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Spekulationen um Patronenhülsen – das Medienlog vom Montag, 4. November 2013

 

Vor zwei Jahren flog der NSU auf: Am 4. November 2011 entdeckten zwei Polizisten die Leichen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in einem Wohnmobil in Eisenach, sie sollen laut Anklage Selbstmord begangen haben. Kai Mudra von der Thüringer Allgemeinen nimmt den Jahrestag zum Anlass und zählt noch einmal die Ungereimtheiten bei den Ermittlungsergebnissen auf (vgl. Medienlog vom Freitag, 1. November).

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Laut Ermittlungsbericht wurden zwei Patronenhülsen gefunden, schreibt Mudra. Eine davon soll aus einer der beiden Pumpguns stammen, die am Boden lagen. Jedoch: „Mundlos konnte nach dem zweiten Schuss auf sich selber nicht noch einmal nachladen. Allerdings vermerken die Ermittler, dass der Auswurf bei der ‚Pumpgun Winchester‘ doch möglich sei, wenn von unten nach oben geschossen wird. Das wäre nach den Verletzungen von Mundlos denkbar.“

Dafür, dass Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt aus einer Maschinenpistole auf die Polizisten schossen, bevor sie sich töteten, fehle ebenfalls der letzte Beweis. Außerdem sei nach wie vor unklar, ob es einen dritten Beteiligten gab.

Der Moment, als die Polizei zugab, jahrelang in die falsche Richtung ermittelt zu haben, sei der wichtigste für seine Mandantin Semiya Şimşek gewesen, sagt Nebenkläger-Anwalt Jens Rabe im Interview mit der Stuttgarter Zeitung. Dass die Rechtsterroristen des NSU ein relativ normales Leben führen konnten, obwohl sie im Untergrund lebten, sei seiner Meinung nach ohne ein Unterstützerumfeld nicht möglich gewesen.

Wolf Wetzel kritisiert in seinem Blog die Berichte der Medien über den NSU-Prozess. Sie würden die Theorie, dass es sich beim NSU um drei Mitglieder handelte, die ohne Hilfe Dritter und Vierter handelten nicht in Frage stellen. Dabei sei alles, was brisant ist, vom Gericht ausgeschlossen worden: Unter anderem werde nicht geklärt, welche Rolle die V-Leute im NSU-Umfeld spielten.

Nach Wetzels Meinung nehmen Zeitungen auch Einfluss auf die Berichterstattung ihrer Autoren. So seien zwei Artikel des Journalisten Thomas Moser zum NSU nicht wie geplant in der Wochenzeitung Kontext veröffentlicht worden. Die Redaktion, die Wetzel ebenfalls zitiert, dementiere in einem Schreiben jede Einflussnahme. Es gäbe andere Gründe, dass die Artikel nicht veröffentlicht wurden.

Nachtrag: Ein Leser hat uns auf einen Artikel im Onlinemagazin Telepolis hingewiesen: Autor Marcus Klöckner geht darin ebenfalls auf die Dokumentation des Nachrichtensenders N24 ein und liefert auch den Link zum Beitrag. Wie im Medienlog vom Freitag berichtet, zweifelt der Waffenexperte Siegmund Mittag an, dass Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt Selbstmord begingen.

Keine Berichte in englisch- und türkischsprachigen Onlinemedien.

Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 5. November 2013.