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20-Jahre-Déjà-vu mit der Flüchtlingskrise

 

 

Spricht man in diesen Tagen über Flüchtlinge, wird immer wieder betont, wie „nie da gewesen“ die derzeitige Situation ist. Von Rekordwerten ist die Rede, von Extremsituationen, von Sachleistungen und sicheren Drittstaaten. Aber sind diese Debatten tatsächlich so neu? Die Kollegen der Tagesschau haben tief im Archiv gekramt und sind auf drei Sendungen aus dem Jahr 1995 gestoßen. Alles „nie da gewesen“? Ganz so einfach ist es nicht.

Ausschnitt 1 (27. Juli 1995): Horst Seehofer, damals noch Bundesgesundheitsminister (aber selbstverständlich trotzdem schon CSU-Mitglied) präsentiert eine typische CSU-Forderung. Für Bürgerkriegsflüchtlinge soll weniger Geld ausgegeben werden. Die Forderung: weniger Sozialleistungen + dafür Sachleistungen = eine Ersparnis von 1,3 Milliarden D-Mark = (wahrscheinlich) weniger Flüchtlinge. Und heute? Lesen Sie selbst. Die gewisse Flexibilität in der politischen Positionierung, die Horst Seehofer gerne vorgehalten wird, tritt in diesem Punkt übrigens nicht zu Tage.

Ausschnitt 2 (15. November 1995): Die Tagesschau meldet Zahlen des Flüchtlingshilfswerks der UN. 50 Millionen Menschen sind auf der Flucht, die Hälfte davon sind Kinder. Besonders betroffen sind in diesen Tagen allerdings nicht Syrien und Afghanistan sondern Jugoslawien und Ruanda. Die Zahl der Flüchtlinge ist bis heute noch einmal gestiegen. Aktuelle UN-Zahlen gehen von 60 Millionen Menschen aus (Stand: Ende 2014) – der Anteil der Kinder ist gleich geblieben.

Ausschnitt 3 (21. November 1995): Ein Bericht thematisiert die Verhandlung über das neue Asylrecht vor dem Bundesverfassungsgericht, die sich unter anderem mit der stark kritisierten Drittstaatenregelung befasst. Und heute? Wissen wir, dass das Dubliner Abkommen (das im Grunde die Drittstaatenregelung für die EU manifestiert) nicht funktioniert. Über eine Verschärfung der Asylpolitik wird auch heute wieder diskutiert. Statt Drittstaatenregelung heißen die Schlagworte nun aber: Obergrenze und Kontingente.

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