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Wahlkampf

NPD-Politiker sagt arabischen Hausnummern den Kampf an

 

Wahlkampf im saarländischen Völklingen – eigentlich ein lokales Ereignis. Wäre da nicht ein Lokalpolitiker der NPD und die Frage: Wann werden die Hausnummern in der 40.000-Seelen-Gemeinde endlich nicht mehr arabisch sein? Auf einer Wahlkampfveranstaltung führte Uwe Faust, Kreisvorsitzender der satirischen „Die Partei“, mit dieser Frage den NPD-Oberbürgermeisterkandidaten Otfried Best aufs Glatteis. Der NPDler begann zu schäumen, er werde diesem Missstand ein Ende bereiten: „Da warten Sie ab, Herr Faust, bis ich Oberbürgermeister bin, da werde ich das ändern, da werden doch mal normale Zahlen drankommen.“

Bei dem Buzzword „arabische Zahlen“ hatte Best wohl vergessen, dass damit die Ziffern von 0 bis 9 gemeint sind. Diese Schreibweise wird in Europa seit etwa dem zwölften Jahrhundert verwendet. Ursprünglich stammen die Zahlen übrigens aus Indien und werden als „arabisch“ bezeichnet, weil Araber sie über Nordafrika und Spanien nach Europa brachten. Dort setzten sie sich gegen römische Ziffern durch, mit denen schwieriger zu rechnen war. „Normale“ Zahlen aber standen nie zur Debatte.

Denn die Mathematik hat eine ziemlich eigene Sprache, um ihre abstrakten Objekte genau zu benennen: Da gibt es „Wörterbücher“, „Familien“, „Krallen“, „Garben“ und sogar „Kinderzeichnungen“, alles genau definiert. Man kennt auch „befreundete“, „perfekte“ und eben auch „normale Zahlen“, wie dem Mathe-Blogger Thilo Küssner auffiel.

Seit 1909 forscht man an solchen Zahlen; damals führte sie der französische Mathematiker Émile Borel in die Wissenschaft ein. Hundert Jahre später weiß man immer noch nicht allzu viel über sie. Eines aber ist sicher: Als Hausnummern sind sie denkbar ungeeignet, denn normale Zahlen sind immer unendlich lang. Es handelt sich bei ihnen um Dezimalbrüche, in denen alle Kombinationen von aufeinander folgenden Ziffern mit der gleichen Wahrscheinlichkeit vorkommen. Die Zahl 0,23571113…, die Aneinanderreihung aller Primzahlen also, bildet deshalb eine normale Zahl. Die passt auf keine Hauswand.

Einen Vorteil hätten die normalen Zahlen immerhin, wie Blogger Küssner genüsslich anmerkt: Es gibt unendlich viele von ihnen. Das konnte schon Émile Borel beweisen.