Monogamie, Bigamie, Theophilie, Enthaltsamkeit – was bitte ist denn nun der Weg zum großen Glück? Unser Autor bringt Ordnung in das moderne Liebeschaos.
Hier auf ZEIT Online wurden die Leserinnen und Leser gefragt, ob sie noch an die monogame Zweierbeziehung glauben oder längst andere Beziehungsformen für sich gefunden haben. Weil man in der Vielzahl der möglichen Liebesarten schnell den Überblick verliert, erkläre ich hier kurz die wichtigsten davon.
Monogamie
Man ist ein Leben lang mit demselben Partner zusammen und dabei unglücklich. Manchmal macht man Tanzkurse.
Serielle Monogamie
Man ist erst mit dem einen Partner zusammen und dabei unglücklich und dann mit einem anderen, mit dem man kurz hofft, glücklich zu werden, bevor man dann wieder unglücklich ist. Und so weiter. Zwischendurch ruft man den Partner an, mit dem man am wenigsten unglücklich war, und sagt, dass man einen Riesenfehler gemacht hat. Das ist ein Riesenfehler.
Offene Beziehung
Man ist unglücklich mit einem Partner zusammen und darf dafür mit anderen schlafen, was selten passiert und wenn, macht es einen sehr unglücklich. Der Partner versucht einen dann zu trösten, schaut dabei aber komisch.
Fernbeziehung
Man ist die Woche über alleine und unglücklich, dann fährt man sehr weit, um woanders mit dem Partner unglücklich zu sein. Dann fährt man wieder zurück.
Bigamie
Man ist mit zwei Partnern zusammen und mit beiden unglücklich, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Das findet man ein paar Minuten lang interessant, bis einem auffällt, dass es keinen großen Unterschied macht. Zwei Tanzkurse, dienstags und freitags. Mittwochs wirft man irgendwas gegen die Wand, was manchmal zerspringt.
Ménage-à-trois
Man liebt sich zu dritt und ist dabei sehr unglücklich, weil die anderen beiden den Tanzkurs ohne einen machen, obwohl sie behaupten, dass sie einen auch gefragt hätten, aber daran würde man sich ja wohl erinnern. Das Ganze riecht eher nach billiger Retourkutsche wegen des verunglückten Tandemurlaubs damals.
Außerdem unpraktisch: Auf Fertigkartoffelbreipackungen steht zwar, dass es angeblich drei Portionen sind, es reicht aber meistens nur für zwei.
Polyamorie
Man ist mit vielen Partnern auf unterschiedliche Weise zusammen und mit allen unglücklich, sodass man denkt, noch mehr Partner zu brauchen, weil man schließlich noch mehr Bedürfnisse hat, bis man irgendwann beschließt, dass man mal eine Zeit „nur für sich“ benötigt, um herauszufinden, „wer man wirklich ist“, und dann reist man alleine für eine Woche irgendwohin, um „in Ruhe über sich nachzudenken“, ist allerdings schon nach fünf Minuten damit fertig, weil man viel weniger komplex ist, als man dachte. Den Rest der Woche schaut man sehr unglücklich in Gewässer oder knapp daran vorbei.
Enthaltsamkeit
Man hat keinerlei Partner und keinerlei Sex und ist deshalb aus anderen Gründen unglücklich. Also klar, Tanzkurs. Immer Tanzkurs. Salsa, Tango, afrikanisch, alles. Hilft ja nix.
Narzissmus
Man liebt sich selbst und ist dabei unglücklich, weil man sich nie von hinten sieht, was einen misstrauisch macht, weil man nicht weiß, was man da anscheinend vor sich selbst verbirgt, auch wenn man sich versichert, dass es da nichts gebe, aber das Misstrauen verschwindet nie ganz, und man fängt an, heimlich seine eigenen SMS und Internetverläufe zu lesen, doch je weniger man findet, desto misstrauischer wird man, und desto verletzender wird das Misstrauen, bis man irgendwann beschließt, dass man etwas Besseres verdient hätte als sich selbst. Dann nickt man traurig und versichert sich, mit sich befreundet zu bleiben, auch wenn man weiß, dass das gelogen ist. Von Tanzkursen ist abzuraten. Es sieht albern aus, mit sich selbst zu tanzen.
Serieller Narzissmus
Man liebt sich selbst und ist dabei unglücklich, also verlässt man sich und trifft jemand Neues, mit dem man denkt, dass es nun endlich anders wird, aber dann stellt man fest, dass man es doch nur wieder selber ist, nur halt mit angeklebtem Schnurrbart, der einen sehr unglücklich macht. Bitte trotzdem keine Tanzkurse, siehe oben.
Zoophilie
Man liebt Tiere und ist dabei verständlicherweise sehr unglücklich. Die Tiere wahrscheinlich noch mehr. Ausnahme bilden Regenwürmer.
Botanophilie
Man liebt eine Pflanze. Man liebt sie sehr. Man will den Rest des Lebens mit ihr verbringen. Dann kommt der Winter und sie stirbt. Man ist sehr unglücklich.
Theophilie
Man liebt Gott und ist sehr unglücklich darüber, dass er nie zurückruft, oder wenn, dann immer nur symbolisch und das war am Anfang ja noch irgendwie romantisch, aber langsam will man mal ein klares Bekenntnis. Außerdem liebt Gott alle Menschen gleich, was eine tolle Eigenschaft ist, aber in einer Beziehung wünscht man sich halt doch irgendwie der special one zu sein, da kann man sich nicht helfen. Man meldet sich zum Tanzkurs an, und wer wieder nicht auftaucht, ist Gott. Oder halt nur symbolisch. Super.
Polytheophilie
Man liebt viele Götter. Auch die seltsamen mit Hämmern oder Rüsseln. Denn hey: Immerhin sind es Götter. Unglücklich ist man trotzdem, weil die meisten von ihnen beruflich sehr eingespannt sind. Außerdem verlangen viele davon andauernd Opfer und man hat beileibe schon genug geopfert im Leben für andere Beziehungen. (Ja, Claudia, fühl dich ruhig angesprochen.)
Nekrophilie
Man liebt Tote. Weil die einem in Ruhe zuhören und nicht ständig Tanzkurse machen wollen. Außerdem sind viele davon sehr gut angezogen. Allerdings sind sie halt tot, was einen etwas unglücklich macht.
Choreophilie
Man liebt Tanzkurse. Vielleicht liebt man sie etwas mehr als angemessen, aber das ist im Vergleich sehr okay. Alles ist ziemlich gut. Und ziemlich reicht meistens.
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