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„For the time being“

Die Künstlerin Susanne Reizlein spielt mit dem Subtilen und Unterbewussten – Vernissage ist am 13. Februar, Finissage am 22. Februar.

Die 1967 in Teheran geborene Künstlerin Susanne Reizlein füllt Luftballons mit Wasser oder Luft, die durch minimale Bewegungen schwingen. Oder sie beobachtet Menschen, die auf dem Boden liegen, Von oben (Abbildung), lässt sie sich fast unmerklich bewegen oder manchmal auch auffällig zucken – und wird auch in ihrer neuen Arbeit, die speziell für den Ausstellungsraum nachtspeicher23 entstand, die Wahrnehmung der Besucherinnen und Besucher schärfen. For the time being, so der Titel ihrer neuen Arbeit, spielt mit Entschleunigung, dem Subtilen und Unterbewussten und erneut mit kleinen Veränderungen. Am 13. Februar um 19 Uhr findet die Vernissage statt. Vorher, ab 16 Uhr, gibt es eine Work-In-Progress-Preview für besonders Interessierte. Danach ist die Ausstellung noch bis zum 22. Februar zu sehen.

Text: Sabine Danek

 

Haftbefehl

Das Feuilleton feiert seine gereimte Dichtkunst von der Straße. Der Rapper präsentiert brutale und abgründige Texte im Mojo Club.

2014 wird wohl als das Jahr in die Musikgeschichtsbücher eingehen, in dem deutscher Straßenrap endgültig salonfähig wurde. Doch weder Bambipreisträger Bushido noch Jura-Student Kollegah ist dieser Umstand zu verdanken, sondern dem aus Offenbach stammenden Haftbefehl. Was er seinen Kollegen voraus hat? Authentizität. „Chabos wissen wer der Babo ist“ und so, das gilt seit seinem neuen Album Russisch Roulette mehr denn je und wird selbst von Medien wie Spiegel Online und der ZEIT honoriert, die ihn aufgrund seiner wortgewaltigen und polyglotten Raps kürzlich gar als „Dichter der Stunde“ titulierten. Hafti kennt die Straße, dementsprechend kann er auch von ihr erzählen. Und das tut er dann auch in einer Art und Weise, wie es so vor ihm noch nicht zu hören war: brutal, ehrlich, abgründig, gebrochen. Das muss man nicht immer gut finden. Aber zumindest anerkennen sollte man es. Als Support bringt Haftbefehl zudem seine Azzlacks-Labelkollegen Milonair, Hanybal und Doe mit in den Mojo Club. Das Konzert ist bereits ausverkauft.

Text: Jan Kahl

 

Esther Bejarano

Auch mit 86 Jahren macht sie noch Musik. Früher war die Holocaust-Überlebende Teil des Mädchenorchesters in Auschwitz, heute begleitet sie Rapper.

Man spricht von ihr als „Rap-Oma“. Esther Bejarano, deutsch-jüdische Überlebende des Vernichtungslagers Auschwitz, steht gemeinsam mit der Microphone Mafia auf der Bühne. Die 1924 geborene Frau entdeckte den Hip-Hop als ideale Plattform für ihre Botschaft: „Für Menschlichkeit kämpfen, nicht nachlassen.“ So schafft sie es, eine junge Generation für rassistisch motivierte Verbrechen zu sensibilisieren – die aus der Vergangenheit und die in der Gegenwart. Musik rettete ihr Leben. Esther Bejarano gehörte zum Mädchenorchester von Auschwitz. Ihr Spiel am Akkordeon bewahrte sie vor der Gaskammer. Am 14. Februar findet im Museum der Arbeit ein Abend zum Thema „Erinnerung“ statt. Die heute in Hamburg lebende Esther Bejarano liest aus ihrem Buch. Im Anschluss gibt die Microphone Mafia ein Live-Konzert mit ihrem Programm La Vita Continua.

 

„Tattoo“

250 Fotografien, Videos, Gemälde, Skulpturen und Schablonen zeigen im MKG den Körperschmuck in seiner kunst- und kulturgeschichtlichen Entwicklung.

Anker auf dem Oberarm oder der Name der Liebsten auf dem Herzen eingraviert – früher galten Tätowierungen in unserer Gesellschaft als verrucht, deuteten auf ein Leben in einem bestimmten Milieu hin. Heute sind sie zum Massenphänomen geworden und trotz furchtbarer Trends wie dem „Arschgeweih“ faszinierend geblieben. Immer noch strahlen sie und ihre Träger etwas Besonderes aus. Weil sie Geschichten erzählen. Diesem Faszinosum widmet sich das Museum für Kunst und Gewerbe nun über ein halbes Jahr lang: In 250 Fotografien, Videos, Gemälden, Skulpturen und Schablonen zeigt die Ausstellung Tattoo mit einem umfangreichen Rahmenprogramm den Körperschmuck in seiner kunst- und kulturgeschichtlichen Entwicklung, beleuchtet seine ambivalenten Bedeutungen in unterschiedlichen Epochen und gesellschaftlichen Schichten, beschäftigt sich mit aktuellen Trends und wirft einen Blick in die Vergangenheit. Ganz besonderes Highlight: Bisher unveröffentlichte historische Fotografien, die die typischen Tätowierungen des Hamburger Proletariats und des Hafenmilieus um 1890 dokumentieren. Aktuelle Arbeiten lokaler und internationaler Tattoo-Künstler geben gleichzeitig einen Einblick in die heutige Szene, die in ihren Stilrichtungen und in ihrer Ästhetik sehr vielfältig ist. Die Hamburger Tätowierstuben sollten sich vorsichtshalber auf einen Kundenzuwachs vorbereiten.

Text: Julia Braune

 

King Irie

Rocksteady, Ska und Reggae – fachmännisch ausgewählt und präsentiert. Wer auf jamaikanische Sounds der Sechziger steht, wird am 12. Februar im Komet bestens bedient.

Nanu, bisher war es doch immer der gute Franky Lion, der die Komet Musik Bar regelmäßig mit ausgewählten Rocksteady-, Ska- und Reggae-Scheiben beschallt hat … Hat der Mann sich nun umbenannt? Oder ist Franky Lion im Urlaub, womöglich auf Jamaica, um neuen Sound-Stoff zu besorgen, und King Irie ist seine Vertretung? Wie auch immer, Hamburgs Reggae-Heads können darauf vertrauen, dass dieser seit Jahren stattfindende „jour fix“ im Komet sein hohes Niveau beibehält, auch wenn mal jemand anderes an den Plattentellern steht. So wird auch diesmal eine fachmännisch und kenntnisreich ausgewählte Selection aus jamaikanischer Musik der 1960er zu hören sein. Vielleicht gibt es zu späterer Stunde mit Dancehall und Ragga noch den einen oder anderen Sprung in die nähere Vergangenheit. Also nicht erschrecken, wenn’s plötzlich vorübergehend etwas derber wird …

 

Liza & Kay

In der gemütlichen Mathilde Bar in Ottensen spielt das charmante Hamburger Duo zarten und verspielten Gitarrenpop.

„Das ist Pop. Aber irgendwie auch mehr“, sagen Liza Ohm und Kay Petersen über ihre Musik. Das Hamburger Duo produziert zauberhafte Klänge. Er spielt Gitarre. Sie singt mit klarer, fast kindlicher Stimme deutsche Texte. Darin geht es um Annäherung und Entfernung, gegenseitiges Abtasten, durcheinander sein und irgendwie klingt immer ein Lächeln in Lizas Stimme durch, auch wenn sie ganz traurige Dinge beschreibt. In den letzten Wochen tourten Liza & Kay durch Deutschland und bespielten zuletzt vornehmlich kleine Locations in Hamburg. Sie waren in der Wohnküche Happenpappen zu Gast, traten im Cafe Brooks in Hasselbrook auf und wollen am 12. Februar die Mathilde Bar in Ottensen erobern. Das Duo ist aber auch der perfekte Act für ein intimes Konzert mit Wohnzimmeratmosphäre. Kleine Wunschliste für den Abend: Feuer im Kamin, heiße Schokolade in der Tasse und Schneeflocken an der Fensterscheibe.

 

Max Prosa

Der Geschichtenerzähler und Singer/Songwriter aus Berlin macht auf seiner „Akustisch-unterwegs“-Tour einen Zwischenstopp im Nachtasyl.

Er ist zurück, der Geschichtenerzähler und Song-Poet mit dem passenden Künstlernamen Max Prosa. Maximale Prosa kombiniert mit einfachen, eingängigen Melodien ist das Ding des Berliner Singer/Songwriters, der sich nun wieder mit einer Menge Noten und Worten im Gepäck auf Tour begibt. Begleitet wird er dabei diesmal nicht von einer mehrköpfigen, vollbesetzten Band, sondern lediglich von seinem langjährigen Freund und Mitstreiter Magnus Bang Olsen. Akustisch unterwegs lautet das Motto der Tour, d.h. diesmal haben seine Fans die Möglichkeit, ihrem Lieblingssänger ganz nahezukommen und seine Lieder so zu erleben wie sie gemeint sind: mystisch, zart und manchmal fast schon intim. Nach den Alben Die Phantasie wird siegen (2012) und dessen Nachfolger Rangoon (2013) ist für 2015 ein neues Album von Max Prosa angekündigt.

 

Birdland Jam Session

Der wiederbelebte Jazz-Club in Eimsbüttel lädt – wie jede Woche am Donnerstag – zur offenen Jam Session. Der Eintritt ist frei.

Mit seiner Wiedereröffnung Ende letzten Jahres hat der Jazzclub an der Gärtnerstraße in Eimsbüttel seinen Betrieb unbeirrt wieder aufgenommen. Hochkarätige Jazzkonzerte finden hier immer noch statt. Unter Beteiligung des Teams der Winterhuder Musik-Kneipe freundlich + kompetent wurde das ehemals ausschließlich dem Jazz vorbehaltene Programm des Birdland aber nun um Stile wie Singer/Songwriter, Pop und Folk erweitert. Das tut dem altehrwürdigen Club sicher gut und bringt vielleicht auch mal Jazz-fremde Leute dazu, dem Birdland einen Besuch abzustatten. Ob diese musikalische Öffnung auch Einfluss auf die allwöchentlich ausgerichteten Jam Sessions im Birdland hat, lässt sich nach wie vor jeden Donnerstag ab 21 Uhr überprüfen. Was passiert, wenn ein Akustik-Folkie auf einen scattenden Vokalisten und einen Bebop-Drummer trifft? Viel Spaß!

 

„Cycles of Care“

Die Dokumentation zeigt das Leben philippinischer Frauen, die jahrelang in Isreal als Pflegerinnen arbeiteten und nun in ihre Heimat nach Manila zurückgekehrt sind.

Die Filmemacherinnen Lizza May David und Claudia Liebelt begleiteten fünf philippinische Frauen, die jahrelang in Isreal als Haushaltskräfte und Pflegerinnen arbeiteten und nun wieder in Manila leben. Sie gehören zu der großen Gruppe an Menschen, die ihr Zuhause auf den Philippinen verlassen, um andernorts zu arbeiten, wo die Wirtschaft floriert. Mit dem Geld können Sie ihren Familien in der Heimat ein besseres Leben ermöglichen. Gleichzeitig lassen sie jedoch für lange Zeit ihre Kinder zurück und leben in der Fremde. Wenn sie dann zurückkehren, ist es nicht immer leicht, sich wieder einzugliedern. Die Dokumentation Cycles of Care zeigt, wie die Frauen in Fotoalben blättern, hebräisch sprechen und sich an das Leben im Kibbuz erinnern. „Sie sprechen vom Durchqueren von Grenzen in einem nicht nur geographischen Sinne“, heißt es in der Ankündigung. Im Anschluss an die Vorstellung im W3-Saal, diskutieren die Filmemacherinnen mit dem Publikum. Vor und nach der Veranstaltung ist die Videoinstallation frankfurter küche der Künstler Johanna und Benjamin Wölfing zu sehen.

Trailer: Cycles of Care from Lizza David on Vimeo.

 

Biest

Ob vegan oder mit Fleisch, das neue Restaurant in Eimsbüttel macht Lust auf kulinarische Ausflüge an einem Mittwochabend.

Benni steht an seinem kompakten Tresen, hinter ihm die Leuchtbuchstaben b i e s t. Benni wird diesem Namen nicht gerecht, wir werden sehr freundlich begrüßt. Nur in der Küche bekennt die Crew Farbe, wenn die Tür aufgeht, sieht man eine HSV-Fahne hängen. Ein bisschen mehr Rock’n’Roll hatte ich bei dem Namen schon erwartet. Letztendlich finde ich den aber im Weißwein Deep Blue vom Weingut Tesch, Anbaugebiet Nahe. Ein beeindruckender Weißwein aus roten Trauben gekeltert. Passend zum kräftig gewürzten Rote-Bete-Risotto mit Petersilienschaum und Jakobsmuscheln. Das Risotto hat einen kräftigen Biss und bekommt durch das rote Gemüse eine wunderbare Erdung. Zusammen mit den butterweichen Jakobsmuscheln ein Gedicht. Das Konzept von Chef Benni und Koch Marc ist so schlicht wie modern: kleine, interessante Karte immer auch mit vegetarischen und veganen Angeboten. Frische Zutaten, möglichst aus der Umgebung. Das Lokal ist mit 40 Sitzplätzen sehr intim. Perfekt für ein Stelldichein. Mein Gegenüber erfreut sich an dem saftigen Hüftsteak einer Mecklenburger Färse, serviert mit Fritten und Senfmayonnaise. Die intensive Zitronentarte mit Mascarponecreme und Himbeercoulis vernaschen wir gemeinsam. Fazit: Wer braucht Rock’n’Roll, wenn er das Biest hat.

Text: Lisa Scheide