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Liebe und Verbrechen

Die Französischen Filmtage im Metropolis-Kino loten in diesem Jahr kriminelle Abgründe aus. Der heutige Eröffnungsfilm heißt „L’Amour est un crime parfait“.

Maigret hat ausgedient im französischen Krimi. Nicht altväterliche Einfühlung bestimmt die Erzählweisen der aktuellen polars français, sondern präzise Genregesetze prägen das französische Spannungskino der Gegenwart. Gern gesellt sich dabei zum Dubiosen das Frivole.
L’Amour est un crime parfait heißt am 14. August der Eröffnungsfilm der 7. Französischen Filmtage im Metropolis-Kino. Perfekt schlägt der Thriller um einen zweifelhaften Literaturprofessor und eine vermisste Studentin den Grundton der Filmauswahl an: In L’autre monde (16./23.8.) lockt eine rätselhafte Blondine einen jungen Mann auf die gefährlichen Pfade eines interaktiven Videospiels, in L’inconnu du Lac (17./25.8.) sind Affären unter Männern lebensgefährlich, und in Arrêtez-moi! (20./26.8.) bezichtigt sich eine Ehefrau des Mords an ihrem lieblosen Gatten. Ergänzend zu dieser kriminell guten Leistungsschau steht eine kleine Retrospektive mit vier Psychokrimis des französischen Charakterdarstellers Yvan Attal auf dem Programm.

 

The Cat Empire

Das gut gelaunte Crossover-Sextett aus dem australischen Melbourne macht im Rahmen seiner Europa-Festival-Tournee im Docks Halt.

Lustig: Es gab mal eine Sängerin und Songschreiberin aus den USA, die sich Cat Power nannte. Nun ist aus der „Macht“ gleich ein ganzes „Imperium“ geworden … The Cat Empire, die – um Missverständnisse zu vermeiden – wirklich nichts mit Cat Power zu tun haben, kommen aus Australien, sind zu sechst und spielen launige Musik, die allerlei Elemente von Funk und Jazz über Reggae bis hin zu Rock, Klezmer und HipHop verarbeitet (und somit von der Musik Cat Powers nicht weiter entfernt sein könnte). Nachdem sie mit ihrem zweiten Album, Two Shoes (2005), daheim in Australien Platz eins der dortigen Charts erreichen konnten, spielte die Band in den Folgejahren mit Erfolg auf Riesen-Festivals wie dem Edinburgh Festival, Rock am Ring und Rock im Park. 2013 erschien ihr aktuelles Album, Steal The Light, dessen Songs sicher auch zu hören sein werden, wenn The Cat Empire im Rahmen ihrer Europa-Festival-Tournee, die sie von Kopenhagen über Winchester und Vrtojba zum Chiemsee führt, zwischendurch im Docks Halt machen.

 

Horst With No Name

Sympathisch, überzeugend und irgendwie „authentisch“: Der Alleinunterhalter aus Hamburg schmettert seinen Rockabilly-Blues auf der Barkasse Claudia.

Natürlich hat der Horst einen Namen, aber der tut hier nichts zur Sache. Viel wichtiger und interessanter: Horst With No Name ist eine One-Man-Band aus Hamburg. Was der charmante Typ dahinter braucht, um seine Show abzuliefern und alle dabei Anwesenden stets zu begeistertem Jubel zu bewegen: je eine Bass- und Snaredrum, Halbakustische, Mikro, Western-Hemd und Pomade im Haar. Nichts weiter. Ihn deswegen gleich einen Multi-Instrumentalisten zu schimpfen (wie das in anderen Ankündigungen gern mal passiert), ist Blödsinn. Hamburgs beste Inkarnation des Amerikaners Bob Log III, der vor 20 Jahren die Latte für künftige One-Man-Bands ziemlich hoch hängte, ist ein toller Alleinunterhalter. Und man verzeiht ihm gern, dass er sein Herz ausgerechnet dem Rockabilly verschrieben hat. Für seinen Barkassen-Gig auf der MS Claudia nimmt Horst jemanden namens Hobo mit an Bord. Ob es sich dabei um ein Äffchen, einen sprechenden Papageien oder einen Mitmusiker handelt, ließ sich bis Redaktionsschluss nicht herausfinden.

 

Hardcore satt

Pogo, Slam-Dance und Stage diving für „angry young guys“: Die Bands Turnstile, Swamps, Angel Dust und Light It Up setzen den Hafenklang unter Druck.

Rund geht es am 14. August im Hafenklang. Vier Bands, bestehend aus Jungs mit einer Menge Wut im Bauch, laden zur Slam-Dance-Polonaise. Den Auftakt machen Light It Up aus dem sächsischen Weißwasser mit moshy Crossover. Angel Dust, zweite Band auf der Line-Up-Liste und nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Metal-Band aus Dortmund, setzen auf Up-Tempo-Beats und relativ melodiöse Riffs. Ähnlich, aber mit etwas aggressiverer Ausstrahlung geht das US-Quintett Swamps zu Werke. Und schließlich sind da noch Turnstile (bitte englisch aussprechen!): 2010 gegründet, wie Angel Dust aus Baltimore stammend und anscheinend einem Old-School-East-Coast-Hardcore-Stil verpflichtet, der Fans von Madball und Agnostic Front mit einsacken möchte, hüpfen die fünf Typen dermaßen hyperaktiv über die Bühne, dass man sich Sorgen machen muss, ob sie denn dabei auch ihre Instrumente anständig bedienen können. Andererseits: Machen die ja nicht zum ersten Mal …

 

Blacklist Royals

Mit ihrem Debüt “Semper Liberi“ erspielten sich die Blacklist Royals hier bereits einige Fans. Im Molotow Exil stellen sie nun ihr zweites Werk vor.

Dass die Blacklist Royals ihr zweites Album nun Die Young With Me genannt haben, könnte nach einem eingestaubten Konzept riechen. Nach alten Punkrock-Themen aus dem Tiefkühler, einmal aufgewärmt. Doch legen wir die Betonung einmal auf den Konjunktiv und stellen fest, dass sich das Quartett aus Nashville keineswegs in alte Punker-Attitüden festgebissen hat, sondern ihre Themen schlichtweg aus dem resultieren, was sie erlebt haben. Die Biografie der beiden Zwillingsbrüder und Frontmänner, Rob und Nat Rufus, hat das Thema auf den Tisch gebracht. Rob war 17 als er an Krebs erkrankte und einen Lungenflügel verlor. Frisch genesen, gründeten die beiden Brüder später die Blacklist Royals. Diese Geschehnisse musikalisch auszuschlachten könnte schnell beschämende Formen annehmen, doch genau das ist den Blacklist Royals nicht passiert. Sie singen von all dem schlicht nach vorne raus, setzen auf Hymnen statt auf Drama und schleudern den Punk’n’Roll in die Gehörgänge ihrer Zuhörer, was ihnen insbesondere live bereits viele Anhänger beschert hat und noch zahlreiche bescheren wird!

Text: SZENE HAMBURG

 

Knust Acoustics

Beim Knust Acoustic gibt es regelmäßig Bier, Wurst und Musik. Letzteres diese Woche von Game Ove & Die Spielfiguren, Pleil und den Arkells!

Veranstaltungen wie diese füttern die Liebe zum Hamburger Sommer mit großen Löffeln. Das Knust lädt auf Feierabendbier und -wurst auf den Lattenplatz ein und spendiert dazu akustische Livemusik. Ein gutes Händchen haben die Organisatoren bei der Auswahl schon oft bewiesen, aber für diesen Mittwoch haben sie einen wahrlich kapitalen Fang gemacht, der den ein oder anderen motivieren dürfte, schon in der Mittagspause sein Handtuch entsprechend zu positionieren. Angekündigt sind: die Arkells. Also die Arkells aus Kanada. Diese Rockband, die schon mehrfach den Juno Award einheimste, die Bands wie Pearl Jam und Billy Talent supportete, die bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver auftrat und kürzlich ihr drittes Album High Noon veröffentlichte. Und die Arkells, die bei eigentlich jedem Konzert vor Spielfreude zu platzen drohen. Dass jetzt kaum noch Platz für Loblieder auf die nordfriesischen Game Ove & Die Spielfiguren mit ihren feinsinnigen Texten über das Leben und das Zwischen-den-Zeilen sowie Pleil, den Cloudberry-Sänger auf Solopfaden, bleibt, ist schade. Aber nur halb so wild, wenn wir doch eh auf alle zusammen mit unserem Feierabendbier anstoßen werden. Oder etwa nicht?

Text: Miriam Mentz

 

Neko Case

Ein Fuß in Country & Western, der andere in klischeefreiem Rock: Die Sängerin und Songschreiberin aus Virginia singt ihre Lieder auf Kampnagel.

Neko Case’ Stimme hat jeden Superlativ verdient, mit dem sie je beschrieben wurde: Es dürften so einige sein. Ihr in Mark und Bein fahrender, unverwechselbarer Gesang ist nun einmal eine Klasse für sich. Von Platte zu Platte entfernte sich die Musikerin von allzu starren Country- und Western-Konventionen, ihr aktuelles Album The Worse Things Get, The Harder I Fight, The Harder I Fight, The More I Love You trägt Americana zwar in sich, ist aber letztlich Rockmusik, die sich klug von Klischees und Standards fernhält. The Worse Things Get… ist stur und angriffslustig, dabei ist Case als Frontfrau ihrer eingeschworenen Band eigentlich eine ausgesprochen freundliche Gastgeberin – die dabei gerne und hingebungsvoll flucht. Wer nicht genug von ihr kriegt: Ende des Monats erscheint das neue Album der kanadischen Powerpop-Supergroup The New Pornographers, Brill Bruisers, auf dem sie erneut mehrere Gastauftritte hat.

Text: Michael Weiland

 

 

Deafheaven

Das junge Quintett aus San Francisco vermittelt zwischen Post-Rock, Black Metal, Screamo und Shoegaze – live im Hafenklang.

Sunbather, Deafhavens Platte aus dem vergangenen Jahr, fand ihren Weg auch zu Leuten, die mit Metal sonst nicht so viel am Hut haben. War einigen auch nicht recht: auf einmal Black Metal abfeiern, aber nicht mal Slayer auf dem iPod haben. Grabenkämpfe zwischen Hipstern und Metalheads mal außen vor gelassen, ist Sunbather eine sehr versöhnliche Platte: Irgendwo zwischen Post-Rock-Melodien mit Shoegazer-Akkordwechseln, Double-Bass-Attacken und Geschrei, bis die Kehle blutet. Das ergibt einen epischen Wutbrocken, der gar nicht so weit weg von Instrumental-Apokalyptikern wie Godspeed You! Black Emperor im Berserker-Modus ist. Im Ansatz ist das ein bisschen experimentell und arty, in der Ausführung aber absolut bauchgesteuerte Musik. Den Kopf braucht es gar nicht, nur zum Moshen. Gibt im Hafenklang bestimmt ein paar aufopferungsvolle Mattenträger, die den Indie-Kids zeigen, wie das geht.

Text: Michael Weiland

 

 

The Last Things

Frau Hedi schippert für die Hasenschaukel – und eine Hamburger Garagenband bringt (nicht nur) das Hafenbecken zum Wippen.

Auch wenn es vorgekommen ist, dass Gäste der Hasenschaukel zu später Stunde den festen Stand vermissen ließen, geschaukelt hat in der Silbersackstraße nicht viel. Das wird auf der Hedi etwas anders, die für ein Konzert der Last Things zum Exil des befristet stillgelegten Clubs erkoren wurde. Auf der sich übers Elbwasser wiegenden Barkasse testet die Hamburger Garagenband ihre Seemannsbeine, live-erprobt ist sie zur Genüge: In den Lebensläufen der Bandmitglieder stehen die Rock’n’Roll-Combos Tigerbeat und Onetwothreefour, als The Last Things hat man für Toy und The Datsuns die Vorgruppe gemacht. Da wippt nicht nur das Hafenbecken. Und wenn die Verstärker langsam wieder auskühlen, gibt es Musik aus der Dose: Die Hasenschaukel-DJs Tan LeRacoon und Der Feine Herr Bergwerker legen bis zum Anlegen auf.

Text: Michael Weiland

 

„Moderne Zeiten“

Charlie Chaplins Meisterwerk über den Menschen in einer industrialisierten Welt läuft beim Frei Luft Kino am Rathausmarkt.

Eines der Hauptwerke des genialen Regisseurs, Schauspielers und Komikers Charlie Chaplin: In Moderne Zeiten gerät die von Chaplin verkörperte Figur des Tramp in die durch und durch industrialisierte Welt der modernen Massengesellschaft: “Am Fließband einer Fabrik, dann buchstäblich im Räderwerk der Maschine, später als Testperson eines ‚Frühstücksautomaten‘ und als unfreiwilliger Streikführer erlebt er die Absurdität eines reglementierten Lebens, das die Menschen zu Anhängseln der Apparatur degradiert” (Veranstalter-Info). Stempel-Uhr, Unterdrückung, Massenarbeitslosigkeit, Taylorismus, Weltwirtschaftskrise, Überforderung, Deformation – all das kommt in diesem Film vor, und obwohl der Tramp uns das ganze Grauen der kapitalistischen Arbeitswelt vorführt, ringt er uns dabei noch 1.000 Lacher ab. Immer wieder sehenswert! Im Vorprogramm läuft der Kurzfilm Démontable (2013) von Douwe Dijkstra.