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„Cycles of Care“

Die Dokumentation zeigt das Leben philippinischer Frauen, die jahrelang in Isreal als Pflegerinnen arbeiteten und nun in ihre Heimat nach Manila zurückgekehrt sind.

Die Filmemacherinnen Lizza May David und Claudia Liebelt begleiteten fünf philippinische Frauen, die jahrelang in Isreal als Haushaltskräfte und Pflegerinnen arbeiteten und nun wieder in Manila leben. Sie gehören zu der großen Gruppe an Menschen, die ihr Zuhause auf den Philippinen verlassen, um andernorts zu arbeiten, wo die Wirtschaft floriert. Mit dem Geld können Sie ihren Familien in der Heimat ein besseres Leben ermöglichen. Gleichzeitig lassen sie jedoch für lange Zeit ihre Kinder zurück und leben in der Fremde. Wenn sie dann zurückkehren, ist es nicht immer leicht, sich wieder einzugliedern. Die Dokumentation Cycles of Care zeigt, wie die Frauen in Fotoalben blättern, hebräisch sprechen und sich an das Leben im Kibbuz erinnern. „Sie sprechen vom Durchqueren von Grenzen in einem nicht nur geographischen Sinne“, heißt es in der Ankündigung. Im Anschluss an die Vorstellung im W3-Saal, diskutieren die Filmemacherinnen mit dem Publikum. Vor und nach der Veranstaltung ist die Videoinstallation frankfurter küche der Künstler Johanna und Benjamin Wölfing zu sehen.

Trailer: Cycles of Care from Lizza David on Vimeo.

 

Biest

Ob vegan oder mit Fleisch, das neue Restaurant in Eimsbüttel macht Lust auf kulinarische Ausflüge an einem Mittwochabend.

Benni steht an seinem kompakten Tresen, hinter ihm die Leuchtbuchstaben b i e s t. Benni wird diesem Namen nicht gerecht, wir werden sehr freundlich begrüßt. Nur in der Küche bekennt die Crew Farbe, wenn die Tür aufgeht, sieht man eine HSV-Fahne hängen. Ein bisschen mehr Rock’n’Roll hatte ich bei dem Namen schon erwartet. Letztendlich finde ich den aber im Weißwein Deep Blue vom Weingut Tesch, Anbaugebiet Nahe. Ein beeindruckender Weißwein aus roten Trauben gekeltert. Passend zum kräftig gewürzten Rote-Bete-Risotto mit Petersilienschaum und Jakobsmuscheln. Das Risotto hat einen kräftigen Biss und bekommt durch das rote Gemüse eine wunderbare Erdung. Zusammen mit den butterweichen Jakobsmuscheln ein Gedicht. Das Konzept von Chef Benni und Koch Marc ist so schlicht wie modern: kleine, interessante Karte immer auch mit vegetarischen und veganen Angeboten. Frische Zutaten, möglichst aus der Umgebung. Das Lokal ist mit 40 Sitzplätzen sehr intim. Perfekt für ein Stelldichein. Mein Gegenüber erfreut sich an dem saftigen Hüftsteak einer Mecklenburger Färse, serviert mit Fritten und Senfmayonnaise. Die intensive Zitronentarte mit Mascarponecreme und Himbeercoulis vernaschen wir gemeinsam. Fazit: Wer braucht Rock’n’Roll, wenn er das Biest hat.

Text: Lisa Scheide

 

Tenacious D

Gibt’s was zu feiern? Kurz bevor das humorige Duo in Hamburg spielt, werden die Grammy Awards 2015 verliehen. Sie sind nominiert für die „Best Metal Performance“.

Die Spezialisten für Blödeleien: Jack Black (US-Schauspieler, u.a. Nacho Libre) und Kyle Gass bilden die komödiantische Rockband Tenacious D. Das ist herrlich hirnrissig, was die beiden da machen. Sie widmen dem besten Song der Welt ein Stück, haben aber dessen Namen vergessen. Sie fliegen in ihrem Film Kings of Rock – Tenacious D mit einem Sasquatch (kanadische Bezeichnung für Bigfoot) durch die Lüfte und kämpfen in einem Gitarren-Battle gegen den Teufel. Für den Dreh ihrer Videos oder die Einspielung von Alben holt sich das Duo aus Kalifornien immer wieder prominente Verstärkung an die Seite. Gelegentlich sitzt Dave Grohl, Frontmann der Foo Fighters, am Schlagzeug. 2012 erschien mit Rize of the Fenix ihr letzter Longplayer. Aktuell sind sie mit ihrem Cover von The Last in Line (Original: Rocklegende Dio) für die Grammy Awards 2015 in der Kategorie Best Metal Performance nominiert, die am 8. Februar vergeben werden. Vielleicht gibt es also zwei Tage später etwas zu feiern, wenn Tenacious D in der Großen Freiheit 36 spielen – das Konzert ist allerdings ausverkauft.

 

„Onkel Wanja“

Das Tschechow-Drama in der Inszenierung von Karin Beier läuft am 11. Februar im Schauspielhaus. Weitere Vorstellungen folgen am 20. und 26. Februar.

Meist in behäbigen Gummistiefeln agieren die Figuren in der klugen Tschechow-Inszenierung von Karin Beier, und das oft nur auf einem schmalen Steg einen halben Meter über der komplett mit Torferde ausgelegten Bühne. Ein zuweilen grotesker Balanceakt für die Schauspieler und eine fast ungehörige Raumteilung bei einer großen Bühne wie der des Schauspielhauses. Der verknappte Handlungsraum steht im Kontrast zu dem sich im Dunklen verlierenden Erdboden. Das reduziert einerseits die Figuren auf die Nichtigkeit des Seins, gleichzeitig unterstreicht die Verzerrung des Raumes die Raffung und Beschleunigung auf der Zeitebene. Tschechow stellt in seiner Gesellschaftsposse einmal mehr die Sinnlosigkeit menschlichen Lebens dar. Ob Bauer oder Gutsherr, das Landleben ist stumpf und langweilig, allein Eros vermag die Gestalten noch herauszufordern, nur um sie sang- und klanglos scheitern zu lassen. Onkel Wanja, gespielt von Charly Hübner, sieht sein Leben vertan, weil er das urbane Professorendasein seines Schwagers jahrelang finanziert hat, indem er auf dem Gut wie ein Tier gearbeitet hat. Seine Nichte Sonja ist hoffnungslos in den Arzt und Alkoholiker Michail Astrow verliebt. Der aber fühlt sich wie Wanja zu Professorengattin Elena hingezogen. In bleierner Heiterkeit eskaliert das Geschehen …

Text: Lisa Scheide

 

KRASS

Zu Gast auf der Kehrseite: Das Kultur-Crash-Festival geht in seine dritte Runde – vom 11. bis zum 21. Februar auf Kampnagel.

Zum dritten Mal findet auf Kampnagel das Kultur-Crash-Festival KRASS statt: Regisseur Branko Šimić und der Performer Nikola Duric sind als Kurator und Dramaturg federführend für die zehn Tage, in denen sie sich Europa einmal von unten anschauen. Damit der Laden nämlich brummt, ist die Volkswirtschaft auf jene angewiesen, die man von oben nicht sieht: Im Unterholz herrscht eine kapitalistische Schattenökonomie, ausgetragen auf dem Rücken von Migranten. Die EcoFavela Lampedusa-Nord wird dabei zum Festivalzentrum: In den von der Künstlergruppe Baltic Raw entworfenen Aktionsraum für Flüchtlinge ziehen Ilhana Verem, Biljana Milkov und Jevgeni Roppel ein, die mit Klang, Performances und Videoinstallationen ein bisschen an den bestehenden Verhältnissen rütteln wollen. In Šimićs Produktion Ghetto Blaster wird in einer explosiven Kollage die Lebenswelt junger Hamburger mitreißend auseinandergenommen, mit Schwimmen lernen (Foto) ist eine junge Produktion des Maxim-Gorki-Theaters in Berlin zu sehen. Es gibt viel zu sehen und noch mehr nachzudenken – auch über diese zehn Tage hinaus.

 

„Wer rettet wen?“

Der neue Film von Leslie Franke und Herdolor Lorenz feiert am 11. Februar Hamburg-Premiere im Metropolis. Die Filmemacher sind anwesend.

Gute Frage: Retten die Reichen die Armen? Die Politiker die Banken? Die Rettungsschirme Europa? Die Geschäfte „notleidender“ Banken stehen im Zentrum des neuen Films von Leslie Franke und Herdolor Lorenz. Nach Water Makes Money und Bahn unterm Hammer, in denen sie sich kritisch mit der Privatisierung und sogenanntem Public Private Partnership auseinandersetzten, nehmen die Hamburger Filmemacher in Wer rettet wen? die Finanzkrise unter die Lupe. Der Untertitel ihrer Dokumentation („Die Krise als Geschäftsmodell auf Kosten von Demokratie und sozialer Sicherheit“) nimmt ihr Resümee bereits vorweg: „Stets geht es nur um das Wohl der Hauptverdiener an diesen Krisen: den mit hochriskanten Spekulationen engagierten Banken.“ Bei der Hamburg-Premiere des Films, der zeitgleich in 150 europäischen Städten anläuft, sind sie zu Gast.

 

Ben Schadow Band

Der vielbeschäftigte Musiker und Produzent präsentiert das neue Album seiner Band, „Dr. Eskapismus“, live im Nochtspeicher.

Angesichts der Künstler und Alben, für die Ben Schadow schon an der Gitarre, am Mischpult oder auch sonst wo stand, ist es fast ein bisschen verwunderlich, dass der Hamburger Musiker, Songschreiber, Arrangeur und Produzent noch immer für die breite Masse unterm Radar durchfliegt. In der Vergangenheit kollaborierte er bereits mit Bernd Begemann, Kettcar, Olli Schulz, Dirk Darmstaedter, Pascal Finkenauer und sogar mit dem 2013 verstorbenen, deutsch-schweizerischen Bandleader, Komponisten und Pianisten Paul Kuhn. Aktuell begeistert der nun fast 40-Jährige aus Lingen (Ems) mit seiner Vintage-Soul-Band Rhonda. Parallel dazu arbeitete er an seinem zweiten Solo-Album Dr. Eskapismus, das bei aller Verspieltheit mit überwiegend bodenständigem, solidem und unaufgeregtem Gitarren-Indiepop aufwartet. Einige Songs daraus wird Schadow sicher auch im Nochtspeicher spielen.

 

 

„Geschichten aus…

… dem Wiener Wald“. Regisseurin Paulina Neukampf, Absolventin der Theaterakademie Hamburg, zeigt auf Kampnagel ihre Abschlussarbeit.

Es wäre doch wirklich schade, wenn die studentischen Inszenierungen, die als Abschlussarbeiten an der Theaterakademie Hamburg entstanden, einfach so in der Versenkung verschwänden. Sie gehören auf die Bühne! Das Internationale Zentrum für schönere Künste, Kampnagel, bietet dafür eine Plattform. Am 7. Februar erzählt Nachwuchsregisseurin Paulina Neukampf Geschichten aus dem Wiener Wald. Ihre Heldin Marianne lebt in einer Welt, in der sich Menschen durch die Annahme miteinander verbunden fühlen, ihr Glück sei von den anderen abhängig. Marianne hingegen erfüllt eine davon abweichende, wenn auch unbestimmte Sehnsucht und sie wagt den Ausbruch. In der Ankündigung der Hochschule heißt es: „Der Titel weckt Assoziationen an Walzercharme. Aber der Autor selbst zerschlägt dieses Klischeebild brutal. Nicht die Seligkeit erfüllt die Bühne, sondern der rücksichtslose Kampf aller gegen alle. Wer aus dieser Welt auszubrechen versucht, wird von ihr zerbrochen.“ Neben der Regie sind auch das Bühnenbild, die Dramaturgie, Kostüme, Musik und das Schauspiel von Studierenden der Akademie umgesetzt worden.

 

„Visions 2015“

360°-Setup, Lasershow, DJs: Im Edelfettwerk wird unter dem Motto „Botanica“ ein virtueller Dschungel für Raver inszeniert.

Dieser Tipp richtet sich an alle, die auf monothematische Giga-Indoor-Raves stehen: In Hamburgs Nordwesten findet am 7. Februar die dazu passende Veranstaltung statt. Im Edelfettwerk (Eidelstedt) startet die Visions 2015 unter dem Motto Botanica in eine bunte Tanznacht. Da werden keine Mühen gescheut, um die vergnügungsfreudige Meute zu unterhalten: Ein 360°-Setup mit abgefahrenen Videoprojektionen verwandelt die alte Fabrikhalle in eine künstliche Pflanzenwelt. Für die musikalische Begleitung sorgt ein internationales Line-up aus DJs und Liveacts (unter anderem Coming Soon, Morten Granau, Marcosis oder Neurologic). Performancekünstler, eine Lasershow und das auf die Location angepasste Raumdesign machen das Edelfettwerk zum virtuellen Dschungel – ohne Ekelprüfungen, versprochen.

 

Alvvays

Netter Indie-Hype im Anmarsch: Das kanadische Quintett um Frontfrau Molly Rankin präsentiert die Songs seines Debüt-Albums live im Molotow.

Ja, tolle Songs können sie schreiben, diese fünf sympathischen Leute aus Toronto, Kanada. Archie, Marry Me ist ein echter Indie-Hit, wie man ihn vor 20 Jahren auch von einer Band wie Pavement hätte erwarten können: gradliniger Mid-Tempo-Beat, ein – typisch Slackertum – gelangweilt vorgetragenes Gitarren-Riff und dazu eine Gesangsmelodie, die sich sofort im Gedächtnis festsetzt. Die Frontfrau von Alvvays, Molly Rankin, hat eine helle und klare Stimme, die vielleicht nicht jedermanns Sache ist und live nicht jeden Ton trifft, aber sich stimmig in den Bandsound einfügt. Vom letztjährigen Debüt-Album des Quintetts zeigten sich nicht nur diverse US-College-Radio-Stationen begeistert, sondern auch das englische Musikmagazin NME. Das nächste große Ding ist also im Anmarsch. Wer es nicht verpassen möchte, sollte sich rechtzeitig Karten für den Molotow-Gig von Alvvays besorgen.