Lesezeichen
 

„Zur Hälfte Schwarz“

Die Sommerakademie Pentiment zeigt in Kooperation mit China Time Hamburg Kunst von chinesischen und deutschen Studierenden.

Es waren wieder bunte drei Wochen im Juli und August für die Teilnehmer der internationalen Sommerakademie für Kunst und Gestaltung der Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Seit 1988 können hier Kunstinteressierte – vom Autodidakten bis zum Designprofessor – das „temporäre Feld für experimentelles Arbeiten ohne bedingtes Ergebnis“ zum Ausprobieren nutzen, in Bereichen wie Malerei, Installation, Fotografie, Illustration oder Mode und Textil. In diesem Jahr kooperierte Pentiment mit China Time Hamburg 2014, einer Veranstaltungsreihe, in deren Rahmen Ausstellungen, Konzerte und Diskussionen zum Thema China interessante Einblicke in das „Reich der Mitte“ gewähren. Das Pentiment-Team lud chinesische Kunststudenten und den Gastprofessoren Li Di zur Sommerakademie ein. Die Ergebnisse der Zusammenarbeit sind nun in der Galerie Speckstraße im Gängeviertel unter dem Titel Zur Hälfte Schwarz ausgestellt – vor allem Arbeiten aus dem Kurs „Kalligrafische Malerei“.

 

Goodbye, Jehova!

Der Autor und ehemaliger Jehova-Zeuge Misha Anouk liest und erzählt, wie er „die bekannteste Sekte der Welt verließ“.

„Im C&A-Anzug und mit Clip-on-Krawatte im Predigtdienst von Haustür zu Haustür“ – das klingt schlimm. „Ein Leben ohne Weihnachten“ – das klingt wiederum nicht so schlimm. Misha Anouk hat so etwas allerdings als Kind erfahren müssen und das war sicher kein Zuckerschlecken. „Dank einer Sünde“, heißt es im Veranstalterinfo, habe Misha Anouk dann die „bekannteste Sekte der Welt“ im Alter von 20 Jahren verlassen müssen. Müssen? Können? Dürfen? Gerade nochmal gut gegangen jedenfalls, so könnte man sagen. Wie es dazu kam, erzählt der kurioserweise in Gibraltar geborene 33-Jährige in seinem aktuellen Buch Goodbye, Jehova! So ernst das Thema auch sein kann – wer Misha Anouk als Poetry Slammer und Blogger kennt, der ahnt schon, dass es an diesem Abend unter anderem sehr lustig zugehen dürfte. Humor hilft ja bekanntlich immer weiter. Und ohne Humor wird nichts besser.

 

Sternbrücken Nachtflohmarkt

Das beliebte After-Work-Feilsching mit Musik vom Plattenteller und Getränken aus der Bierflasche beginnt um 20 Uhr in Fundbureau und Co.

Wer braucht schon verkaufsoffene Sonntage, wenn an einem Mittwochabend Hamburgs chilligste Kreuzung zum hemmungslosen Konsum einlädt. Es ist wieder Zeit für den Sternbrücken Nachtflohmarkt in den Clubs und Bars Fundbureau, Waagenbau, Astra-Stube und Wasser Schaden. Das After-Work-Feilsching beginnt bei freiem Eintritt um 20 Uhr. Wer verkaufen möchte, reserviert sich hier einen Tisch und darf diesen gegen eine Gebühr von 6 Euro pro Meter ab 18.30 Uhr aufbauen. Alle anderen trödeln von Club zu Club, trinken eine Kuddel Bier, wippen mit der Musik mit und freuen sich des Lebens. Das ist eine gute Alternative für alle, die die „Der-frühe-Vogel-fängt-den-Wurm-Schnäppchen“ bei normalen Flohmärkten schlicht verpennen.

 

Iron Walrus

Aus der Osnabrücker Unterwelt in den Hafenklang. Die Doom-Sludge-Noise-Kapelle startet ihre Tour in Hamburg an der Seite von Trouble (USA).

In der Stadt des Westfälischen Friedens (nein, nicht Münster, sondern Osnabrück) gibt es einen Ort, an dem „alternative Musik“ zu Hause ist. Im Keller des Bastard Club tropft es von der Decke, wenn Hardcore-, Punk- oder Metal-Bands amtliche Werte auf der Richterskala erreichen. Betreiber der Lokalität ist ein bärtiger Mann namens „Schnalli“, der wiederum eigene Band-Projekte am Start hat. Neben Dampfmaschine (aktuelles Album Ballerburg) ist das neuerdings auch Iron Walrus. Fünf gestandene Männer produzieren – schwarze Skimasken mit Walrosszähnen tragend – Doom-Sludge-Noise-Mucke. Pate für ihren Sound standen beispielsweise St. Vitus, Goatsnake oder Quicksand. „Schnalli“ prügelt auf die Drums ein, „Aufi“ shoutet diabolisch ins Mikro, Bene, Ingo und Der Schmidt exorzieren ihre Saiteninstrumente. Eine Band, wie geschaffen für den Hafenklang. Sie teilt sich am 5. November die Bühne mit einer Doom-Metal-Legende: Trouble (USA).

Text: Lena Frommeyer

 

Rocko Schamoni

Der alte Tausendsassa beschreibt in seinem neuen Roman „Fünf Löcher im Himmel“ das Leben in seiner ganzen Rücksichtslosigkeit. Ernsthaft.

Seinen neuen Roman widmet Rocko Schamoni drei jüngst Verstorbenen: Almut Klotz, Micha Wahler und Joerg Zboralski – die Stimmung ist gesetzt. Fünf Löcher im Himmel ist ein Bildungsroman, nur umgekehrt; Abbruch statt Aufbruch ist die Devise:

Paul Zech, 67-jährig, liest sich mithilfe eines zufällig wiederentdeckten Jugendtagebuchs zurück in die Zeit. Pathetische Adoleszenz, große Hoffnungen und erste Liebe hier, gealterte Abgeklärtheit und Einsamkeit da. Unterwegs sind Zech die Jahre und die Illusion vom kleinen Glück einfach so durch die Finger geglitten. Unter den Menschen, die wie Maschinen Tag für Tag funktionieren, konnte er nicht bestehen. Am Ende ist ihm nichts geblieben – außer einem Nissan Datsun 240 Z von 1973 und dem Wellensittich Wolfgang. Doch als hätte er auf diese Freiheit nur gewartet, erhebt Zech sich zum allerersten Mal und nimmt sein Leben selbst in die Hand – voll sinnloser, zerstörerischer Entschlossenheit. Und muss erkennen: Gegen das Leben kann man nichts tun, es passiert, einfach so. Und dann ist es vorbei. Pech gehabt.

Was für ein schöner aber unverkitschter, wahrer, trauriger und doch humorvoller Blick auf dieses Leben. Am 5. und 6. November liest der Autor in der Fabrik.

Text: Almuth Strote

 

Ty Segall

Der talentierte und hyperaktive Endzwanziger gastiert mit Band und neuem Album namens „Manipulator“ im Knust. Support: J. C. Satan.

Wer sowohl die kalifornischen Hardcore-Punks von Black Flag als auch die Drogenrocker von Hawkwind sowie den frühen David Bowie als Inspirationsquelle nennt, kann mit seiner eigenen Musik so verkehrt auch nicht liegen. Und wer mit Ende 20 schon mehrere Alben veröffentlicht und in verschiedenen Bands (darunter eine mit dem sympathischen Namen The Perverts) gespielt hat, der muss nicht genial sein, aber fleißig und willensstark allemal. Ty Segall wirkt wie ein Slacker aus dem Bilderbuch, live auf der Bühne ist aber sämtliche Schlaffheit im Nu verflogen. Der Mann will rocken, auch wenn er mal den Blues hat. Und dass er nach der Vielveröffentlicherei der vergangenen zehn Jahre zurzeit „nur“ ein Album im Tourgepäck mit sich herum trägt, dürfte weniger mit Faulheit als mit Konzentration zu tun haben. Das neue Werk heißt Manipulator. Ob der Typ sich etwa damit selbst meint?

 

Joyce Manor

College-/Indie-/Emo-Rock im Hafenklang: Drei junge Bands sorgen für freundliches Kopfnicken und Leute, die durch die Luft fliegen.

Frisch aus dem College, ab in den Hafenklang: Drei junge Bands sorgen am 4. November für freundlich wackelnde Köpfe. Das Trio Great Cynics stammt aus London und hat sich klassischem Indierock mit Power-Pop-Einschlag und zweistimmigem Gesang verschrieben. Die Cheap Girls aus Lansing, Michigan, gehen da schon etwas rauer zu Werke, inklusive Gitarrenwänden und krachendem Schlagzeug. Das kalifornische Quartett Joyce Manor schließlich toppt das Ganze noch einmal durch eine gehörige Portion Nervosität, Virtuosität und Aggression. Statt slackerhaftem Hängertum herrscht hier – selbst bei balladeskeren Songs – stets ein Mindestmaß an Adrenalin und Aufgekratztheit. Und die eine oder andere Math-Rock-Band dürften die auch schon mal gehört haben. Kein Wunder also, dass bei deren Konzerten regelmäßig Leute durch die Luft fliegen.

 

Hamburger Krimifestival

Mord im Kopf: Namhafte Krimiautoren wie Simon Beckett und Donna Leon lesen auf Kampnagel aus ihren neuesten oder bekanntesten Werken.

Wie tickt ein Mensch, der den Bauch einer Leiche mit Kaninchen füllt, Würmer durch verwesende Körperteile kriechen lässt oder Frauen in Hochzeitskleid in einem Bunker quält? Autoren von Kriminalromanen sind Spezialisten für solch kreative Quälereien. Die eingangs genannten Taten stammen aus der Feder von Simon Beckett, jenem Journalisten, der es mit seinem Roman The Chemistry of Death um den fiktiven Forensiker David Hunter in ziemlich viele Bücherregale schaffte. Er und andere namhafte Autoren wie Donna Leon stellen bis zum 8. November beim Hamburger Krimifestival neue Werke vor. Los geht es mit der Eröffnung am 4. November, wenn Simon Beckett aus seinem Buch Der Hof liest. Stephan Benson sorgt für die deutsche Übersetzung. Im Anschluss musiziert Jazz-Pianist Joja Wendt. Diese Veranstaltung ist bereits ausverkauft. Der Blick ins Programm offenbart Alternativen.

Text: Lena Frommeyer

 

Köpenick am Schlump

Das Abaton Kino zeigt Gyula Trebitschs Produktion „Der Hauptmann von Köpenick“ mit vorheriger Einführung von Michael Töteberg und Volker Reißmann.

Er hätte gern den Faust verfilmt, ist aber auch so zu einer hanseatischen Respektsperson avanciert: Gyula Trebitsch war Ehrenprofessor und Ehrenschleusenwärter. In Tonndorf, wo er 1960 sein Studio Hamburg gegründet hat, ist eine Schule nach ihm benannt. Das Leben des gebürtigen Ungarn, der Praktikant bei der Ufa war und KZ-Gefangener, ist Gegenstand eines Buches im Verlag Ellert + Richter. Zur Einstimmung auf die Lektüre läuft Trebitschs größter Kinoerfolg: Die Oscar-nominierte Real-Filmproduktion Der Hauptmann von Köpenick, für die 1956 auch am Schlump gedreht wurde. Die Filmwissenschaftler Michael Töteberg und Volker Reißmann führen in den Film ein und zeigen Interviews mit Heinz Rühmann und dem 2005 verstorbenen Gyula Trebitsch sowie seltene Fotos von den Dreharbeiten 1956 in Hamburg.

 

Jazzraum-Geburtstag

Eine Hamburger Jazzreihe feiert ihren 12. Geburtstag – mit einer Fotoausstellung, Musik vom Plattenteller und der überaus sehenswerten Live-Band Cnirbs.

Der Jazzraum feiert Geburtstag. Anfang November vor 12 Jahren begründete der Hamburger Schlagzeuger und Komponist Tarik Husseini den Sunset Jazz Club im damals noch existenten Altonaer Club Subotnik. Später zog er ein paar Straßen weiter gen Elbe und wurde in Jazzraum umbenannt. Dort residiert er bis heute. So viel Durchhaltevermögen muss gefeiert werden, dachten sich die Veranstalter (und das dankbare Publikum wird nicht widersprochen haben). Mit dem Trio Cnirbs, bestehend aus Matthäus Winnitzki (Keyboards, Komposition), Stephan Meinberg (Trompete, Euphonium) und Konrad Ullrich (Schlagzeug), hat sich einer der interessantesten Jazzbands der Republik für zwei Live-Sets angekündigt, um Stücke ihres kürzlich beim brennt-rekords-Label erschienenen Albums Hey Kollege zu Gehör zu bringen. Außerdem gibt es eine Ausstellung mit Fotos vergangener Jazz-Abende und Musik vom Plattenteller.