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100 Jahre Leica

Mit Einführung der Kleinbildkamera konnte plötzlich jeder alles ablichten. In den Deichtorhallen zeigt „Augen auf!“ berühmte Aufnahmen und dokumentarisches Material.

Vielleicht war die letzte große Revolution der Fotografie, das einfach jeder mittlerweile ständig eine Kamera mit sich herumträgt – in seinem Telefon. Die Einführung der Kleinbildkamera bedeutete allerdings einen kaum geringeren Paradigmenwechsel: Auf einmal konnte jeder immer und überall fotografieren, mit geringem finanziellem Aufwand und ohne Vorkenntnisse. Was vorher an Geheimwissen grenzte, war auf einmal allen zugänglich: Nicht weniger als die Demokratisierung der Fotografie war die Folge. Mit der Ausstellung Augen auf! feiern die Deichtorhallen 100 Jahre Leica – die legendäre Kleinkamera wurde 1914 von dem Feinmechaniker Oskar Barnack entworfen, aufgrund des Ersten Weltkrieges aber erst 1925 produziert. Gezeigt werden Werke berühmter Fotografen wie Henri Cartier-Bresson und Robert Capa (im Bild: Fred Herzog, Man with Bandage, 1968) ergänzt durch Magazinausschnitte, Broschüren, Kamera-Prototypen und weiteres dokumentarisches Material.

Text: Michael Weiland

 

Arabische Filmtage

Im 3001 Kino finden kulturelle Konflikte des Nahen Osten eine Bühne – unter anderem in einem berührenden Film über die Ägyptische Revolution.

Kairo, Beirut und Damaskus: Spektakuläre Bilder der Gewalt im Nahen Osten liefern die Fernsehkanäle täglich frei Haus. Hinter die Kulissen dieser kulturellen Konflikte führen die ersten Arabischen Filmtage im 3001. Vor allem junge Menschen stehen dabei im Zentrum der Aufmerksamkeit. Aus der Perspektive einer jungen Frau aus der Vorstadt, die des Nachts durch Kairo streift, schildert Coming Forth by Day (23.10., 21 Uhr) (Foto) die Ägyptische Revolution. Stable Unstable (24.10.) lautet der für das arabische Alltagsleben programmatische Titel einer Komödie, die in sieben Episoden von der prekären Unsicherheit zwischenmenschlicher Beziehungen rund um das Neujahrsfest in einem Beiruter Mietshaus erzählt. Breaking the Silence (24.10.) porträtiert junge Marokkanerinnen, die sexuelle Belästigungen öffentlich machen, während in A Man Since Long Time junge Ägypter über die gesellschaftlichen Einschränkungen ihres Liebeslebens klagen. Und die gar nicht romantische Liebesgeschichte Ladder to Damascus (25.10.) erzählt vom komplizierten Zusammenleben in einer syrischen Künstler-Kommune.

 

Sternbrücken Festival

Vier Tage wach, vier Tage Bass – die Clubs unter der Sternbrücke laden zur 66-stündigen Electro-, Techno- und Minimal-Sause.

Jetzt kommt eine kleine Nachtleben-Rechnung:

Vier Tage x sechs Locations + Dutzend DJs = Sternbrücken Festival.

Die Hamburger Electro-, Techno- und Houseszene versammelt sich an der Party-Kreuzung und pendelt zwischen den Räumlichkeiten des Waagenbau, der MBX-Bar, des Fundbureau, Wasserschaden, Sterngarten und Souledge. Am Donnerstag, den 23. Oktober werden um 20 Uhr die Bässe aufgedreht und weichen erst wieder am Sonntag ab 14 Uhr der Stille. Dazwischen liegt ein irrer Tanzmarathon. Internationale Headliner pushen mit einem jeweils drei bis vier Stunden langen Set durch die Nächte und werden von DJs aus Hamburg und Berlin unterstützt. Unter anderem sind Cari Lekebusch (Drumcode/H-Productions) (Foto), Piemont live (Exploited/Area Remote) und Ricardo Garduno (Illegal Alien Rec./Mexiko) am Start. Das gesamte Line Up inklusive Timetable kann man hier studieren.

Text: Lena Frommeyer

 

Dirk Darmstaedter

Der Hamburger Musiker gründete sein eigenes Label Teaneck Records und präsentiert die Stücke des neuen Albums „Before We Leave“ im Knust.

Before We Leave lautet der Titel des im September erschienenen Albums von Dirk Darmstaedter. Der von der New York Times als „one of Germany’s underground pop heroes“ gelobte Hamburger veröffentlicht damit zum fünften Mal eine Platte als Solokünstler und gründete dafür extra das Label Teaneck Records, um musikalisch noch einmal bei Null beginnen zu können. Auf der Tour zum neuen Album macht er auch Halt im Knust. Dirk Darmstaedter hat übrigens eine ziemlich sympathische Vorstellung davon, wie man als Musiker arbeiten sollte: „Das Einzige was du als Künstler tun kannst, ist den Kopf mit lauter guten Sachen vollzustopfen; mit guten Büchern, guten Platten, gutem Essen und guten Gesprächen. Dann stellst du auf Output und musst machen, machen, machen. Am Schluss wird editiert.“

Text: Jannis Hartmann

 

Chapeau, Schamoni!

Spot an für den „Neuen Deutschen Film“ im B-Movie – zu sehen ist beispielsweise die Provinzsatire „Alle Jahre wieder“ von Ulrich Schamoni.

Nach Roland Klick gleich der nächste Kracher: Mit Ulrich Schamoni (1939–1998) steht erneut eine Zentralfigur des Neuen Deutschen Films im Mittelpunkt des Programms. Dessen unkonventionelle Schwangerschaftsstory Es (23.10., 20 Uhr) war 1966 ein echter Kinohit, die Provinzsatire Alle Jahre wieder (23.10., 22 Uhr) eine lustvolle Abrechnung mit der bundesdeutschen Spießigkeit. Fortan kaprizierte sich Schamoni auf Komödien, in denen man lachen durfte – und sogar konnte. Ritt Quartett im Bett (25.10.) zum Ende der 60er Jahre etwas allzu sehr auf der Kreuzberger „Blödel-Welle“ einher, gelang dem tief in West-Berlin verwurzelten Regisseur mit Chapeau Claque (26.10.) eine noch heute amüsante Sozialstudie der frühen Siebziger. Und das auf engstem Raum – entstand sie doch, wie das 1980 uraufgeführte Spekulantendrama Das Traumhaus (30.10.) – mehr oder weniger in den eigenen vier Wänden. Diverse Kurzfilmprogramme ergänzen die Hommage, die im November fortgeführt wird.

 

Eigenarten Festival

„Künstlerische Differenzen“ können auch etwas Schönes sein: etwa, wenn man wie hier die ganze Bandbreite internationaler Kunst in Hamburg zu sehen bekommt.

Was uns unterscheidet, macht uns interessant: Das interkulturelle Festival Eigenarten feiert zum 15. Mal den Vielklang internationaler Künstler, die in Hamburg arbeiten und aufeinandertreffen. So entsteht ein buntes Kaleidoskop von Werken aus den Bereichen Tanz, Musik, Bildender Kunst, Multimedia und Literatur – 41 Produktionen, darunter viele Premieren, sind dieses Jahr zu sehen, unter anderem im Sprechwerk, im Thalia an der Gaußstraße, im Nochtspeicher und vielen weiteren Spielstätten. Den Kultur-Clash in einer einzigen Band praktizieren Les Tristes Cannibalistes, die am 28. Oktober um 20 Uhr im W3 auftreten: Französischer Chanson, amerikanischer Rock, iranischer Folk und indischer Bollywood-Kitsch ergibt eine überraschend zwingende Mischung. Etwas übersichtlicher ist der Instrumentenpark der Gruppe Taikoon: Die fünf Perkussionisten entfachen auf japanischen Taiko-Trommeln einen groovenden Rhythmussturm (30. Oktober, 20.30 Uhr; Goldbekhaus). Das Schauspiel Mare Nostrum? Aufgenommen. Abgeschoben. Vermisst. (Foto) im Sprechwerk arbeitet die Flüchtlingsdramen um Lampedusa mit Tanz, Musik und dokumentarischen Fragmenten auf (26. und 27. Oktober, 20 Uhr). Es gibt viel zu sehen und zu lernen. Vor allem die Einsicht: So unterschiedlich sind wir alle gar nicht. Die Eröffnungsfeier findet am 23. Oktober im Nochtspeicher statt – der Eintritt ist frei, die Veranstalter bitten um Reservierung per E-Mail.  

Text: Michael Weiland

 

Crucified Barbara

Die gekreuzigten Barbaras parken ihre tätowierten Körper auf der Bühne des Nochtspeichers, um härtesten Hard-Rock zu spielen.

Am Mittwoch wirds heiß und gefährlich im Nochtspeicher. Dafür sorgen Mia Coldheart, Ida Evileye, Klara Force und Nicki Wicked – echte Hard-Rock-Schönheiten mit langen Mähnen, Körpern voller Tattoos und knapper Lederkluft. Zusammen bilden die vier Ladys die Band Crucified Barbara und damit wohl eine der härtesten Metal-Kombos Schwedens. Sie waren bereits mit Motörhead auf Tour, haben auf dem Wacken-Open-Air gespielt – jetzt sind sie mit ihrer aktuellen Platte In The Red auf Konzertreise; darf man dem Magazin Musikreviews glauben, kann man sich auf die „totale Rock-Vollbedienung“ freuen, „angepisst bis zur Halskrause, energiegeladen, schweißgetränkt, dreckig, mitreißend“. Na dann: Nackenmuskulatur dehnen und ab in den Nochtspeicher zum Headbangen.

Text: Julia Braune

 

Justin Furstenfeld

Der Gitarrist und Frontmann der US-amerikanischen Rockband Blue October lädt solo zu einer Mischung aus Konzert, Erzählstunde und Frage-Antwort-Spiel.

Ganz im Ernst: Wer im hübschen Saal des Imperial Theater sein Konzert stattfinden lässt, ist schon mal in puncto Atmosphäre auf der sicheren Seite. Justin Furstenfeld legt auf seiner Akustik-Tour hier einen Stopp ein und hat sich für die Kiez-Location etwas Besonderes ausgedacht: Unter dem Motto An Open Book präsentiert der Sänger und Gitarrist ein abendfüllendes Musikprogramm, das durch persönliche Fragen der Fans aufgelockert wird. So lässt der vollbärtige Texaner – zwischen den Unplugged-Versionen von Songs, die er sonst mit seiner Band Blue October spielt – unterhaltsame Anekdoten aus seinem turbulenten Leben auf das Publikum herunterprasseln. Die Mischung aus Konzert, Erzählstunde und Frage-Antwort-Spiel kann für Hardcore-Fans noch aufgestockt werden: Für 35 Euro zusätzlich gibts das Zuckerguss-Paket inklusive „Meet & Greet“ vor der Show.

Text: Lena Frommeyer

 

Ottensen 1980 bis 2010

Was wurde alles abgerissen und gebaut im beschaulichen Stadtteil. Zum 350. Jubiläum Altonas zeigt das Stadtteilarchiv Ottensen eine Ausstellung zum Wandel des Viertels.

Der große Hamburger Stadtteil Altona feiert 2014 sein 350jähriges Bestehen. So lange ist es her, dass Altona das Stadtrecht vom dänischen König erhielt. Dem Jubeljahre zum Anlass wirft man im Stadtteilarchiv Ottensen einen Blick zurück in die junge Vergangenheit. Die Ausstellung Lieb & Teuer zeigt große städtebauliche Entwicklungen in Ottensen zwischen den Jahren 1980 und 2010. Aufbruch und Umbruch überschreibt man diese drei Dekaden. Das erste unübersehbare Zeichen für einen Wandel wurde bereits 1973 gesetzt – mit dem Abriss des Altonaer Bahnhofes. Es folgten bewegte Jahre in denen Stadtteilinitiativen, -planer und -investoren diskutierten, protestierten, bewegten. „Ottensen muss so bleiben, wie es ist!“ war eine der geflügelten Forderungen der Bewohner, die man auch heute noch vernimmt – beispielsweise im Zusammenhang mit den Plänen für den Zeise-Parkplatz: Ein Investor möchte hier Büros bauen, die Ottensener wollen Wohnraum. Die Ausstellung zum 350. Jubiläum ist bis zum Jahresende 2014 zu sehen.

Text: Lena Frommeyer

 

Asaf Avidan

Ohne seine Folkrock-Band The Mojos ist der israelische Sänger und Songwriter nach drei erfolgreichen Alben auf Solopfaden unterwegs.

Asaf Avidan trägt einen Irokesenschnitt zu Schlafzimmerblick und Röhrenjeans. Früher war der israelische Sänger und Songwriter mit fester Folkrock-Kombo unterwegs. Asaf Avidan & The Mojos legten eine steile Karriere in Israel hin. Die Band erzählt in ihren Texten bewegende Geschichten – von einem Jungen der mit einem Loch an der Stelle geboren wird, wo eigentlich sein Herz sein sollte und von einem blinden Kapitän, der auf der Suche ist nach Unsterblichkeit. Dann zog es den Frontmann alleine auf die Bühne. Auf seinem Solo-Debüt Different Pulses kommen Falsett und tiefere Stimmlagen herrlich zur Geltung. Das Album wurde von Tamir Muskat produziert, der eigentlich bei der Band Balkan Beat Box hinterm Schlagzeug sitzt. Natürlich konnte man ihm nicht nehmen, auch für Asaf Avidan an den Drums zu zeigen, was er kann.

Text: Lena Frommeyer