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Besser selbst Hand anlegen

 

Das Silicon Valley gilt als Spielplatz für kluge Visionäre, als Paradies für kreative Ideen. Wer hier Erfolg hat, wähnt sich in einem strahlenden Zukunftslabor. Gefühlt kommen alle großen Erfindungen und Technologien unserer Gegenwart aus Kalifornien. Gefühlt. Denn nicht alles, was im Silicon Valley entwickelt wird, glänzt auch. Straucheln junge Unternehmen, dann meistens, weil die Investoren ausbleiben, ein Produkt zu langsam entwickelt wird oder Mängel auf der Führungsebene unerkannt bleiben. Der US-Hersteller Juicero Inc. machte eigentlich alles richtig, bis auf die Tatsache, dass die erfundene Saftpresse völlig unnütz ist, wie ein Produkttest von Bloomberg Technology zeigt.

Die Firma entwarf eine High-Tech-Maschine, die Beutel mit pürierter Obst- oder Gemüsefüllung im Handumdrehen auswringen kann. Innerhalb von zwei Minuten ist das Glas gefüllt mit einem gesunden Erfrischungsgetränk. Unternehmensgründer Doug Evans verglich sich laut Bloomberg schon mit Apple-Vater Steve Jobs – zumindest hinsichtlich seines Bestrebens den Vorgang des Saftpressens zu perfektionieren. Die revolutionäre Maschine könne bis zu vier Tonnen Druck erzeugen, erklärte Evans, „genug, um zwei Teslas anzuheben“.

Das sorgte für Aufsehen in der Branche: Google Ventures Kapitalzweig und weitere Interessenten steckten Bloomberg zufolge 120 Millionen Dollar in das Start-up. Verkauft wurde die Saftpresse für den stolzen Preis von 700 Dollar. Die Investoren dürften sich die Hände gerieben haben – bis sie vergangenes Jahr herausfanden, dass der Saftbeutel genauso gut mit der Hand ausgepresst werden kann.

Juicero-Produkttest © Bloomberg Technology


Ihr Geld zurückziehen wollen dennoch die wenigsten. „Die Päckchen können ohne jeden Zweifel ohne die Maschine gepresst werden“, gesteht Investor Dou Chertok. „Aber ich bin trotzdem ein großer Fan.“ In Zeiten instabiler Märkte und niedriger Zinsen will das Geld schließlich irgendwo geparkt werden. Juicero Inc. vertreibt die Saftpresse nun übrigens für 400 Dollar. Und neue Abnehmer hat das Start-up auch schon im Visier: hochpreisige Hotels und Restaurants.