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Für Unentschlossene

Pablo Pijnappel, Caroussel, 2011 © Pablo Pijnappel und carlier | gebauer

carlier | gebauer zeigt den brasilianischen Künstler Pablo Pijnappel.

Heute eröffnen wieder einige Galerien. Besonders sehenswert ist die Schau bei carlier | gebauer: Die Einzelausstellung Fontenay-aux-Roses präsentiert eine Diainstallation sowie neue Fotografien von Pablo Pijnappel. Sie heißt nach dem Geburtsort des Künstlers, einem Vorort von Paris. In Pijnappels Arbeiten geht es um Erinnerungsbilder, seine persönliche Geschichte und Narration im Film. „Out of the two hours you spend in a movie theatre, you spend one of them in the dark. It’s this nocturnal portion that stays with us, that fixes our memory of a film“, zitiert er Chris Marker, den Regisseur seines Lieblingsfilms La Jetée (1963).

18 Uhr | 4. Februar 2011 | carlier | gebauer | Markgrafenstraße 67 | Berlin Mitte


 

Glossy und provokant

Die Galerie pavlov’s dog zeigt Videoarbeiten des Fotografen Daniel Josefsohn.

Aus dem Kunstraum berg19 wird die Galerie pavlov’s dog – aber der Fokus auf zeitgenössische Fotografie bleibt. Das Programm eröffnet allerdings mit einer Installation des Berliner Fotografen Daniel Josefsohn. Josefsohn’s Bilder kennt man aus den Magazinen von ZEIT und Süddeutscher Zeitung. Er kombiniert darin Hochglanzästhetik mit brisanten politischen und gesellschaftlichen Themen. Weniger geläufig sind seine Filme oder absurden Projekte wie das UNIFAITH-Parfüm – „damit wir uns endlich riechen können“.

Seine Videoarbeiten setzen den provokanten Ansatz seiner Fotoarbeiten wie Jewing Gun fort. In seiner Installation Lieber Gott Vergiebe Mir etwa thematisiert Josefsohn die Widersprüchlichkeit religiös-fundamentalistischer Positionen. Josefsohn, selbst jüdischer Abstammung, bewegt sich zwar an den Grenzen von Tabus, stellt sich aber nie über die Beteiligten und ihre Emotionen.

20 Uhr | 3. Februar 2011 | pavlov’s dog | Bergstraße 19 | Berlin Mitte

 

Medienkunst auf allen Kanälen

© RML CineChamber

Viel hilft nicht immer viel.

Die transmediale-Eröffnung im HKW fühlte sich an wie ein Uni-Rundgang. Der Foyerbereich erinnerte an die unordentlichen Arbeitsräume in Medienfakultäten. Vielleicht lag es an den vielen Besuchern. Aber auch die Performances hätten spannender sein können.

Beeindruckend ist hingegen die geradezu rückschrittliche Ausstellung in der Studiogalerie. Dort präsentiert LaborBerlin den Filmzyklus The Secrets Trilogy von Reynold Reynolds, bestehend aus Six Easy Pieces (2010), Secret Machine (2009) und Secret Life (2008). Das Besondere: Der Filmemacher montiert seine Videoarbeiten aus 16-Milimeter-Material und Stills, was ihnen eine eigentümliche Qualität verleiht. Und tatsächlich geht es in den surrealen Szenarien immer auch um die Wahrnehmung von Zeit und Raum, ihre medientechnischen Bedingungen und künstlerischen Ausdrucksformen. Reynolds verweist etwa auf Boticelli, Duchamp oder Muybridge. Durch die räumliche Gegenüberstellung wirken die Mehrfachprojektionen noch eindrücklicher. Aber mit dem großen Thema „Liveness“ hat das wenig zu tun.

Echtzeiterlebnisse bietet hingegen die club transmediale, zum Beispiel mit der CineChamber im HAU. Zehn Bildschirme, Boden-Vibrations-Einheiten und ein leistungsfähigem Soundsystem machen die Darbietungen zum synästhetischen Erlebnis. Und heute Abend bespielen die Box auch noch die Elektro-Klangkünstler von Signal. Carsten Nicolai, Olaf Bender und Frank Bretschneider machen nicht einfach nur elektronische Musik, sondern Kunst – auf einer soliden wissenschaftlichen Basis.

Aberwitzig hört sich auch die performative Ausstellung Regenwald 2011 im West Germany an: Es handelt sich dabei um eine Re-Interpretation von Rainforest, dass der Cage-Pianist David Tudor in den 70er Jahren komponiert hatte. Jedenfalls kommen dabei unter anderem Körperschallwandler zum Einsatz, die auf resonante Objekte im Raum sowie die Architektur selber reagieren. Die Zuschauer beleben besagten Regenwald, indem sie zwischen Künstlern und Objekten umherlaufen. Hier macht Getümmel wenigstens Sinn!

18 Uhr | 02. Feburar 2011 | HAU2 & West Germany | Hallesches Ufer 3 & Skalitzer Straße 133 | Berlin Kreuzberg

 

Offen für Alles

Die transmediale.11. widmet sich der livegeschalteten Gesellschaft und ihrem Echtzeitlebensraum.

Dieses Jahr dreht sich alles um RESPONSE:ABILITY. Das Festival für Kunst und Digitale Kultur fragt, was der ständige Ereignisstrom als Grundlage selbstverantwortlichen Handelns für uns und das Internet der Zukunft bedeutet. Aber das hört sich trockener an, als es ist. Wie immer bietet die transmediale ein interessantes Programm aus Kunst, Performances und natürlich Medientheorie für jeden Geschmack:

Pünktlich zum 100. Geburtstag des Theorie-Gottes Marshall McLuhan holt die transmediale dessen kaum bekanntes Manifest COUNTERBLAST aus der medientheoretischen Versenkung. Dann präsentiert die Marshall McLuhan Lecture 2011 den radikalen „Open Everything“ Befürworter Mark Surman, den Geschäftsführer der Mozilla Foundation. Und schließlich fragen in der Konferenz BODY:RESPONSE – Biomediale Politik im Zeitalter der digitalen Liveness namhafte Experten, wie sich eigentlich biologisierte Medien und hybride Raumphänomene auf unsere physische Beziehung zur Technologie auswirken.

An der Schnittstelle zwischen Realwelt und Mediensphäre operieren auch die Performances zum Schwerpunkt LIVE:RESPONSE. Beispielsweise ver- und entkoppelt Herman Kolgen in der Live-Videoprojektion DUST Farbpigmente zur hypnotischen Konfiguration. (Die Arbeit ist inspiriert von Man Rays Élevage de poussière, einer Aufnahme von Marcel Duchamps Großem Glas.)

Das Film- und Videoprogramm wiederum illustriert, wie Montagetechnik und Internet die Erfahrung einer beschleunigten Wahrnehmung unterstützt haben. Und zu guter Letzt machen Installationen in der HacKaWay Zone und diverse Labs von The Open Zone im HKW die Voraussetzungen einer „haktivistischen“ Kunstpraxis im Speziellen und einer Open Culture im Allgemeinen erfahrbar. Die Künstler und Medienaktivisten arbeiten für die Dauer des Festivals vor Ort. Dazu kommt eine ganze Reihe ziemlich guter Satellitenveranstaltungen.

Jedenfalls eröffnet die transmediale heute Abend mit einer großen Zeremonie auf allen Ebenen und mit Performances wie den Fingerabdruck-Experimenten von Paul Vanouse. Als besonderes Highlight bringt der Medienphilosoph Derrick de Kerckhove übrigens seinen digitalen Sohn Angel_F mit. Das Spyware-Wesen hinterfragt Marshall McLuhans Idee, dass wir uns in unserer Technik erweitern … OK, das Ganze ist doch ein bisschen nerdy.

18.30 Uhr | 01. Februar 2011 | Haus der Kulturen der Welt | John-Foster-Dulles-Allee 10 | Berlin Tiergarten

 

Frieren und drängeln

Aphrodite Kallipygos, Abguss Sammlung Antiker Plastik © Foto: Sergej Horovitz

Am Samstag findet die 28. Lange Nacht der Museen statt.

Das Thema „Körper trifft Seele“ klingt schauerlich. Aber einige der 68 Institutionen, die an der 28. Berliner Museumsnacht teilnehmen,  bieten tatsächlich gute Führungen durch ihre Sammlungen. Sehenswert klingt etwa Leib und Seele in der romanischen Kunst im Bodemuseum von Julien Chapuis. Und hörenswert die musikalische Führung Seelische Entzückung durch himmlische Klänge: Rubens Heilige Cäcilia in der Gemäldegalerie am Kulturforum. Überhaupt, wer zu später Stunde genug von Exponaten und/oder Menschen hat: In der Nikolaikirche am Stadtmuseum gibt’s eine Toccata zu Mitternacht. Und in der Matthäuskirche am Kulturforum kann man die Nacht ab ein Uhr bei einer Nocturno für Orgel ausklingen lassen.

Ansonsten erleichtern wie immer ausgearbeitete Routen die Auswahl. Das Kulturforum – erleuchtet von der Installation WORDspa von Andrea Hilger – funktioniert als zentraler Umsteigeplatz für die Busshuttles.

ab 18 Uhr | 29. Januar 2011 | siehe Programm

 

Befindlichkeit und Erfahrungsraum

Alles, was Sie über Chemie wissen müssen, Georg Thieme Verlag © Foto: Jan Rohlf


Die Gruppenausstellung Alles, was Sie über Chemie wissen müssen betrachtet die Interaktion zwischen Mensch und Objekt, Handlung und Wahrnehmung.

Alles, was Sie über Chemie wissen müssen ist eine Koproduktion der diesjährigen Clubtransmediale und des niederländischen Kunstraums TAG. Die Kuratoren Hicham Khalidi und Suzanne Wallinga zeigen Video- und Klanginstallationen, Zeichnungen und Performances internationaler Künstler, die die Schnittstellen vom Menschen und den Dingen in seinem Umfeld untersuchen und unseren Erfahrungsraum ausloten.

Um 20.30 Uhr präsentiert das britisch-deutsche Duo Martin Howse und Martin Kuentz die Musikperformance Substrate.

19 Uhr | 28. Januar 2011 | Kunstquartier Bethanien |Mariannenplatz 2 | Berlin Kreuzberg

 

DAS Weekend

Heute startet das Digital Art + Sound (DAS) Weekend.

transmediale, club transmediale und Create Berlin haben DAS Weekend initiiert mit über 70 unabhängigen Organisationen, Ausstellungsorten und Teilnehmern aus Kunst und Kultur. Die Veranstaltung soll der nachlassenden Förderung von Medien-, Sound- und digitaler Kunst begegnen.

Drei Tage lang präsentiert DAS Weekend Künstler, Räume und Initiativen, die an der Schnittstelle von Kunst, Medien und Klang arbeiten und experimentieren. Entsprechend abwechslungsreich ist das dichte Programm: Ob offene Lesungen im Villém Flusser Archiv, Ausstellung wie Reflective Interventions 2011 bei Art Claims Impulse oder Songs of Love and Hate im Grimmuseum oder das Projekt The Sound of No-One im Stadtbad Wedding – wer sich durch das Angebot liest, findet garantiert etwas Spannendes.

ab 10 Uhr | 28.-30. Januar 2011 | siehe Karte

 

Songs of Love and Hate

© Grimmuseum

Whistle, Minotaure! stellt den schwedischen Künstler Erik Bünger vor.

Die Ausstellungsserie verbindet bildende Kunst, Performances und Musik. In der sechsten Ausgabe der Songs of Love and Hate setzen sich die Kuratoren Francesco Cavaliere und Marcel Türkowsky mit der dunklen Seite der Musik auseinander.

Dazu zeigen sie neue Arbeiten von Erik Bünger. Der Künstler versteht Musik nicht als etwas Pures, sondern sieht in ihr auch einen „Parasiten unseres kollektiven kulturellen Unbewussten“. Mit With this alert signal to you that it’s already too late hat er für den Keller des Grimmuseum außerdem eine neue Installation entwickelt. Unbedingt sehenswert.

19 Uhr | 26. Januar 2011 | Grimmuseum | Fichtestraße 2 | Berlin Kreuzberg

 

Hinter den Vitrinen

Die Kuratoren geben Einblicke in die Konzeption der Hitler-Ausstellung.

Die Ausstellungskuratoren Hans-Ulrich Thamer und Klaus-Jürgen Sembach erklären heute in einem Vortrag das Gestaltungskonzept von Hitler und die Deutschen. Dabei führen sie das Publikum durch die Exponate. Ein spannendes Angebot nach all den Kontroversen.

18 Uhr | 26. Januar 2011 | Zeughauskino/Deutsches Historisches Museum | Unter den Linden 2 | Berlin Mitte

 

Künstlerisches Gedächtnis

© Ralph Hälbig

Die Galerie EIGEN+ART präsentiert in Berlin dokumentararchäologische Erkenntnisse von Jörg Herold.

Der Leipziger Künstler Jörg Herold nennt sich einen Dokumentararchäologen. In seinen ethnografischen Arbeiten geht es um Fragen der Identität angesichts eines sich immer rascher wandelnden Lebensraumes. Derzeit beschäftigt Herold etwa das Verhältnis von regionaler Folklore und globalisierter Welt.

Für seine aktuelle Ausstellung Sieg reiste Herold acht Wochen durch Vietnam, Kambodscha, Thailand und Laos. Dort hat er die Situation südostasischer Volksgruppen vor dem Hintergrund der Globalisierung beobachtet. In den daraus entstandenen Arbeiten fragt er nach Möglichkeiten der Erinnerung und verweist auf den Konflikt zwischen Ästhetik und Ethik der Darstellung.

In zehn Jahren will er das Projekt wiederholen, um seine Beobachtungen zu aktualisieren – und im kulturellen Gedächtnis zu verankern. Hört sich solide an.

17 Uhr | 22. Januar 2011 | Galerie EIGEN + ART Berlin | Auguststraße 26 | Berlin Mitte