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Jessica Pratt

Sanftes Akustikpicking: Die Singer/Songwriterin aus Kalifornien gastiert am 27. März im Aalhaus.

Knapp zwei Jahre ließ sich Jessica Pratt für den Nachfolger ihres selbstbetitelten Debüts Zeit. Das Resultat klingt ein bisschen wie aus der Zeit gefallen – fast so, als wären urplötzlich alte Aufnahmen aus den 1960ern aufgetaucht, von deren Existenz bislang kein Mensch etwas wusste. Auf On Your Own Love Again singt die kalifornische Singer/Songwriterin – mit zum Teil fast schon kindlicher Stimme – zu friedlichem Akustikpicking über den Moon Dude und wie sie ihn auf dunkle Reise schickt, aber auch Themen wie geplatzte Träume und Lebensflucht verhandelt sie in ihren sanft vor sich hinfließenden Akustikfolk-Songs. Musik, wie gemacht, um sie in intimem Rahmen zu schummrigem Licht und allein auf einem Stuhl sitzend live darzubieten. Mal gucken, ob es im Aalhaus tatsächlich dazu kommt.

Text: Jan Kahl

 

Hamburg Sounds

Mit Rhonda, Tom Beck und Ben Schadow präsentieren sich am 30. März drei lokale Acts auf der Bühne der Fabrik.

Das Quintett Rhonda (Foto) gründete sich zwar erst im Mai 2012, doch schon jetzt zeichnet sich ihr beachtlicher Aufstieg in einer Weise ab, der insbesondere deutschen Bands nur selten zuteil wird. Alle fünf Musiker – Milo Milone (Vocals), Ben Schadow (Gitarre), Jan Fabricius (Bass), Offer Stock (Orgel) und Gunnar Riedel (Drums) –sind keine Greenhorns und spielten zuvor bereits in recht bekannten Indie-Bands wie den Trashmonkeys und anderen. Doch erst mit Rhonda finden sie nun ihre wahre Bestimmung: Ein frischer, Retro-orientierter, deshalb aber keineswegs angestaubter Vintage-Sound zwischen Dusty Springfield und Amy Winehouse, den Ronettes und Duffy, den Detroit Cobras und Adele, mit Melodien zum Verlieben und einer lächelnden Lässigkeit, die Menschen unmittelbar tanzen lässt. Und das schon jetzt europaweit. Im Rahmen der Hamburg Sounds-Reihe in der Fabrik stehen neben Rhonda noch Tom Beck und Ben Schadow im Line-up.

 

Audio88 & Yassin

Zwei Street-Rapper zerlegen Hip-Hop in absurde Einzelteile und treten nach Herzenslust darauf ein – am 27. März in der Prinzenbar, das Konzert ist ausverkauft.

Auch wenn harter Straßenrap und seine Protagonisten, allen voran Haftbefehl, aber auch die Berufsprovokateure Bushido und Kollegah, gerade die Schlagzeilen in den Medien bestimmen: es gibt sie noch – die guten Jungs im Deutschrap. Typen wie Fatoni, Edgar Wasser, Mädness oder auch Grim104 und Testo von Zugezogen Maskulin. Auf keinen Fall zu unterschlagen in dieser Liste sind Audio88 & Yassin – „der Möchtegern-Kanacke und die Glatze mit der Zahl“, wie sie es im Intro ihres neuen Albums Normaler Samt so schön auf den Punkt bringen. Schon das vorab veröffentlichte Intro mitsamt dem herrlich bescheuerten Video deutete an, in welche Richtung die Reise in den fünfzehn Songs gehen wird: Noch immer können Audio88 & Yassin nichts mit dem viel zu häufig als normal geltenden Gebaren im Game, den Mechanismen und Dogmen anfangen. Davon zeugen nicht zuletzt Songs wie Schmutzige Rapper oder auch Der Mann im Mond featuring Döll und Mädness, in denen sie mit ihrem ureigenen Witz, Sarkasmus und einem angenehm unverschämten und doppeldeutigen Selbstverständnis Hip-Hop wieder und wieder in seine absurden Einzelteile zerlegen und nach Herzenslust verbal drauf eintreten.

Text: Jan Kahl

 

Nicht jetzt!

Ein Blick in die fünfte Ausgabe des studentischen Magazins der HAW – am 27. März in der Galerie xpon-art

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Print ist – nun, wenn auch noch nicht tot, so doch mindestens nah dran. Aber geht da nicht noch was? Das fragt sich auch das Department Design der HAW. Und veröffentlicht mit nicht jetzt! ein Magazin, das sich den speziellen Möglichkeiten von Print widmet. Geschrieben, fotografiert, illustriert und gestaltet von Studierenden, wagt auch die fünfte Ausgabe wieder mehr: Mit doppelter Ringbindung ist sie auf fast einen Meter ausklappbar, jedes Exemplar ist ein Unikat mit individualisierter Titelseite.

Zentrales Thema ist passenderweise: Mehr. Die fünfte nicht jetzt! befasst sich mit dem Überbordenden, dem Exzess, der Opulenz. Es geht um Wrestling und um die Kunst, mehrere Partnerschaften gleichzeitig zu pflegen, um Psychotherapien mit LSD und um das bewusste Lenken der eigenen Träume. Aber auch die Begleiterscheinungen von diesem Mehr werden beleuchtet: So sprachen die Autoren mit einem Rechtsanwalt, der an seinem Karrierestreben zerbrach und besuchten eine Obdachlosenunterkunft auf der Luxusinsel Sylt. Komplexe Inhalte komplex präsentiert – das kann Print!

Text: Almuth Strote

 

Der Vater

Das Stück von Florian Zeller als deutschsprachige Erstaufführung unter der Regie von Ulrich Waller – am 30. März im St. Pauli-Theater

Erst sind es nur klitzekleine Erinnerungslücken. Aber aus dem stecknadelgroß empfundenen Loch in seinen Gedanken wird für André bald ein alles verschluckender Schlund. Der Witwer lebt alleine in seiner Pariser Wohnung und merkt die Veränderung, will sie aber nicht wahrhaben. Er hat nicht nur Angst, seine Gedanken zu verlieren, sondern vor allem seine Würde. Der Vater ist ein berührendes Stück über Alzheimer, das Andrés Verfall nicht chronologisch nachzeichnet, sondern episodenhaft zwischen den Zeitpunkten springt – dabei aber seiner eigenen logischen Ordnung folgt. Volker Lechtenbrink spielt die Titelrolle des Vaters, der vor seiner Tochter Anne den Eindruck aufrechterhalten will, alles sei in Ordnung, und sich allmählich selbst auflöst. Das St. Pauli-Theater zeigt das Stück von Florian Zeller als deutschsprachige Erstaufführung unter der Regie von Ulrich Waller.

Text: Thorsten Moor

 

Dark Horses

Die englischen Artrocker machen während ihrer Tournee am 31. März einen Zwischenstopp im Molotow.

Die letzten zwei Jahre waren für die englischen Artrocker Dark Horses von Gewissenhaftigkeit und Hingabe geprägt. Nach ausgiebigen Tourneen in Europa und Australien als handverlesene Gäste für Größen wie Beck, Sigur Ros, Tame Impala und Black Rebel Motorcycle Club machte die Band aus Brighton auch durch einen mittlerweile legendären zügellosen Auftritt beim Hard Rock Calling-Festival im Londoner Queen Elizabeth Olympic Park von sich Reden. Eine persönliche Einladung von Noel Gallagher zur Teilnahme am Teenage Cancer Trust führte zu einem weiteren gigantischen Gig in der Royal Albert Hall. Eine revolutionäre Sammlung von Songs mit unverblümtem Hit-Potenzial. Die übersinnlich-schwebenden Synthie-Teppiche liegen längst unter einer bahnbrechenden Melange aus Siouxie & The Banchees und T-Rex begraben. Wahrhaftig, eingängig und unwiderstehlich. Oder, um es mit einem Vergleich aus dem Booklet von Hail Lucid State zu etikettieren: „Die neue Sachlichkeit“ hat bei Dark Horses längst Einzug gehalten.

 

Made by Maids

Raven gegen den Gendermist: DJane Ena Lind, Resident in Clubs wie dem ://about blank, Tresor oder Weekend, beschallt am 27. März die Prinzenbar.

Dem einen oder anderen könnte der Name Ena Lind von der Kinoleinwand bekannt sein. Dort war die DJane nämlich im vergangenen Jahr im Dokumentarfilm Sounds Queer zu sehen, der sich mit der Frage befasste, inwiefern die Lebenswelt als DJ von Geschlechterrollen und -vorurteilen bestimmt wird. Völlig unabhängig von der Genderfrage lässt sich jedoch vor allem sagen, dass Lind weiß, was guter House an Dramaturgie braucht, um auf die Tanzfläche zu locken. Weshalb sie auch regelmäßig in Clubs wie dem ://about blank, Tresor oder Weekend residiert. Seit 2006 ist Ena Lind fester Teil der Berliner Szene. Voller Persönlichkeit und Energie spielt sie als House-DJane, was Herzen berührt und die Menschen zum Tanzen bringt. Ihr Gefühl für Timing und Publikum, ihre Auswahl von deepen und mitreißenden Tracks und die Dramaturgie ihrer Sets machen die Auftritte zu einer tollen musikalischen Reise durch die Nacht. Wir dürfen gespannt sein. Music has no gender!

 

Pentatones

Die Band aus Leipzig, Berlin und Amsterdam präsentiert die Elektro-Pop-Tracks ihres aktuellen Albums live in der Prinzenbar.

„Die Pentatones machen feinsten, düsteren Elektropop“ (noisey) oder wie De:Bug schrieb: „Popmusik am Rande von Pop“. Nun steht das zweite Pentatones-Album Ouroboros in den Startlöchern. Dessen dramatisches Klangland schaffte aus schwelgerischen Beats geheimnisvolle Klänge und akustische Instrumente bekommen durch die entrückte, fast märchenhafte Stimme von Delhia de France einen narrativen Charakter, der sich aus Sehnsucht und Mystik speist. Delhia lieh ihre Stimme bereits Künstlern wie Steve Bug, Douglas Greed, Robag Whrume oder Singer-Songwriter Clueso. Sie gibt der überbordenden Experimentierfreude der Pentatones Seele und Gesicht. Im Dunstkreis des Jenaer Labels Freude am Tanzen und der Bauhausuniversität fand die Band zusammen. Aufgrund zahlloser Aktivitäten der Bandmitglieder in Theater, Performance, Video und der bildenden Kunst dockt die Musik der Pentatones an mehreren Szenen an und wird dadurch Teil von etwas Größerem. Die Musiker aus Leipzig, Berlin und Amsterdam erzählen von gegensätzlichen Gefühlen wie Einsamkeit und Empathie oder Hingabe und Angst und synthetisieren sie in einer umfassenderen, spirituellen Erfahrung.

 

Hamburg ist Slamburg

MC Pospiech und MC Uebel rufen zur Schlacht auf: Prosa & Poetry, Shock & Awe – am 31. März im Nochtspeicher

Prosa und Poetry, Genie und Wahnsinn, Shock and Awe – die Slamburg bezeichnet sich seit 1997 als „das Paris–Dakar unter den Literaturlesungen“. Begnadete, kühne, unvermutete und andere Poeten und Schriftsteller lesen bei diesem offenen Poetry Slam jeweils für nur fünf Minuten aus ihren Werken und das Publikum findet das toll oder nicht, je nachdem. Die Jury juriert, der Gewinner gewinnt: Ruhm, Ehre und formschöne Preise. Verlierer gibt’s hier nicht. Denn nur wer dabei gewesen ist, darf einmal sagen, er sei dabei gewesen. Eine Anmeldung für Poeten wird dringend empfohlen, da es bisher häufiger mal zu einem großen Andrang kam. Die Hosts des literarischen Slam-Abends heißen – wie immer – Hartmut Pospiech und Tina Uebel.

 

Elastik…

…pres. MDR Records: Roher und kraftvoller Techno lässt das Gemäuer des Bunkerclubs Uebel & Gefährlich erbeben.

Um sich einen Eindruck von dem Sound des Berghain-Residents und Ostgut-Manns Marcel Dettmann zu machen, bietet sich der Klick auf seinen Remix zum Moderat-Track Bad Kingdom an. Denn besonders im direkten Vergleich wird deutlich, was den Berliner ausmacht: roher, derber und kraftvoller Techno, ohne aufgesetzte Schnörkeleien. Eben diese Art von Tanzmusik, die auch Bunkerwände zum Beben bringt. Wie passend also, dass dieser Abend im Uebel & Gefährlich stattfindet. Außer Marcel Dettmann sind in dieser Nacht noch folgende DJs am Start beziehungsweise an den Reglern: Felix Lorusso (Plastik!) und Florian Belmondo (Elastik?). Für ein ausgelassenes Live-Set wurden Answer Code Request (MDR/Ostgut Ton) dazu gebucht.