Was für ein Mistwetter. Was für ein Mist-Tag. Was für eine Mistwoche. Arbeit bis unter den Stehkragen, chronisch zu wenig Schlaf, Himmelherrgott, ich brauche eine Auszeit.
Und da habe ich mir heute was richtig, richtig feines gegönnt. Einen Besuch im Sultan Hamam zu Schöneberg. Man stapft missmutig die Bülowstraße entlang, betritt einen zweifelhaft aussehenden Hinterhof, sucht und findet eine blaue Stahltür, geht hindurch, entert sodann einen verranzten und verwarzten Aufzug, der einen in die zweite Etage bringt – und dann ist das Schlimmste überstanden. Am Empfang steht ein freundlicher, jüngerer Türke, der alte Hasen routiniert begrüßt und Neulinge gründlich über das Sultan Hamam informiert. Es besteht aus drei zentralen Räumen, einem großen, warmen Dampfbad, einem kleineren, heißen Dampfbad und einer Sauna. Die Sauna habe ich nicht ausprobiert; Sauna kann man auch woanders kriegen, mir ist danach, mich im Dampf marinieren zu lassen, und zwar stundenlang. Ich bekomme ein Handtuch, einen Spindschlüssel und eine Schale aus Metall.
In der blitzsauberen Umkleide entkleide ich mich und bringe mich ungefähr in die Optik, in der Gott mich schuf, wickele mir dann keck ein Handtuch um die Hüften und gehe erst mal duschen. Das Handtuch darf ruhig nass werden, hier wird sowieso gleich alles nass, und zwar langfristig. Nun ab in die erste Dampfhütte, ein ebenfalls blitzsauber gekachelter Raum mit allerlei Ecken, in denen man sich hinsetzen, -hocken oder -legen kann. Leis dumdideldeit eine zarte Melodey aus wasserdichten Lautsprechern. Angenehm gedämpftes Licht herrscht, Duftlampen sorgen für angenehme Gerüche. Ich nehme in einer Ecke Platz. Jede Ecke hat ein kleines Wasserbecken und einen Heiß- und einen Kaltwasserhahn. Vorsicht, das Wasser im Heißwasserhahn ist wirklich brutal heiß. Ich mixe mir eine schöne Temperatur, lasse das Wasser in meine Metallschale laufen und übergieße mich ein ums andere Mal mit Wasser. Herrlich! Ah! Wasser verschwenden! Welch Vergnügen. Ich vergesse alles andere und widme mich erst mal ein wenig dem Entspannen und Schwitzen. Nach einer Viertelstunde wage ich die verschärfte Version und betrete das zweite Dampfbad.
Mein lieber Schieber. Hier ist es wirklich heiß, also: SEHR. Sehr, sehr heiß. Es ist ähnlich wie in der Sauna, nur dass man hier Dauer, Temperatur und Häufigkeit der Aufgüsse selbst bestimmen kann, weil es wiederum für jeden Gast ein eigenes Miniaturwaschbecken gibt. Ich plansche heiter-besinnlich herum und werde von nun an mehrere Stunden lang zwischen dem sehr heißen und dem sehr warmen Dampfbad hin- und herpendeln.
Nach einer Weile schrecke ich hoch. Huch! Ich war eingeschlafen! Man ruft meinen Namen. Jetzt kommt mein Peeling. Jawoll. Mein Peeling!
Meinen Lendenschurz muss ich nun abnehmen; ein freundlicher junger Herr, ebenfalls spärlich bekleidet, reinigt einen riesigen Marmortisch mit geschätzt 200 Litern Heißwasser, dann nehme ich Platz. Also: Lege mich hin. Mit einem Seidenhandschuh rubbelt der junge Herr nun sämtliche je in meinem Leben in meine Haut eingebrannten Schmutzpartikel aus mir heraus. Das Ganze ist völlig entspannt und natürlich und ohne jedweden homoerotischen Anstrich. Angenehm! Nach einer Viertelstunde bin ich fertig und gieße weitere 2000 Liter Wasser verschiedener Temperaturen über meinen sich zunehmend in wohlige Auflösung befindlichen Körper.
Nach drei Stunden reicht’s, ich ziehe mich um. Spülhände! SPÜLHÄNDE! Das fühlt sich schlimm an. Noch schlimmer wäre es mit solchen Händen Kreide anzufassen, ein 1A-Antifetisch.
Drum, liebe Leser, merket auf: Ins Hamam nur mit Vaseline. Nicht, was ihr denkt: Für die Hände! Für danach. Eine Rundherum Supersache, so ein Hamam.
Der Montag ist NUR für Männer, DI MI DO FR SA NUR für Frauen – und der Sonntag für alle zusammen. Hingehen!
SULTAN HAMAM
Bülowstraße 57, 10783 Berlin
Tel.: 030 / 21 75 33 75
Fax: 030 / 21 75 05 45