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Vier Stunden auf dem Flüchtlingsboot

 

Die europäische Flüchtlingskrise beherrscht derzeit das Nachrichtengeschehen. Auch wir berichten vielfältig über das Schicksal der Flüchtlinge: Über die Gefahren. Die Schlepper und ihre Arbeit. Wir haben die – mitunter grauenhaften – Bedingungen thematisiert, die in den Booten auf dem Mittelmeer herrschen. Viele dieser Berichte können nur einen Teil der Wirklichkeit wiedergeben, schließlich recherchieren Journalisten vor Ort an den Küsten der Türkei, Italiens und Griechenlands – aber selten an Bord eines Bootes. Auch deshalb ist die Reportage des TV Senders France 2 so sehenswert.

Die Reporter Franck Genauzeau und Giona Messina haben eine Fahrt im Flüchtlingsboot von der türkischen Küste nach Lesbos gefilmt. Vier Stunden dauerte die gefährliche, zehn Kilometer lange Überfahrt, die Newsweek hier zusammenfasst.

Der Film zeigt, wie Schlepper ein altes Boot mit Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak vollstopfen. 60 Menschen sollen laut Genauzeau an Bord sein, darunter etwa 20 Kinder. Einer der Flüchtlinge wird zum Kapitän ernannt, dann schwimmen die Schlepper zum Festland zurück und überlassen die Menschen an Bord ihrem Schicksal.

Zu sehen ist auch, wie der Motor des Bootes in der Nacht plötzlich ausfällt. Die einzige Lichtquelle bleiben Handys. Menschen beten zu Allah, er möge sie und ihre Familie beschützen.

Die Schlepper lassen sich diese Fahrt teuer bezahlen. Wie Genauzeau und Messina berichten, kostet der Trip 2.000 Euro für einen Erwachsenen, 1.000 Euro für ein Kind. Die Überfahrt endet glücklicherweise glimpflich. Schließlich taucht ein griechisches Fischerboot auf, das den Kahn ans sichere Festland geleitet. Erleichterte Flüchtlinge steigen in Lesbos aus dem Boot. „Danke Griechenland!“, sind ihre ersten Worte. Auf Twitter veröffentlicht Genauzeau anschließend noch Eindrücke von der Küste von Lesbos – Spuren der Flüchtlingsodyssee:

Mit diesem Boot waren Journalisten und Flüchtlinge auf dem Mittelmeer unterwegs:

Unterdessen will sich Deutschland stärker im Kampf gegen die Schlepper und ihre dubiosen Geschäftsmethoden einbringen. Bis zu 950 Soldaten der Bundeswehr sollen – die Zustimmung des Bundestags vorausgesetzt – dafür eingesetzt werden.