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Alles auf Angriff

Politische Propaganda aus der ganzen Welt und private Zeugnisse von Hamburgern: Führung durch die Schau „Krieg und Propaganda 14/18“.

Der Erste Weltkrieg war die Geburt der Massenpropaganda. Und ihre Instrumente sind bis heute aktuell: Plakate, Flyer, Filme, dazu starke Bilder und treffgenaue Slogans. Eine ganze Etage hat man im Museum für Kunst und Gewerbe ausgeräumt. 1.000 Quadratmeter mit Wänden, die in tiefes Rot getaucht sind, mit Film-Installationen, Plakaten, Fotografien, persönlichen Erinnerungsstücken – und der Statue des Eisernen Heinrichs, der einen am Treppenaufgang empfängt. Im Juli 1915 wurde er auf dem Altonaer Bahnhofsvorplatz aufgebaut, ein 2,60 m großer Hüne aus Holz und einst ein äußerst wirksames Instrument, die Bewohner zu Kriegsspenden zu animieren. Ab 2 Mark konnte man einen Nagel einschlagen, für deutlich größere Beträge wurde man mit einem goldenen Exemplar oder gar mit einer Tafel verewigt und schnell wurde der Isern Hinnerk Gesprächsthema in der ganzen Stadt. Hast du schon? Wer hat? In der Führung durch die Schau Krieg und Propaganda 14/18 geht es nicht nur um die Mechanismen der Propaganda, sondern auch um die persönlichen Erinnerungen von Hamburgern an diese Zeit. Die Führung ist kostenlos, eine Anmeldung nicht nötig. Die Ausstellung läuft noch bis zum 2. November.

Text: Sabine Danek

 

Open-Air-Kino

Vom 7. bis zum 17. August zeigt das Metropolis Kino Filmklassiker und neue Kinoperlen beim Freiluftkino auf dem Rathausmarkt.

Im August steigt auch das Metropolis-Kino ins Open-Air-Geschäft ein und stellt auf dem Rathausmarkt wieder für einige Tage eine große Leinwand auf. Während sich die anderen Freiluftlichtspiele der Stadt in ihrem Programm zumeist auf Hamburgensien, Jahreshighlights und den ein oder anderen Evergreen eingeschossen haben, geht es vorm Rathaus ein wenig geschmäcklerischer zu. Filmklassiker wie Über den Dächern von Nizza (8. August), Misfits (10. August), Moderne Zeiten (13. August) wechseln sich mit jüngeren Kinoperlen wie Winter’s Bone (mit Hunger Games-Star Jennifer Lawrence, 12. August) oder der kreischkomischen Mockumentary Fraktus der Studio-Braun-Macher Strunk, Palminger und Schamoni ab (7. August). Auch der Klassiker des Superheldenfilms schlechthin, Richard Donners Superman von 1978, darf zum Flug ansetzen (14. August). Zudem wird vor jedem Spielfilm ein Kurzfilm gezeigt. Das Freiluftkino am Rathausmarkt ist wie jedes Jahr kostenlos.

Text: Michael Weiland

 

 

Kunstlift

Er fährt wieder: Bei der 33. Liftfahrt werden Bilder des spanischen Fotokünstlers Ferran Petit zu sehen sein – inklusive Ateliergespräch, Performance oder Abendessen.

Eine kreative Pause hat die Agentur für Identität e. V. mit ihrem Kunstlift eingelegt. Jetzt ist er wieder da und fährt erneut Kunst und Besucher durch das Haus an der Stresemannstraße 100. Im Blick hat man dabei die Arbeiten des spanischen Fotokünstlers Ferran Petit, der zwei sehr unterschiedliche Frauen durch ihren Alltag begleitet hat. Dazu wird es auch bei der 33. Liftfahrt ein Ateliergespräch geben, eine Führung oder ein inszeniertes Essen, zu dem durchaus auch mal eine Performance stattfinden kann. Verändert hat sich aber auch etwas. Bei aktuellen Kunstlift-Fahrten hat jeder, der ausstellt, die Möglichkeit das zwei Mal zu tun und verschiedene Arbeiten und Ansätze zu zeigen. Zwei Mal wird der Kunstlift in diesem Jahr fahren und 2015 wird er gleich zwölf Mal in Sachen Kunst unterwegs sein.

Text: Sabine Danek

 

Dam-Funk

Im Rahmen des „Internationalen Sommerfestivals“ gastiert der kalifornische Funkmaster mit Live-Band in der Kampnagel Music Hall.

Hinter dem Pseudonym Dam-Funk verbirgt sich der Kalifornier Damon G. Riddick. In der Musikszene von Los Angeles gilt der Mann als wichtiger Impulsgeber und Beatbastler. Er hat bereits mit Animal Collective, Flying Lotus, Warren G, James Pants und Erykah Badu zusammengearbeitet. Aus einer Kooperation mit Snoopzilla alias Snoop Lion alias Snoop Dogg ist ein Album unter dem Namen 7 Days of Funk entstanden. Und wenn’s gerade mal nichts zu produzieren gibt, veranstaltet er fette Funk-Parties in L.A. Als Musiker steht er für einen Funk-Sound zwischen George Clintons Parliament beziehungsweise Funkadelic und Prince, in dem auch Elemente aus Soul, Disco und Hip-Hop Platz finden. Sein Auftritt im Rahmen des Internationalen Sommerfestivals auf Kampnagel wird mit Spannung erwartet. Ob Dam-Funk und seine Crew die Kampnagel Music Hall in einen fiebernden Funk-Schuppen zu verwandeln wissen, wird sich zeigen.

 

 

Kiez kulinarisch

Unter fachkundiger Leitung des Indochine-Chefkochs Sven Langanke wird der Hamburger Kiez nach kulinarischen Highlights durchforstet.

Nach dem Kochbuch Kiezküche St. Pauli – You’ll never cook alone (bei mpeyer communications, 29,90 Euro) startete das Team um Indochine-Chefkoch Sven Langanke am 31. Juli die erste kulinarische Tour durch das Viertel. Jetzt folgt der Nachschlag. Am 7. August wird, unter fachkundiger Leitung, der Kiez auf der Suche nach kulinarischen Höhepunkten durchforstet. Die rund zweistündige Route führt zu den besten Anlaufstationen für Deftiges, Süßes oder Hochprozentiges zwischen Hafen und Schanze. Vor allem in den versteckten Ecken abseits der Reeperbahn dürfte es so manche Adresse geben, die nur Eingeweihten bekannt ist und auf ihre Entdeckung warten. Gesunder Appetit und eine ordentliche Portion Neugier sind mitzubringen. Der ganze Spaß kostet 29 Euro pro Person. Der nächste kulinarische Kiez-Rundgang ist für den 11. September vorgesehen. Anmeldungen bitte unter kiezkueche@mpeyer.com.

 

 

Lokal total!

Andreas Dorau, Goldene Zitronen, Boy Division: Lokale Musiker geben sich ein Stelldichein auf dem Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel.

Entgegen dem Namen treten beim Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel natürlich nicht nur internationale Künstler auf. Nein, das Publikum darf sich zwischen dem 6. und 24. August auch auf unzählige Musiker aus den eigenen Reihen freuen. Als da wäre zum Beispiel einer der berühmtesten Söhne der Stadt, Andreas Dorau, der am 15.8. mit seinem aktuellen Album, Aus der Bibliothèque, in die Jarrestraße kommt. Auch Jan Plewka und Tom Stromberg (6.8 bis 9.8.) sind in diesem Jahr wieder mit dabei. Gemeinsam geben sie mit Leo Schmidthals (Selig) Songs über Höhenflüge und Abstürze von Heinz Erhardt bis Dead Kennedys zum Besten. Ohhha. Die Idee dafür hätte eigentlich auch von Jacques Palminger kommen können. Stattdessen trommelt der lieber sein 440 HZ Trio für ein bisschen Jazz und Lyrik am 20.8 zusammen, gefolgt von der Jazz-Core-Punk-Wave-Combo Helgoland (21.8). Und dann wären da auch noch Boy Division (22.8 und 23.8), die Goldenen Zitronen (23.8) und, und, und… Da gilt es einiges abzuarbeiten!

Text: Jan Kahl

 

Agent Orange / D.O.A.

Wegweisende Altpunks aus Kalifornien und Kanada beehren gemeinsam den Hafenklang. Achtung: D.O.A. spielen rein akustisch.

Zwei stilprägende Punk-Legenden in action: Agent Orange haben sich nach dem chemischen Entlaubungsmittel genannt, das die US-Army im Vietnamkrieg (mit verheerenden Folgen) eingesetzt haben, um die Verstecke der “Vietcong“-Guerilla zu zerstören und deren Nahrungsversorgung zu stören. Die kalifornische Band gründete sich 1979 und gilt – mit ihren Elementen aus Surf Music und Heavy Metal – als einer der Wegbereiter des Orange County Hardcore. Auch D.O.A. haben deutliche Spuren in der Musikgeschichte hinterlassen. Seit 1978 am Start, wäre die Entwicklung des kanadischen Punk ohne die Gruppe um Joey Shithead Keithley mit Sicherheit anders verlaufen. Heute ist Mr. Shithead das einzige noch verbliebene Gründungsmitglied von D.O.A. Angeblich hat auch er so langsam die Schnauze voll vom Punkrock und möchte sich demnächst der Politik widmen. Keine schlechte Idee, aber vorher schauen wir ihm noch mal beim Mucken zu. Bizarr: D.O.A. sollen diesmal mit einem Akustik-Set, inklusive Akkordeon (!), zu sehen sein.

 

 

 

Jung mit’n Tüdelband

Ein Werkinterview erinnert an den im Dezember 2013 im Alter von 64 Jahren verstorbenen Hamburger Filmemacher Jens Huckeriede.

Ein Erinnerungsforscher ist der Filmemacher Jens Huckeriede gewesen. In seinen Arbeiten über den jüdischen Friedhof in Ottensen, das ehemalige jüdische Volksheim in der Wohlers Allee, das Konzentrationslager Neuengamme und die Villa Guggenheim an der Rothenbaumchaussee verknüpfte er die historischen Orte stets mit lebendigen Erfahrungen – am beeindruckendsten gelang ihm dies im Jahr 2003 mit Return of the Tüdelband, seiner musikalischen Recherche über die jüdischen Schlachtersöhne Ludwig (1867–1955), Leopold (1869–1926) und James Isaac (1870–1943), die aufgrund des zunehmenden Antisemitismus dazu übergingen, sich Gebrüder Wolf zu nennen. Die Erinnerung an den im Dezember verstorbenen Filmemacher hat die Tide-Mitarbeiterin Ann Kimminich in einem Werkinterview festgehalten, das im August seine Kino-Erstaufführung erlebt.

 

Jeffrey Lewis

Besuch aus New Yorks Anti-Folk-Szene: Der Singer/Songwriter und Comic-Zeichner Jeffrey Lewis gastiert mit seiner Band The Jrams im Kleinen Donner am Schulterblatt.

Jeffrey Lewis stammt aus der New Yorker Anti-Folk-Szene um Acts wie Regina Spektor und die Moldy Peaches, die Anfang der 2000er Jahre mal kurz für Aufsehen sorgte. Und das eigentlich auch nur, weil die deutlich aufgeräumteren Strokes mit der ironisch-verrumpelten Bagage verkumpelt waren, und man ja nicht immer nur über Julian Casablancas schreiben konnte. Lewis hält wacker die Stellung, mit brüchiger Stimme und einfachen Akkorden erzählt er seine trockenhumorigen Geschichten mit popkulturellen Abschweifungen, manchmal unter Zuhilfenahme von selbstgemaltem Bildmaterial. Weil man in New York ja irgendwie über die Runden kommen muss, ist der Mann nämlich auch noch Comic-Zeichner. Ein recht brillanter sogar: Seine illustrierten Abhandlungen über Punk oder Kommunismus führt er gerne live am Flipboard vor. Endlich mal ein Konzert, bei dem man wieder gerne in der ersten Reihe steht.

Text: Michael Weiland

 

 

Spamalot

Zeitloser Unfug, übermütiger Quatsch und „Deine Mudder“-Witze aus den Siebzigern: Das Monty-Python-Musical in Hamburg.

Hat Humor ein Verfallsdatum? Nun, jemandem an den Kopf zu werfen, der Witz sei alt, ist jedenfalls meistens so gemeint. Und dann gibt es Scherze, die Jahrzehnte unbeschadet überdauern, wie Dauerwurst oder Konserven. Womit wir bei Monty Pythons Spamalot wären, das einen Dosenfleischklassiker im verballhornten Namen trägt – und dessen Komik eine ähnliche Haltbarkeit demonstriert. Eric Idle, einer der Pythons, schrieb das Buch zu dem Musical, das sich großzügig bei der Handlung ihres Films Die Ritter der Kokosnuss bedient, mit Ausflügen in Das Leben des Brian und andere Arbeiten der britischen Comedytruppe. Wie aus der Komödie von 1975 bekannt, begibt sich König Arthur darin auf die Suche nach dem Heiligen Gral, in einer weder historisch noch mythologisch besonders akkuraten Aufarbeitung – aber einer sehr lustigen. Der Schauspieler und Autor Daniel Große Boymann hat das Musical, das erstmals 2005 am Broadway lief und nun im St. Pauli Theater aufgeführt wird, neu übersetzt. Dabei hat sich der erklärte Python-Fan nah an den englischen Text gehalten und die geschmähte deutsche Synchronisation ignoriert – auch wenn die mittlerweile selbst ein bisschen kultig ist.

Text: Michael Weiland