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Hamburg im Film

Hier ist nicht alles Elbe, was fließt. Das Film- und Fernsehmuseum Hamburg lädt zur Matinée „Hamburg und seinen Gewässern“ ins Abaton.

Die Hafenstadt Hamburg präsentiert sich aktuell in der John-le-Carré-Verfilmung A Most Wanted Man von ihren attraktivsten Seiten. Doch ist die Elbe ja nicht alles, was hier fließt. Nebst ihr, der Alster und der Bille finden in der filmhistorischen Rückschau – die das Film- und Fernsehmuseum Hamburg e.V. zum Auftakt der Herbstsaison Hamburg und seinen Gewässern widmet – diverse Kanäle, Seen und Teiche auf die Kinoleinwand. Durch die Matinee, die ein 90-minütiges Filmprogramm beinhaltet, führen Gerhard Jagow und Joachim Paschen vom Museum. Gezeigt werden unter anderem: Stadtbäche von Heribert Schmidt, ein Film über Hamburgs kleinste Wasserläufe, der beim Bundeswettbewerb der Amateurfilmer mit einem Sonderpreis ausgezeichnet; Die Alster, für den Gisela und Helmut Lange das Gewässer auf seinen 56 Kilometern von der Quelle bis zur Mündung in die Norderelbe porträtierte; Alsterschwäne für den Filmemacher Gerhard Jagow die stolzen Vögel bei ihrer Umsiedlung ins Winterquartier begleitete.

 

Klappe auf!

Appetizer für das inklusive Filmfestival im November: Einen Tag lang werden im Metropolis Kurzfilme über das (Nicht-)Sehen und Hören gezeigt.

Wie wäre es mit einem Experiment? Setzen Sie sich ins Kino und halten Sie sich die Augen oder Ohren zu. Dann können Sie ansatzweise nachvollziehen, wie ein Mensch, der blind oder taub ist, einen Besuch im Lichtspielhaus erlebt, wenn keine Untertitel oder Audiodeskriptionen im Spiel sind. Das inklusive Filmfestival Klappe auf! geht mit gutem Beispiel voran, wenn es vom 6. bis 8. November in Hamburg sein Programm zeigt. Nicht nur die Vorführungen sind mit dem jeweiligen Extraservice ausgestattet, auch die Gespräche und Diskussionen werden von Gebärdensprachdolmetschern begleitet. Vorab laden die Organisatoren zum inklusiven Filmtag am 25. Oktober ins Metropolis-Kino. Um 15 Uhr startet das Kurzfilmprogramm mit anschließender Diskussionsrunde zum Thema Licht aus! Bilder hören! Blinde und Sehbehinderte Menschen im Kino. Um 17 Uhr wird der Kurzfilm Geschichte/n der Welt von den Amöben zum Bösen gezeigt, mit anschließender Lesung von Künstlern des inklusiven Kulturnetzwerks Barner 16. Weiter geht es mit dem Dokumentarfilm Vom Hören Sagen (Foto), einem Projekt der HfbK von Eibe Maleen Krebs um 19 Uhr und einer Auswahl an Lieblingsfilmen des Festivalteams ab 21 Uhr.

Text: Lena Frommeyer

 

Der Konfettigeneral

Durch die Luft schwirrt Papier, auf der Bühne blödelt Pilocka Krach an Drumcomputer und Kinderkeyboard herum – willkommen in der Prinzenbar.

Endlich kann man Langeweile im Büro sinnvoll nutzen: Locher und buntes Papier schnappen, sich in eine ruhige Ecke verkrümeln und fleißig Munition für die nächtliche Schlacht in der Prinzenbar produzieren. Arbeitszeugnisse, Vertragsunterlagen, Fotos von den Kindern – alles muss der Stanzmaschine zum Opfer fallen. Schließlich lädt nicht jedes Wochenende der Konfettigeneral zur Papierschnipsel-Party mit elektronischer Tanzmusik. Für die Live-Unterhaltung ist Pilocka Krach (Katermukke, Greatest Hits International) verantwortlich. Die Musikerin aus Berlin macht Techno mit Humor. Zum Tanzen und Lachen bringen einen sonst nur Elektro-Comedy-Combos wie Hgich.T. Nun ist eine Frau solo an der Reihe: Mit Drumcomputer, Kinderkeyboard und Gesang macht Madame Krach ziemlich coolen Scheiß.

Text: Lena Frommeyer

PILOCKA KRACH from veith michel on Vimeo.

 

Rheingold/Walküre

Stehlen bringt Pech: Im Thalia Theater debütiert die mythologische Pop-Oper von Antú Romero Nunes nach Richard Wagner.

Drachen, Zwerge, Liebe und Betrug – die deutsche Mythologie hat ihr eigenes Game Of Thrones. Natürlich wird andersherum ein Schuh draus: Die mittelalterliche Nibelungen-Sage ist quasi die Ursuppe aller Fantasygeschichten. Im Thalia-Theater verbindet Regisseur Antú Romero Nunes die berühmteste Variante des Stoffes, Wagners Oper, mit Friedrich Hebbels Schauspielstück. Auch in all ihren Abwandlungen und Aufgüssen birgt die Geschichte vom Rheingold doch stets die gleiche niederschmetternde, nicht zu widerlegende Wahrheit: Der Mensch ist schlecht, gestohlener Reichtum bringt Unglück, und derjenige, der nach Macht strebt, wird an seinem eigenen Hunger zugrunde gehen. Das ist kein Gute-Laune-Theater für Drachentöter, aber so modern, wie es nur irgendwie geht. Bedauerlicherweise immer.

Text: Thorsten Moor

 

Seekae

Das australische Elektro-Trio geht auf dem neuen Album „The Worry“ mit düsteren Lovesongs neue Wege und spielt im Jazz Café des Mojo Clubs.

Es ist ein erheiternder Zeitvertreib, aufzuzählen, in welche Genre-Schubladen die australische Combo Seekae bereits einsortiert wurde: Intelligent Dance Music, Post-Dubstep, Electro-Pop, House, Minimal und Ghetto Ambient sind nur ein paar Beispiele. Und wie es meistens ist, stimmt alles ein wenig und gar nicht. Näher, als der US-Rolling Stone, kommt man einer geglückten Beschreibung dessen, was die Musiker da machen, nicht. Das Fachmagazin beschreibt den Sound der Australier als „so atmosphärisch und hypnotisierend wie ein schneebedeckter und gefrorener Wald“. So, so… Mit ihrem neuen Album The Worry gehen Seekae zur allgemeinen Verwirrung noch einmal neue Wege. Was zuvor weitestgehend relaxig elektronisch war, wird nun um dunkel brodelnde Lovesongs ergänzt. Das steht dem Trio aus Sydney ziemlich gut.

 

Buzz-T Birthday

Das gibt einen ordentlichen Schwung Bass im Kleinen Donner: Buzz-T feiert Geburtstag mit Hip-Hop.

Wer ein bisschen im Hamburger Nachtleben unterwegs ist, kommt schwer am Namen Buzz-T vorbei. Der Hamburger Hip-Hop-DJ, der auch gerne mal in elektronischen Gefilden herumfischt, bringt regelmäßig Lokalitäten wie die MS Claudia, den Neidclub oder eben den Kleinen Donner zum Wackeln. Dafür braucht es keinen besonderen Anlass, beziehungsweise sind die Sets, die er auftischt, ganz eigenständiger Grund, den Körper in Bewegung zu bringen. Was passiert dann erst, wenn der umtriebige Nachtmensch am Schulterblatt seinen Geburtstag mit einem Birthday-Bash zelebriert? An den Turntables gratuliert er sich selbst. Zudem spielen Martin, Arash also known as Mixwell und Ari ein beatlastiges Ständchen. Zudem spricht und schreibt sich die Veranstaltung schön: Am Samstag, Buzz-T Birthday mit Hip-Hop!

Text: Miriam Mentz

 

CAPTCHA & Take Berlin

Das Mannheimer Designfestival gastiert in der Hamburger WOW LOFT-Gallery. Zur Finnissage gibt es Folkklänge vom Duo Taking Berlin.

Die Verbindung der Hamburger Kulturszene zur Hochschule Mannheim ist mit keinem allzu dicken Seil geknüpft. Dennoch sind Studierende aus Baden Württemberg zu Gast, um experimentelle Designstudien zu zeigen – im Rahmen eines Gastspiels des Mannheimer Designfestivals CAPTCHA. Seit dem 17. Oktober können die Arbeiten zum Thema Befreiung der Schrift in der WOW LOFT-Gallery im achten Stockwerk des Emporio-Hochhauses auf einer fast 800 Quadratmeter großen Fläche erkundet werden. Zur Finissage am 24. Oktober spielen ab 20 Uhr zwei weitere Städte eine Rolle: Berlin und New York. In beiden Metropolen ist das Duo Take Berlin zu Hause, das seine folkigen Klänge im letzten Jahr in der Hasenschaukel vorführte.

Text: Lena Frommeyer

 

Dancefloor-Hopping

In der Villa Nova, im Nochtspeicher, Uebel & Gefährlich und Kraniche Klub legen DJs elektronische Tanzmusik auf.

Wie soll man sich da entscheiden. Diverse Clubs sind heute Plattform für feine elektronische Tanzmusik. Wie wäre es also mit einer nächtlichen Tour von Club zu Club?

Los geht es auf St. Pauli in der Villa Nova. Hier tobt sich das Kollektiv Turmstraße aus und Patlac wird als Resident des neuen Clubs willkommen geheißen.

Einen kleinen Fußweg entfernt legen im Nochtspeicher die Frank-Music-DJs Johannes Albert (Berlin) und Simon Ferdinand (Hamburg) auf. Es wird deep-deep-housig.

Nachdem man sich ordentlich warm getanzt hat, lohnt ein Abstecher zum Bunker an der Feldstraße: Im Uebel & Gefährlich lädt das Voltage Musique Label zur Partynacht mit The Glitz (Voltage Musique / 3000°), Andreas Henneberg (Voltage Musique / Cascandy), Marquez Ill (Voltage Musique), Pauls Büro (White Box / Schwärmertanz).

Immer noch nicht genug? Dann geschwind mit der S-Bahn nach Rothenburgsort fahren und den Kraniche Klub stürmen. Da stehen unter anderem DJ Lotti (Katermukke), Pelle Buys und Jeanette Trésbien am Mischpult.

Text: Lena Frommeyer

 

Mutter

Die Berliner Band begeistert mit klaren Texten im Indierock-Gewand – beispielsweise über das Schicksal von Sinti und Roma in Deutschland.

Mutter sind eine Band, die sich verständlich machen will: Max Müllers Texte sind klar und schön – was bei geringeren Liederschreibern platt oder naiv klänge, gerät bei ihm reduziert und einsichtig. Wie etwa im Song Wer hat schon Lust so zu leben?, der im Indierock-Midtempo das Schicksal von Sinti und Roma in Deutschland besingt, keine Antworten weiß und letztlich nur auf Menschlichkeit plädiert. Die Worte sind einfach, das Weltbild ist es nicht: Was Müller zwischen den Zeilen sagt, können andere nicht in Büchern ausformulieren. Die Berliner Band hat mit Text und Musik ein bemerkenswertes Album aufgenommen, das nicht nur im Titel auf ihren größten Erfolg Hauptsache Musik anspielt, das vermutlich zugänglichste Album ihrer Karriere. 25 Jahre nach ihrem Debüt Ich schäme mich Gedanken zu haben die andere Menschen in ihrer Würde verletzen sind Mutter immer noch wichtig als Mahner und Zweifler.

Text: Michael Weiland

 

Überjazz Festival

Jazz + x. Kampnagel wird drei Tage lang zur Experimentierstube mit Hip-Hop-Combo, Big Band und allerhand Zukunftsmusik.

Darf‘s ein bisschen mehr sein? Das Überjazz-Festival wendet sich nicht unbedingt an Puristen, sondern an Musikfreunde, die das ohnehin weite Feld „Jazzmusik“ gerne um das Unbekannte erweitern: Jazz + x = Überjazz! Der sprichwörtliche Tellerrand wird hier zum Sprungbrett. So würde wohl niemand die Hip-Hop-Combo Shabazz Palaces streng dem Genre zurechnen, für die Experimentierfreude des Duos ist Kampnagel an diesen drei Tagen allerdings dennoch die richtige Adresse: Absolut folgerichtig dürfen Ishmael Butler und Tendai Maraire das Festival als Headliner beschließen. Zuvor gibt es Musik von Taylor McFerrin in einer atemberaubenden Soloperformance, den „James Brown Ghanas“ Ebo Taylor, Altes von Felix Kubin (Foto) im neuen Big-Band-Gewand mit Mitch&Mitch und schlafwandlerische Minimal-Instrumentals der legendär langsamen Bohren & Der Club Of Gore. Jazz lebt nicht nur – das ist echte Zukunftsmusik.

Text: Michael Weiland