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Wer das Vaterland schützt, schwitzt nicht

 

Gerade spielten sie noch mit Moslem-Schädeln in Afghanistan. Und was machen sie heute?  Unseren Kolumnisten treiben Kriegsheimkehrer um. Das Fax der Woche

Was macht Oberst Klein? Das ist der Mann, der den Tod bestellte, und die Amerikaner bombten Mann und Kind und Maus am Boden. Verjährt ein Kriegsverbrecher? Der Mann wurde vor einiger Zeit befördert, er bekommt mehr Geld. Was macht er im Hinterland, zählt er die trüben Tage, klopfen ihm die Getreuen auf die Schulter, hat er eine Gattin, die ihm die blassrote Strieme küßt, das Mal, das das Schweißband des Kriegermützchens hinterläßt? Was macht der Bürger Klein, der Stolz der Nachbarn, starrt er in den Nachbargarten, und zählt die Blätter auf dem Rasen, ist er ob der Pflichtvergessenheit verdrossen?

Faksimile des Faksimiles von Feridun Zaimoglu
Faksimile des Faksimiles von Feridun Zaimoglu

Was macht ein Bürger in Uniform, wenn er ins Kostüm der Zivilisten schlüpfen muß, in den Stunden seiner Freizeit? Ich sage, es ist eine Lüge, was die Pazifisten faseln: Der heimgekehrte Krieger ist kein sündenschwitzendes Tier. Ich sage: Wer das Vaterland schützt, schwitzt nicht, schwitzt nicht aus Sünden, träumt sich nicht frei von Blut und Knochensplittern der Gemordeten. Was macht Ex-Oberst Klein, der ob seiner Glanzleistung beförderte Bürger, was macht er, wenn er nichts macht? Glotzen? Schnarchen? Fussel zupfen?

Was machen die Soldaten, die in Afghanistan in Gräben wühlten, und mit Moslem-Schädeln spielten, nicht im Ernst, nur zum Spaß? Waren ihre Kameraden im Hinterland betroffen, erbost, sprachlos, wütend, traurig, enttäuscht? Wollten sie ein Zeichen setzen, und strömten sie in Massen zum Brandenburger Tor, hielten Schilder hoch, auf die sie hastig drei Worte gepinselt hatten: Ich bin Islam? Was machen die heiteren Gefreiten, die Kombattanten, die camouflierten Bürger, was machen sie, da man ihnen den Rückzug ins heiß geliebte Deutschland befahl? Hauen sie in der Kantine, im Wirtshaus, mächtig auf den Tisch, brüllen sie im Chor: Wer dient, fehlt nicht!

Ich sage: Man soll den Soldaten nicht blöd kommen, bei Befehl von oben pariert der Soldat. Ich sage, es ist eine Lüge, was die Pazifisten faseln: Es ist zum Heulen, daß kein Schwein die Frontsau versteht. Wir verstehen sie, wir sehen: Marie oder Linda oder Gretchen oder ein anderes Mädchen drückt das wehe Haupt des Soldaten zwischen die nackten Brüste. Streichelt ihn schön. Küßt postkoital das Posttrauma weg, für eine kurze Zeit. Schaut auf die Mädels im Hinterland – wie sie zwitschern, wie sie ihren Helden mit Koseworten trösten. Mein Recke. Mein Herzallerliebst. Mein armer armer Brunnenbauer, dem man nicht erlaubt, in der Ferne Brunnen zu bauen? Braut er ein Brünnlein im eigenen Garten? Spiegelt sich ein Sternchen im schwarzen Wasser im Grund?

Was macht der Afghanistan-Veteran, was macht der Krieger des Vaterländischen Exports der Demokratie, was macht der Musterbürger im Musterstaat? Wird er zum Afghanen? Läßt er sich einen Bart wachsen? Und trimmt er ihn jeden Morgen um zehn vor sechs, weil er ein gemäßtiger Mitteleuropäer ist? Ich sage: Blöde Frage, natürlich tut er das, sonst sähe er aus wie ein Fellache.

Was macht der Löwe von Hindukusch, der Herr Struck, einst Verteidiger, dann Rentner, was macht er, da er nicht über unsere Freiheit wacht? Tönt er den Tabakgilb am Oberlippenbart strahlend blond? Säuft er sich im Herrenclub der rot-grünen Verteidiger die Erde rund? Und denkt er mal: Mensch, der Afghane, der hätt’s doch besser wissen müssen. Wir haben’s ihm doch, haben wir amtlich, haben wir doch in seinem eignen Land gezeigt, was wie wo ist …?

Ich sage, der Pazifist, der hat nix begriffen: Der Struck? Der ist tot. Der Klein? Dem geht’s gold. Die Heimkehrer? Über Wehwehchen schweigt der Soldat, er macht nicht so’n Geschrei drum wie die Operettenschachteln. Was macht unsere Eiserne Dame, Frau Ministerin v.d. Leyen, was macht sie wohl, da Deutschland heuer wieder Führerfigurinen sucht?