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Frauen sind nur platzsparende Körper

Fetischisiert, vermessen, vorgeführt und verkauft: Germany’s Next Topmodel richtet eine ganze Generation zugrunde. Jetzt startet die zehnte Staffel.

Germany's Next Topmodel: Platzsparende hübsche Körper
© ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH/Montage: ZEIT ONLINE

In meiner Jugend, hinter dem Eisernen Vorhang, gab es weder Models noch Castingshows oder Heidi Klum. Ein Mädchen sollte natürlich hübsch und artig sein, später heiraten und Mutter werden, das schon, aber von einer Model-Karriere war nie die Rede. Es gab weder den vermeintlichen Glamour noch die Glitzerschuhe oder die Werbekunden, und der berufliche Aufstieg basierte nicht unbedingt auf dem perfekten Foto oder den Körpermaßen, sondern auf guten Noten in den Naturwissenschaften. Mädchen konnten Astronautin, Ärztin und Traktorfahrerin werden. Ich sage nicht, dass es die Gleichberechtigung gab, aber Mädchen konnten träumen – auch von ihr.

Heute wird durch die Castingshow Germanys Next Topmodel eine ganze Generation zugrunde gerichtet. Der Traum, der ihnen samt vielen in der Fernsehsendung beworbenen Artikeln verkauft wird, besteht aus einer Welt, in der eine Frau nichts weiter erreichen sollte, als groß, dürr und gefällig zu sein. Sie muss sich in Pose werfen können, auf Knopfdruck „sexy“ sein, immerzu lächeln und währenddessen ihren Mund entspannen. Gern kann diese Traumfrau ein wenig dumm geraten. Weiter„Frauen sind nur platzsparende Körper“

 

Der Verlust am Ende der Welt

Fundamentalismus begegnet uns heute überall. Nicht nur in religiösen Zusammenhängen. Während einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas im Berliner Olympiastadion wurde unserem Autor einiges klar.

An einem Tag im Juli bekam ich an meiner Wohnungstür eine Einladung zum Jahreskongress der Zeugen Jehovas überreicht. Auf dem Faltblatt stand: „Offen für alle!“ Und: „Der Eintritt ist frei.“ Außerdem stand auf dem Faltblatt noch das Thema des Kongresses: „Der neue Herrscher der Erde – wer ist dafür geeignet?“
Ich hatte noch nie eine Veranstaltung der Zeugen Jehovas besucht, wusste und weiß auch heute noch wenig über sie. Der Vortrag über den neuen Herrscher der Erde sollte in dem vor achtzig Jahren von Adolf Hitler in Auftrag gegebenen Olympiastadion in Berlin gehalten werden. Ich dachte: unglaublich. Weiter„Der Verlust am Ende der Welt“

 

Von Stromae lernen

Zum Auftakt dieser Plattform haben wir einige Autoren gefragt, worüber sie sich aufregen. Teresa Präauer reflektiert über den Gegensatz von Empörung und Erstarrung. Alors on danse!

Was mich empört? Ich kann nur antworten, was mich empört, indem ich beschreibe, wie ich mich nicht empöre. Und vielleicht lässt sich aus dem Sich-nicht-Empören hernach die Empörung filtern.

Ich empöre mich nicht, weil ich mir die Empörung als Gegenbild zur Erstarrung denke. Die Empörung ist dann das, was plötzlich eintritt: hochkommt, sich aufbläst – aufgedonnert –, sich entlädt – und dann wieder in die Erstarrung zurückfällt. Vielleicht ist die Empörung etwas Epileptisches: Sie reagiert empfindlich auf das Stroboskop-Licht der grell angeblitzten Ereignisse. Nichts gegen Grellheit und Entladung, übrigens. Weiter„Von Stromae lernen“

 

Zurück zu den Hunden

Jeder hat Psychosen. Auch unsere Hunde. Warum die Instrumente der Psychologie nur noch dazu da sind, Antworten auf Fragen zu finden, die es eh nicht gibt.

Ein Bekannter von mir hatte mal einen chinesischen Nackthund, der als sogenanntes Notfell aus einer spanischen Todesstation gerettet worden war. Er konnte sich auf Kommando mit den Pfoten die Augen auswischen, kam aber nie, wenn man ihn rief. Weiter„Zurück zu den Hunden“

 

Geister im Gefecht

Auch wenn die großen Weltdeuter verschwunden sind: Die Rolle der Intellektuellen ist in Zeiten globaler, verwickelter Konflikte wichtiger denn je. Zurückziehen sollten sie sich nicht.

Über Tote soll man nicht schlecht reden, heißt es. Das scheint neuerdings auch für tote Epochen zu gelten. „Ganz gleich, was man sonst noch über den Kalten Krieg sagen kann, er schärfte auf jeden Fall die Gedanken“, schrieb der amerikanische Geschichtsprofessor Mark Lilla Anfang September in der ZEIT.

„Man begreift das Phänomen intellektueller Reizbarkeit tatsächlich erst, wenn man es unter Oppositionsverhältnissen betrachtet“, konstatiert in derselben Woche Martin Meyer in der NZZ. „Mit dem Ende des Kalten Kriegs wurden zunächst Entspannung und Entspanntheit angesagt“, schrieb Meyer. „Doch droht auch da eine resignierte Gelassenheit überhandzunehmen.“ Seinen Artikel betitelt er dann auch vorwurfsvoll: Die Intellektuellen – ein Rückzugsgefecht. Weiter„Geister im Gefecht“

 

Macht sie doch zu Märtyrern!

Zum Auftakt von „Freitext“ haben wir einige unserer Autoren gefragt, worüber sie sich wirklich aufregen, was sie empört. Thomas Glavinic antwortet als Erster.

Ich empöre mich über gar nichts. Ich habe es fast verlernt, mich zu empören. Hin und wieder ärgere ich mich über ein Unrecht, das mir oder jemand anderem zugefügt wird, aber ich empöre mich nicht. Empörung würde bedeuten, dass ich aktiv werden könnte oder müsste. Aktiv bedeutet, ich wäre nicht nur bereit, etwas zu ändern, sondern ich wäre bereits aktiv. Aufstehen ist bereits Aktivität. Aber ich bevorzuge es, auf Facebook Kommentare zum Weltgeschehen abzugeben, das geht per Knopfdruck. Ich like. Ich sitze hier und bestätige, das genügt mir. Das mache ich ein paar Stunden lang. Früher hätte ich in dieser Zeit ein Buch gelesen. Weiter„Macht sie doch zu Märtyrern!“