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Nur nicht abkühlen, nur nicht komisch werden!

 

Der Tausendseiter ist fertig, der Kumpel ein Tölpel, der über eine öde Hupe schluchzt. Vor lauter Schreck kauft unser Autor tütenweise Haushaltsreiniger.

Donnerstag, neun Uhr vierzehn, Arbeit am Tausendseiter abgeschlossen. Ich starre auf die Zeile, auf den Punkt am Satzende, auf den Doppelabsatz, und auf das Wort, das ich in Großbuchstaben getippt habe: ENDE. Ziehe das Blatt aus der Walze, suche und finde Tippfehler, berichtige. Wische die Tasten der Schreibmaschine sauber, greife mir an die Stirn: kein Fieber, keine Aufwallung, kein erstickter Jubelschrei.

Arbeit getan, gut. Belohne dich für die zweieinhalb Jahre, die du an diesem Buch gesessen hast, denke ich, freu dich, verdammt noch mal. Ja. Rauche drei Zigaretten hintereinander, lehne mich auf dem Sofa zurück. Komme mir vor wie ein schlechter Schauspieler. Male am Bild weiter: Eine Frau in der Winternacht, sie hat sich abgewandt, ihre Schulter ist ein Fleischnest, Krähenjunge sperren den Schnabel auf. Schnappen nach Schneeflocken. Vier Stunden später: harter Nacken, knackender Rücken.

Gehe essen. Rühre Muschelnudeln in die Sahnesoße, glotze auf die dünnen Champignonscheiben, die oben an der Schüssel kleben. Wer einen Anstandsrest übrig lässt, ist verkommen. Also esse ich alles auf. Anruf Mutter aus Ankara: Neuerdings wird Asphaltsteuer erhoben, Stadt bessert die Straßen, jeder Wohnungseigentümer muss bezahlen. Sie sagt: Ich liebe mein Land. Aber was ist hier eigentlich los? Ich sage: nix. Dann sage ich: Roman fertig. Gottes Segen darauf, ruft sie, freust du dich? Ja, sehr.

Anruf Schwester: Arsch ihrer Hündin wird zu oft von Rüden beschnüffelt, sie war mit ihr im Park, die Hündin knurrte sie weg. Wir sprechen über Bilder. Sie malt an einem strahlenden Frauenkopf, Umriss und Hintergrund sind gesetzt, sie wischt gemischtes Glutgelb mit der Handkante von rechts nach links, von Rand zu Rand. Schöne Worte, die sie spricht, ich bin begeistert. Und der Roman? Fertig. Schön, sagt sie, nur nicht abkühlen, die Geschichte muss weitergehen. Nur nicht rasten, nur nicht komisch werden. Räume auf, finde verlassene Spinnweben in uneinsehbaren Winkeln der Wohnung. Anruf Kumpel: Die Verlobte hat sich nicht getraut, hat ihn verlassen, ihr Abschiedsbrief eine Klageschrift. Wer hat Schuld? Ich, sagt er, ich, ich, ich.

Schluchzender Tölpel, denke ich, was vergaffst du dich auch in eine kuhäugige Exotin? Ich sage: Bist ein Depp, die öde Hupe hat dich ausgenommen, die Tante konnte nicht mal deinen Namen richtig schreiben … Wir sprechen darüber, ob der gemeinsinnige Ausländer ohne Geschrei und Gefuchtel auskommen kann. Kumpel nennt mich einen bekloppten Reichsbürger und legt auf. Stehe später im Supermarkt vor dem Regal mit den Haushaltshilfeartikeln. Entscheide mich für: vier Packungen Allzwecktücher, zwei Packungen Fliesenfeuchttücher, zwei Flaschen Essig-Kalklöse-Essenz, eine Flasche Soda-Fettlösemittel, eine Sprühflasche Edelstahlreiniger, Multifettlöser, Ultraglanz-Kraftreiniger, Rohrfrei sofort, Antikalk-Schutz, Staubmagnettücher.

Die Kassiererin glotzt. Fragt sich: Ist das eine Sau, die einmal im Jahr die Stube sauber macht? Ist das der Panikkauf eines Junggesellen vor dem Besuch der Mutter? Ich sage leise: Ich schraub die Flaschen auf, schnüffle daran, dann geht’s mir gut … Der Scherz kommt nicht gut an, ich stopfe alles in die Tüten, wünsche ihr einen guten Resttag. Ihr Restgeld, sagt sie kalt. Anruf auf dem Heimweg, ich stelle die Tüten ab, werde angehupt, weiche fünf Schritte zur Seite. Bin auf dem Discounterparkplatz, brülle ich in den Hörer, wer ist da? Stille. Wer ist da? Kumpel sagt: Nimm das zurück. Sie ist keine öde Hupe … Doch, ist sie … Kumpel kündigt mir die Freundschaft. Hunde junger Säufer bellen den frisch geföhnten Königspudel einer Dame an. Dame lehnt Schluck aus der Pulle ab, redet aber mit den zerrupften Jungs über Entwurmung. Anruf guter Kumpel: Schreib doch einfach weiter … Ja. Zu Hause starre ich auf die letzte Seite des Romans. Ich streiche das letzte Wort. Kein Ende.