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Willkommen Mr. Chance

Hal Ashbys Satire von 1979 mit Peter Sellers in der Hauptrolle läuft als letzter Film des diesjährigen Freiluft-Kinos auf dem Rathausmarkt.

Mr. Chance arbeitet seit vielen Jahren als Gärtner in einem vornehmen Haus in Washington D.C. Völlig abgeschottet von der Außenwelt kennt er das „Draußen“ nur aus dem Fernseher. Als sein Hausherr plötzlich verstirbt, wird Chance ins echte Leben hinausgeworfen. Durch eine Verkettung von Missverständnissen steigt er unwissentlich und ohne Absicht bis zum Berater des US-Präsidenten auf. Am Ende gilt er sogar als optimale Besetzung für die nächste Amtszeit … Regisseur Hal Ashby (Harold and Maude, Shampoo, Bound for Glory, Rocks Off) drehte den Film 1979 und erhielt dafür zahlreiche Auszeichnungen und Nominierungen, unter anderem einen Oscar und einen Golden Globe. Für Willkommen Mr. Chance stand der grandiose Peter Sellers zum vorletzten Mal vor der Kamera – bevor er im Juli 1980 den Folgen eines Herzinfarktes erlag. Vorfilm des Abends: der knapp fünfminütige Gay Goth Scene von Kai Stänicke.

 

Doctor Love Power

Das Trio um Mark „Doc“ Bloemeke spielt seine Blues-’n‘-Roll-Evergreens zum Frühschoppen im Biergarten des Landhaus Walter.

„Doo Wop, shanga lang, shimmy shimmy, ooh wee“ – da ist er ja schon wieder! Seit über 20 Jahren widmet sich Doctor Love Power dem Blues und Rock ’n‘ Roll jenseits irgendwelcher Modernismen. Nach On Our Way To Odessa (2009) hat die Hamburger Gruppe um Mark „Doc“ Bloemeke mit Pawn Shop Diaries im Mai dieses Jahres ihr zweites Album veröffentlicht. Das Live-Repertoire der 1991 gegründeten, nach einigen Besetzungswechseln mittlerweile zu einem Trio geschrumpften Band umfasst Hits, Klassiker und Evergreens von Suzie Q und Sick And Tired über Mary Had A Little Lamb und Jambalaya bis hin zu The Thrill is Gone und I Put A Spell on You. Diesen Sommer geben Doctor Love Power ein Mal monatlich ihren Blues ’n‘ Roll im Biergarten des Landhaus Walter zum Besten. Am 17. August ist es mal wieder soweit. Also dann: Auf zum Frühschoppen!

 

Dat Uhlenfest

Flohmarkt, Kinderprogramm, Kleinkunst und Informationen: Die Uhlenhorst lädt zum Straßenfest in die Papenhuder Straße und den Hofweg.

Bereits zum siebten Mal zeigt eines der kleinsten Stadtteile Hamburgs, was es trotz seiner nur 2,2 Quadratkilometer dennoch alles zu bieten hat: Es darf gefeiert und zu Live-Musik und solcher aus der Konserve getanzt werden; es gibt eine Kinderbühne und jede Menge Mitmachaktionen; ein Floh- und Künstlermarkt lädt zum Suchen und Stöbern, zur Schnäppchenjagd und zum Feilschen ein; an Info-Tischen geben lokale Initiativen und Vereine sowie (leider auch) Parteien Auskunft über ihre Arbeit; verschiedene Gastro-Stände dürften hier und dort den Appetit anregen und jedwede Art von Durst löschen – all das mit Stil auf der Uhlenhorst! Dat Uhlenfest verwandelt den Hofweg und die Papenhuder Straße in eine Kunst-, Kultur-, Gourmet- und Unterhaltungsmeile für Jung uns Alt. Besuchen Sie den geografischen Mittelpunkt Hamburgs. Das Straßenfest endet um 21 Uhr. Viel Spaß!

 

Evergreen Terrace

Das Quintett aus Jacksonville, Florida, präsentiert seinen melodischen Metal-Core live in der 73 (Kleiner Donner).

Großer Donner im Kleinen Donner: Mit Evergreen Terrace haben sich die Booker der 73 eine für ihre Verhältnisse deftige Band ins Haus geholt, deren Hamburg-Gig man sonst eigentlich in „Hamburgs Home of Hardcore“, also im Hafenklang, erwartet hätte. Das US-Quintett stammt aus Florida und hat sich Ende der 1990er Jahre gegründet. Der Bandname entstammt der Zeichentrickserie The Simpsons und auch sonst halten sich Evergreen Terrace mit Bezügen zur Pop-Kultur nicht gerade zurück. So besteht ihr drittes Album aus Cover-Versionen von Songs, die die Bandmitglieder stark geprägt haben, zum Beispiel Zero von den Smashing Pumpkins oder Mad World von Tears For Fears. Dass ihre Wurzeln nicht ausschließlich im Hardcore und Metal liegen, hört man auch ihrer Musik an. Inmitten harter Riffs und hysterischem Geschrei sind immer wieder Ansätze von Melodien und Harmonien zu hören, regelmäßige Breaks und Tempowechsel inklusive. Könnte ein netter, lauter Abend werden …

 

Alan Parsons Project

Der ehemalige Toningenieur der Beatles und Pink Floyd gastiert mit seinem Live-Projekt in der Freilichtbühne am Stadtpark.

Obwohl Pink Floyds achtes Album, Dark Side Of The Moon von 1973, zum beispiellosen Verkaufserfolg wurde (bis zum Jahr 2008 wurden davon sage und schreibe 50 Millionen Exemplare verkauft und noch heute gehen mehrere 100.000 Stück pro Jahr über den Tresen), schauten ein paar der an den Aufnahmen Beteiligten – zumindest finanziell gesehen – dennoch in die Röhre. Einer davon war etwa der Toningenieur und Abbey-Road-Studios-Mitarbeiter Alan Parsons, der sogar nach Ansicht der Band einen großen Einfluss auf den Sound der epochalen Platte hatte. Immerhin: Der Mann hat dann mit seinem Alan Parsons Project selber Karriere gemacht und in den 1980er Jahren Hits wie Eye In The Sky, Sirius, Prime Time und Don’t Answer Me veröffentlicht. Seit den Neunzigern tourt das Projekt auch – mit Licht und Sound vom Feinsten.

Text: Michael Weiland

 

30 Jahre Decoder

Der Kultfilm mit William S. Burroughs, Genesis P-Orridge, Christiane F. und F. M. Einheit feiert seinen 30. Geburtstag im 3001 Kino.

„Stark in Vergessenheit geraten“ sei der Film Decoder, teilt Wikipedia seinen Usern mit. Aus der wird der Hamburger No-Wave-Evergreen nun aber lautstark herausgerissen. Vom Produzenten Klaus Maeck, Regisseur Jürgen „Muscha“ Muschalek und dem Pop-Literaten Trini Trimpop von vornherein als „Kultfilm“ konzipiert, bot der Cast mit William S. Burroughs, Genesis P-Orridge, F. M. Einheit, Mona Mur und Christiane „F.“ Felscherinow sowie Musik-Acts von Soft Cell und The The bis Psychic TV und Einstürzende Neubauten so einiges auf, was 1984 als ausgesprochen hip galt. Worum es geht? Ein Soundbastler versucht mittels eines „Decoders“, funktionale Musik in solche umzuwandeln, die geeignet ist, einen Aufruhr anzuzetteln. „Es geht um Manipulation des Menschen durch und mit Tönen, kurz, um funktionelle Musik, Muzak,“ so Muscha in einem Interview von 1983. Der Film feiert dieses Jahr seinen 30. Geburtstag. Weitere Vorstellungen finden am 16., 22. und 23. August im 3001 Kino statt.

 

Andreas Dorau

Der selbst erklärte Nicht-Musiker aus Hamburg tritt im Rahmen des Sommerfestivals auf Kampnagel auf. Support: Uijuijui aus Hamburg.

Er kann’s einfach nicht sein lassen. Wenn es darum geht, aus schlagerhafter Musik etwas trotzdem halbwegs Hörenswertes zu machen, ist Andreas Dorau seit jeher an vorderster Front zu finden. Der selbst erklärte Nicht-Musiker bringt alle paar Jahre ein Album heraus. Zuletzt war das mit Todesmelodien (2011) ein textlich für Doraus Verhältnisse ungewöhnlich ernst anmutendes Werk. Etwas luftiger geht es thematisch mit dem aktuellen Tonträger, Aus der Bibliothek, weiter. Obwohl auch hier Abgründe lauern, so zum Beispiel das harmlos Tannenduft benannte Stück, das nicht etwa einen Waldspaziergang beschreibt, sondern vom Serienmörder Fritz Honka handelt. Zu seinem Auftritt im Rahmen des Sommerfestivals auf Kampnagel war ein Auftritt in Begleitung der Band Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen angekündigt. Jetzt wurde kurzfristig umdisponiert. Wahrscheinlich tritt Dorau dann doch – wie üblich – unterstützt durch Live-Schlagzeug, Keyboard und Halb-Playback auf. Im Vorprogramm spielen UiJuiJui aus Hamburg.

 

Fidel Castros 88.

Das DJ-Team des Hamburger „Tropeninstituts“ zelebriert den Schnapszahl-Geburtstag des „Líder histórico de la Revolución Cubana“.

“Eigentlich ist er offiziell ja am 13.8. geboren, aber das ist ein Mittwoch und mal ehrlich: Wäret ihr da zum Tanzen vorbeigehumpelt?” Das fragen die Betreiber der Hedi-Flotte auf ihrer Homepage. Wir antworten: Klar, warum nicht? Mittwoch ist doch auch ein netter Ausgehtag. Aber okay, um den 88. Geburtstag von Fidel Castro zu begehen, ist kein Aufwand zu groß und die „Feierlichkeiten“ um zwei Tage gen Wochenende zu verschieben, tut ja auch niemandem weh. So werden dann eben am 15. August die DJs des „Tropeninstituts“, namentlich Basso Profundo, El Molestoso und El Superfino, mit einer exquisiten Auswahl an afrokubanischen und Latin-Sounds von Mambo über Cumbia bis Salsa den Geburtstag des Comandante zelebrieren und dabei vielleicht die graue Elbe für einen Moment lang in tropisch anmutende Gewässer verwandeln.

 

Dockville

Zum achten Mal lockt das Dockville-Festival Indie-Connaisseure auf die Wilhelmsburger Elbinsel. Für Spätentschlossene gibt es noch Sonntagtickets.

Nach der seit Mitte Juli andauernden Aufwärmphase, die mit dem MS Artville, dem Vogelball oder dem Butterland schon mal mit leuchtenden Augen die Richtung gewiesen hat, steht am kommenden Wochenende nun also das große Finale an: Das Dockville Festival geht auf der Wilhelmsburger Halbinsel in seine achte Runde. Von Freitagnachmittag bis Sonntagnacht erstreckt sich das bunte Programm auf acht Bühnen, von groß bis winzig, von Open Air bis überdacht und natürlich auf allen Wegen dazwischen. Das Dockville war schließlich nie nur Musik, sondern immer auch Kunstaktion und -präsentation für, mit und von den Besuchern. Doch auch ohne diesen liebevoll verzierten Rahmen gäbe es genügend Gründe vorbeizuschauen. Namentlich z.B.: Die Antwoord, Birdy, Jake Bugg oder Milky Chance, die jedoch nur noch diejenigen sehen können, die bereits ein Ticket erworben haben. Einen Lichtblick gibt es jedoch auch für Spätzünder noch: das Sonntagticket. Für 29 Euro gibt es damit noch die Gelegenheit unter anderem Samy Deluxe, Alligatoah, OK KID, Nils Frahm oder Flume live zu erleben und zwar – im Gegensatz zu den dann seit Freitag Campierenden – frisch gewaschen und gekämmt.

Text: Miriam Mentz

 

Mykki Blanco

Die Rapperin aus New York hält ihre Gender-Bending-Performance im Rahmen des Internationalen Sommerfestivals auf Kampnagel ab.

Sie bezeichnet ihre Musik selbst als Performance-Kunst: Mykki Blanco – Transvestit, Rapperin, Poetin. Gemeinsam mit Künstlern wie Le!f, Cakes Da Killa oder Zebra Katz gilt sie als Vertreterin von LGBT HipHop – also Rap, der sich explizit gegen Homophobie und Anti-Gay-Lyrics ausspricht. Dinge, die noch immer häufig der HipHop-Kultur zugesprochen und als solche auch toleriert werden. Mykki Blanco hat da allerdings ihre ganz eigene Sicht auf die Dinge: „Weil Schwarze immer noch ärmer und daher auch weniger gebildet sind als der Durchschnitt der Bevölkerung, gibt es eine Tendenz, sich nach dem zu richten, was die Kirchen an Orientierung bieten. Und das ist leider homophob“, so Blanco in einem Interview mit der ZEIT. Soll heißen: Das Problem liegt nicht am HipHop, sondern primär an den immer noch viel zu häufig reaktionären Werten unserer Gesellschaft. Um weiter den Nährboden für eine tolerantere Zukunft, nicht nur im HipHop, zu bestellen, kommt Mykki Blanco nun mit ihrem aktuellen Werk Betty Rubble: The Initiation EP (2013) zum Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel.

Text: Jan Kahl