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Bear’s Den

Das naturverbundene Trio aus London unternimmt einen Kurz-Promo-Trip auf das europäische Festland. Das Konzert im Knust ist ausverkauft.

Vollbärtige Leisetreter aus London: Bear’s Den haben sich nach einem Naturschutzgebiet im US-Bundesstaat Massachusetts benannt. Der Sound der drei jungen Engländer passt zu der im Bandnamen angedeuteten Naturverbundenheit. Zarter melodiöser Gesang, akustische Saiteninstrumente, Handclaps – nur ganz ab und zu (nicht erschrecken!) haut mal jemand auf die Trommel. Im letzten Jahr haben Bear’s Den ihr Debüt-Album namens Islands dem Band-eigenen Communion-Records-Label veröffentlicht. Jetzt steht ein Abstecher aufs europäische Festland an, auf dem das Werk promotet werden will. Der Kurztrip führt sie nach Köln und München, doch zunächst ins Hamburger Knust, wo die Fan-Meute sozusagen schon auf Einlass wartet und mit den Fingernägeln an der Tür kratzt. Mit anderen Worten: Das Konzert ist ausverkauft.

 

 

Kodaline

Vom Club via Castingshow in die Charts: Das junge Quartett aus Dublin präsentiert die Songs ihres neuen Albums „Coming Up For Air“ live im Mojo Club.

Sie sehen aus wie eine Boygroup, singen aber wie langhaarige Folkies aus den 1970ern. 2005 unter dem Namen 21 Demands gegründet, hat sich die Band aus Dublin zunächst in kleinen Clubs und einer Castingshow des irischen Fernsehens ihre Hörner abgestoßen. Einen ersten Erfolg brachte die Single Give Me A Minute, die die junge Gruppe zu Chartstürmern machte, obwohl noch nicht einmal ein Plattenvertrag vorlag. Mit dem Zugang des Bassisten Jason Boland formierte sich die aktuelle Besetzung. Damit ging auch die Umbenennung der Band in Kodaline einher. Seitdem scheint ihr Aufstieg kaum zu bremsen zu sein. Ihre 2012 veröffentlichte Single All I Want wurde gleich für zwei Serien (Grey’s Anatomy und The Vampire Diaries) verwendet. Und wer im letzten Jahr den Kassenschlager Fack ju Göthe im Kino gesehen hat, wird sich vielleicht noch an Kodalines Song High Hopes erinnern. Zurzeit sind die vier mit einem Song namens Honest aus dem Album Coming Up For Air in den Charts, den sie bei ihrem Gastspiel im Mojo Club sicher auch vortragen werden.

 

„Mogel“

Eine amüsante Idee gerät beinah außer Kontrolle: Der Hamburger Buchautor Nils Mohl liest aus seinem neuen Roman „Mogel“.

„Der Hamburger Schriftsteller Nils Mohl schreibt auf wunderbar dichte und sprachgewandte Weise von der Zeit der Jugend“, befand ein Redakteur von NDR Kultur. Mohl, 1971 geboren, lebt in Hamburg und schreibt Bücher (nicht nur) für Jugendliche. Sein 2011 erschienener Roman Es war einmal Indianerland war für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Mit Mogel hat Mohl im letzten Jahr sein neues Werk vorgelegt. Es handelt von einer Gruppe Jugendlicher, die während eines Bierpong-Abends im heimischen Partykeller auf eine lustige Idee kommt: Einer von ihnen verkleidet sich für den Rest der Nacht als Mädchen. So ziehen sie los in die Disco am Stadtrand, treffen dort Freunde und Bekannte. Die Geschichte nimmt ihren Lauf – und am Ende geraten die Folgen eines amüsanten Gags fast außer Kontrolle…

 

Beste Jukebox

Spacey Cocktail im Komet oder irdisches Bierchen in der Hasenschaukel? Zwei der besten Kiezkneipen laden zu einem Sonntagabendgetränk – ganz ohne DJ-Beschallung.

Hierhin oder dorthin? Spacey Cocktail im Komet oder doch lieber ein ganz irdisches Bierchen in der Hasenschaukel? Komplizierte Fragen an einem Sonntagabend… Man kann sich das Ganze aber auch einfacher gestalten, denn die beiden Kneipen liegen etwa drei Fußminuten voneinander entfernt (im volltrunkenen Zustand können es bis zu 13 Minuten werden…). Also, unser Vorschlag: Erst der Hasenschaukel einen Besuch abstatten und dort mal prüfen, wie das Barpersonal gerade drauf ist und welcher Sound aus den Boxen kommt. Ist es nett, bleibste sitzen, denn der Komet liegt um die Ecke und fliegt ja so schnell nicht weg. Willst Du lieber die Musikauswahl selbst beeinflussen (ohne das Barpersonal mit Deiner Mix-CD zu penetrieren), musst Du rüber in die Erichstraße. Dort befindet sich, laut Betreibern, die „beste Jukebox der Stadt“ – immerhin steht dort überhaupt noch ein Exemplar dieser fast vergessenen Erfindung. Ob Hasenschaukel oder Komet: keine DJs weit und breit – auch mal toll.

 

„Altman“

Meisterwerke und groteske Flops: Ron Manns Filmporträt über den US-Regisseur Robert Altman läuft am 22. Februar im Abaton.

In den 70ern war Robert Altman (1925–2006) Amerikas Antwort auf Federico Fellini – ein Autorenfilmer in Hollywood, der das Studiosystem mit seinen filmischen Höhenflügen immer wieder sprengte und auf das Geld der Produzenten doch angewiesen war. Aus diesem Widerspruch entstanden Meisterwerke wie The Long Goodbye (1973), eine wundervolle Raymond-Chandler-Modernisierung, der vielstimmige Country-&-Western-Reigen Nashville (1975) oder das gefeierte Episodenstück Short Cuts (1993). Aber eben auch groteske Flops wie Popeye – Der Seemann mit dem harten Schlag (1980). Der Kanadier Ron Mann, seit Comic Book Confidential und Twist ein ausgewiesener Kenner populärer Unterhaltung, hat mit Altman zu dessen 90. Geburtstag ein vielschichtiges Porträt geschaffen, das den Regisseur aus der Sicht Familienangehöriger zeigt, aber auch eine illustre Schar ehemaliger Mitarbeiter versammelt. Altman-„Regulars“ wie Elliott Gould und Lily Tomlin sind dabei, aber auch späte Bekannte wie der Regisseur und momentan führende „Americana“-Spezialist Paul Thomas Anderson, der Altman ganz besonders schätzte.

 

Literatur-Quickie

Fünf Autorinnen und Autoren lesen je 15 Minuten aus ihren Kurzgeschichten – ohne Slam, ohne Jury, ohne Gewinner und ohne Verlierer.

Die Reihe mit den Prosapralinen geht in die sage und schreibe 251. Runde. Nachdem der Leseclub in den letzten Jahren in Schanzenkneipe 439 und anderen Lokalen zu Hause war, hat der Literatur-Quickie nun im Winterhuder Café Das Loft eine vorerst feste Bleibe gefunden. Am 22. Februar ist es mal wieder so weit: Fünf Autorinnen und Autoren treten an, um das Publikum für je 15 Minuten in ihre Geschichte zu entführen. Mit dabei sind diesmal Katrin Seddig, die in Kürze ihren dritten Roman veröffentlicht, das Forum Hamburger Autoren-Mitglied Jonis Hartman, der 1987 im Südschwarzwald geborene Wahl-Berliner Valentin Moritz, der Kurzgeschichtenschreiber Kilian Winkelmann sowie Monika Mertens, die von Männern erzählt, die wie Spechte küssen. Ach, ja: Wegen der ganzen Slam-Poetry-Hysterie der letzten Jahre sei hier noch kurz erwähnt, dass es bei den Literatur-Quickies keine Publikumsjury und auch keinen Gewinner oder Verlierer gibt. So wie früher also…

 

„Myanmar“

Philipp Schmidt reiste durch das Land, das sich im Spannungsfeld zwischen Militärdiktatur, Spiritualität und westlicher Kultur befindet. Ausstellung im Karussell.

Das Karussell (halb Café, halb Bar) in Eimsbüttel ist ein Geheimtipp für kleine und sehr nette Events. Am 20. Februar feiert hier Philipp Schmidt die Vernissage seiner Fotografie-Ausstellung Myanmar. Er reiste 2013 durch das südostasiatische Land, das früher den Namen Burma trug und viele Jahrzehnte unter den Repressalien einer weltweit geächteten Militärdiktatur litt. Langsam öffnet sich Myanmar und die ersten Knospen der Demokratisierung blühen auf. Die Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ist eine der bekannten Persönlichkeiten, die diesen Prozess vorantreiben. Philipp Schmidts Fotos zeigen auf vielschichtige Art und Weise, wie das Land zwischen Tradition und Moderne, zwischen Repression und Freiheit schwangt. Das Leben der Menschen ist geprägt von 50 Jahren militärischer Regierung, dem spirituellen Erbe und der Kultur der Birmanen sowie dem Streben nach westlichen Werten und Industriegütern. Was für ein Spannungsfeld!

 

Nina Kraviz

Die DJane stammt aus der russischen Pampa und ging nach Moskau, um von hier aus die elektronische Musikwelt zu erobern – unter anderem das Uebel & Gefährlich.

Es gibt ein Video auf der Facebook-Seite von Nina Kraviz, da dreht sie gekonnt an den Reglern eines „Analog Modular Systems“ und nickt mit dem Beat. Das Gerät ist riesig und scheint aus einer weit zurückliegenden Zeit in die Gegenwart geholt worden zu sein. „Icelandic Modular Techno“ nennt die DJane die Klänge, die sie an der Maschine produziert. Die Frau hat ein Gefühl für coole Sounds. Nina Kraviz stammt aus Russland und lebt in Irkutsk, einer Stadt, die man auch mit der Transsibirischen Eisenbahn erreicht. Dort liegt nicht gerade der Nabel der elektronischen Tanzmusikwelt, schon klar. Deshalb ging sie Ende der 2000er nach Moskau und eroberte von dort mit Remixen, Koops und Produktionen alle großen Clubs der Welt. Am 20. Februar legt Nina Kraviz im Uebel & Gefährlich ihren House, Techno und Acid auf – Underground bis Pop.

 

Heldenmarkt

Bio-Food, Veganertum, faire Edelmetalle und „grüne“ Geldanlagen: Die Messe für nachhaltigen Konsum öffnet am 21. Februar um 10 Uhr ihre Pforten.

Neues Jahr, neue Vorsätze: Die einen wollen weniger Alkohol trinken oder sich bewusster ernähren, die anderen nachhaltiger shoppen oder endlich von Atom- zu Ökostrom wechseln … Viele gute Absichten, die erfahrungsgemäß bald im Alltagsstress verschütt gehen. Wer das vermeiden möchte, der könnte sich auf dem zweitägigen Heldenmarkt einen ordentlichen Motivationsschub in Richtung nachhaltigen Konsums abholen. Von fair produzierter Mode über Lebensmittel aus kontrolliert biologischem Anbau bis hin zu Schmuck aus ecofairen Edelmetallen und Anbietern nachhaltiger Geldanlagen – das Sortiment der grünen Aussteller ist bunt gemischt, mit dabei sind unter anderem das Modelabel Recolution, der Verleihladen Lifethek, die Upcycler vom Lockengelöt und der vegane Supermarkt Veganz. Begleitet wird die Messe von Workshops, Modenschauen, Kochshows, Ausstellungen und Fachvorträgen zu Themen wie fairer Elektronik und der Bedeutung von Bienen. Nach der Hamburger Premiere im letzten Jahr findet der Heldenmarkt dieses Mal im Cruise Center Altona statt – wo sonst Kreuzfahrtschiffe an- und ablegen, geht es ein Wochenende lang ausschließlich um nachhaltigen Konsum. Irgendwie skurril; oder ganz schön frech?

Text: Julia Braune

 

Eine Stunde Ruhe

Herbert Knaup will im St. Pauli Theater einfach nur Musik hören – und wird auf amüsante Weise davon abgehalten. Das Stück läuft am 21. Februar zum letzten Mal.

Me, Myself and I heißt eine Jazzplatte und sie verspricht Michel den Himmel auf Erden: Eine Stunde Zeit nur für sich allein mit seiner Lieblingsmusik. Er ist überglücklich, als er den Flohmarktfund mit nach Hause bringt. Aber wie so oft entschwindet das Glück, sobald man danach greift. Immer wenn Michel die Scheibe auflegen will, klingelt es, klopft es oder seine Frau ruft aus dem Nebenzimmer. Das kann einen in den Wahnsinn treiben! Es ist schon sehr komisch, Herbert Knaup als Michel dabei zu beobachten, wie er immer verzweifelter wird. Eigentlich ganz schön gemein, denn die Farce aus der Feder des jungen, in Paris lebenden Autors Florian Zeller ist so angelegt, dass jede Störung Michel nicht nur vom Musikhören abhält, sondern sein gutbürgerliches Leben innerhalb eines Tages langsam, aber sicher demontiert. Das Stück ist bestens konstruiert. Nach jedem Klingeln fragt der Zuschauer sich gespannt: Wer steht denn jetzt wieder vor der Tür und welche weitere Katastrophe hat er mitgebracht? Seine Frau Laurence, seine Geliebte Alice, sein bester Freund Paul, sein Sohn Sébastien, ein portugiesischer Klempner, der sich als Pole ausgibt und Pavel, sein Nachbar – sie alle machen Michels Lage noch etwas schlimmer. Und dennoch, am Ende bekommt er das, was er den ganzen Tag lang schon wollte: Er ist allein. Seine Platte kann er deswegen trotzdem nicht hören. Warum, wird nicht verraten.

Text: Katharina Manzke