustand der Regierungslosigkeit, aber doch immerhin in einem Zustand, in dem die verfassungskonforme Neuwahl einer Regierung nicht möglich ist.

Ein neues Wahlgesetz hat vor allem zwei Anforderungen zu erfüllen. Es muss einerseits dem Gerichtsurteil Rechnung tragen, indem es den Effekt des negativen Stimmgewichts beseitigt. Es muss aber außerdem versuchen, das größte und eigentliche Problem des derzeitigen Wahlgesetzes zu beseitigen, nämlich das der Überhangmandate. Überhangmandate und negatives Stimmgewicht sind zudem eng miteinander verflochten, sodass es naheliegend erscheint, die Beseitigung des einen Problems mit der gleichzeitigen des anderen zu verknüpfen.

Ein negatives Stimmgewicht liegt dann vor, wenn mehr Stimmen für eine Partei zu weniger Mandaten führen. Die CDU hatte z.B. bei der letzten Bundestagswahl aufgrund der Zweitstimmen einen Anspruch auf insgesamt 173 Sitze. Diese wurden im Rahmen der sogenannten Unterverteilung ebenfalls wieder proportional zu den Zweitstimmen auf die einzelnen Landeslisten der CDU aufgeteilt. Demnach entfielen z.B. auf die Landesliste der CDU in Schleswig-Holstein acht Mandate. Da die CDU dort jedoch neun Direktmandate gewonnen hatte, entstand dort ein Überhangmandat. Hätte die CDU in Schleswig-Holstein allerdings z.B. 5.133 Stimmen weniger erhalten, dann wäre im Rahmen der Unterverteilung ein Proporzmandat weniger in Schleswig-Holstein, dafür eines mehr in Niedersachsen angefallen. Das wegfallende Proporzmandat in Schleswig-Holstein wäre lediglich in ein Überhangmandat verwandelt worden, die Gesamtzahl der Sitze hätte sich dort daher nicht verändert. In Niedersachsen aber hätte die CDU ein weiteres Listenmandat erhalten, womit sich ihre bundesweite Gesamtsitzzahl erhöht hätte, wenn sie insgesamt weniger Zweitstimmen erhalten hätte.

Der Effekt des negativen Stimmgewichts lässt sich durch das Zusammenwirken zweier Einzeleffekte erklären. Der erste Effekt ist ein simpler Verteilungseffekt, wonach bei der proportionalen Sitzzuteilung weniger Stimmen zu weniger Sitzen, auf keinen Fall aber zu mehr Sitzen führen. Weniger Zweitstimmen in Schleswig-Holstein führen also zu weniger Proporzmandaten in diesem Land, was nur folgerichtig ist. Der zweite Effekt besteht in der Unterdeckung der Überhangmandate mit Zweitstimmen. Der Sinn des Verhältnisausgleichs, wie er durch §6 Abs. 2 und Abs. 4 des Bundeswahlgesetzes beschrieben ist, besteht ja in der Verrechnung der Direktmandate mit den Mandaten, die einer Partei in einem Bundesland aufgrund der Zweitstimmen zustehen würden. Überhangmandate kommen dann zustande, wenn die Zweitstimmen in einem Land nicht genügen, um die Mandatsansprüche, die durch die gewonnenen Direktmandate entstehen, abzugelten. Überhangmandate sind eine Art von ungedeckten Wechseln, bei der die Empfänger des Kredits an Direktmandaten nicht in der Lage sind, diese durch einen entsprechenden Preis in Zweitstimmen zu bezahlen. Wenn nun durch den Wegfall weiterer Zweitstimmen in Schleswig-Holstein ein weiteres Direktmandat ungedeckt und somit zu einem Überhangmandat wird, so ist dies nur die folgerichtige Konsequenz aus dem Umstand, solche ungedeckten Wechsel an sich zu akzeptieren.

Wer also den Effekt des negativen Stimmgewichts als „absurd“ empfindet, müsste diesen Eindruck von Absurdität zwangsläufig auf den Umstand übertragen, dass es Mandate geben kann, die nicht im Verhältnisausgleich aufgehen. Wer umgekehrt keinen Anstoß an den Überhangmandaten nimmt, müsste dann auch den Effekt des negativen Stimmgewichts in der oben beschriebenen Form als unproblematisch akzeptieren. Der oft beschworene, scheinbar so logische Zusammenhang, dass das negative Stimmgewicht zwar notwendig mit Überhangmandaten, aber eben nicht umgekehrt Überhangmandate notwendig mit dem negativen Stimmgewicht verbunden seien, ist daher nur bedingt richtig. Überhangmandate sind innerhalb des jetzigen Designs notwendigerweise mit der Möglichkeit des Auftretens des Effekts des negativen Stimmgewichts verbunden. Ob er dann tatsächlich auftritt oder nicht, hängt lediglich von den Zufälligkeiten der Reihenfolge der Sitzverteilung auf die Landeslisten ab.

Der Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2008 hat daher insofern für Verwirrung gesorgt, dass einerseits die Ablehnung des negativen Stimmgewichts logisch auch eine Ablehnung der Überhangmandate nach sich hätte ziehen müssen, aus den obiter dicta, insbesondere den anskizzierten Lösungsvorschlägen, aber keine grundsätzliche Ablehnung der Überhangmandate erkennbar schien. Da die Überhangmandate aber die Ursache im Sinne einer notwendigen Voraussetzung für das Entstehen des negativen Stimmgewichts darstellen, scheint es nur folgerichtig, das Problem des negativen Stimmgewichts an der Wurzel, also den Überhangmandaten, zu packen. Genau dies entspricht den Vorschlägen der Grünen, der Linken und der SPD, die das negative Stimmgewicht beseitigen wollen, indem sie die Überhangmandate beseitigen, z.B. durch Kompensation mit Landeslistensitzen, wie im Vorschlag der Grünen, oder Neutralisieren, wie im Vorschlag der SPD durch Ausgleichsmandate. (Zu einer vergleichenden Darstellung der Verfahren siehe die Stellungnahme von Friedrich Pukelsheim.) Der Vorwurf des CDU-Geschäftsführers, die Oppositionsparteien verweigerten sich einem Konsens, indem sie sich auf das „sachfremde Thema Überhangmandate“ konzentrierten, muss daher wohl eher seinerseits als sachfremd betrachtet werden. Der Lösungsvorschlag von Union und FDP beschränkt sich auf die Abschaffung des negativen Stimmgewichts und möchte aus naheliegenden Gründen die Überhangmandate erhalten. Dazu sollen die Landeslisten getrennt werden. Zuerst erfolgt hier eine Berechnung der Sitzkontingente der Länder nach der Wahlbeteiligung, anschließend werden die Sitze innerhalb des Landes auf die verschiedenen Listen der Parteien verteilt. Dieser Vorschlag beseitigt allerdings nicht einmal den Effekt des negativen Stimmgewichts, sondern eröffnet ihm sogar ganz neue Betätigungsmöglichkeiten. So hätten z.B. 13.000 Wähler der Linken weniger in Bayern dazu geführt, dass die Linke ein zusätzliches Mandat in Nordrhein-Westfalen und damit auch insgesamt ein Mandat mehr gehabt hätte (Zu diesem und anderen absurden Effekten des Gesetzesentwurfs siehe ausführlicher hier). Während der Effekt des negativen Stimmgewichts im derzeitigen Wahlsystem die Abgabe der Stimme für die präferierte Partei entmutigt, kann im Vorschlag der Union und FDP sich der Entschluss eines Wählers, zur Wahl zu gehen, um seine präferierte Partei zu wählen, schon der eigenen Partei schaden.

Hinsichtlich der Überhangmandate besteht außerdem nicht nur parlamentarischer Handlungsbedarf aufgrund des Urteils von 2008. Im Urteil von 1997 erkannten selbst die damals das Urteil tragenden Richter, also diejenigen, die Überhangmandate nicht grundsätzlich als verfassungswidrig anerkennen wollten, dass, wenn Überhangmandate „regelmäßig in größerer Zahl“ anfielen, sich daraus ein „Handlungsauftrag“ an das Parlament ergeben könne, den „Grundcharakter der Verhältniswahl“ wieder herzustellen. Da die 16 Überhangmandate von 1994, die der Auslöser des damaligen Urteils waren, offensichtlich als eine solche „größere Zahl“ angesehen wurden und in vier der fünf letzten Wahlen diese oder eine noch größere Anzahl an Überhangmandaten tatsächlich aufgetreten ist, müssen die Bedingungen für das Vorliegen dieses „Handlungsauftrags“ wohl als gegeben angenommen werden. Und in einem frühen Entscheid vom 3. Juli 1957 erkannte das Bundesverfassungsgericht überdies, dass die „Verfassungsmäßigkeit“ der Überhangmandate „im Fall eines Missbrauchs angezweifelt werden“ müsste. Damit sprach das Gericht bewusste Manipulationen zum Zweck der gezielten Gewinnung von Überhangmandaten an. Aber spätestens seit der Nachwahl in Dresden bei der Bundestagswahl 2005 ist offensichtlich geworden, dass es gezielte Kampagnen zur Unterdeckung der Direktmandate mit den Zweitstimmen gab. Des Weiteren lässt sich durch Umfragedaten belegen, dass 2009 in Baden-Württemberg ein nicht unbedeutender Anteil der CDU-Anhänger mit ihrer Zweitstimme die FDP gewählt haben und somit zur Entstehung weiterer Überhangmandate beigetragen haben. Dies kann durchaus eine Art von Protestwahlverhalten gegenüber der zu „sozialdemokratisierten“ CDU unter Angela Merkel gewesen sein, es muss keine gezielte Kampagne gewesen sein, es hätte aber womöglich eine gezielte Kampagne sein können.

Sowohl sachliche als auch verfassungsrechtliche Gründe sprechen also dafür, auch und vor allem die Überhangmandate in den Fokus einer Wahlreform zu nehmen. Schließlich ist diesen auch die demokratietheoretische Gefahr inhärent, dass es durch sie sogar zu einer Umkehrung von Mehrheitsverhältnissen kommen könnte. Im Lichte der derzeitigen Umfrageergebnisse ist es zwar weniger wahrscheinlich, dass Überhangmandate Union und FDP als zusätzlicher virtueller Koalitionspartner zu einer Mehrheit verhelfen könnten, aber es wäre sehr gut vorstellbar, dass sie eine ansonsten mögliche Mehrheit von Rot-Grün verhindern würden. Eine solche Mehrheitsumkehr aber hätte mit Sicherheit verheerende Folgen für die Legitimation einer sich dann bildenden Regierung, die eine andere sein würde als die, die sich aufgrund der Stimmenmehrheiten ergeben hätte. Ohne Ausgleichsmandate hätte z.B. in Baden-Württemberg eine schwarz-gelbe Koalition trotz klarer Stimmenmehrheit von Grün-Rot weiterregieren können. Es ist nicht sonderlich schwer, sich auszumalen, was dies in der ohnehin angespannten Lage ausgelöst hätte.

Es mag sein, dass das Parlament durch das Urteil vom Juli 2008 nicht eindeutig angehalten ist, sich auch um die Lösung des Problems der Überhangmandate zu kümmern. Aber das heißt ja nun auch nicht umgekehrt, dass es dem Parlament verboten ist, sich mit den Überhangmandaten zu beschäftigen. Ein Parlament, das sich nur bei Auflagen des Verfassungsgerichts genötigt sieht, tätig zu werden, würde sich selbst überflüssig machen. Der allgemeine Handlungsauftrag an das Parlament besteht darin, aus schlechten Gesetzen wenn nicht gerade gute, so doch zumindest bessere Gesetze zu machen. Da die Überhangmandate ohne Zweifel das schwerwiegendste Problem im derzeitigen Wahlgesetz darstellen, ist eine Reform, die sich dieser Aufgabenstellung verweigert, von vorneherein zum Scheitern verurteilt und würde vorhersehbar ein Wahlgesetz auf Abruf produzieren.

Joachim Behnke ist Inhaber des Lehrstuhls für Politikwissenschaft an der Zeppelin Universität Friedrichshafen.

 

Die Probleme des neuen Bremer Wahlrechts

Schon wieder eine historische Wahl in diesem Superwahljahr, dieses Mal in Bremen: Die SPD regiert seit mehr als einem halben Jahrhundert das Land – und wird den Stadtstaat auch weiter regieren. Die Grünen sind schon wieder Zweiter geworden. Historisch war auch die Wahlbeteiligung, leider wieder einmal historisch niedrig. Die Forschungsgruppe Wahlen sieht die Wahlbeteiligung vom Sonntag bei gerade einmal 56,6 Prozent.

Man hat sich an diese immer neuen Tiefststände fast gewöhnt. Man hat sich auch schon daran gewöhnt, dass an Wahlabenden eine pflichtschuldige Enttäuschung über die geringe Beteiligung öffentlich zur Schau getragen wird, um sich danach genüsslich den wichtigen Fragen des Wahlabends widmen zu können: Welche bundespolitischen Auswirkungen gehen nun von Bremen aus? Wäre nicht doch vielleicht Schwarz-Grün eine Machtoption für Bremen? Ist Philipp Rösler nun nach nur einer Woche schon „geschwächt“?

Und doch gibt es zwei Facetten rund um Wahlsystem und Wahlbeteiligung, auf die man in Bremen genauer schauen sollte. Zunächst zum Wahlsystem: Wie schon in Hamburg, so durften auch jetzt in Bremen die Menschen mehr Kreuzchen auf ihrem Stimmzettel machen, nämlich fünf an der Zahl. Sie durften das sogar über mehrere Parteilisten hinweg tun. Das erfolgreiche Volksbegehren „Mehr Demokratie beim Wählen“ hatte diese Änderungen auf den Weg gebracht. Und diejenigen, die zur Wahl gegangen sind, haben von ihren erweiterten Möglichkeiten eifrig Gebrauch gemacht, sagen die ersten Zahlen.

Aber: Was, wenn das neue Wahlsystem (manche) Menschen abgeschreckt hat? Wäre das nicht „weniger Demokratie beim Wählen“? Immerhin wissen wir aus vielen, vielen Studien, dass selbst das Wahlsystem bei Bundestagswahlen von vielen Menschen im Land nicht richtig verstanden wird, dass viele Menschen etwa glauben, die Erst- sei wichtiger als die Zweitstimme oder beide seien doch zumindest gleich wichtig. Man darf vermuten – auch wenn man bislang nicht allzu viel darüber weiß –, dass allen Informationskampagnen zum Trotz auch das neue Wahlsystem in Bremen mit ähnlichen Problemen behaftet ist.

Den Wahlsystemen inhärenten Zielkonflikt zwischen möglichst großem Einfluss der Wähler auf die Zusammensetzung der Parlamente einerseits, einer einfachen Handhabung und einer hohen Verständlichkeit andererseits sollte man jedenfalls mit einigem Abstand zu den Wahlen in Hamburg und Bremen noch einmal genau überprüfen. Die Gleichheit der Wahl ist ein hohes Gut, das ein abschreckendes Wahlsystem potenziell gefährdet. Es heißt ja „One (wo)man, one vote“ und nicht „one (wo)man, one potential vote„.

Auch das zweite Novum der Wahl birgt Probleme: Wählen durften dieses Mal nämlich auch die 16- und 17-Jährigen. Ob sie schon reif dafür sind, mögen andere diskutieren. Bemerkenswert ist vielmehr ein gängiges Missverständnis, von dem gestern auch in der FAZ zu lesen war: Die jungen Menschen durften erstmals; „die Wahlbeteiligung lag dennoch … so niedrig wie noch nie“.

Da kann man nur mit dem Kopf schütteln – allerdings weniger über die Bremer, sondern eher über die Kommentatoren. Wie soll die Wahlbeteiligung steigen, wenn einer Gruppe das Wahlrecht gegeben wird, von der klar ist, dass ihre Wahlfreude unterdurchschnittlich sein wird? Es gehört nun einmal zu den ehernen Gesetzen der Wahlforschung, dass die Wahlbeteiligung bis zur Altersgruppe der 60-Jährigen kontinuierlich ansteigt – und zwar kräftig. Zwar ist die Wahlbeteiligung bei Erstwählern immer etwas höher als in der nächst älteren Kohorte, aber sie ist und bleibt eben doch niedriger, gerade im Vergleich zu den silver voters. Insofern musste die Wahlbeteiligung zwangsläufig sinken – gerade weil die 16- und 17-Jährigen erstmals wählen durften, aber erwartungsgemäß eher wahlmüde waren (die Wahlbeteiligung wird aktuell auf knapp über 40 Prozent geschätzt).

Was lernen wir daraus? An ein, zwei Schräubchen des Wahlrechts zu drehen, reicht eben nicht aus, um das dauerhafte Problem der niedrigen und sinkenden Wahlbeteiligung zu lösen. Da helfen weder 5 noch 10 noch 20 Stimmen. Es hilft auch nicht, das Wahlalter auf 0 zu senken. Das Problem scheint tiefer zu sitzen. Selbst die Wahl in Baden-Württemberg, bei der alle gerade beglückt auf die gestiegene Wahlbeteiligung geschaut haben, ist ein Beleg dafür. Wenn trotz (vermeintlich) extremer Mobilisierung, trotz hoher Emotionalisierung, trotz knappen Wahlausgangs, trotz eines möglichen historischen Regierungswechsels nur zwei von drei Wahlberechtigen zur Wahl gehen (und einer von dreien eben nicht!), dann ist das ein schlechtes Zeichen.

Vielleicht gibt es doch eine Änderung, über die man einmal nachdenken sollte. Das Wahlsystem der Weimarer Republik ist viel gescholten worden, an vielen Stellen auch zu Recht. Aber eine interessante Facette hatte es ohne Zweifel: Für 60.000 Stimmen gab es einen Sitz. Was das mit Wahlbeteiligung zu tun hat? Die Anzahl der Sitze im Reichstag hing direkt von der Wahlbeteiligung ab. Je mehr Stimmen abgegeben wurden, desto größer war der Reichstag – und umgekehrt!

Eine Änderung des Wahlsystems auf Bundesebene steht in diesen Tagen ohnehin bevor. Das Verfassungsgericht hält das gegenwärtige Wahlsystem bei Bundestagswahlen nicht für verfassungskonform und hat eine Frist bis Mitte diesen Jahres gesetzt. Da aber noch keine Vorlagen wirklich auf dem Tisch liegen, könnte man eine solche Idee durchaus noch mitaufnehmen. Das würde einen schönen Anreiz in das Wahlsystem einbauen, damit sich alle nicht mehr bloß pflichtschuldig, sondern ganz ernsthaft mit der Wahlbeteiligung auseinandersetzen würden.

 

Der Teufel steckt im (Wahlrechts-)Detail

Zur Mehrheit fehlt Rot-Grün in NRW ein einziger Sitz. Rot-Grün-Rot wird es nicht geben. Also bleibt den Sozialdemokratinnen dort wohl nur der (schwere) Gang in die Große Koalition. Wie die Kollegen von wahlrecht.de zeigen, hängt die Sitzverteilung dabei nicht vom gewählten Zuteilungsverfahren ab. Ob Sainte-Laguë, Hare/Niemeyer oder D’Hondt – das Ergebnis ist identisch. Zumindest solange man die Sitzzahl bei 181 belässt.
Gleichwohl könnte man sich bei Rot und Grün mit Blick auf das Wahlsystem die Haare raufen – kleine Veränderungen der Regeln hätten mitunter große Wirkung gehabt: So hätte es für Rot-Grün etwa gereicht, wenn der nordrhein-westfälische Landtag nur aus 159 Sitzen bestehen würde (und die Sitze nach Hare/Niemeyer zugeteilt worden wären): Die SPD hätte dann nämlich 59 Sitze erhalten (wie die Union auch), die Grünen 21 – und 80 rot-grüne Sitze wären eine Mehrheit gewesen. Analog wäre es bei Sitzzahlen von 3, 5, 7, 19, 21, 35, 59, 73, 75, 87, 89, 91 und 105 gewesen… aber bei 181 eben nicht.

 

Mehr direkte Demokratie wagen?

Wie in früheren Bundestagswahljahren erscheinen auch 2009 zahlreiche Bücher zu politischen Themen. Einen publikumswirksamen Startschuss gab Gabor Steingart mit dem Band „Die Machtfrage. Ansichten eines Nichtwählers“ ab. In seiner Philippika rechnet der Spiegel-Journalist mit den Parteien ab und fordert zum kalkulierten Wahlboykott auf. In einem jüngst erschienenen Band wirbt Beatrice von Weizsäcker unter dem provokanten Titel „Warum ich mich nicht für Politik interessiere“ für politisches Engagement. So unterschiedlich beide Autoren und Bücher sein mögen, eint sie das Plädoyer für mehr direktdemokratische Verfahren in Deutschland, und zwar auch auf der Bundesebene. Davon versprechen sich Steingart wie von Weizsäcker nicht zuletzt eine Steigerung des politischen Interesses und Engagements, aber auch eine Stärkung des politischen Verantwortungsgefühls der Bürger.

Ihre Argumente für die Ausweitung direktdemokratischer Elemente klingen auf den ersten Blick bestechend. Wenn die Bürger erst einmal mehr zu entscheiden hätten, würden sie sich besser über politische Fragen informieren, intensiver mit Politik auseinandersetzen und dann ebenso kompetente wie verantwortungsbewusste Entscheidungen treffen. Nicht zuletzt entkräftet diese Argumentation den beliebten Einwand, Umfrageergebnisse zeigten, dass Deutschland unter den Bedingungen direkter Demokratie nicht Nato-Mitglied geworden wäre und längst wieder die Todesstrafe eingeführt hätte. Denn verändern direktdemokratische Verfahren tatsächlich die Haltung der Bürger zur Politik, dann lassen sich aus vorliegenden demoskopischen Befunden gerade keine Rückschlüsse auf die Ergebnisse direktdemokratischer Prozesse ableiten.

Auch plausible Argumente können sich jedoch als empirisch falsch erweisen. Um das zu klären, lohnt sich ein Blick über den Tellerrand. Denn die internationale Abstimmungsforschung hat einige Befunde zur Frage zusammengetragen, wie sich direktdemokratische Elemente auf politisches Interesse und Engagement der Bürger auswirken. Diese Untersuchungen, in erster Linie gestützt auf Material aus den USA und der Schweiz, legen den Schluss nahe, dass direktdemokratische Elemente kein Wundermittel zur Stimulierung des politischen Engagements der Bürger sind. Das politische Wissen der Bürger scheint infolge direktdemokratischer Verfahren ebenso allenfalls leicht zuzunehmen wie das Gefühl der Bürger, politisch kompetent zu sein. Auch lassen direktdemokratische Elemente das Gefühl der Bürger, das politische System reagiere auf ihre Wünsche und Forderungen, kaum intensiver werden. Auf die Wahlbeteiligung lassen sich in den USA leichte Mobilisierungseffekte nachweisen, während in der Schweiz eher umgekehrte Effekte aufzutreten scheinen.

Selbst wenn man berücksichtigt, dass Befunde nicht ohne weiteres von Land zu Land übertragen werden können, hieße es wohl, die empirische Evidenz allzu sehr zu strapazieren, interpretierte man sie als Beleg dafür, dass nach der Einführung direktdemokratischer Verfahren ein sprunghafter Anstieg des politischen Interesses und Engagements in Deutschland zu erwarten wäre. Steingart und von Weizsäcker scheinen sich von direktdemokratischen Verfahren also mehr zu versprechen, als diese zu leisten vermögen. Das heißt allerdings nicht, dass es nicht andere gute Gründe geben könnte, ernsthaft über die Einführung direktdemokratischer Elemente auch auf Bundesebene nachzudenken.

 

Die SPD und die Überhangmandate

Die Überhangmandate lassen die Abgeordneten des Bundestags bis zum Ende der Legislaturperiode nicht los. Am kommenden Freitag wird ein Gesetzentwurf der Grünen zur Vermeidung von Überhangmandaten bei der kommenden Bundestagswahl beraten. Diese Frage, die sonst eher nur Wahlrechtsfeinschmecker interessieren würde, darf diesmal mit erheblichem öffentlichem Interesse rechnen. Denn bei der Wahl am 27. September könnten laut Simulationen Überhangmandate dafür sorgen, dass eine schwarz-gelbe Koalition im Bundestag über eine Mandatsmehrheit verfügt, die sie andernfalls nicht erhielte (siehe auch meinen früheren Beitrag sowie Beiträge von Thomas Gschwend und Thorsten Faas). Anders als bei früheren Wahlen könnte man die Überhangmandate nicht mehr als wahlsystemisches Kuriosum ohne praktisch-politische Bedeutung betrachten. Vielmehr könnte diese vom Bundesverfassungsgericht monierte Regelung zu einem echten Machtfaktor werden.

Die Meinungsbildungsprozesse in Parteien und Fraktionen sind in vollem Gange. Die Linke signalisierte bereits Unterstützung für den Vorschlag der Grünen. Union und FDP sprachen sich – vermutlich aus nahe liegenden Gründen – gegen den Entwurf aus. Die Rolle des Züngleins an der Waage fällt damit den sozialdemokratischen Abgeordneten zu. Die SPD hat sich Zeit genommen für einen längeren Abwägungsprozess. Nachdem aus der Fraktion Signale zugunsten des Grünen-Vorschlags ausgesandt wurden, scheint die SPD-Führung nun eher dazu zu neigen, nicht für den Entwurf der Grünen zu votieren. Doch damit muss das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.

Unabhängig davon, wie sich die SPD letztlich entscheiden wird, dürfte der sorgfältige Abwägungsprozess der Sozialdemokraten damit zusammenhängen, dass sie sich in einer interessanten Situation befinden. Würden die Sozialdemokraten für den Gesetzentwurf der Grünen votieren, würde das vielen Beobachtern angesichts der vermutlichen Auswirkungen der Überhangmandate auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag durchaus einleuchten. Allerdings entbehrte ein solches Votum nicht einer gewissen Pikanterie, und zwar aus zwei Gründen. Entschieden sich die Sozialdemokraten für den Entwurf der Grünen, würden SPD, Grüne und die Linke in einer politisch brisanten Frage gemeinsam abstimmen. Mancher politische Gegner dürfte das wohl als Indiz oder gar Beweis dafür werten, dass die Sozialdemokraten ihre Schwüre, auf Bundesebene keine sogenannte rot-rot-grüne Koalition zu bilden, vergäßen, sobald ein Bündnis mit der Linken den Sozialdemokraten eine Machtperspektive eröffnete. Aus der Wahlrechtsfrage könnte also Wahlkampfmunition werden.

Eine zweite Komplikation ergibt sich aus der vermutlichen Wirkung der angestrebten Wahlrechtsänderung. Die Vermeidung von Überhangmandaten würde dazu führen, dass eine Koalition aus Union und FDP weniger wahrscheinlich eine Mehrheit im Bundestag erhält. Nimmt man zusätzlich an, dass die Koalitionsaussagen der Parteien auch nach dem 27. September noch gelten, heißt das, dass eine Fortsetzung der Großen Koalition wahrscheinlicher würde. Das Klima in dieser Koalition dürfte allerdings nicht dadurch verbessert werden, dass ein Partner kurz vor dem Wahltag die eherne Koalitionsregel, dass die Bündnispartner einheitlich abstimmen, bricht. Mit anderen Worten: Die Große Koalition würde wahrscheinlicher, ihre Arbeit aber wohl nicht einfacher.

 

Battleground-Wahlkreise? Zur aktuellen Diskussion um Überhangmandate

Die These einer Amerikanisierung von deutschen Wahlkämpfen hat mittlerweile einen langen Bart. Im Zuge der aktuellen Diskussion um mögliche Überhangmandate könnte allerdings ein neues, bislang wenig diskutiertes Element hinzukommen: Battleground-Wahlkreise.

„Battleground states“ sind in den USA jene Bundesstaaten, in denen es sowohl für Demokraten als auch Republikaner möglich erscheint, die (relative) Mehrheit zu erreichen. Und wer die relative Mehrheit gewinnt, der gewinnt – bei Präsidentschaftswahlen – alle Wahlmännerstimmen dieses Bundesstaates: „the winner takes it all“. Diese Bundesstaaten liefern also eine potenziell große Prämie für eine Partei, weshalb dort die Wahlkampfschlacht besonders heftig tobt – battleground state eben.

Was das mit Überhangmandaten zu tun hat? Die Gewinner der 299 Wahlkreise bei der Bundestagswahl werden ebenfalls per relativer Mehrheitswahl gefunden: Wer die meisten Stimmen in einem Wahlkreis bekommt, zieht als direkt gewählter Wahlkreisabgeordneter in den Bundestag ein. Im bundesdeutschen Wahlsystem ist dies – eigentlich – eine Nebensächlichkeit (siehe hierzu auch den Beitrag von Thomas Gschwend). Über die Machtverteilung im Bundestag wird anders entschieden. Nämlich über die Verteilung der Zweitstimmen. Wenn die Union 35 Prozent der Zweitstimmen erhält, erhält sie auch ungefähr 35 Prozent der Sitze im Deutschen Bundestag (bzw. etwas mehr, weil ja Parteien, die an der 5%-Hürde scheitern, bei der Sitzverteilung nicht berücksichtigt werden).

Bei 598 Sitzen im Bundestag und einem angenommenen Stimmenanteil von 35 Prozent sind dies also rund 210 Sitze. Diese werden in einem zweiten Schritt auf die Bundesländer (und die dortigen Listen der Union) verteilt. In Baden-Württemberg etwa leben rund 12 Prozent der deutschen Wahlberechtigten, also wird die Union dort in etwa 25 Sitze (12 Prozent von 210) gewinnen. Sagen wir, die Union erhält dort 30 Sitze, weil die CDU ja dort immer gut abschneidet. Baden-Württemberg hat aber zugleich bei der Bundestagswahl im Herbst 38 Wahlkreise. Und hier kommt die zu ergatternde Prämie aus Sicht der Parteien ins Spiel: Wenn die Union alle 38 Wahlkreise in Baden-Württemberg gewinnt, wird sie auch mit 38 Abgeordneten aus Baden-Württemberg in den Bundestag einziehen – die Differenz zwischen den 38 Direktmandaten und den 25 bis 30 ihr „zustehenden“ Sitzen ist die Extra-Prämie, die zu holen ist, das sind die Überhangmandate. Und bei knappem Wahlausgang kann das in der Tat den machtpolitischen Ausgang der Wahl bestimmen.

Dass Ähnliches eintritt, ist sehr wahrscheinlich – darauf hat Joachim Behnke mit seinen Analysen eindrucksvoll hingewiesen. Allerdings darf man eines nicht vergessen: Die anderen Parteien – allen voran die SPD -, mit denen die Union im Kampf um Direktmandate konkurriert, können (und werden) auf diese Szenarien reagieren. Die SPD sollte (und wird) alles daran ansetzen, um etwa in Baden-Württemberg (und anderen Ländern mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für Überhangmandate) in ihren (relativen) Hochburgen die Mehrheit zu gewinnen (Mannheim wäre ein solches Beispiel). Denn jedes einzelne Direktmandat, das die Union nicht gewinnt, bedeutet ein Überhangmandat weniger (und lässt die Prämie der Überhangmandate wieder abschmelzen). Die SPD sollte also gezielt in diesen Wahlkreisen besonders aktiv sein. Das möchte aber die Union überhaupt nicht, also wird auch sie in diesen Wahlkreisen ihre Aktivitäten intensivieren. Und so entsteht ein Battleground-Wahlkreis.