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The Blues Brothers

Im Auftrag des Herrn unterwegs: Die Originalproduktion vom Londoner West End gastiert am 5. Januar im Saal 2 des CCH.

Na, wie wär’s mal wieder mit einem Musical? Aber diesmal ohne Katzen und Löwen, ohne Phantom und Tarzan, ohne Fußball und Boxen, sondern mit zwei zwielichtigen Brüdern, die in einem alten Bullenwagen unterwegs sind, während eines Gottesdienstes erleuchtet werden und fortan „im Auftrag des Herrn“ versuchen, ihre alte Band wieder zusammen zu bringen… Wer kennt ihn nicht, den amüsanten Kult-Film von John Landis, mit Dan Aykroyd und dem unvergesslichen John Belushi in den Hauptrollen und den sensationellen Gastauftritten von James Brown, Aretha Franklin, Ray Charles und Cab Calloway? Ob es einer Musical-Produktion (und sei sie direkt aus dem Londoner West End importiert und sogar von Judith Belushi und Dan Aykroyd höchstpersönlich abgesegnet) gelingen kann, den anarchischen Witz von Landis 1980 gedrehtem Original auch nur annähernd umzusetzen, ist zu bezweifeln. Sei’s drum: Eine Abwechslung vom üblichen Musical-Kitsch in Hamburg stellen die Blues Brothers allemal dar.

 

Chakuza

Der österreichische Rapper präsentiert die Tracks seines aktuellen Albums, „EXIT“, live im Knust. Im Vorprogramm: Maxat.

Von Zeit zu Zeit spuckt Österreich – sonst nicht gerade der heißeste Kandidat, wenn’s um aktuelle Popmusik geht – Künstler aus, denen es über die Landesgrenzen hinaus gelingt, mit ihrem Sound zu begeistern. Zu den letzten Beispielen zählt der Rapper und Produzent Peter Pangerl, der sich auf der Bühne Chakuza nennt. Seit über zehn Jahren ist der 1981 geborene Linzer in der Aussie-Hip-Hop-Szene aktiv. Sein erstes Solo-Album erschien 2007, mit den folgenden erklomm er immer höhere Plätze in den deutschsprachigen Charts. Sein letzter Longplayer trägt den programmatischen Titel EXIT. Dem entsprechend hat Chakuza angekündigt, sich langsam aus dem öffentlichen Rummel zurückzuziehen und künftig eher im Kollektiv anstatt als Solo-Künstler zu arbeiten. Wer den Mann nochmal in Live-Action sehen möchte, sollte am 5. Januar also den Knust besuchen.

 

Eine Taube…

…sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach: Der neue Film des schwedischen Regisseurs Roy Andersson ist seltsam und schön.

Die Filme des schwedischen Regisseurs Roy Andersson sind äußerst eigene Kunstwerke: In starken, surrealen Bildern erzählt, sind sie eindeutig Komödien, aber nicht wirklich zum Lachen. Sein neuester Film mit dem unzumutbar langen Titel bildet mit Songs From The Second Floor (2000) und Das jüngste Gewitter (2007) so etwas wie eine lose Trilogie übers menschliche Dasein. Dabei erzählt Eine Taube… erstmals eine zusammenhängende Geschichte statt Episoden zu stapeln: Zwei erfolglose Scherzartikelverkäufer juckeln durch die skandinavische Provinz und treffen Leute, die so skurril sind wie sie selbst. Anderssons Humor ist nicht jedermanns Sache, sein Eigensinn ist aber stets faszinierend zu betrachten. In Cannes gab es dafür den Goldenen Löwen, zu Recht. So seltsam-schön und unergründlich ist Kino nur selten.

Text: Thorsten Moor

 

Love Newkirk

Auf der Bühne des Altonaer Theaters führt Sängerin Love Newkirk durch ihr eigenes Programm voller Soul, Gospel und R’n’B.

Love’Secret heißt die Show, in der Sängerin, Moderatorin und Entertainerin Love Newkirk das zusammen bringt, was ihr auf der Bühne am meisten Spaß macht und was ihr in Hamburg zuvor manchmal fehlte. Ein Ort, an dem sie regelmäßig ihre Liebe zum Soul, zum Gospel, zu R’n’B und Jazz ausleben, ja raussingen kann – im engen Kontakt mit dem Publikum. Nachdem sie bereits am Broadway Musical-Erfahrungen sammelte und in Hamburg dann bei Produktionen wie Sister Act im Altonaer Theater oder Pasta e Basta in den Hamburger Kammerspielen bleibenden Eindruck hinterließ, bringt sie mit Love’Secret nun eben diese ganz eigene Mischung auf die Bühne und lädt ein auf eine soulige Reise durch persönliche Greatest Hits, in denen, neben Legenden wie Aretha Franklin, auch Pop-Größen wie Alicia Keys ihre Rollen spielen. Stimmgewaltige Unterstützung bekommt sie in diesem Jahr zudem von Balungile Gumede, der derzeitigen Hauptdarstellerin in Der König der Löwen.

 

Swing Jugend

„Oh Lord, Let’s Dance“: Die DJs Swingythekid und Doo Wop Chris laden zum Kellerschwoof mit Swing’n’Soul, R&B und Popcorn.

In der NS-Zeit war Swingtanzen gefährlich. Die Nazis fürchteten die moralzersetzende Wirkung amerikanischer Jazzmusik, so wurden aus Musikliebhabern Oppositionelle. Hamburger wie Uwe Storjohann und der bereits verstorbene Günter Discher waren damals Mitglieder der „Swing-Jugend“ und haben ihre Erinnerungen an die jüngeren Generationen weitergegeben. In einer der schönsten St.-Pauli-Kneipen, dem „Komet“, wird den mutigen Nachtschwärmern mit einem Tanzabend gehuldigt: Wenn im Keller getanzt wird, ist das immerhin auch eine Art Untergrundbewegung. Die Musik dazu legen DJ Swingythekid und sein Münchner Kollege Doo Wop Chris auf, für ihre Plattenteller versprechen sie Swing’n’Soul, R&B, Popcorn und das beste aus den Dreißigern bis in die Sechziger. Das geschichtsbewusste Schwoofen geht übrigens am besten, wenn man sich dafür ein bisschen in Schale geschmissen hat, den Lindy-Hop tanzt man nun einmal nicht im Kapuzenpulli.

 

The 10 Tenors

Vielleicht nichts für Opernpuristen, aber allemal unterhaltsam: Zehn Sänger schmettern bekannte Melodien aus „Das Phantom der Oper“ und „Les Misérables“.

 

Viel hilft viel, denkt sich das Gesangsensemble aus Brisbane. Die Ten Tenors stellen ihre zehnköpfige Stimmgewalt auf der aktuellen Tour in den Dienst zeitloser Musical-Klassiker. The Ten Tenors on Broadway heißt das neue Programm, das mit Ausschnitten aus Bühnenerfolgen wie Das Phantom der Oper oder Les Misérables das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißen will. Das könnte funktionieren: Eine charismatische Sängermannschaft, die Evergreens anstimmt, in einer musikalischen Melange aus Rock und Klassik – so schreibt man ein Erfolgsrezept. Das Ganze wird noch mit etwas gutmütigem Humor garniert, heraus kommt eine Musikrevue, die Theateratmosphäre mit Konzertstimmung verbindet und schlichtweg unterhalten möchte. Für Opern-Puristen ist das vielleicht nichts, alle anderen freuen sich über bekannte Melodien in einer höchst professionellen Show-Darbietung.

 

Prosit Neujahr!

Entschädigung für böllergeschädigte Ohren: Die Neue Philharmonie spielt Evergreens von Johann Strauß, Franz Lehár, Giuseppe Verdi und Giacomo Puccini.

Der Start muss gelingen. Das ist nicht nur bei Rennrodlern im Eiskanal so, sondern gilt auch grundsätzlich für den Jahresbeginn. Dass 2015 gut in die Gänge kommt, ist Auftrag und Anliegen der traditionellen Neujahrskonzerte. Während der eine oder andere noch mit dem Brummschädel kämpft, werden in der Laeiszhalle klassische Melodien wie An der schönen blauen Donau, Dein ist mein ganzes Herz oder der Gefangenenchor aus Nabucco zu Gehör gebracht – die beruhigen das böllergeschädigte Trommelfell wieder. Im Großen Saal der Laeiszhalle sagt die Neue Philharmonie unter der Leitung von Dirigent Mike Steurenthaler gemeinsam mit dem Verdi Chor Hamburg Prosit Neujahr!. Mit Werken von Johann Strauß, Franz Lehár, Giuseppe Verdi und Giacomo Puccini wird musikalisch angestoßen: Kann losgehen.

 

Die Happy

Mit ihrem aktuellen Album „Everlove“ im Gepäck beschließen die Ulmer Alternative-Rocker das Jahr in der Großen Freiheit.

Mit Supersonic Speed tauchte Die Happy 2001 vermeintlich plötzlich in der deutschen Musiklandschaft auf. Zunächst oft als bloßes Echo auf die Guano Apes verstanden, musste dieser Eindruck in den folgenden Jahres deutlich korrigiert werden – schließlich gründeten sich Die Happy zum einen bereits 1993 (ein Jahr vor den Guano Apes), und beim genauen Hinhören lassen sie nie einen Zweifel daran aufkeimen, dass sie schlichtweg ihr ganz eigenes Ding fahren. Wohl auch deshalb stecken sie heute mitten im 21. Bandjahr, in dem einmal mehr zum Jahresende die traditionelle Weihnachtstour auf dem Programm steht. Die geht die Ulmer Alternative-Rockband mit gleich zweifacher Neuerung im Gepäck an: dem 2014 veröffentlichten, zwölften Studioalbum Everlove sowie unmittelbaren Bandnachwuchs. Dass Frontfrau Marta Jandová durch solch Zusatzaufgaben irgendwie aus dem Energiegleichgewicht gebracht werden könnte, ist jedoch wohl kaum zu befürchten. Eine These, die zweifelsfrei jeder unterzeichnen würde, der schon einmal einem Livekonzert der Band beigewohnt hat. Text: SZENE Hamburg

 

Megacities

Das Metropolis zeigt den 1998 entstandenen Film des im April verstorbenen österreichischen Filmemachers Michael Glawogger.

Menschen in Bombay, Moskau, New York und Mexico City: Menschen leben von und im Müll. Für seine weltumspannende Recherche hat der im April verstorbene österreichische Regisseur Michael Glawogger (Workingman’s Death, Whore’s Glory und – unter der Regie von Wim Wenders – Kathedralen der Kultur) die Ärmsten der Armen aufgesucht: In zwölf Kapiteln erzählt der Film von Shankar, dem Bioskopmann, von Modesto, dem Hühnerfüßeverkäufer, von Babu Khan, dem Farbensieder, von Nestor, dem Müllsammler, von Oleg, Boria, Kolya, Mischa, den Straßenkindern, von Cassandra, der Schauspielerin, von Larissa, der Kranfahrerin, und Toni, dem Hustler. Dabei kam es dem Filmemacher darauf an aufzuzeigen, dass ihr Kampf gegen das Elend über Einfallsreichtum, Witz und Würde verfügt. Und das ist es, was seinen Film über die Megacities nicht nur erträglich, sondern so sehenswert macht.

 

Total Chaos

Die kalifornischen Crust-Punker hauen ihre Riffs im Hafenklang herunter. Im Vorprogramm spielen Small Town Riot aus Buxtehude.

Die Bandnamen klingen so, als müsse man nach dem Konzert mit dem absoluten Ausnahmezustand am Fischmarkt rechnen. Doch keine Sorge, die wollen nur spielen. Total Chaos haben sich Ende der 1980er Jahre in Kalifornien gegründet und widmen sich seitdem schnellen, harten Crust-Punk britischer Schule. Zu ihren musikalischen Paten dürften Discharge und The Exploited ebenso gehören wie auch Crass und Conflict. Small Town Riot kommen aus Buxtehude, einem „verschissenen Vorort südwestlich von Hamburg“, und haben seit 1999 mehrere Besetzungswechsel durch- und mehrere Tonträger herausgebracht. Ihren Still beschreibt die Band selbst als Bastard aus Punk’n’Roll, Street-Punk und Deutsch-Punk. Immerhin werden sie von Dickies und Ibanez gesponsort. Das entspricht zwar nicht gerade der Punk-Orthodoxie, aber egal – solange sie nicht von der Deutschen Bank unterstützt werden…