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Wer hier blutet, blutet richtig

 

Es gibt einen Ausweg aus unserem von technischem Luxus eingelullten Dasein. Marina Abramović, die in ihren Performances immerzu ihre Gesundheit riskiert, lebt ihn vor.

Die Forderung, der „wahre“ Künstler müsse bereit sein, für seine Kunst zu sterben, ist so romantisch und überzogen, dass keiner je so verrückt war, damit ernst zu machen. Naja, sagen wir fast keiner. Denn es gibt da eine Künstlerin, die mittlerweile über 40 Jahre für oder besser in ihren Werken rücksichtslos ihre Gesundheit aufs Spiel setzt. Die gebürtige Jugoslawin und Wahl-New-Yorkerin Marina Abramović. Sie lag in einem Ring aus Feuer, bis sie bewusstlos wurde, kämmte sich eine Stunde lang das Haar, wobei sie unentwegt den Satz „Art must be beautiful“ wiederholte, zuletzt nur mehr vor Schmerzen stöhnend und schreiend; sie rannte mehrmals nackt und mit voller Wucht gegen ihren Partner Ulay, den Deutschen Frank Uwe Laysiepen, und anschließend gegen eine Betonsäule; später ließ sie ihn mit Pfeil und Bogen auf ihr Herz zielen.

Diese wilden Zeiten liegen jedoch, genau wie die zwölfjährige Beziehung mit Ulay, lange hinter ihr. Weltberühmt wurde Abramović durch eine auf den ersten Blick weitaus unspektakulärere, wenn auch nicht weniger herausfordernde Aktion: 2010 saß sie im Museum for Modern Art neunzig Tage lang Besuchern gegenüber, regungslos und stumm, insgesamt 1.716 Stunden.

Bevor ich Marina Abramović in Brooklyn für ein Interview zu der 3Sat-Fernsehreihe Von Dada bis Gaga traf, die ich im Herbst drehte, hatte ich mir noch einmal die Dokumentation über die Ausnahmeperformance The Artist is present angesehen – und war in gleichem Maße fasziniert und berührt gewesen. War Performance-Kunst doch eine Kunst, mit der ich mich bis dahin kaum beschäftigt hatte. Das hatte vor allem praktische Gründe. Nicht nur kommt Performance-Kunst im Kulturbetrieb höchstens am Rande vor und macht Kunsthistorikern als kaum faßbare Disziplin zwischen Malerei, Tanz und Musik das Leben schwer; anders als alle anderen Künste ist Performance-Kunst eine Kunst, die man unbedingt live erleben muss; in ungleich größerem Ausmaß als bei Musik, Malerei oder Theater sind hier Fotos oder Videos lediglich halbwegs taugliche Dokumentationen eines einmaligen Moments. Denn die meisten klassischen Performances, von Beuys Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt über Chris Burdens Shoot, wo sich der Künstler in den Arm schießen lässt, bis zu Günter Brus Zerreißprobe, bei der es darum geht, die Grenzen des eigenen Körpers auszuloten, wurden nicht wiederholt. Von Anfang an waren sie darauf angelegt, bloß ein einziges Mal realisiert zu werden. Ihre Wirkung ist daher heute kaum noch erahnbar. Auf den verschwommenen Aufnahmen kamen sie mir oft genug ziemlich, Verzeihung, läppisch, manchmal aber auch faszinierend fremd, wie außerirdische Rituale vor, bei denen ich mir sehr wohl vorstellen konnte, dass sie für den Performer wie fürs Publikum eine erschütternde Wirkung haben mussten.

Je mehr ich mich in die noch recht junge Geschichte der Performance einarbeitete, desto paradoxer schien es mir, dass sie zwar als Kunstrichtung weiterhin eine Nischenexistenz führt, ihr gewaltiger Einfluss jedoch heute in nahezu allen Disziplinen unübersehbar ist. Lady Gaga trug 2010 ein aufsehenerregendes Kleid aus Fleisch, so wie es acht Jahre zuvor, nur wenig beachtet, der chinesische Performer Zhang Huan getan hatte; der Star-Designer Alexander McQueen schminkte seinen Models Riesenmünder nach Vorbild des Australiers Leigh Bowerys, dessen extravagante Outfits sich auch gut auf Haute-Couture-Schauen gemacht hätten; David Lynch zeigte in Industrial Symphony No. 1 1990, wie fließend bei ihm selbst der Übergang von Performance und Film ist; postdramatische Theatergruppen wie Gob Squad, She She Pop oder Rimini Protokoll lassen mittlerweile „echte“ Menschen in ihren Stücken auftreten, und der berüchtigte Rasiermesserschnitt von Rainald Goetz wirkt wie die Light-Version einer der grausigen Selbstverstümmelungen der Wiener Aktionisten. Und doch ist es am Ende vielleicht folgendes, was die Performance-Kunst so inspirierend und gerade heute so spannend erscheinen lässt: In einer Zeit, in der wir von Scheinrealitäten umstellt sind und uns, eingelullt von technischem Luxus, nach einer wirklichen Erfahrung sehnen, ist Performance die einzige Kunst, die die Grenzen zur Realität tatsächlich einreißt. Wer hier blutet, blutet wirklich. Alle Tränen hier sind echt. Der Performer, der in den allermeisten Fällen auch der Urheber seines Werkes ist, steht vor uns nicht nur als Künstler, sondern auch, gänzlich ungeschützt und daher meistens nackt: als Mensch.

Wie aber ist so ein Extremkünstler „als Mensch“ beziehungsweise privat? Nach all den eindrucksvoll krassen Beschreibungen der Aktionen Marina Abramovićs hatte ich, wenn ich ehrlich bin, eine Art Magierin erwartet. Ich meine, die Frau saß 170.000 Besuchern gegenüber und nicht wenige waren danach völlig aufgelöst und sprachen von einem unvergeßlichen Erlebnis. Als dann ihr SUV vor dem Interviewort in Brooklyn hält, steigt nach einer vielköpfigen Entourage eine zwar große und vollkommen in Schwarz gekleidete Frau aus – die sich aber, als sie mir nach zwei Stunden Maske gegenübersitzt, als überraschend locker und sogar extrem herzlich entpuppt. Ihr serbisches Englisch wirkt bestimmend und charmant zugleich. Seltsam berührt es höchstens, dass eine Künstlerin, die so viel Wert darauf legt, dass alles, was sie tut, auch „echt“ ist, mit ihren fast 70 Jahren derart unnatürlich jung aussieht.

Nach dem Interview checkt sie noch auf YouTube den Ausschnitt aus der The-Artist-is-present-Doku, der jenen ergreifenden Moment zeigt, in dem sich ihr plötzlich vor den Augen der erstaunten Zuschauer im MoMa Ulay, der Mann ihres Lebens, von dem sie sich im Streit getrennt hatte, nach zig Jahren Funkstille gegenübersetzt – und beide stumm zu weinen beginnen. Ein Moment, so kitschig und schön zugleich, dass man ihn nur der Wirklichkeit glaubt. „Two Million clicks“, sagt Abramović da, während sie lächelnd den Kopf schüttelt. „People are crazy.“

© Getty Images
© Getty Images

Thomas von Steinaecker: 2005 kam es zu einer kleinen Revolution in der Geschichte der Performance: In Seven Easy Pieces reenacteten Sie nicht nur eigene frühere Performances, sondern auch erstmals Klassiker von Joseph Beuys, Gina Pane und Vito Acconci. Warum dieser Querschnitt und warum zu diesem Zeitpunkt?

Marina Abramović: Ich hatte genug von der Einstellung mancher Leute. Junge Künstler kopierten einfach die Werke älterer Performancekünstler, und die bekamen dann keinerlei Anerkennung dafür. MTV kopierte sie, Filmemacher, der Tanz, die Mode, die Designer. Viele schauten sich was von den Bildern der Performancekunst ab, weil sie so schön und charismatisch sind. Und dann machten sie ihr eigens Ding daraus, in ihrer jeweiligen Disziplin. Und sie gaben nie ihre Quelle an. Ich empfand es also als meine persönliche Pflicht, in all dieses Durcheinander ein bisschen Ordnung zu bringen.

Von Steinaecker: Sie führten unter anderem auch Beuys’ Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt von 1965 auf. Das war sicher nicht ganz einfach … Beuys’ Witwe gilt ja nicht gerade als kooperativ.

Abramović: Es hat wirklich lange gedauert, bis ich die Erlaubnis dafür bekam. Zuerst ging ich zum Guggenheim-Museum, damit sie Beuys’ Witwe, Eva, kontaktierten. Und jedes Mal lehnte sie ab. Aber, wissen Sie, wenn jemand nein zu mir sagt, fang ich erst so richtig an. Also packte ich meinen Koffer und flog nach Düsseldorf. Es war Januar. Und ich erinnere mich daran, dass es kalt war und schneite, als ich bei ihr klingelte. Sie öffnete und blickte mich an, wie ich da völlig durchfroren vor ihr stand. Und dann sagte sie: „Frau Abramović, meine Antwort lautet immer noch nein, aber Sie können einen Kaffe haben.“ Und ich sagte: „In Ordnung, ich nehme Tee.“ Also gingen wir rein. Und fünf Stunden später hatte ich die Erlaubnis.

Von Steinaecker: Und der Hase, den Sie bei der Performance im Arm hielten, war echt, nehme ich an?

Abramović: Es gibt hier in den USA sehr strenge Tierschutzgesetze. Man kann nicht einfach einen Hasen töten und dann hierher bringen. Der Hase mußte eines natürlichen Todes gestorben sein. Was also geschah, war, dass ein Hase in Texas von einem Auto überfahren, eingefroren und dann nach New York geflogen wurde, wo ich meine Performance um zehn Uhr Vormittags begann. Ich hielt also diesen tiefgefrorenen Hasen im Arm. Die Performance dauerte sieben Stunden. Beuys’ Original war nur eine Stunde lang. Aber schließlich war es ja meine Interpretation. Was soll ich sagen: Nach einer Weile begann der Hase aufzutauen. Es war fast so, als erwachte er zum Leben. Ich glaube nicht, dass Beuys dieses Problem hatte.

Von Steinaecker: Kommen wir mal auf eine Ihrer berüchtigsten Performances zu sprechen, Rhythm 0 von 1974 …

Abramović: Die lief folgendermaßen ab: Ich stand in der Galerie, vollständig bekleidet. Und auf dem Tisch gab es ein Set aus 76 Gegenständen, manche, um Schmerz zuzufügen, manche um Freude zu bereiten. Außerdem eine geladene Pistole. Und ich sagte: „Okay, ich werde sechs Stunden hier sein. Machen Sie mit mir, was immer Sie wollen. Ich übernehme die volle Verantwortung. Auch für Mord.“

Von Steinaecker: Hatten Sie keine Angst?

Abramović: Natürlich hatte ich Angst. Wenn jemand eine geladene Pistole auf Sie richtet, ist das normal, denke ich. Jeder normale Mensch wäre in Panik geraten, so wie ich. Aber das Einzige, was mich interessiert, sind die Dinge, vor denen ich Angst habe. Und an denen ich meine Grenzen austesten kann. Wenn man etwas mag, hat man keinen Grund, etwas zu tun und man bleibt immer in seiner Komfort-Zone. Aber man muss seine Komfort-Zone verlassen. Und genau darum geht es in diesem Stück.

Von Steinaecker: Warum spielte Schmerz damals in den 1970ern so eine große Rolle für Sie?

Abramović: Interessant, dass Sie das fragen. Ich weiß nicht, warum, aber besonders in Deutschland ist man immer von meinen frühen Arbeiten fasziniert, weil sie mit Schmerz und Leid zu tun haben und auf den Fotos so dramatisch aussehen. Blut macht sich eben immer gut. Aber, wissen Sie, ich habe so viele Verwandlungen durchlebt. Hat man einmal die Grenzen des eigenen Körpers erfahren – und das habe ich, glauben Sie mir, einmal bin ich beinahe gestorben –, dann kann man das abhaken. Physischer Schmerz ist einfach zu kontrollieren. Emotionaler Schmerz nicht.

Von Steinaecker: Beides, körperlicher und emotionaler Schmerz, spielt ja dann auch eine große Rolle in Ihren Aktionen der 1980er. Sie arbeiteten damals mit Ihrem Lebensgefährten Ulay zusammen. Ein Stück, das auch auf Video extrem eindrucksvoll ist, ist “Rest Energy” von 1980. Ulay zielt aus direkter Entfernung mit dem Bogen auf Sie.

Abramović: Dieses Stück kann man nur machen, wenn man seinem Gegenüber komplett vertraut. Es war interessant, dass er den Pfeil sofort auf mein Herz richtete. Hätte ich das Gleichgewicht verloren und losgelassen, wäre ich tot gewesen. Aber ich vertraute ihm. Ich erinnere mich, als wir eine TV-Aufzeichnung machten, ich glaube, in München, und mich jemand fragte: „Aber warum zeigt der Pfeil auf ihr und nicht auf sein Herz?“ Und er hatte eine wunderbare Antwort. Er sagte: „Das stimmt. Es ist ihr Herz. Aber es ist auch meines. Wir wurden am selben Tag geboren.“ Es ist wahrscheinlich das kürzeste Stück, das wir je gemacht haben. Vier Minuten und zwanzig Sekunden lang. Aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit an.

Von Steinaecker: 1989 kam es dann zu Ihrer letzten gemeinsamen Aktion, The Lovers (The Great Wall Walk), nach der Sie sich voneinander trennten. Interessant ist, dass das eigentlich eher ein Film ist als eine Performance. Ulay und Sie wanderten vom jeweils anderen Ende der Chinesischen Mauer aufeinander zu. Über 2.000 Km, 90 Tage lang.

Abramović: Wir konnten das Publikum ja nicht nach China bringen. Als wir mit dem Stück begannen, war China eine verbotene Zone. Es hat sieben Jahre gedauert, um die Erlaubnis für die Performance zu bekommen, damit wir zwölf Provinzen durchqueren konnten, die für Fremde verboten waren. Wir mußten unzählige Einschränkungen über uns ergehen lassen und einen Berg an Papierkram erledigen. Damit will ich sagen: Es waren nur wir da. Also mußten wir das Publikum per Video teilhaben lassen.

Von Steinaecker: Besteht bei solchen Arbeiten nicht die Gefahr, dass Ihnen Trickserei vorgeworfen wird. Im Filmschnitt kann man ja vieles machen …

Abramović: Das ist eine interessante Frage. In den 1980er Jahren, die ich wirklich hasse, hörten viel Künstler auf, Performances zu machen und drehten stattdessen Videos. Und diese Videos waren einfach geloopt und immer so drei Minuten lang. In Endlosschlaufe. Das bedeutet, die Künstler machten diese Erfahrung weder physisch noch emotional. Ich hingegen bin bekannt dafür, dass das, was ich tue, auch wirklich mache. Zum Beispiel bei The Artist is present. Ich saß dort jeden Tag, 1.716 Stunden lang und jeder konnte mir dabei zuschauen. Aber man muss nicht die ganzen 1.716 Stunden gesehen haben, um es zu glauben. Man sieht eine Minute, und man kennt die ganze Geschichte.

Von Steinaecker: Sie erwähnten Ihre vielleicht bekannteste Performance, The Artist is present von 2010. Seitdem sind Sie so etwas wie ein Superstar. Was sind Ihre zukünftigen Projekte?

Abramović: Ich habe 512 Hours in der Serpentine Gallery gemacht, wo das Publikum nur eine weiße Wand sah. Es gab keine Gegenstände im Raum: 140000 Menschen! Gerade eben war ich in Australien: 32.000 Menschen in zwölf Tagen! 180.000 in São Paulo! Wissen Sie, wie viele Leute bei den frühen Performances anwesend waren, über die wir vorhin gesprochen haben? Sechs, zwanzig, manchmal dreißig. Waren es sechzig, waren das richtig viele. Ich bin also wirklich glücklich, wenn ich heute sehe, wie viele Leute zu mir kommen. Leute, die nicht aus der Kunstszene stammen, sondern von überall her. Kinder, fünfzehn Jahre alt, Menschen aus allen sozialen Schichten, egal, welcher Konfession, egal, aus welchem Land. Sie wollen etwas erfahren, das nur ihnen allein gehört.

Von Steinaecker: Sie wurden ja seitdem viel kritisiert: Sie machten eine Aktion für Adidas und wirkten in einem Video von Jay-Z mit. Außerdem übte sich Lady Gaga nackt in der sogenannten Abramović-Method, um Geld für Ihr Institut zu sammeln. Besteht da nicht die Gefahr, dass all diese etwas marktschreierischen Tätigkeiten auf Ihre sehr puristischen, sehr aufrichtigen Performances abfärben?

Abramović: Als ich sehr jung war, fühlte ich mich als schwarzes Schaf. Und ich fühle mich noch immer so, selbst bei all dem Erfolg. Mir ist es egal, was die Leute denken. Mir geht es darum, was ich persönlich für das Richtige halte. Und wenn ich etwas für Adidas mache und sie geben mir Geld für mein Institut – na und? Was ist falsch daran? In der Vergangenheit wurden die Künstler von Königen bezahlt, von Päpsten, von Adligen. Jetzt machen das eben die die Banken und die Unternehmen. Es ist ein und dasselbe. Das Wichtige ist, wofür man etwas macht. Und die Idee dahinter. Kritisieren Sie mich für meine Ideen!

Von Steinaecker: Aber besteht da nicht die Gefahr, dass die Grenzen verwischen? Manche Werbespots oder Videos von Lady Gaga könnten ja durchaus auch als Performance durchgehen …

Abramović: Nein! Der Zusammenhang, in dem man etwas tut, ist entscheidend. Ich sage immer, wenn man das beste Brot der Welt bäckt, so raffiniert wie ein Kunstwerk, dann bleibt man eben immer noch ein Bäcker. Aber wenn man dasselbe Brot im Museum ausstellt, ist man Joseph Beuys. Das Konzept macht den Unterschied. Lady Gagas Kontext ist Popmusik. Und meiner ist Performancekunst. Zwei unterschiedliche Bereiche also. Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht zusammenarbeiten können. Ich bin daran interessiert, Tabus zu brechen, unterschiedliche Disziplinen zusammenzuführen und mich von anderen Künstlern für meine Arbeit inspirieren zu lassen.

Von Steinaecker: Gut, dann be-

Abramović: Warten Sie, nach all diesen sehr ernsten Fragen will ich Ihnen noch einen Witz erzählen. Darf ich?

Von Steinaecker: Natürlich, ich meine …

Abramović: Also. Im ehemaligen Ostblock erhielt man zu Sowjetzeiten als bester Arbeiter in einem Unternehmen als Belohnung eine Uhr. Das größte Kompliment, das dir die Regierung machen kann: eine Uhr. Aber dieser Typ war so unglaublich gut, so brillant, dass die Regierung beschloss, etwas ganz Besonderes zu machen, etwas nie Dagewesenes: Sie schenkte ihm ein Auto. Man sagt also zu ihm: „Wir schenken Ihnen ein Auto. Wenn wir es heute bestellen, kommt es in zwanzig Jahren.“ Und der Typ denkt nach und sagt dann: „In Ordnung. Aber könnten Sie mir bitte sagen, ob es am Morgen oder am Abend eintrifft?“ Man antwortet ihm: „Was zum Teufel kümmert Sie das? Das ist in zwanzig Jahren!“ Und er: „Ich weiß. Aber ich habe da einen Termin mit dem Klempner.“ Ich liebe das! Zeit ist nichts!

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