Das Plakatprojekt WERT/SACHE verteilt gute Kunst an wache Beobachter.
Die Kuratorin Anna-Catharina Gebbers hat für das Gallery Weekend leer stehende Räume im ehemaligen Tagesspiegel-Areal bezogen. An der Potsdamer Straße veranstaltet sie das demokratische Gegenprogramm zum kommerziellen Massen-Event. Ihr Plakatprojekt WERT/SACHE ist nicht einfach eine weitere Ausstellung unter unzähligen anderen. Gebbers will, dass sich ihre Besucher mit der Kunst auseinandersetzen: Jeder darf sich eines der zehn Plakate aussuchen und seine persönliche Wertsache mit nach Hause nehmen. Weiter„Die Zukunft der Kuration liegt im Mitmachen“
Unter Kontrolle (2011) stammt aus einem Atomzeitalter vor Fukushima, als große Teile der Gesellschaft Kernenergie noch für ein kalkulierbares Risiko hielten. Der Regisseur Volker Sattler untersuchte den grotesken Sicherheitsaufwand hinter diese Form der Energiegewinnung. Entstanden ist ein Panorama der Atomkraft, einer Technologie, die wie keine andere den Fortschritt symbolisierte und heute für die drohende Katastrophe steht.
Sattler filmte dafür den Alltag in Kraftwerken, Anreicherungsanlagen und Zwischenlagern, besuchte Aufsichtsbehörden, Forschungszentren und Schulungsstätten. Allerdings funktioniert der Film weniger über das Fachwissen der Experten, als die Kraft seiner Bilder. Sattlers kritischer Blick hinter die Kulissen des deutschen Nuklearbetriebs inszeniert die faszinierende Ästhetik der Technologie, zeigt ihre Architektur als Monumente der Utopie, die blinkenden Schalttafeln als real gewordenes Science Fiction-Szenario. Die Aufnahmen sind sachlich, aber nicht nüchtern. Wenn die Kamera langsam den Brennstab abfährt, spürt der Zuschauer die implizite Gefahr. Dass der Katastrophenfall in Japan tatsächlich eingetreten ist, verdeutlicht nun auf traurige Weise die Unberechenbarkeit der Atomenergie.
Zwar kommt die Dokumentation erst im Mai in die Kinos. Aber Arsenal und Haus der Kulturen der Welt zeigen heute eine Vorabpremiere, gefolgt von einer Podiumsdiskussion zur Macht des Filmbildes. Inwiefern ästhetische Ereignisse die Einstellung einer Gesellschaft verändern können, diskutieren der Regisseur Volker Sattler und sein Co-Autor Stefan Stefanescu mit der Kuratorin Adrienne Goehler, dem Filmkritiker Bert Rebhandl sowie Armin Grunwald vom Karlsruher Institut für Technologie.
Unsere Anteilnahme nützt den Opfern in Japan wenig, wenn ihr keine Taten folgen. Staatskapelle und Philharmoniker gehen mit gutem Beispiel voran. Ihr gemeinsames Konzert unterstützt die Hilfsarbeiten vor Ort. Daniel Barenboim dirigiert Tschaikowskys Sechste Sinfonie Pathétique und Simon Rattle die Vierte Sinfonie von Brahms.
Alle Einnahmen – auch aus der Live-Übertragung – gehen an die UNICEF-Nothilfearbeit in Japan. Diese unterstützt die traumatisierten Kinder in den von Erdbeben, Tsunami und Kernkraftwerk-Havarie betroffenen Gebieten. Zumindest ein Ticket für die Digital Concert Hall sollte drin sein.
20 Uhr | 29. März 2011 | Philharmonie | Herbert-von-Karajan-Straße 1 | Berlin Tiergarten
Die Diskussion Wende in der arabischen Welt?betrachtet die aktuelle Situation in Nordafrika – und zwar aus aus europäischer und arabischer Perspektive.
Am HKW betrachten Künstler, Journalisten und Wissenschaftler aus Tunesien, Ägypten, Algerien und Europa die Entwicklungen in Nordafrika und dem Nahen Osten. Im Vordergrund steht dabei die Frage, inwiefern die Idee von einem „arabischen Frühling“ im westlichen Geschichtsdenken funktioniert, aber nicht zu der komplexen Realität vor Ort passt. Die Diskussion untersucht das Unverständnis, auf das europäische Politiker bei den Regimekritikern und Oppositionellen stoßen – und sucht gemeinsame Perspektiven.
Das Festival MaerzMusik bietet heute gleich zwei Highlights: Ein Loop-Konzert in der Philharmonie sowie ein Performance-Experiment im Berghain brechen mit den Hörgewohnheiten des Publikums.
Von der Philharmonie zum Berghain, das klingt nach einem verwegenen Plan für einen Dienstag. Aber heute sprechen zwei ziemlich gute Gründe dafür. Erst zelebriert die Intermedia-Konzertperformance TablesAreTurned von Bernhard Lang und Philip Jeck den Loop als Meilenstein der modernen Ästhetik. Dann macht der japanische Komponist und Klangkünstler Yutaka Makino das Publikum zum Versuchsobjekt seiner performativen Installation Conflux.
Lang und Jeck verbindet ihr Interesse für den Plattenspieler als Improvisations-Instrument zeitgenössischer Kompositionen. Mit ihrem komplementären Ansatz ergänzen sie sich prächtig: Während der Komponist Lang Ensembles in vibrierende Turntables verwandelt, hat sich Jeck als Dirigent alter Schallplattenspieler einen Namen gemacht. Beide erarbeiten bereits seit geraumer Zeit gemeinsam Stücke für Orchester und Ensembles. Bei der Uraufführung von TablesAreTurned in der Philharmonie unterstützt sie diesmal das Ensemble Alter Ego.
Ziemlich dunkel und ganz schön laut wird es im Berghain, wo Makino mit der Raum- und Körperwahrnehmung des Publikums experimentiert. Wenn der nicht gerade aktuelle Forschungserkenntnisse aufgreift, führt er nämlich kurzerhand eigene Untersuchungen durch. Dazu schafft er künstliche visuelle und akustische Situationen und macht den Zuschauer beziehungsweise Zuhörer zum aktiven Teil der Installation. Conflux basiert übrigens auf der Theorie der psycho-ökologischen Wahrnehmung von James J. Gibsons zur Interaktion des Wahrnehmenden mit gewissen Eigenschaften seiner Umwelt.
Wer noch mit den Nachwirkungen des Wochenendes kämpft, ist in der Philharmonie sicherlich besser aufgehoben. Ansonsten gilt: Tagsüber Kräfte sparen und Abends Performance-Marathon.
Simon Rattle und Daniel Barenboim geben in der Philharmonie ein Benefizkonzert zur Sanierung der Staatsoper Unter den Linden.
Der Chefdirigent der Philharmoniker und der Generalmusikdirektor der Staatsoper machen mal wieder gemeinsame Sache, diesmal für den guten Zweck. Die Umsetzung klingt tatsächlich spannend: Rattle dirigiert Barenboim, die Staatskapelle spielt in der Philharmonie. Dafür setzen die beiden auf Altbewährtes.
Die Staatskapelle spielt unter dem Dirigat von Rattle Beethovens Drittes Klavierkonzert – mit Barenboim als Klaviersolist. Daran schließt eine Konzertversion des Zweiten Aktes aus Richard Wagners Tristan und Isolde. Bei den Wagner Sängern Violeta Urmana, Robert Dean, Franz Josef Selig Smith sowie Lioba Braun handelt es sich um Rattles Wunschbesetzung. Mit ihnen führte er die Oper bereits in Wien auf.
Natürlich verzichten alle Beteiligen auf Gage. Sämtliche Einnahmen fließen in die Sanierung der Lindenoper. Obwohl Rattle und Barenboim bereits 2008 mit der Planung begannen, gibt es noch immer Karten für das heutige Konzert. Dabei sollte man sich diese Begegnung nicht entgehen lassen. Und sei es nur für die Oper.
20 Uhr | 15. März 2011 | Philharmonie | Herbert-von-Karajan-Straße 1 | Berlin Tiergarten
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Das japanisch-deutsche Kooperationsprojekt cyclo. produziert digitale Kunst.
Seit über zehn Jahren arbeiten die Künstler und Musiker Ryoji Ikeda und Carsten Nicolai an der Schnittstelle von Sound und Bild. Sie übersetzen Stereosignale in Grafiken und verfügen inzwischen über ein riesiges Archiv mit Sounds/Visuals. Zum Erscheinen ihres neuen Albums CYCLO. ID r-n127 performen sie im Eternithaus. Unbedingt sehens- und hörenswert.
18 Uhr | 06. März 2011 | Tiergarten Eins (Eternithaus) | Altonaer Straße 1 | Berlin Tiergarten
Die Ausstellung Der Traum vom Fliegen am HKW beschäftigt sich mit der Kulturgeschichte des Fliegens.
Die Kuratoren Thomas Hauschild und Britta N. Heinrich haben eine dieser Überblicksschauen zusammengestellt, bei der für jeden etwas dabei ist und es Exponate zum Spielen gibt. Die Ausstellung handelt von der Entwicklung des größten Menschheitstraums überhaupt. Sie geht aus von der archaischen Flugmystik und endet mit der aktuellen Klimadebatte, zeigt die verschiedenen Bildwelten und erklärt die technologischen Entwicklungen. Entsprechend bunt fallen die Exponate aus, vom prähistorischen Bumerang über einen Wolkenwagen aus dem Barocktheater bis hin zum Space-Trainer. Natürlich gibt es auch zeitgenössische Kunst.
Heute Abend eröffnet die Ausstellung mit einem Barockfeuerwerk. Währenddessen spielt Jeffrey Bossin auf dem Carillon, dem Konzertglockenspiel-Koloss im Tiergarten, die minimalistische Komposition Berlin Fireworks Music von Richard Felciano.
Bis 2006 dirigierte Kent Nagano (der Noch-Generalmusikdirektor der Bayrischen Staatsoper) das Deutsche Symphonie-Orchester. Auch danach blieb er dem DSO jedoch als Ehrendirigent erhalten – und zwar mit großem Erfolg: Gerade erhielten Nagano und das Orchester bei den Grammy Awards 2011 die Auszeichnung für die beste Operneinspielung.
In Berlin beginnen Nagano und das DSO nun eine spannende Konzertserie zu den Symphonien des österreichischen Komponisten Anton Bruckner (1824-1896). Dabei stellen sie jeweils einer Symphonie Arbeiten aus der jüngeren Musikgeschichte gegenüber. Nagano will dadurch die Klangarchitektur von Bruckners Komposition erfahrbar machen.
Das erste Konzert widmet Nagano Bruckners Fünfter. Den polyphonen Reichtum der Symphonie in B-Dur konfrontiert er mit drei Werken des jungen Klarinettisten und Komponisten Jörg Widmann. Der spielt an diesem Abend auch die Soli – neben Igor Budinstein (Bratsche), Christa Schönfeldinger (Glasharmonika) und Teodoro Anzellotti (Akkordeon). Unbedingt hörenswert.
20 Uhr | 28. Februar 2011 | Philharmonie | Herbert-von-Karajan-Straße 1 | Berlin Tiergarten