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„PEGIDA“, eine unendliche Geschichte?

 

5.500 nahmen an einem Marsch gegen die "Islamisierung des Abendlandes" teil.
In ganz Deutschland gibt es mittlerweile „Pegida“-Ableger © Johannes Grunert

„Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie findet keine Schüler.“ Nachdem bei einer „Pegida“-Demo die Situation eskalierte und das selbsternannte Volk mehrere Jugendliche mit Migrationshintergrund durch ein Kaufhaus jagte, könnte das Zitat von der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann kaum aktueller sein. Auch am kommenden Montag gehen wieder an zahlreichen Orten Menschen gegen „Pegida“ und deren Ableger auf die Straße.

ein Gastkommentar von Mick Prinz

Dass die Weihnachtszeit alles andere als eine besinnliche Zeit des Friedens und Zusammenlebens ist, wird nicht erst durch den wachsenden Aktionismus der Protestbewegung „Pegida“ deutlich, aber auf erschreckende Weise unterstrichen. So auch in Dresden am 22. Dezember, als nach einer allwöchentlichen Kundgebung der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ die bürgerliche Maske bei einigen Demonstranten fiel: Unter Applaus von Passanten wurde eine Gruppe von Jugendlichen von ca. 50 vermummten „Pegida“-Anhängern durch ein Kaufhaus gejagt und teilweise schwer verletzt. Anstatt sich den Angreifern in den Weg zu Stellen und ein Zeichen für Toleranz und Menschlichkeit zu setzen, entschieden sich viele der Weihnachtseinkäufer jedoch dafür, die gewaltbereiten Demonstranten mit Unterstützungsbekundungen zu honorieren. Direkte Hilfe erfuhren die Jugendlichen auch nicht durch die örtliche Polizeidienstelle. Die Verletzungen habe sich das Mädchen selbst zugefügt, so die Fehleinschätzung eines Beamten.

Die Situation erinnert erschreckend an die rechtsextreme Gewaltwelle in den frühen 1990er Jahren. Auch hier wurde lange Zeit eine „Das Boot ist voll“-Mentalität geschürt, welche aus Worten Taten werden ließ. So beispielsweise auch 1992, als unter dem Beifall und Applaus Hunderter das Sonnenblumenhaus in Rostock Lichtenhagen von Rechtsextremen in Brand gesteckt wurde. Kritik wurde auch schon damals an der Strategie der Polizei geübt, welche die Situation tagelang nicht kontrollieren konnte und sogar Beamte zeitweise von der Aufnahmestation für Flüchtlinge abzog. Die Welle der „Ausländerfeindlichkeit“ nahm ihren traurigen Höhepunkt in weiteren Brandanschlägen in Mölln und Solingen, aus welchen drei und fünf Mordopfer resultierten.

Gegenwind für „Pegida“

Die Geschichte darf sich nicht wiederholen. Wir müssen, auch als breite Zivilgesellschaft, aus diesen tragischen Vorfällen gelernt haben und uns einer wachsenden Bedrohung von ganz weit rechts entgegenstellen. Dazu gehört nicht nur, sich mit den platten „Stammtischparolen“ des selbsternannten „Volks“ auseinanderzusetzen, um diese mit wenigen Fakten entkräften zu können, sondern auch Präsenz auf Demonstrationen für Toleranz und Demokratie zu zeigen, welche sich Mittlerweile in jeder größeren Stadt wie z.B. in Köln, Bielefeld oder Münster formieren. Der Gegenwind für „Pegida“ und sein Unterstützernetzwerk zieht auf. Es liegt jetzt an uns, die Segel zu hissen und zielstrebig Rechtsextremismus und Intoleranz entgegen zu steuern.

Ein Zeichen gegen Intoleranz und Rassismus kann am 5. Januar an folgenden Orten gesetzt werden:

– Berlin 17:00, Klosterstraße/ Ecke Stralauer Str.
– Hamburg 18:30, Glockengießerwall

– Dresden 20:00, Postplatz
– Münster 18:00, Historisches Rathaus
– Köln 17:30, Bahnhof Messe/Deutz
– München 18:15, Sendlinger Tor
– Stuttgart 17:00, Schloßplatz
– Rostock 17:00, Kröpelinger Tor
– Würzburg 17:30, Hauptbahnhof
– Kassel 18:00, Scheidemannplatz
– Marburg 18:30, Bahnhofsapotheke am Marburger Bahnhof