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Das einzig wahre war Steiner

Ich habe mich immer gefragt, warum die Waldorfschulen diesen sagenhaften Claim, der mir irgendwann nach dem achten Bier einfiel, nicht genutzt haben. Ich schreibe diese heiteren Zeilen, da heute um 12:30 Uhr die Jahrespressekonferenz 2007 über die Lage der deutschen Waldorfschulen und ihre ökonomischen Perspektiven im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz am Schiffbauerdamm stattfindet. Das Thema ist aber nicht nur deshalb mit Berlin verknüpft, sondern auch, weil es ja in der Vergangenheit ein arges Gezerre um die Novalis-Waldorfschule gab, die jetzt Friedrich-von-Hardenberg-Schule heißt. Die Schulbehörde hatte der umstrittenen Privatschule die Lehrbefugnis ab Klasse 9 entzogen. Schon im März sorgte die Schule für Schlagzeilen, weil der Elternverein mitten im Schuljahr alle Lehrer entlassen und ihnen gar Hausverbot erteilt hatte.

Ich bin bedauerlicherweise in einer Familienangelegenheit unterwegs heute und kann an der Konferenz nicht teilnehmen, es würde mich aber sehr freuen, hier eine Diskussion zu diesem Thema anzuzetteln. Vielleicht melden sich aktuelle oder ehemalige Waldorfschüler, vielleicht sogar Schüler oder Eltern der bezeichneten Novalis / Hardenberg – Schule, um ihre Sicht der Situation zu benennen. Andiamo!

Zum Thema hier ein Interview mit dem Lehrerausbilder Wenzel Götte.

 

Wenn das der Schäuble wüsste

Mir ist heute was wirklich putziges passiert. Ich war wegen meines Umzugs zwecks Ummeldung im Bürgeramt Schöneberg (Rathaus Schöneberg)

Wir wissen ja, dass Wolfgang Schäuble im Bereich Innere Sicherheit derzeit mächtig herumwirbelt. Vom Telefonierverbot für potenzielle Möchtegernterroristen bis hin zur umfangreichen Nabelschau des heimischen PC. Nun wüsst‘ ich nur gerne, was er dazu sagt, dass man sich – zumindest in Berlin-Schöneberg – auf s Einfachste eine Tarn- oder Deckadresse besorgen kann.

Wer innerhalb Berlins umzieht, der muss zum Bürgeramt. Vorher lädt er sich hier ein putziges kleines Formular herunter. Interessant ist hier vor allem Seite drei links unten. Da steht: „Datum, Name und Unterschrift des Wohnungsgebers“. Wohnungsgeber ist der Vermieter, klar.

Nun der Hit. Man kann sich jetzt einfach hinstellen und sagen, „wir haben die Wohnung gekauft“. Eigentlich wäre zu erwarten, dass die freundlichen Damen und Herren einen Eigentumsnachweis fordern, vulgo einen Auszug aus dem Grundbuch oder wenigstens eine notariell beglaubigte Abschrift des Kaufvertrags. Aber: Fehlanzeige. „Schreimse einfach „EIGENTUM“ dahin, denn passt dît schon“, lautet die übereinstimmende Auskunft mehrerer Bürgeramtstanten und -onkels.

Mit anderen Worten: Ich suche mir eine Tarnanschrift, installiere dort einen toten Briefkasten, melde mich „offiziell“ ohne Vorlage irgendwelcher Papiere dahin ab – und bin a sort of vogelfrei.

Das finde ich nun irgendwie schon sehr bizarr.

 

Beirut / Gulag Orkestar ein Hingehtipp!

Zach Condon ist 21. Er sieht aus, wie eine drogenfreie Kreuzung aus Pete Doherty und Rufus Wainwright. Und er hat eine Stimme, die so voll und tönend ist, ein so schönes Tremolo hat, dass man dieser Stimme unverzüglich, innerhalb von Sekunden verfällt. Auf seinem zweiten Album „Gulag Orkestar“ versammelt er unfassbar schöne, traurige Balkan-Folklore, die hier und da zart durch einen elektronischen Fleischwolf gedreht wird. Hier kann man in die Musik reinhören.

Und Donnerstag, 05. Juli kann man diese zauberhafte Musik im POSTBAHNHOF live hören, unbedingt hingehen. Ein schöner Vorgeschmack auch hier bei Youtube.

 

Rattus norvegicus…

heißt nicht nur ein schönes Album der Stranglers, sondern auch die Tierart, mit der ich nun Bekanntschaft machen durfte. Unter die Rubrik „Mythen in Tüten“ fällt ja der schöne Satz, dass es angeblich in Berlin pro Einwohner drei Ratten gibt. Indes, vielleicht ist das gar nicht so falsch. Doch ich erzähle mal schön der Reihe nach.

Wir sind am Mittwoch umgezogen. In eine neue Wohnung. In eine schöne neue Wohnung. Ein bisschen wunderte uns ein etwas, nun, muffiger Geruch im Gäste-WC. Am Donnerstag muffte es dann auch im Badezimmer. Ursprüunglich war beides ein einziger, großer Raum, wir haben diesen Raum umbauen lassen zu einem mittelgroßen Bad und einem Gäste-WC. Woran denkt man, wenn es muffelt? An ein defektes Abwasserrohr.

Am Freitag kam dann auch der liebe Herr Klempner, schnüffelte kurz und sagte: „Nein, das sind keine Abwässer“. Er schnüffelte weiter, an der Wand entlang, und landete mit seiner Nase an der Verkleidung des Toilettenspülkastens, welcher in die Wand eingelassen. Mit einem Ruck rupfte er die Verkleidung des Spülknopfes ab, drehte sie um und erbleichte. Sie war angenagt.

Von innen.

In einem Halbkreis von 1,5 cm Durchmesser.

Sogleich rekapitulierte der Klempner: Im Rahmen der Sanierungsarbeiten der Wohnungen hatte man die alten Toiletten aus der Wohnung entfernt, eine Woche später neue Toiletten eingebaut – und in der Zwischenzeit die Fallrohre nicht verschlossen. Klarer Fall: Die lieben Tierchen (man vermutet 2-3) sind aus der Kanalisation in die erste Etage hochgeklettert, haben sich irgendwo versteckt und wurden dann von den Bauarbeitern eingemauert, die aus dem einen großen Bad zwei gemacht haben. Sie steckten zwischen Wand und Zwischenwand. Eine – und daher der Geruch, der sich bis heute ins Unerträgliche gesteigert hat – ist wohl schon dout, die andere (die anderen beiden) lebt noch, wie wir feststellen durften, denn ab etwa ein Uhr morgens hört man aus der Zwischenwand Geräusche, die auch Menschen mit starken Nerven als nicht angenehm bezeichnen würde.

Auftritt Kammerjäger: Einwurf von Giftköder. Sodann: „Die verrecken jetze, dann stinkts noch swei Wochen bis die ausjetrocknet sind und dann jehts wieda“. Ich: „NÖ“.

Am Donnerstag wird man, das konnte ich erwirken, die besagte Zwischenwand anbohren und mit einem Endoskop ins Innere schauen. Wenn man die Leichen findet, wird die Wand ebenda aufgestemmt und die Tiere abtransportiert.

Ich freu mich schon. Auf den Tag, an dem es nicht mehr stinkt.

 

Ratten: auch schön!

In Berlin gibt es, wie man weiß, sehr, sehr viele Ratten.

Der Autor dieser Zeilen bezog kürzlich eine neue Wohnung. Man roch nach einigen Tagen einen unguten Geruch. Man hörte nachts ein Kratzen. Ich möchte noch nicht zu sehr vorgreifen, aber in Kürze wird hier eine Geschichte stehen, die Alfred Hitchcock alt aussehen lässt. Gebt mir einfach noch ein bisschen Zeit, mich zu sammeln.

*wird zitternd und um sich schlagend weggerollt*

 

Invasion der Vietnamesen

Im Checkpoint-Charlie-Areal hat ein weiteres vietnamesisches Restaurant eröffnet, das „Rice & Roll“. Freitag war ich Probe-Essen. Modernes, unaufgeregtes Interieur, sehr freundliche Begrüßung. Es gibt eine große Auswahl an Sommerrollen, die sich von Frühlingsrollen dadurch unterscheiden, dass sie kalt zubereitet und gegessen werden. Sie bestehen aus einem feinen, gerollten Reispapier, das mit allerlei leckeren Dingen gefüllt werden kann, z.B. Garnelen, Hühnchenfleisch, Tofu und/oder Salat. Die Rollen werden mit Koriander, Sprossen und Minze abgeschmeckt und mit einem Dip gegessen. Das ideale Sommer-Essen: bekömmlich, lecker, nicht zu sättigend. Die drei Rollen, die ich probiert habe, waren sehr gut.

Als Hauptgang habe ich einen „Chicken Curry Kokos – Hot Pot“ bestellt. Der hätte etwas heißer sein können, das Kokos-Curry hätte für meinen Geschmack auch etwas schärfer sein können. Das Fleisch war aber frisch und gut. Schön ist, dass es schnell geht, für einen Mittagstisch mit Kollegen ist es also gerade das Richtige.

Rice & Roll
Charlottenstr. 76
10117 Berlin
(030) 20 61 93 93

 

Am Landwehrkanal soll abgeholzt werden

Die Ufermauer des Landwehrkanals ist marode, das ist spätestens bekannt, seit im April am Neuköllner Maybachufer ein Teil der Befestigung einstürzte und zwei Wochen später der Boden am Tempelhofer Ufer in der Höhe des Technik Museums absackte. Als der gute Herr Lenné vor fast 150 Jahren den Kanal konzipierte, rechnete er weder mit den rund 8000 Ausflugsdampfern, die inzwischen pro Saison durch den Kanal rauschen und mit ihren Schiffsschrauben das Wasser verwirbeln (dazu kommen mehrere tausend private Motorboote jährlich) noch mit Lkw, die über die Sträßchen entlang des Kanals donnern. Unter Wasser ist der Kanal mit sogenannten Holzspundwänden befestigt, die teilweise verschoben oder verkippt sind, der Kies und Sand dahinter wurde an einigen Stellen heraus gewaschen, die Böschung ist teilweise unterspült. Dummerweise hat die verantwortliche Behörde, das Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin (WSA), dringend notwendige Sanierungsarbeiten jahrzehntelang verschlafen. Es musste erst mal was passieren, bis etwas passiert.

Die Reaktion des WSA scheint aber doch eher ein Schnellschuss zu sein: Aufgrund von „Gefahr im Verzug“ sollten innerhalb von zwei bis drei Wochen 200 gesunde, zum Teil denkmalgeschützte Bäume entlang des Landwehrkanals gefällt werden – nämlich alle Bäume, die nicht mindestens drei bis vier Meter vom Wasser entfernt stehen – hieß es Mitte Mai. Drei Bäume nahe der Waterloobrücke wurden bereits gefällt. Dabei sind noch immer Taucher damit beschäftigt, die Kanalwände zu untersuchen und bisher liegen auch noch keine Gutachten vor, die Alternativen zum Abholzen der Bäume untersuchen. Der einzige Gegenvorschlag seitens des WSA lautet, den Kanal einfach zuzuschütten.

Natürlich will niemand, dass beim Wegsacken des nächsten Stückes Kanalwand jemand von einem umstürzenden Baum erschlagen wird. Aber ich möchte mir nicht einmal vorstellen, wie der Landwehrkanal aussieht, wenn die ganzen Bäume in Ufernähe, die schönen Trauerweiden, Pappeln und Erlen, gefällt werden. An einigen Stellen wurde das Ufer bereits gesperrt, die Touristendampfer dürfen aber immernoch fahren (wenn auch nur noch in eine Richtung).

Die Kreuzberger lassen es sich natürlich nicht einfach gefallen, dass ihr Naherholungsgebiet zerstört werden soll. Einige Anwohner haben das „AKTIONSBÜNDNIS bäume am landwehrkanal“ gegründet und innerhalb weniger Tage bereits über 5000 Unterschriften gesammelt. Ihrem Protest ist es wohl zu verdanken, dass die Zahl der Bäume, die gefällt werden sollen, inzwischen auf 50 gesunken ist. Die Tatsache, dass plötzlich nur noch ein Viertel der Bäume eine „Gefahr im Verzug“ darstellt, zeigt aber auch, wie willkürlich das WSA die Zahl festgelegt hat. Am Montag will die Behörde eine Liste vorlegen, auf der die betroffenen Bäume einzeln benannt werden.

Wer sich engagieren möchte, kann Protestmails an die Verantwortlichen schreiben (alle Adressen auf der Website baeume-am-landwehrkanal.de. Die Bürgerinitiative trifft sich täglich um 18 Uhr an der Admiralsbrücke.