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Kat und Klinker spielen!

Morgen um 22 Uhr spielen die göttergleiche Kat Frankie und der göttergleiche Klinker, seines Zeichens Gitarren- und Vocal-Mann der göttergleichen Postrock-Noise-Formation KATE MOSH unter dem bezeichnenden Titel CLUB LE FUCK in der Hotel Bar, Zionskirchstr. 5. Ein unbedingter Hingehbefehl für alle, die gut geschrubbte Musik hören möchten.

 

Sattmachen auf brutale Art und Weise

Wer mal richtig satt werden möchte, und zwar so, dass er nicht mehr sprechen kann, der möge das Walhalla in Moabit betreten. Selten löste eine Gastwirtschaft in mir ambivalentere Gefühle aus, als diese.

Das Walhalla ist zunächst eine gut abgehangene und beliebte Moabiter Kiez-Institution. Hier sitzt studentisches Volk herum, hier sitzen Menschen herum, die original sagen: „Dann hat er die Sauerstofftherapie gemacht – und das Ohr blieb dran!“. Hier sitzen Lesbengruppen, die Selbstgedrehte Zigaretten mit Zippo-Feuerzeugen anzünden. Hier ist auf brutalstmögliche Art und Weise was los.

Der Wirt ist an Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit schwer zu überbieten. Jedem Gast gibt er ein nettes Wort mit auf den Weg, es gibt nebst den Berliner Bieren ein gut laufendes Früh Kölsch; man muss die Trinksituation als gut bezeichnen.

Aber die Küche. Die Küche! OH MEIN GOTT! Nahezu alle Speisen werden a priori überbacken. Sogar die Maultäschle! Die Vorräte an geriebenem Emmentaler sind unerschöpflich; egal was man bestellt – es wird überbacken, und zwar nicht ein bisschen, sondern in der maximal heftigen Ausprägung. Das Walhalla ist das Restaurant der gut geölten Friteusen. Hier wird paniert und fritiert, dass holländische Imbissstubenbesitzer feuchte Augen bekommen. Hier wird gesättigt. Mit Sahnesaucen, dreifach und vierfach-Käse, mit Emmentaler und Feta. Rustikalere Speisekarten sind nicht denkbar.

Wer hier nicht so satt rausgeht, dass er sich kaum noch bewegen kann, ist schwer krank. Man müsste aus kulinarischer Sicht den Laden sofort schließen, wenn nicht der Wirt und die Bedienungen so nett wären. Moabit, soviel steht fest, ist ein äußerst spezielles Pflaster.


Walhalla
Krefelder Str. 6
10555 Berlin
(030) 393 30 39
Nur Barzahlung

 

Trabiklopfen revisited

Gestern Nacht nach dem Fußballspiel die Leipziger Straße über den Potsdamer Platz Richtung Schöneberger Heimat geradelt. Am Potsdamer Platz: Entrückte Fußballfans, die taumelnd das 1:0 feiern. Spalier stehen und auf die Dächer der durchfahrenden Autos klopfen. Und oben auf meinen Fahrradhelm! So fühlte sich das also damals an, als Trabant.

 

Verzweifeln mit Briefmarken

Die Postfiliale in der Moabiter Turmstraße hat anderen Filialen etwas voraus: einen zweiten Briefmarkenautomaten. Vermutlich, weil in einer Gegend, in der selbst Aldi Ladenlokale schließt, die Filialmitarbeiter nur noch Stütze auszahlen und gar nicht mehr zum Briefmarkenverkaufen kommen.

Heute Morgen hatten sich vor beiden Automaten Schlangen gebildet. Na gut, Schlängelchen. Blindschleichen. Aber so gewittrig wie das Wetter war auch mein Gemüt, und Leute, die vor mir stehen und ratlos auf den ungefähr 20 Knöpfen des anspruchsvollen Automaten herumdrücken, machen mich erst recht kribbelig.

Einer der Spezialisten vor mir hatte es inzwischen geschafft, eine Briefmarke zu 0,55 Euro und eine zu 0,90 Euro – wohin klebt man bitte 0,90 €? – auszuwählen und versuchte mangels Kleingeld nun, den Betrag mit seiner quietschgrünen Dresdner-Bank-EC-Karte zu berappen.

Magnetstreifen oben rechts, oben links, unten rechts, unten links – ich hatte genug Gelegenheit, festzustellen, dass das Wertplastik noch nicht mit einem Geldkartenchip ausgestattet war und daher vom Automaten verschmäht wurde. Nun kam das nächste Plastik an die Reihe – mit Geldkartenchip, aber ohne Guthaben. Bevor der sichtlich und zu Recht nervöser und nervöser werdende bebrillte Mitvierziger am Ende versuchen würde, einen Zwanzig-Euro-Schein in den Kartenschlitz einzuführen, schritt ich ein.

„So kommen wir hier nicht weiter. Ich geb’ Ihnen einen aus“, sprach ich souverän und zückte meine Geldkarte. Ich hatte irgendwann mal versehentlich 200 Euro Guthaben aufgeladen und bin seitdem beständig darauf bedacht, selbiges auf ein Normalmaß abschwellen zu lassen. Gnierrrk! Gnierrrk! machte der Automat und spie zwei Papierläppchen aus. Die Markenspende führte allerdings zu einem unwirschen „Was soll das denn jetzt“ und einem Blick, der an Boshaftigkeit und Blödheit dem typischen Kampfhundgesichtsausdruck nichts nachstand. „Hier, nehmen Sie, geht auf’s Haus!“ erklärte ich. „Welche Haus?“ – „Das große gelbe, in dem wir hier stehen.“

War das denn so schwer? Der in seinem Stolz verletzte arbeitslose Akademiker zog einen 20-Euro-Schein aus seiner Börse. „Da kann ich nicht drauf rausgeben. Lassen Sie’s gut sein. Freuen Sie sich, und machen Sie sich einen schönen Tag!“ Ich habe 1,45 € investiert, um die Wartezeit zu verkürzen und wollte mich nun wirklich nicht noch dafür rechtfertigen. „Der junge Mann schenkt Ihnen die Marken!“ erläuterte jemand weiter hinten in der Schlange dankenswerterweise. Endlich raffte es der Beschenkte, nahm seine Marken und zog davon. Sein Dankeschön wird vermutlich im Verkehrslärm untergegangen sein.

Auch der vor mir noch verbleibende Postkunde war etwas unsicher im Umgang mit dem Automaten. Halblaut brummelte er „Also, ich will jetzt Fünfundfünfziger…“, schaffte es aber ohne Fremdhilfe, das gewünschte Wertzeichen hervorzukitzeln.

Eine schöne Pointe wäre es jetzt natürlich gewesen, wenn ich jetzt irgend etwas falsch gemacht hätte oder der Automat kaputt gegangen wäre oder so. Ist aber nicht passiert. Aber wahrscheinlich habe ich wieder einmal € 2,20 auf einen Brief geklebt, der noch für € 1,45 befördert worden wäre.

 

Schmerzen im Offenen Kanal Berlin

Sich über den Offenen Kanal Berlin lustig zu machen ist ungefähr so originell wie Scherze über Briefmarkensammler, Liegeradfahrer oder Hefeweizentrinker. Gestern zappten die beste Ehefrau von allen und ich ein wenig rotweinsediert durchs Programm und sahen etwas, was in Traurigkeit überhaupt nicht mehr zu überbieten war und uns in eine dermaßen übersteigerte Trauer hineinruderte, dass wir Minuten später verzweifelte Lachsalven ausstießen.

Was war zu sehen?
Ein Kamerateam hatte am derzeit stattfindenen Karneval der Kulturen quälend lang das Bühnenprogramm der Farafina-Bühne abgefilmt. Und zwar – wie im Offenen Kanal üblich – unkommentiert und nur rudimentär geschnitten. Wer sich an das gestrige Wetter erinnert ahnt was nun kommt: Auf der Bühne engagiertes Herumgeturne, während vor der Bühne stechender Platzregen niederging und der gesamte Bühnenvorplatz bis auf drei, vier versprengte Gestalten LEER war. Leer. Und zwar ratzeputz und mimamausetot.

Wir sahen den Percussionisten Holger Teuber, der laut Programm „Perkussionsexperimente für Kinder: Klangvielfalt auf exotischen Instrumenten“ anbot. Holger Teuber, bemühte sich redlich und verdienstvoll, gute Stimmung zu erzeugen, allein – es war kein Reflektor für diese Stimmung da. Auf der Bühne: Tontechniker, Kameraleute, zwei Percussionisten – vor der Bühne niemand. Nach mehrminütigem Getrommel fanden sich an den regengeschützten Rändern der Bühne einige, wenige Zuschauer ein. Doch die Begleitung des Trommlers, eine Frau in einem wirklich beängstigenden übermannshohen Vogel-Strauß-Kostüm, die ekstatisch über den Platz hin- und heroszillierte, verscheuchte sogleich alle Menschen wieder, denn es sah dies wirklich aus, wie ein wildgewordenes, an Vogelgrippe und BSE gleichzeitig erkranktes Tier.

Der Percussionist, den ich nochmal für seine Tapferkeit loben möchte, verließ die Bühne mit einer umgehängten Trommel um einige Kinder für eine Improvisation mit auf die Bühne zu holen. Und immer, wenn er Vertrauen zu einem Kind aufgebaut hatte, kam der Grusel-Vogel und die Kinder suchten mit angstgeweiteten Augen das Weite.

Wir schauten dies quälende 15 Minuten lang an, mit wachsender Trauer und Hysterie, bis wir lachkrampfgeschüttelt das Programm wechselten: Auf WDR 3 ging gerade Sonic Youth im Rockpalast los. Und das war uns dann doch lieber.

Himmel, war das traurig.

 

Plädoyer gegen den neuen Hauptbahnhof

Ach, das Berlin-Weblog ist so schön liberal, so herrlich dialektisch!
Nach Jochen Reineckes Lobhudelei erzählt uns Don Dahlmann, warum er gegen den neuen Hauptbahnhof ist.

Zugegeben: die Architektur des neuen Bahnhofs mitten Berlin ist gelungen. Zumindest, so lange die Glasscheiben so schön klar und sauber bleiben, sieht der Hauptbahnhof schick aus, und hebt sich wohltuend von den Betonburgen anderer Städte ab. Die Frage ist nur: braucht den Bahnhof irgendein Mensch?

Kollege Reinecke hat in seinem Plädoyer für den Bahnhof hervorgehoben, dass es leid war sich durch den völlig überfüllten Bahnhof zu quetschen, an Saftstand, Würstchenbude und Bäcker vorbei. Auch will er nicht mehr ertragen, dass er sich den Schädel an den niedrigen Gängen zu U-Bahnen anschlägt. Ich könnte noch hinzufügen, dass der Zeitungsladen eine Zumutung ist und wollte man Besuch mit dem Auto am Bahnhof abholen, tat man das am besten gar nicht, sondern schilderte telefonisch lieber den Weg zum Taxistand. Bahnhof Zoo ist und war in vielen Dingen eine kleine Katastrophe. Wie das mit dem Abholen am neuen Hauptbahnhof aussieht, weiß ich nicht, aber den Schädel wird sich Kollege Reinecke leider weiter anstoßen müssen, denn um zum neuen Bahnhof zu kommen, wird er, kommend aus Westberlin, weiter am Zoo umsteigen müssen. Schlimmer noch: jetzt muss er aus dem engen U-Bahn Keller mit Taschen, Tüten und Tochter zwei Stockwerke nach oben zu den S-Bahn oder Regionalbahngleisen klettern müssen um einem Zug zu bekommen, der ihn zu seinem Zug am Hauptbahnhof bringt, da der Bahnhof Zoo seit dem Wochenende außer von Regional-, S-Bahnen und einigen D-Zügen nicht mehr angefahren wird, und der neue Bahnhof kaum Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr besitzt.

Für Reisende aus Westberlin, oder die nach Westberlin wollen ist das unverständlich, und wenn auch noch ein Pressesprecher der DB sagt, das es nur 20.000 Reisende sein werden, die der Zoo bei 150.000 Nutzern pro Tag verlieren wird, fragt man sich unwillkürlich: „Bitte was? Für 20.000 Reisende setzt man so ein pompöses Riesending mitten ins Niemandsland?“ Allerdings versteht man dann auch, warum die Deutsche Bahn den Bahnhof Zoo nicht mehr anfährt. Welcher Besucher, welcher Westberliner würde an den abseits in der Botanik liegenden Hauptbahnhof aussteigen, wenn sich am Bahnhof Zoo U- und S-Bahnlinien in alle Richtungen treffen? Es wäre interessant gewesen zu sehen, wie viele Menschen den neuen Bahnhof tatsächlich nutzen, würden am Bahnhof Zoo weiter alle Züge halten.

Der neue Bahnhof ist, aus heutiger Sicht, reine Großmannssucht und die fixe Idee eines Bahnchefs, der für das gleiche Geld den Bahnhof Zoo hätte auf den neuesten Stand bringen können. Aber dafür ist es nun zu spät. Solange der neue Bahnhof allerdings in einer Brache liegt und weder von Straßen- oder U-Bahnen angefahren wird, so lange hätte man auch noch den Bahnhof Zoo anfahren können. Denn es wird mindestens noch zehn Jahre dauern, bis der Hauptbahnhof eine funktionierende Infrastruktur hat. Aber das Bahnchef Hartmut Mehdorn ausschließlich das Wohl der Reisenden Herzen liegt, ist beim bevorstehenden Börsengang der Bahn bestenfalls ein Gerücht. So wird der neue Bahnhof noch lange wie ein schlechter Schildbürgerstreich in der Walachei stehen. Aber immerhin nett anzusehen und abends hübsch beleuchtet.

 

Das Kumpelnest ist gerettet!

Das legendäre Kumpelnest war in den letzten Monaten zur No-Go-Area geworden. Der Toilettenbereich war fest in der Hand von rabiaten Dealern aus dem Morgenland, die auch mal Prügel androhten, wenn man keine Lust hatte, deren minderwertiges Hasch zu erwerben. Die Tresenmannschaft war häufig bocklos, die Stimmung hatte sich von aufgepeitscht-euphorisch in tranig-aggressiv verwandelt.

Doch – oh Wunder! – es muss eine Razzia oder irgendwas in der Art gegeben haben. Es hängen jetzt überall Schilder, dass der Erwerb und Konsum von harten Drogen verboten ist. Es ist wieder Leben und Stimmung in der Bude. Man wird nachts um drei von betrunkenen Russinnen zur Weiterfahrt in den Kit-Kat-Club eingeladen – also alles wie früher. Gut.

 

Plädoyer für den neuen Hauptbahnhof

An allen Ecken wird gemeckert: „Och je, unser armer Bahnhof Zoo“, stöhnt Westberlin. „Der böse Mehdorn hat ein anderes Dach eingebaut“, jammert der Architekt. „Det is ja mitten in die Pampa“, klagt der Ureinwohner. Ich bin in den letzten Tagen mehrere Male durch den neuen Lehrter Bahnhof durchgefahren und bin sicher: In wenigen Wochen wird das Gemecker verstummen. Die Architektur ist unglaublich luftig, alles ist lichtdurchflutet und auf eine zurückgenommene, geradezu maritim-niederländische Art und Weise modern. Es wird echtes Trans-Europa-Express-Gefühl aufkommen, es werden Züge von und nach Warschau und Paris ein- und ausfahren. Es wird mit großer Sicherheit ein Ort zum Flanieren und Verweilen sein.

Ich weine dem stets überfüllten Bahnhof Zoo keine Träne hinterher. Warum muss ich mich auf dem Weg von der U-Bahn zum Fernbahngleis zwischen einer Bäckerei, einem stinkenden Wurststand und einer verkeimten Saftbar durchquetschen? Warum soll ich mir auf dem Weg zur U-Bahn aufgrund der niedrigen Deckenhöhen noch dauernd den Kopf stoßen? Warum soll ich mir dieses Gedränge und Geschiebe weiter antun.

Der Hauptbahnhof wird ein großer Gewinn für die Stadt werden. Die Anbindung an den Rest der Stadt wird man in den Griff kriegen. Der Bahnhof als wichtiger, pulsierender Verkehrsknoten ist ein kühnes und visionäres Projekt, da wird man den Kleinkram noch regeln. Der Flughafen Tegel ist vom öffentlichen Nahverkehr her auch nicht besser angebunden und keiner meckert darüber.

Ich freu mich auf die Eröffnungsfeier.

 

Zu Besuch bei der Brauerei Lemke

Gibt so Tage, an denen geht gar nix. Draußen regnet’s und man hängt wie erschlagen herum. Nur gut, dass Freund Holger telefphonisch den Wunsch nach einem gepflegten Klein-Besäufnis avisiert. Eigentlich wollten wir in die hervorragende Schankwirtschaft Alt-Berlin (Münzstraße), aber da war zu. Nun denn. Fußmarsch zum Hackeschen Markt, Gasthausbrauerei Lemke. Der Wunsch war klar: Deftige Kost. Fleisch. Bier. Schnaps. Ende.

Wir verköstigten das absolute hervorragende „Lemke Original“, ein angenehm hopfiges, frisches, Altbier-ähnliches, tja, Bier. Es schmeckte dermaßen phantastisch, dass wir in einer knappen Stunde gute 6 Humpen wegmachten und dabei noch ausladende Speisen inhalierten. Man verzehrte hochwohlmögende, auf den Punkt gegarte Schweinerückensteaks, goss sich bzw. einander Biere über den Kopf und ward glücklich.

Die Bedienung ist einigermaßen zügig, die Speisen rustikal, aber frisch und schmackhaft, und das Bier schmeckt wunderwunderbar. Kann man guten Gewissens machen.


Hausbrauerei Lemke
Dircksenstr. / S-Bahn-Bogen 143
10178 Berlin
S Hackescher Markt
(030) 247 287 27