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Die neuen Freunde des Offshore-Windstroms

„Friends of the Supergrid“ – das klingt doch mal nett, oder? Dass sich dahinter eines der größten Infrastrukturprojekte Europas verbergen wird, glaubt man kaum. Das Supergrid soll ein Verbund von Stromautobahnen in Europa sein: Offshore-Windstrom von der Nordsee soll genauso darüber transportiert werden wie Solarstrom aus Portugal. Anschauungsbedarf? Dieses kleine Video gibt einen ersten Überblick (wenn auch in Englisch):

Gestern präsentierten zehn Unternehmen in London erstmals ihre Pläne für das Supernetz, darunter der französische Atomgiganten Areva (der sich inzwischen auch für Solarkraftwerke interessiert), Siemens und Hochtief.

Was die Initiative genau vorhat, das allerdings bleibt noch unklar. In erster Linie klingt es danach, dass sich die Unternehmen einfach so früh wie möglich positionieren wollen: First come, first served. Und offenbar soll es ein äußerst exklusiver Kreis bleiben: Gerade einmal zwanzig Unternehmen sollen maximal mitmachen dürfen…

 

Ruhrpott will Stadt zur Öko-City umbauen

Keine Ruhe im Ruhrgebiet: Dieses Jahr enden ja die Feste als Kulturhauptstadt. Und ein Anschlussprojekt gibt es auch schon. Eine etwa 50.000 Einwohnerstadt im Ruhrgebiet soll zur Ökostadt umgebaut werden, so dpa:

„Das Ziel sind gut 50 Prozent CO2-Einsparung durch Wärmedämmung der Häuser, Optimierung der Industrie, Elektroautos, Windräder und Solaranlagen. (…) Geplant sei etwa das Durchsanieren des gesamten Gebäudebestandes nach Möglichkeit bis auf Passivhausniveau. Damit lasse sich schon erheblich CO2 sparen. 500 Elektro-Autos, Wärmepumpen, Kraft-Wärme-Kopplung, Klein-Windräder für Mietshäuser und Solaranlagen sollen für umweltfreundliche Energieerzeugung sorgen. (…)
Zugleich soll die Musterstadt auch baulich verschönert und etwa mit abgesenkten Bordsteinen für ältere Menschen zugänglicher werden.
Die Industrie hofft, einen Großteil der Kosten durch Verkauf des Know-hows an andere Städte und Export wieder herein zu bekommen.“

Wie teuer das Projekt wird, ist allerdings noch unklar. Das Land NRW hat bereits eine halbe Millionen Euro bereitgestellt – was allerdings wohl kaum ausreichen wird.

Das Besondere an dem Ruhrpott-Projekt ist: Erstmals wird eine Öko-Stadt nicht einfach auf dem Reissbrett entworfen, sondern bestehende Häuser sollen umgebaut werden. Das ist klasse. Denn die Herausforderung liegt ja gerade darin, die bestehenden Gebäude energieeffizienter zu machen, klimafreundlicher. Solche Erfahrungen sind viel wichtiger als Prestige-Projekte wie Masdar City in Abu Dhabi, die wenig damit zu tun haben, wie die Mehrheit der Menschen lebt.

 

Viel zu wenig Ökostrom-Projekte in Afrika

Dass Afrikas Potenzial für Ökostrom enorm ist, bezweifelt ja längst niemand mehr – erst recht nicht, seitdem Desertec sich anschickt, in Nordafrika Wind-und Solarenergie im großen Stil zu produzieren und nach Europa zu exportieren.

Doch bislang passiert auf diesem riesigen Kontinent kläglich wenig. Das zeigt eine neue Studie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), die analysiert, wieviele CDM-Projekte es inzwischen dort gibt. CDM steht für Clean Development Mechanism und ermöglicht Industrieländern, in Klimaschutzprojekte in ärmeren Ländern zu investieren, um ihre eigene CO2-Bilanz zu verbessern. Das können Windfarmen sein, aber auch Wiederaufforstungsprojeke oder Biogas-Anlagen auf Mülldeponien.

Von den 4890 CDM-Projekten, die es zurzeit weltweit gibt bzw. geplant werden befinden sich gerade einmal 122 in Afrika. Man findet sie in den üblichen Staaten, in Südafrika, Kenia und Uganda. Zu den vielen Staaten, die noch keines haben, gehört kaum überraschend u.a. Äquatorialguinea, eines der korruptesten Länder der Welt, das seine Milliarden mit Erdöl verdient.

UNEP-Chef Achim Steiner glaubt, dass es vor allem nationale Politiken sind, die ein Wachstum im grünen Bereich anstoßen. So hat Kenia seit kurzem eine Einspeisevergütung ähnlich dem deutschen Erneuerbaren-Energien-Gesetz. Das macht das Land inzwischen für Investoren aus dem Ausland attraktiv. Zurzeit plant Kenia am See Turkana Afrikas größte Windfarm, ein 300 Megawatt-Projekt, das mehr als ein Fünftel der Energieversorgung des Landes stemmen soll.

 

CO2-Emissionshandel in den USA vor´m Aus

Keine guten Nachrichten aus den USA. Glaubt man dem republikanischen Senator Lindsey Graham, dann wird es in den USA wohl keinen Emissionshandel geben. Der Politiker erklärte gestern: „Die Emissionshandelsgesetze im Repräsentantenhaus und im Senat sind tot. Das Konzept des Emissionshandels wird ersetzt.“

Graham kommt eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen über das stockende Klimaschutzgesetz zu. Er ist eine der wenigen Personen aus dem Lager der Republikaner, die das Gesetz bislang unterstützten. Seit Wochen arbeitet er  im Senat an der Seite des Demokraten John Kerry an einem Kompromissvorschlag.

Interessante Einschätzungen zur aktuellen Entwicklung finden sich auch im Blog von Arne Jungjohann.

 

Evonik plant größten Windstrom-Speicher der Welt

Die Mega-Batterie von Evonik (Copyright: Li-Tec Battery GmbH)

So sieht sie also aus, die Mega-Batterie, die Evonik heute vorgestellt hat. Das Unternehmen will damit in den Zukunftsmarkt Ökostrom-Speicher einsteigen. Die Speicherkapazität wird etwa 700 Kilowattstunden betragen können. Die Batterie soll etwa so groß wie ein Schiffscontainer werden. Nach Tests soll die Kapazität in wenigen Jahren auf etwa 10 Megawatt wachsen. Jede Anlage könnte so mehrere tausend Haushalte mit Strom versorgen. Ohne solche Mega-Speicher für schwankenden Solar-und Windstrom wird die Energiewende nicht klappen.

 

Warum die Golfstaaten nicht „grüner“ werden

Danyel Reiche hat jüngst in Energy Policy eine lesenswerte Analyse zur Klimaschutzpolitik der Golfstaaten veröffentlicht. Der Wissenschaftler, der an der American University of Beirut und am Wuppertal-Institut arbeitet, beschreibt, wie die sprudelnden Einnahmen aus den Ölverkäufen wirksame Klimaschutzpolitiken in der Golfregion verhindern.

Das Verhängnis sei die niedrige Steuerquote. Die Golfstaaten, die mit die höchsten CO2-Emissionen pro Kopf auf der Welt vorweisen, sind „rentier states“, wie es Reiche formuliert: Der Staat kassiert die Erlöse aus den Ölverkäufen und garantiert seinen Bürgern im Gegenzug freie medizinische Versorgung, Bildung, günstiges Wohnen und gut bezahlte öffentliche Jobs. Dieser Gesellschaftsvertrag zwischen Bürger und Staat basiert auf der Bedingung, dass die Bürger kaum Steuern zahlen und von niedrigen Energiekosten profitieren. Reiche zitiert  eine Recherche der GTZ, nach der die Bürger in vier von sechs Golfstaaten einen Benzinpreis zahlen, der sogar unter dem Weltmarktpreis liegt.

Doch Abgaben auf fossile Energien (zum Beispiel die Ökosteuer auf Benzin oder die Umlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes) sind ja gerade zentrale Instrumente von Klimaschutzpolitik.

„Höhere Steuern auf Benzin und Diesel würden diesen Gesellschaftsvertrag aufkündigen und die Regierungen zu mehr Interaktion mit ihren Bürgern zwingen. (…) Mit einer höheren Steuerlast könnten die Bevölkerungen auch mehr Mitspracherechte einfordern.“

So ist es kaum überraschend, dass bislang keines der Königshäuser eine konsistente Politik für erneuerbare Energien und Energieeffizienz in seinem Land vorweisen kann – egal, ob Bahrain, Kuwait, Saudi-Arabien, Oman, Katar oder die Vereinigten Emirate. Klar, es gibt Vorzeige-Projekte wie Masdar City in Abu Dhabi. Oder das Projekt Energy City in Katar. Oder die drei Windturbinen auf dem Bahrain World Trade Center. Aber bislang sind das nur prominente Einzelprojekte.

 

Willkommen in der Plastikwelt

Heute läuft in den deutschen Kinos der wirklich spannende Dokumentarfilm „Plastic Planet“ des Österreichers Werner Boote an.

Den Stil kennt man von Michael Moore oder Filmen wie „We feed the World“. Boote ist rund um die Welt gereist, hat in Shanghai das Recyceln von Plastikflaschen in dreckigen Hinterhöfen gedreht, bei Venedig über Chemieunfälle bei der Plastikproduktion recherchiert  und den riesigen Plastikstrudel im Pazifik gefilmt (wo es inzwischen mehr Plastik als Plankton geben soll).

Das Ergebnis ist ein Blick in eine Branche, die sich vor allem durch Geschäftsgeheimnisse auszeichnet. Schauen Sie sich einmal auf Ihrem Schreibtisch um: Glaubt man Boote, wird Ihnen niemand sagen können, aus welchen Chemikalien Ihr Telefongehäuse, Ihre Wasserflasche oder das Stromkabel genau entstanden sind – so gut hüten die Hersteller die Zusammensetzungen der Kunststoffprodukte. Blindes Vertrauen in Plastik, das ist die Bilanz von Boote. Auf jeden Fall sehenswert!

PS: In der ZEIT schreibt übrigens Burkhard Strassmann über PET-Flaschen als Baumaterial.

 

Das Schlupfloch der Solarstrom-Branche

Heute hat ja das Kabinett Grundzüge der zukünftigen Solarstrom-Förderung entschieden. Die Große schwarz-gelbe Koalition hat sich darauf verständigt, dass die Förderung erst im Juli und damit drei Monate später als ursprünglich vorgesehen gekürzt werden soll. Damit kann die Industrie noch auf einen Auftragsboom hoffen. Für Solaranlagen auf Dächern wird die Förderung um 16 Prozent gekürzt. Die Solarstrom-Sätze sollen ja reduziert werden, weil die Politik eine Überförderung befürchtet.

Glaubt man den Spezialisten des Solarstrom-Magazins Photon, sieht die Geschichte etwas anders. Denn die Koalition will ausdrücklich den Eigenverbrauch stärken – und das frisst die geplante Kürzung zum Teil wieder auf. Jeder Solaranlagenbesitzer, der Strom nicht ins öffentliche Netz einspeist, sondern selbst verbraucht, soll einen zusätzlichen Nutzen von acht Cent haben: Er kassiert zum einen eine Eigenverbrauchs-Vergütun (die zurzeit 22 Cent beträgt, aber bislang kaum genutzt wird) und muss zudem keinen Strom von außen mehr einkaufen.

Dank dieser neuen Eigenverbrauchsregelung werden Solaranlagen trotz offizieller Kürzungen attraktiv für Investoren – Photon rechnet auf jeden Fall mit einem starken Nachfrageplus. „Durch den Trojaner Eigenverbrauch wird die Kürzung der Förderung in vielen Fällen nur maximal neun Prozent betragen statt der ankündigten 16 Prozent“, sagt Photon Chefredakteurin Anne Kreutzmann.

 

Und wo landet Ihr Handy?

Die oberste Schublade meiner Kommode ist mein privater Handy-Schrottplatz: Dort liegen noch immer die alten Knochen aus den 90er Jahren und riesige Aufladegeräte.

Doch ich bin wohl kaum die Regel: Die Vereinten Nationen legten heute neue Zahlen zum Elektroschrott-Problem vor. Und die zeigen, dass die meisten Handys, Laptops und Drucker kaum in der Kommode oder auf dem Dachstuhl landen. Stattdessen werden sie einmal rund um die Erde verschifft, um in den Entwicklungsländern auseindergebaut zu werden. Denn die Rohstoffe wie Kupfer oder Zinn sind heiß begehrt.

Allein in Indien wird die Menge Elektroschrott in den kommenden zehn Jahren um rund 500 Prozent wachsen im Vergleich zum Jahr 2007. Gerade in Indien, China oder dem Senegal hat sich ein informeller Elektroschrott-Sektor etabliert. Allein der Senegal wird bis 2020 bis zu acht Mal so viele alte Computer importieren wie heute.

Das Problem ist: Umwelt und Gesundheit spielen in diesem Geschäft oft keine große Rolle mehr. Bekannt sind die Bilder von Kindern, die Festplatten über offenes Feuer halten, um an die Edelmetalle zu kommen. Hier ein aktuelles CNN-Video zur Situation in Indien, mit erschreckenden Bildern einer Elektroschrott-Deponie:

Die Vereinten Nationen plädieren nun für bessere und verbindlichere Standards beim Elekroschrott-Recycling. Dabei gibt es ja schon Standards, etwa das Basler Übereinkommen, das den Export von giftigen Materialien ins Ausland verbietet. Das Problem ist wohl eher, dass die Elektrschrott-Mafia offenbar immer wieder Wege findet, ihren kostbaren Müll zum billigen Recycling in Entwicklungsländer zu schmuggeln.

 

2,2 Billionen Dollar Umweltschäden durch Top-Konzerne

Trucost aus London ist eine wirklich spannende Firma. Die Mitarbeiter machen nichts anderes, als CO2-Emissionen, Umweltschäden und Energiemaßnahmen in eine für Manager verständliche Sprache zu übersetzen: in Dollar und Cent. In Zusammenarbeit mit dem Magazin Newsweek erstellt Trucost außerdem regelmäßig Listen zu den „grünsten Unternehmen“ in den USA.

Jetzt meldet der britische Guardian, dass Trucost im Sommer eine neue Studie, von der UN in Auftrag gegeben, veröffentlichen wird: Wie hoch sind die Schäden, welche die 3.000 größten Aktiengesellschaften weltweit verursachen? Dazu zählt Trucost etwa das Anheizen des Klimawandels und übermäßigen Wasserverbrauch. Wie gesagt: Es geht nur um die Folgen von Unternehmen, nicht um Privatleute oder Regierungen. Wer ein wenig den Artikel herunterscrollt, findet eine interessante Grafik über die geschätzen Schäden der einzelnen Geschäftsbereiche.

Das Ergebnis ist eine kaum vorstellbare Zahl: 2,2 Billionen US-Dollar, allein im Jahr 2008. Müssten die Konzerne für die Folgen ihrer Tätigkeit zahlen, würde sie das rund ein Drittel ihrer Gewinne im Durchschnitt kosten.

Wird diese Zahl irgendwelche Folgen haben? Die Trucost-Leute hoffen schon. Sie setzen auf die Angst der Unternehmen, dass Regierungen neue Steuern und Regulierungen einführen, um die externen Kosten zu internalisieren . „Die Kosten machen einen Großteil der Gewinne der Unternehmen aus“, sagt Trucost-Studienleiter Richard Mattison dem Guardian. „Ob die Unternehmen auch tatsächlich dafür zahlen müssen, wird von den Bestrebungen der Politik abhängig sein, das Verursacher-Prinzip konsequent durchzusetzen.“