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Bukowski Reloaded

Streitlustiger Trinker, Drifter und Erzähler: Die Markthalle zeigt die vollständige Originalfassung der legendären Hamburger Bukowski-Lesung von 1978.

„Nur Arschlöcher reden über Literatur.“ Man könnte Bände damit füllen, wer in den Augen von Charles Bukowski alles ein Arschloch ist. Es gibt trotzdem keinen Grund sich schlecht zu fühlen, wenn man am Ende dieses Abends darüber spricht, was man gerade zu Hören bekam. Denn seine Lesung in der Hamburger Markthalle im Jahr 1978 hat zwar in den vergangenen Jahrzehnten legendäre Züge angenommen, aber wer nicht dabei war, konnte auch nie so richtig mitreden, denn es gab keine vollständigen Mitschnitte, die veröffentlicht wurden – bis jetzt. Die Charles-Bukowski-Gesellschaft zeigt in einer Weltpremiere die ungekürzte Originalfassung der gesamten Show, in der sich Bukowski, von seinen Hamburger Fans frenetisch gefeiert, rauchend und trinkend durch einen großartigen Abend raunt.

Für alle, die sich die komplette Bukowski-Packung geben wollen, fängt der Tag schon um 13 Uhr an. Dann findet – ebenfalls in der Markthalle – ein Symposium statt, bei dem drei führende Bukowski-Experten neue Einblicke in das Werk dieses streitlustigen und ungemein produktiven Trinkers, Drifters und Erzählers geben. Der Eintritt dazu ist frei.

Text: Nik Antoniadis

 

Taste. Fest der Künste

Das durch Crowdfunding finanzierte Festival verwandelt den Kolbenhof übers Wochenende in einen Spielplatz für Design, Kunst, Musik und Kulinarik.

Arschkriecher mag keiner leiden. Beim Taste-Festival kann es allerdings passieren, dass man selbst zu einem wird. Denn in den Hallen des Kolbenhofs zeigt der Hamburger Künstler Klaus Friese nicht nur seine Fotografien, die den Hintern in den Mittelpunkt rücken, sondern stellt auch eine „Arschbox“ auf, in der man seinen eigenen Hintern fotografieren kann. Frieses Objektkunst wird aber nicht das einzige erleb- und begehbare Element beim Fest der Künste sein. Sandra Fröde und Annemarie Falkenhain, die beiden Initiatorinnen der erstmaligen Veranstaltung, wollen eine Art „genreübergreifenden Spielplatz“ über zwei Etagen installieren. Statt sterilem White-Cube-Konzept und klarer inhaltlicher Richtung bietet das zweitägige Festival eine wilde Mischung aus Produktdesign, Fotografie, Bildender Kunst, Mode, Malerei und Kochkunst. Die Besucher sollen Teil der Ausstellungsfläche werden, anfassen, mitmachen, sich austauschen. Und die lateinamerikanischen Snacks von den Salt & Silver-Jungs probieren, sich in die handgemachten Taschen von Ohzel aus recycelten Lederjacken verlieben, ein Gemälde von Sophie Langhorst erstehen oder erfahren, wie um Himmels willen Florian Schreyer auf die Idee zu seinen beliebig verlängerbaren Penis-Bildern gekommen ist. Dazu gibt’s in garantiert ungezwungener Atmosphäre genügend zu trinken und Livemusik.

Text: Julia Braune

 

Katermukke After-Show

Für Tanzmäuse und Landratten: Wer es nicht aufs Partyboot geschafft hat, kann beim Landgang im Docks immer noch die Nacht zum Tag machen.

Nachdem die Partyjünger zusammen mit Katermukke-Labelboss Dirty Doering ordentlich das Boot gerockt haben, öffnet das Docks seine Türen für die After-Show-Party. Mit dabei sind die Katerhelden Nico Stojan und Miyagi, das Maskottchen des Weird-Festivals Mikah und ein Special Guest als Überraschung. Ob es sich dabei wohl um die Hamburger Jungs von DirrtyDishes handelt? Wir werden es erleben … Sicher ist, dass hier die richtigen Beats aufgelegt werden, um die Nacht zum Tag zu machen. Wer das Glück hatte, noch eins der heiß begehrten Tickets für das Beat-Boot zu ergattern, zahlt für die After-Show-Party nur noch den halben Eintritt. Frei nach dem Motto Stay weird wird standesgemäß abgefeiert.

Text: Kathrin Schwatlo

 

MS Artville Manifest

Blütezeit der Kunststadt: Das Festival auf der Elbinsel zieht alle Register, um es zum krönenden Abschluss noch einmal richtig krachen zu lassen.

Beim Manifest zeigt das MS Artville sein wahres Gesicht. Als Höhepunkt des Festivals präsentiert sich hier das wachsende künstliche Stadtgebilde in seiner vorläufigen Blüte. Grund zum Feiern ist das allemal, und dafür haben sich eine ganze Reihe namhafter Garanten für hochwertige und hochprozentige Partys angekündigt. Jim Avignon aka Neoangin wird einen Auftritt hinlegen. Seine Shows, die Happenings zwischen Performance, Animationsdisco, DIY und Kunst sind, sollte man sich keinesfalls entgehen lassen. Außerdem dabei: King Rocko Schamoni & Tex M. Strzoda, Akaak, Martin Moritz und The Hairy Cowboy alias Sutsche, die Allah-Las, Mammút, Mint Mind und, und, und. Auf nach Wilhelmsburg, um sich mitreißen zu lassen!

 

Insel-Lichtspiele

In der Open-Air-Filmreihe auf der Veddel stehen alle Zeichen auf Punk: Highlight des Abends ist die Kultdokumentation „Punk in London“ von 1977.

Kino ohne Musik geht nicht! Da braucht man nur mal den Ton vom Lieblingsliebesfilm ausdrehen – und schon wirkt das ganze Drama nur noch albern. Das diesjährige Open-Air-Programm der Insel-Lichtspiele hat sich deshalb das Motto „Hauptsache Musik“ gegeben. Auf einem verwunschenen Gelände nahe dem S-Bahnhof Veddel und der BallinStadt zeigt der Verein Filme wie Berlin Calling (20.8.) oder Sound of Noise (23.8.). Am Samstag sind hier alle Sender auf Punkrock eingestellt: Als Warm-up laufen Videoclips aus verschiedenen Punk-Dekaden. Danach gibt es von Johnny Huhn, einem Wilhelmsburger One-Man-One-Guitar-Punkmassaker, was auf die Ohren, und ab 21.30 Uhr flimmert ein echter filmischer Leckerbissen über die Leinwand: Punk in London von Wolfgang Büld, der 1977 die große Punkrock-Explosion in England dokumentiert, eine Bestandsaufnahme der Szene mit zahlreichen Konzertmitschnitten und Interviews mit den Protagonisten der ersten Stunde, von The Clash über X-Ray Spex, The Lurkers und The Adverts bis zu Wayne County & The Electric Chairs und Miles Copeland. Hey Ho, Let’s Go!

 

Tropeninstitut feiert Fidel Castro

Zu Ehren des Ex-Präsidenten Kubas tischt das Tropeninstitut auf der „Hedi“ alles auf, was die afro-latino-karibische Musikszene zu bieten hat.

Unser Hafen ist berüchtigt: Tolle Aussicht, tolle Sonnenuntergänge, tolle Industrieromantik und tolle Partyschiffe. Davon hat auch Fidel Castro mitbekommen und deshalb feiert er hier am Freitag seinen Geburtstag. Okay, das stimmt so nicht, aber immerhin könnt ihr dafür seinen 89. Ehrentag auf der Frau Hedi feiern. DJ Basso Profundo, Don Diego „El Molestoso“ und Harm „El Superfino“ vom Tropeninstitut spielen zu Ehren des ehemaligen kubanischen Staatsoberhauptes alles, was Lateinamerika musikalisch zu bieten hat. Die Bandbreite auf den Plattentellern reicht von Cumbia und Son, Bigband-Mambo der Fünfiziger, New Yorker Hardcore-Salsa der Siebziger und elektronisch geschraubter Laptop-Dub und Breakbeat. Von Kuba über die West Indies nach Westafrika und im Sternenflug zurück in die Karibik lässt dieser Abend kein Tanzbein ungeschwungen. Fidel wird die Lebensfreude bis nach Kuba spüren!

Text: Andra Wöllert

 

Girl From Zorch

Nicht nur die Einrichtung der Hasenschaukel ist wunderbar freakig, sondern auch die Musik vom Girl From Zorch am Freitagabend.

Wer sein musikalisches Programm mit „Tarantinotrash“ ankündigt, schürt nicht nur große undefinierbare Erwartungen, derjenige darf sich auch unserer Aufmerksamkeit sicher sein. Immerhin gehören die irrsinnig eklektischen Nerd-Soundtracks vom unangefochtenen Exploitation-König der Gegenwart, Quentin Tarantino, zum Besten, was in der Schnittmenge von Musik und Film je passiert ist. Kopfkino ist also gewiss in dieser Nacht in der Hasenschaukel, die das Girl From Zorch mit Deep Cuts aus Postpunk, Wave und ehrlichem Indie anreichert. Bewiesen hat das Fräulein From Zorch ihre Kopfkinotauglichkeit schließlich schon des Öfteren in der rosagrünen Lokalität, die einen allein mit dem liebevoll freakigen Interieur in eine andere Welt katapultiert. Lasst euch entführen!

Text: Friedrich Reip

 

„ThuleTuvalu“

Grönland und der Pazifik haben wenig gemeinsam, außer dass sie extrem unter dem Klimawandel leiden. Der filmische Beweis läuft im Abaton.

Auch wenn sich diese beiden Schauplätze auf der Erdkugel nicht strikt diametral gegenüberliegen, wird man Thule und Tuvalu Antipoden nennen dürfen. Hier die im Norden Grönlands gelegene Ortschaft und dort der Inselstaat im Pazifischen Ozean.
Und doch, bei allen Differenzen haben die beiden Orte etwas gemein: Stärker als anderswo macht sich bei ihnen der Klimawandel bemerkbar. Während im Norden die Gletscher schmelzen und die Eisgrenze sich deutlich nach Süden verschiebt, steigt im Pazifik der Wasserpegel. Welche Folgen das für die Menschen hat, die dort leben, zeigt der Schweizer Regisseur Matthias von Gunten in beeindruckenden Bildern.
In Thule sind es zwei Jäger und ihre Familien, die im Zentrum stehen, auf Tuvalu ein Vater und ein Pflanzer, die, wie ihre Nachbarn, für sich und ihre Kinder in dem bedrohten Atoll keine Zukunft mehr sehen. Im Norden werden die Jagdgründe immer kleiner, im Süden die Anpflanzungen immer öfter vom Salzwasser überschwemmt.

ThuleTuvalu zeigt die Besonderheiten uns fremder Lebensformen – etwas, wofür einst das Kino erfunden wurde. Engagiert setzt sich der Film dafür ein, dass es das auch in Zukunft tun kann. Doch die Chancen dafür sind wohl gering. Zu Gast im Abaton sind der Klimaforscher Dr. Hartmut Graßl, Dr. Freja Vamborg (Max-Planck-Institut für Meteorologie) und Regisseur von Gunten.

Text: Jörg Schöning

 

DJ Vito & Friends

Hip-Hop verbindet, und dieser DJ kennt sie alle – und lädt deshalb die Deutschrap-Riege zu seinem Sommerfest der Freundschaft ins Knust.

Was braucht es mehr, als gute Musik und genauso gute Freunde für einen gelungenen Abend? Definitiv nichts und beides sei euch garantiert bei DJ Vito & Friends im Knust am Freitag. Der Schützling von Samy Deluxe hat sich in der Szene einen Namen gemacht, produziert für und mit dem Who-is-Who des Deutschraps und bleibt dennoch bescheiden: „Ich habe meinem Mentor viel zu verdanken und bin stolz darauf, mit Künstlern wie Afrob, MoTrip und Chefket arbeiten zu dürfen. Da entsteht ein Vibe.“ Seine Freunde und Kollegen lädt er jetzt zum kopfnickenden Sommerfest nach Hamburg ein. Dieses Mal sind Megaloh, Ali As, Matteo Capreoli, Estikay, Bengio und streng geheim gehaltene Special Guests mit DJ Vito auf der Bühne. Entgegen dem Namen seiner neuen Platte Ein ganz entspanntes Ding wird diese Party so wohl eher ein ganz schön fettes Ding.

Text: Andra Wöllert

 

Dith Rockt

Hip-Hop, Indie, Punk, Metal oder Crossover: Das Dith Rockt Festival in Brunsbüttel kann mehr, als der Name vermuten lässt.

Mit seinem Namen leitet das Dithmarscher Rockfestival fast ein wenig in die Irre, denn im zehnten Jahr seines Bestehens ist es musikalisch so vielseitig aufgestellt, dass nicht nur Freunde der verstärkten Gitarre hier voll und ganz auf ihre Kosten kommen dürften. Zum Jubiläum haben die Macher des dreitägigen Festivals nämlich 30 Bands und Künstler eingeladen, deren musikalische Bandbreite von Alternative Rock (Madsen, Royal Republic) über Crossover (H-Blockx), Punk (Itchy Poopzkid), Indie-Pop (Kapelle Petra, Tonbandgerät), Singer-Songwriter (Pohlmann), Hip-Hop (Zugezogen Maskulin) und Metal (Syndicate) bis hin zu Synthie-Pop (Xplain) reicht. Etwas hat sich aber doch über die Jahre gehalten: Dith Rockts familiäre Atmosphäre. Da bleibt nur noch hinfahren und losrocken!

Text: Katharina Grabowski