Auch am Wochenende war der NSU-Prozess Thema in den Medien. Dabei beschäftigten sich zwei Berichte mit der Hauptangeklagten Beate Zschäpe. Sowohl die taz („Die Versteinerte“) als auch der Tagesspiegel („Beate Zschäpe scheint auf eine bürgerliche Zukunft zu hoffen“) gehen noch einmal genauer auf das Verhalten der Angeklagten vor Gericht ein.
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Auf Frank Jansen vom Tagesspiegel wirkt Zschäpe selbstbewusst, beinahe lebensfroh. Der Artikel, der auch auf ZEIT ONLINE veröffentlicht wurde, dreht sich vor allem um eine Bemerkung, die die Hauptangeklagte auf dem Gefangenentransport gemacht haben soll. Der sie begleitende BKA-Beamte hatte Zschäpe von der RAF-Terroristin Susanne Albrecht erzählt, die nun ein bürgerliches Leben führe. Das wolle sie auch einmal, soll Zschäpe dem Beamten daraufhin gesagt haben.
Nach Meinung des Autors bekommt das Bild von Zschäpe langsam mehr Farbe, obwohl sie schweige. Jansen schreibt: „Sie sieht nicht aus wie eine verbiesterte Fanatikerin, die sich auf ewig dem bewaffneten Kampf verschrieben hat.“ Doch dem Journalisten bleiben Zweifel: „Zschäpe mag auf eine bürgerliche Perspektive hoffen, doch hat sie sich vom Rechtsextremismus gelöst? Oder will sie etwa beides kombinieren?“
Die Aussage des BKA-Beamten am zurückliegenden 18. Prozesstag beschäftigt auch die türkischen Medien. Während das Nachrichtenportal Konya Haber die Meldung aufgreift, wonach Zschäpe eigentlich aussagen wollte, ihr Anwalt sie aber davon abgehalten habe, kritisiert die Tageszeitung Zaman vor allem eine Bemerkung des Beamten: „Niemand kann Nein zu Beate Zschäpe sagen“, antwortete er vor Gericht auf die Frage, warum er Zschäpe ihre im Gefangenenbus vergessene Brille ins Gefängnis brachte. Für Autor Şevket Duman ist dies ein Hinweis darauf, dass zum einen dieser eine Beamte Zschäpe sympathisch fand und zum anderen viele beim Verfassungsschutz der Angeklagten wohl gesonnen waren.
Mit einem Interview des Nebenkläger-Anwalts Bernd Behnke wartet die Badische Zeitung auf. Behnke vertritt den Bruder des 2004 ermordeten Mehmet Turgut und kritisiert den Prozess als täterorientiert. Die Interessen der Täter würden intensiver betrachtet als die der Opfer. Dadurch blieben die Interessen der Opfer oft auf der Strecke. Insgesamt werde sein Mandant deshalb von dem Verfahren enttäuscht sein.
Dennoch seien die Erwartungen hoch: Sein Mandant, so Behnke, will vom Prozess Gerechtigkeit, auch wenn er das Vertrauen in die deutschen Ermittlungsbehörden verloren habe. Außerdem hoffe er, dass sich die mutmaßlichen Täter bei ihm entschuldigen. Auf die Frage hin, wie der Prozess seiner Meinung nach weitergehe, sagt Behnke: „Ich glaube, Zschäpe wird sich irgendwann ohne Vorwarnung zu Wort melden. Ob sie sich entschuldigt, wie es mein Mandant erhofft, weiß niemand.“
Die englischsprachigen Onlinemedien berichten nach wie vor nicht über den NSU-Prozess.
Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, den 9. Juli.