Lesezeichen
 

„Kafkas Der Bau“

Jeder möchte sein Eigenheim beschützen, dieser Mann aber wird geradezu paranoid. Seine Rolle wird wunderbar gespielt von Axel Prahl.

Von einem Kontrollfreak erzählt Franz Kafkas kleine Geschichte Der Bau, von einem Mann, der eigentlich alles hat: eine tolle Frau, eine Vorzeigefamilie und perfekt gestyltes Zuhause. Doch als er es zu dem imposanten Eigenheim bringt, lebt er von nun an mit der Angst, er könnte es wieder verlieren. Aus Furcht vor Eindringlingen greift er zu immer aberwitzigeren Mitteln der Absicherung und Kontrolle, wobei er – zum Leidwesen der Familie – irgendwann völlig den Realitätssinn verliert. Regisseur Jochen Alexander Freydank hat die schöne Prosa unter dem Titel Kafkas Der Bau in Bilder übersetzt. Extrem hilfreich dabei war der Hauptdarsteller Axel Prahl. Bei der Hamburg-Premiere im Abaton ist er persönlich zu Gast.

 

Other Lives

Eine der spannendsten US-Bands kommt auf Tour und beweist, dass man sein Album „Rituals“ nennen und trotzdem mit Traditionen brechen kann.

Bei einem schier unerträglich intensiven Gig im Rahmen einer Labelnacht im April in Berlin konnten Other Lives ihr drittes Album Rituals schon einmal in Deutschland vorstellen. Nun kehren die drei Kalifornier für eine eigene Club-Tour zurück – auf gewisse Weise auch zurück zum Wesen der neuen Songs. Die Abwendung vom gewohnten Umfeld und seinen Ritualen war Programm bei den Aufnahmen, für die die Indie-Band sich gen Norden nach Portland zurückgezogen hatte. Mit dem so vielschichtigen wie in sich geschlossenen Ergebnis der daraus resultierenden Selbstfindung machen Jesse Tabish, Jonathon Mooney und Josh Onstott alias Other Lives den Kollegen The National die Rolle als spannendste US-Band streitig. Und das beweisen sie live im Molotow.

Text: Friedrich Reip

 

HFBK-Absolventenausstellung

Die rund 130 Absolventen zeigen ihre Abschlussarbeiten in den Räumlichkeiten der Hochschule – und feiern das auch gleich gebührend.

Und wieder einmal wird die Hochschule für bildende Künste (HFBK) aus allen Nähten platzen, wenn am Donnerstagabend der Karl-H.-Ditze-Preis für die beste Abschlussarbeit samt 7.500 Euro Preisgeld verliehen wird. Bestimmt wird sie von einer unabhängigen Fachjury, der u.a. HFBK-Absolvent Thomas Baldischwyler angehört. Wer zur Wahl stand, kann man sich im Anschluss ansehen. Die rund 130 Absolventen zeigen ihre Abschlussarbeiten in den Räumlichkeiten der Hochschule. Studiert haben sie unter anderem Malerei und Bildhauerei, Film, Design oder Grafik/Typografie/Fotografie. Ob Preis gewonnen oder nicht, das Studium ist geschafft. Ein guter Grund, an Ort und Stelle zu feiern. Neben den Arbeiten, die übrigens bis zum 12. Juli ausgestellt werden, gibt es auch noch Musik und den ein oder anderen Drink in den Gängen. Auf die Absolventen!

Text: Andra Wöllert

 

Edition Umbruch

Vier Designstudentinnen denken Print neu – und produzieren ihr Werk dank Crowdfunding. Jetzt folgt der Buch-Release.

Edition Umbruch ist ein hochwertig gestaltetes Buch, das sich mit der Zukunft der Printmedien und der Rolle der Gestalter auseinandersetzt. Wie wirkt sich der Umbruch auf Leser- und Nutzerverhalten aus? Wohin führen die Veränderungen in den Bereichen Print und Digital? Wie gehen wir als Gestalter damit um? Das sind die Fragen, die Laura Asmus, Luzia Hein, Svenja Wamser und Marion Schreiber inhaltlich und gestalterisch beleuchten. In der Publikation kommen nicht nur ihre eigenen Gedanken zum Ausdruck, sondern die angehenden Designerinnen konfrontierten auch Experten von der ZEIT, Gestalten Verlag, Neon, Stiftung Buchkunst, Paperlux und Freunden von Freunden in Form von Interviews mit dem Thema. Mit einer Papiergravur, gedruckt auf verschiedenen hochwertigen Papieren wird dieses auf 300 Stück limitierte Stückchen Zukunft bei der Release-Party im Island erstmals zu bewundern sein.

Text: Alessa Pieroth

 

Kleines Phi meets „Salt and Silver“

Ausgefallene Drinks treffen lateinamerikanisches Streetfood: Jeden Donnerstag gibt’s im Kleinen Phi das peruanische Trendfood Ceviche.

Eigentlich wollte Philip Schulz nur eine Bar in Hamburg eröffnen. Doch dann haben sich Cozy und Jo bei ihm eingenistet. Die reisten zuvor durch Lateinamerika, auf der Suche nach den größten Wellen und den besten Rezepten. Entstanden ist daraus erst ein Blog, dann das Kochbuch Salt & Silver und schließlich die Lust auf ein eigenes Gastro-Projekt.

Kleines Phi ist also nicht nur eine Bar mit hübsch-reduziertem Industrie-Interieur und Garten in der Feldstraße, Cozy und Jo bereiten hier auch ihr Streetfood zu: peruanische Ceviche (9.50 Euro). Klein geschnittener roher Fisch, in Limettensaft mariniert, wird mit roten Zwiebeln, Rocoto und Kräutern vermengt. Gegen den Durst hilft eine hausgemachte Grapefruit-Limo mit Meersalz (3 Euro) oder ein Pisco Sour (10 Euro) mit Barsol Pisco Primero Quebranta (Branntwein), Rohrzuckersirup, Limettensaft, Eiweiß und Chuncho Bitters. Den mixt Kleines-Phi-Macher Schulz hinter seiner Bar.

Jeden Donnerstag gibt es im Kleinen Phi den Ceviche-Abend. Bald soll das Angebot auch auf den Samstag erweitert werden. Sollen die Leute nur reisen, solange sie die kulinarischen Schweinereien aus allen Winkeln der Erde mit zurück nach Hamburg bringen.

Text: Lena Frommeyer

Salt & Silver Teaser from Thomas Kosikowski on Vimeo.

 

Daniel Nitsch

Der Rostocker legt zwar üblicherweise im Duo The Glitz auf, zeigt in der Villa Nova aber dieses Mal allein, was guter Techno ist.

Seit Mitte der Neunziger veranstaltet Daniel Nitsch schon Musikevents. Gemeinsam mit Andreas Henneberg kennt man den Rostocker seit 2003 als The Glitz – das Duo, das nach acht bestens verlaufenen Jahren kürzlich ihr Debüt(!)-Album No Drama herausgebracht hat. Und auch das war erfolgreich und sorgt für einen gut gefüllten Tourkalender. Trotzdem bleibt offenbar ein wenig Zeit für Soloaktivitäten, wie am Samstag in der Villa Nova. Hier steht der letzte Abend vor der Sommerpause an, den Nitsch als Gast aus der 3000°-Familie gemeinsam mit den hauseigenen All Stars musikalisch gestalten wird. Und der wird technoid mit deepem Groove. Jetzt müsst ihr nur noch dafür sorgen, dass die Nacht unvergesslich wird.

Text: Miriam Mentz

 

Christian Jankowski

Im Kunsthaus wird anlässlich der Verleihung des Finkenwerder Kunstpreises eine Einzelausstellung des Künstlers eröffnet.

Christian Jankowski, international erfolgreicher Künstler mit Hamburger Wurzeln, erhält den von Airbus gestifteten Finkenwerder Kunstpreis und zu diesem Anlass eine Einzelausstellung im Kunsthaus Hamburg. Im Mittelpunkt der Schau stehen Arbeiten, in denen er sich mit kultureller Repräsentation, mit Erinnerungskultur und dem Potenzial von Kultur als Medium der Geschichtsvermittlung beschäftigt. Damit reiht sich Jankowskis Werk in das diesjährige Motto des Kunsthauses ein, das frei nach Karl Valentin lautet „Die Zukunft war früher auch besser“. So doppelbödig wie seine performativen Installationen sind, so gibt sich Jankowski auch selbst. So ließ er zum Interview mit Karin Schulze anmerken: „Blindes Vertrauen. Text wurde vom Künstler nicht gegengelesen. Jeder Fehler ist ein Kunstwerk.“

 

Katchafire

Alles auf Roots: Die (meist) siebenköpfige Maori-Truppe aus Neuseeland serviert im Molotow Reggae mit Soul und Dancehall.

Ist es eigentlich ein Klischee, dass jede Reggae-Band mal als Bob-Marley-Tribute-Band angefangen hat? Im Fall von Katchafire jedenfalls nicht. Doch bereits kurz nach ihrer Gründung ist die „All Maori Reggae Band“ aus Neuseeland aus dem Schatten der Lichtgestalt getreten und produziert seitdem ihre eigene Version von klassischem Roots Reggae. Ihr Status „World Famous in New Zealand“ kann dabei wohl als charmantes Understatement gewertet werden, denn nach Touren mit Größen wie UB40, Shaggy oder Lauryn Hill sind die sieben Herren inzwischen weit mehr als nur ein Geheimtipp. Was als Familienangelegenheit mit Papa Graham Bell und seinen Söhnen Logan und Jordan begann, ist inzwischen eine gereifte Reggaetruppe geworden, die einen sehr eigenen Standpunkt zu Reggae eingenommen hat. Dass dabei durchaus auch Funk & Soul, R’n’B und Dancehall mitklingen, wird jeder im Molotow zu hören bekommen.

Text: Katharina Grabowski

 

„Marginalisierte Männlichkeit“

In der Werkstatt 3 berichtet Ayhan Taşdemir von den Ergebnissen seiner Forschungen in Deutschland und der Türkei.

Was ist marginalisierte Männlichkeit? Das Konzept stammt aus der Feder der australischen Transgender-Soziologin Raewyn (vormals Robert) Connell und ist inzwischen auch in der deutschen Soziologie fest verankert. Damit wird die Geschlechterrolle von Männern bezeichnet, die aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung oder ethnischen Zugehörigkeit nicht dominant werden kann (obwohl sie es gern würde). Vereinfacht gesagt: Sie sind Männer, aber in einem hierarchischen sozialen Denken marginalisiert und mit Stereotypen besetzt, als Machos, Halb-Kriminelle oder primitive Goldkettchen-Proleten. Die Werkstatt 3 hat Ayhan Taşdemir eingeladen, weil er sich im Rahmen seiner Doktorarbeit an der Universität Hamburg mit Männlichkeitskonstruktionen im Migrationsprozess beschäftigt. Der Vortrag ist eine Veranstaltung der Silent University, die 2012 in London als autonome Plattform von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migranten gegründet wurde, die in ihren Heimatländern eine akademische Ausbildung gemacht haben, sie aber im Exil nicht anwenden können. 2014 wurde sie auf Initiative der Stadtkuratorin Hamburg zusammen mit der W3 auch hier etabliert.

Text: Nik Antoniadis

 

Mathilde Slam

Zivilisiertes Spektakel statt Die-Trying-Gemetzel: Unter dem Motto „Hamburg“ treten zehn mutige Poeten gegeneinander an.

Über zehn Jahre werfen sich Hamburgs Hobbypoeten jetzt schon bei Mathilde in die Manege. Manche sagen, es sei ein milder Slam. Andere nennen es: zivilisiert. Das Spektakel hält sich hier in der Tat in Grenzen, Mathildes Slam ist kein Die-Trying-Gemetzel, in dem talentfreie Protagonisten vom buhenden und johlenden Mob von der Bühne getrieben werden. Es geht um Inhalt, zumindest auch. Und es geht um das Publikum, das in Gänze die Jury ersetzt. Jeder Gast erhält Zettel und Stift und vergibt Noten von 1 bis 10. Enthaltungen gibt es nicht. Dafür wird der am schönsten verzierte Stimmzettel belohnt. Während dem Slam-Gewinner eine Flasche Whiskey winkt, gehen beim Schöpfer des am originellsten gestalteten Stimmzettels alle Drinks aufs Haus. Wichtig: Nur die 50 Gäste, die als Erste kommen, können zuhören. Mehr Stühle gibt es nicht. Deshalb entweder früh kommen oder online anmelden.

Text: Nik Antoniadis