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„Debatten und heiße Luft“ – das Medienlog vom 16. Mai 2013

 

An jedem Werktag fassen wir im NSU-Prozess-Blog die wichtigsten Medienberichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

 

„Tumultartige Szenen“: Im Deutschlandfunk fasst Holger Schmidt den dritten Prozesstag so zusammen: „In der Sache ging es kaum weiter, dafür wurde der Ton zwischen den Beteiligten heute deutlich härter.“  Zu tumultartigen Szenen sei es am Vormittag gekommen. „Dabei ging es um die simple Frage, wer wann das Wort erteilt bekommt.“

Hitzköpfe: Zum wiederholten Mal entstehe ein „hitziges, die Prozessatmosphäre vergiftendes – und vermeidbares – Scharmützel zwischen Verteidigung, Nebenklage und dem Vorsitzenden Manfred Götzl“, schreibt Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online. Sie appelliert deshalb an „ein bisschen guten Willen“ und etwas weniger Hitzköpfigkeit: „Es ist schon der dritte Verhandlungstag. Darf da nicht ein wenig mehr Souveränität von allen Seiten erwartet werden?“

Nichts hält Friedrichsen vom Antrag eines Anwalts, noch mehr Nebenkläger am Verfahren zu beteiligen. Das wäre nur eine „schöne Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für nicht ausgelastete Rechtsanwälte“. Aus dieser Perspektive zeigt die Autorin auch Verständnis für den Versuch von Richter Manfred Götzl, den Komplex „Anschlag Keupstraße“ vom Verfahren abzutrennen.

 

„Die Verteidiger tun ihre Pflicht“: „Die Anträge der Zschäpe-Verteidiger muss man ertragen“, kommentiert Hannelore Crolly in Die Welt. „Natürlich wäre es den meisten Beteiligten lieber, wenn nicht länger mit Paragrafen jongliert würde, sondern endlich Konkretes zu hören wäre. Doch die Prozessrituale gehören zum Geschäft, die Verteidiger tun nur ihre Pflicht.“

Crolly spricht sich deshalb auch dagegen aus, einige der vielen Nebenkläger vom Verfahren auszuschließen, um es effizienter zu machen. Es sei das gute Recht von Gewaltopfern oder ihrer Angehörigen, als Nebenkläger aufzutreten. „Dass die Verhältnisse im NSU-Fall so ungleich sind, liegt daran, dass in sehr vielen Straftaten sehr viele Menschen zum Opfer wurden. Mit den Konsequenzen müssen die mutmaßlichen Täter jetzt umgehen.“

Verlachter Anwalt: Über einen kleinen, gescheiterten Boykottversuch des Zschäpe-Anwalts Wolfgang Stahl berichtet stern.de: „Plötzlich steht er auf, streift sich seine schwarze Robe ab und hängt sie über den Stuhl. Dann geht er mit großen Schritten quer durch den Saal zum Ausgang. Götzl schaut ihm verwundert hinterher. Nach zwei Minuten kommt Stahl zurück, zieht sich seine Robe wieder an und setzt sich an seinen Platz.“ Nebenkläger und Zuschauer hätten den Anwalt bei jeder Wortmeldung verlacht, schreibt stern.de-Autorin Lena Kampf.

Die türkische Zeitung Hürriyet  titelt zur Lach-Debatte: „Dieses Mal haben die Anwälte eine Show veranstaltet.“ Während die Hauptangeklagte Beate Zschäpe am dritten Verhandlungstag im Hintergrund geblieben sei, hätten die Anwälte das Lachen im Gerichtssaal verbieten wollen.

 

Ein „Nervenkrieg“ war der dritte Prozesstag nach Auffassung der europäischen Ausgabe der türkischen Zeitung Sabah. Sie mokiert sich über die vielen Anträge und die damit verbundene Anspruchshaltung der Verteidigung: „Man möge uns zuerst das Wort geben, zwei Staatsanwälte austauschen, die Anklage fallen lassen oder das Verfahren für drei Wochen unterbrechen“, schreibt sie.

Zensur? Die türkische Tageszeitung Zaman holt die Keule raus und schreibt von „Zensur der Presse seitens des Gerichts“. Es habe „die Arbeitsbedingungen für Journalisten erschwert“, heißt es in ihrem Text zum dritten Prozesstag. Denn anders als bisher hätten die Journalisten in der Besucherschlange diesmal ihre Computer und Telefone abgeben müssen.

In englischsprachigen Medien waren Online keine Artikel zum NSU-Prozess verfügbar.

Das nächste NSU-Medienlog erscheint am Freitag, den 17. Mai.