Lesezeichen
 

Bob Wayne

Der bärtige Country-Punk mit G.-G.-Allin-Shirt und Arschlochbrille spielt seine charmant-rotzigen Hillbilly-Nummern im Hafenklang.

Na, wenn das mal kein lustiger, feucht-fröhlicher Abend wird: Bob Wayne und seine Outlaw Carnies sind irgendwie zwischen Seattle und Nashville beheimatet. Ihr Sound atmet entsprechend sowohl den Geist von Grunge und Punk wie auch von traditionellem Country & Western. Dass Bandleader Bob bei seinen Auftritten gern mal T-Shirts des 1993 verstorbenen Scum-Punkers G. G. Allin trägt, sagt ja eigentlich schon alles: Mit ultra-konservativen Hillbillies kann man es hier jedenfalls nicht zu tun haben (sonst würde dieses Konzert auch nicht im Hafenklang stattfinden). Reverend Beat-Man, der den Support für Bob Waynes Band liefert, ist einer dieser Solisten, die mit Gitarre, Mikrofon und Bassdrum ganz allein eine Show schmeißen können. Bei seinem Hamburg-Gastspiel wird der Schweizer von Sister Nicole Izobel Garcia unterstützt.

 

Scandi Pop Party

Zur alljährlichen Bootstour mit skandinavischem und britischem Indie-Pop lädt das DJ-Team von Hit The North diesmal auf die Barkasse Frau Claudia.

Seit einigen Jahren versorgt das DJ-Team von Hit The North sein Hamburger Publikum mit dem Neusten und Besten sowie Klassikern und Geheimtipps in puncto „Indie-Pop aus Skandinavien“. Eine kleine Tradition ist da fast schon die alljährlich stattfindende Bootstour auf einer Barkasse der Frau-Hedi-Flotte. Am 18. Juli ist es wieder soweit: Diesmal sticht Frau Claudia in See, mit an Bord ist jede Menge Musik aus dem Kernkompetenzbereich des Teams, aber auch Artverwandtes aus den Genres Gitarren- und Brit-Pop, Wave, Shoegaze und C86 (Class of 86, benannt nach einer Kassetten-Compilation, die das englische Musikmagazin NME 1986 herausgebracht hat). Allein die vielen DJs, die diesmal angekündigt sind, würden schon den Kahn vollmachen: St. Hooligan, Secret Shine, Gregg Breth, Jens, Pamela, Twisterella, Ronald, Mathias und Foxy Boy. Wohin bloß mit den Passagieren? Wird schon irgendwie …

 

Umsonst im Kino

Regisseur Stephan Geenes Überraschungserfolg auf der diesjährigen Berlinale feiert seine Hamburger Premiere im 3001.

Es ist Sommer in Neukölln! Und von den sonnigen Seiten des in den Medien immer wieder als “Problembezirk“ bezeichneten Berliner Stadtteils erzählt der Spielfilm Umsonst auf so erhellende Art und Weise, dass er zum Überraschungserfolg der diesjährigen Berlinale wurde. Reclaim the Streets hieß in diesem filmischen (Glücks-)Fall, die Handlung nahezu komplett auf den Straßen spielen zu lassen, auf denen nun ein Berlin-Besucher aus Neuseeland und die Tochter seiner Vermieterin nicht nur Freundlichkeiten miteinander austauschen. “Umsonst ist auf leichte, fast poetische Weise mit Wirklichkeit gesättigt“, urteilte die taz, während der Rezensent von Spiegel Online befand, es hier mit einem “unglaublich charmanten und lustigen Hauptstadtfilm“ zu tun zu haben. Bei der Hamburg-Premiere ist Regisseur Stephan Geene zu Gast.

 

Herschel Spinnenbein

Der Singer/Songwriter trägt seine schräg-humorigen Folk-Lieder im Backpacker’s Hostel St. Pauli vor. Der Eintritt ist frei.

Who the f*cking f*ck ist Herschel Spinnenbein? Bei so einem Namen muss man doch direkt mal aufmerken. Interessanterweise ist über diesen Typen nicht sonderlich viel herauszufinden, außer: Es muss sich um ein männliches, menschliches Wesen handeln, angeblich aus Trier, mit einer akustischen Gitarre bestückt und vielen Geschichten im Kopf, die er in englischer Sprache zu folky und country-esken Songs vorzutragen pflegt. Na, immerhin. Sehr viel mehr muss man über Herrn Spinnenbein vielleicht gar nicht wissen. Aber die Clips zu Hog Melody No. 1 und Fuck (immer wieder ein netter Songtitel) sollte man sich noch kurz mal anschauen. Danach muss man ihn einfach ins Herz schließen. Wer so harmlos tut und so bissige Zeilen singt, dem sollte die Welt zumindest eine Weile zuhören. Übrigens: Das Konzert ist, wie immer im Backpacker’s Hostel St. Pauli, kostenlos.

 

Knete & ¡Son Turistas!

Zwei Jungs-Quartette aus Hamburg präsentieren ihre unterschiedlichen Auffassungen von Indie Rock live in der Astra-Stube.

Im Rahmen der Reihe Hamburger Sommer (mittlerweile kann man ja endlich und wirklich von einem echten Sommer sprechen) sind am 17. Juli zwei Hamburger Gruppen in der Astra-Stube zu Gast. ¡Son Turistas! bezeichnen sich selbst als „Indie Rock Outfit“. Rocken tut hier aber nur sehr wenig. Die Songs des Quartetts klingen eher ziemlich getragen, fast schon kraftlos oder depressiv, was nicht bedeutet, dass sie dabei nicht auch eine eigenwillige Schönheit ausstrahlen. Die zweite Band im Bunde heißt nicht Asche, Mäuse oder Pinunse, sondern Knete. Auf sie trifft das Etikett „Indie-Rock“ auf jeden Fall zu. Außerdem sind ihre Texte nett anzuhören. Kleine Kostprobe (aus Diese Stadt): „Die Tage werden immer kürzer / der Regen frisst die Sonne / Im Hinterhof vom Freudenhaus / ertrinkt ’ne Ratte in einer Tonne.“ Dann im Refrain: „Diese Stadt hat viele Gesichter / und die haben viele Geschichten / und wir wären schlechte Dichter / würden wir auf sie verzichten.“ Kann man bringen, oder?

 

Molière und der Tod

Das Ensemble des Eimsbüttler Theaters N.N. lädt zum Open-Air-Sommertheater mit Picknick in den Römischen Garten nach Blankenese.

Es sah alles andere als gut aus für das Eimsbüttler Theater N.N., nachdem ihm die Förderung von der Kulturbehörde im letzten Jahr gestrichen wurde. Doch das Team um Regisseur Dieter Seidel trotzte den Widrigkeiten und führt jetzt wieder das beliebte Freilufttheater im Römischen Garten in Blankenese auf. Zu sehen gibt es diesmal eine Uraufführung von Bettina Katalins Moliere, wach auf!, in der sich das Ensemble dem Theatermeister Molière widmet, der in ihrem Stück auf den Tod trifft: Und anstatt sich von diesem einschüchtern zu lassen, bringt er ihm etwas über die Komödien und Tragödien des Lebens bei. Am 17. Juli ist Premiere. Weitere Vorstellungen: 18., 19., 24. bis 26. Juli sowie vom 7. bis 10. August. Wichtiger Hinweis: Wie im Englischen Picknicktheater kann auch hier der eigene Picknickkorb samt Inhalt mitgebracht werden.

Text: Hanna Klimpe

 

Love is a Battlefield

15 Künstler beschäftigen sich im Gängeviertel mit dem, was von der Liebe übrig blieb. Die Ausstellung läuft noch bis zum 27. Juli.

Kein Weg ging 1983 an Pat Benatars Mega-Hit Love is a Battlefield vorbei, in dem sie, durchaus auf der Feminismuswelle der Zeit surfend, die Liebe als Schlachtfeld besang – und im Video dazu erst als Prostituierte arbeitete und dann einen Zuhälter langmachte. Ein Abgesang auf die Liebe ist auch die gleichnamige Schau im Gängeviertel, beziehungsweise auf deren Vermarktung, darauf wie Romantik, Emotionen und Sehnsüchte ohne jedes Gefühl vermarktet werden, durch die mediale Dauerschleife gedreht, wie sie instrumentalisiert werden und dabei ganz schleimig und klein. 15 Künstler hat Belinda Grace Gardener für die Störbilder der Liebe versammelt. Den Abgründen wird dabei ein ebenso großer Raum gegeben wie den Absurditäten, auf die emotionalen Trümmerfelder wird genauso geschaut wie auf die Glücksvision, auf das große Gefühl und das eventuelle Happy End. Das geschieht in Arbeiten von Carly May Borgstrom, die mit ihren Filmen bereits bei den Internationalen Oberhausener Kurzfilmtagen vertreten war, bei Cordula Ditz, deren Faible für Horrorfilme unübersehbar ist, ob dabei Schimmel dem Meer entsteigen oder rote Ballons fliegen oder in den abstract activism-Performances der Dänin Louise Vind Nielsen.

Text: Sabine Danek

 

The Notwist

Die Band, die ein bayrisches Dorf namens Weilheim auf die musikalische Landkarte gesetzt hat, kommt für ihr zweites Hamburg-Gastspiel in die Altonaer Fabrik.

Die Langsamkeit haben The Notwist längst für sich entdeckt: Zwischen ihren Albenveröffentlichungen dehnt sich gerne mal ein halbes Jahrzehnt. Dabei hat die Band aus dem bayerischen Weilheim ursprünglich (gemeinhin schnelleren) Hardcore-Hintergrund. Die Lust am Krach äußert sich heutzutage eher in elektronisch-elektrischen Soundcollagen, ab und an springt auch noch einmal ein Indierock-Hit wie Kong dabei heraus (wo Console und die Acher-Brüder auf einmal wie die besseren Slut klingen, die ganz früher mal die schlechteren Notwist waren). Vor nur wenigen Wochen spielte die Band ein umjubeltes Konzert in der Laeiszhalle, kein schlechtes Ambiente für den geschmackvoll dekonstruierten Pop der Geräusch-Ästhetiker. Jetzt geht es aber wieder in den Club: In der Fabrik darf zu den Songs des aktuellen Albums Close To The Glass dann auch getanzt werden.

Text: Michael Weiland

 

Flexibles Flimmern

Kino der besonderen Art: Federico Fellinis „Schiff der Träume“ auf der Cap San Diego, im Original mit englischen Untertiteln.

Besser können Location und Thematik nicht ineinandergreifen: Die nomadenhaften Filmvorführer von Flexibles Flimmern nisten sich auf der Cap San Diego ein und zeigen Schiff der Träume (1983). Regisseur Federico Fellini katapultiert den Zuschauer ins Jahr 1914 – direkt zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs und auf den Ozeandampfer Gloria N, der vor Neapel die Leinen löst. An Bord begegnen ihm eine bunte Mischung Charaktere: Prinzen, ein krankes Nashorn, vornehme Damen, serbische Flüchtlinge und die Asche einer toten Operndiva, allesamt dem Untergang mit geweiht – genau wie das alte Europa? Fellini porträtiert die einzelnen Figuren und Ereignisse stets auf eine groteske, zum Teil ironische Art und Weise und mit beeindruckenden musikalischen Mitteln. Der Film wird im Originalton mit englischen Untertiteln gezeigt. Für themenrelevante Versorgung des leiblichen Wohls ist selbstverständlich auch gesorgt.

Text: Tanja Ehrlich

 

Gravity

Beeindruckende Weltraumbilder unter freiem Himmel: Das Zeise Open Air zeigt den Science-Fiction-Film “Gravity“ im Altonaer Rathaus.

Gravity – das ist der Film, der im letzten Jahr all die Academy Awards gewonnen hat und der trotzdem kaum jemandem so recht gefallen hat. Aber vergessen wir die fragwürdigen (bis unrealistischen) Aspekte des Werkes und konzentrieren wir uns auf das, was den Film trotzdem sehenswert macht, und das sind all die eindrucksvoll gestalteten Bilder (Danke, visuelle Technik – dafür übrigens auch die Oscars). Die Ästhetik dominiert und so lässt sich der Zuschauer unweigerlich auf den langwierigen Überlebenskampf der Astronautin ein und erliegt der Spannung, die durch die paradoxe Gewissheit entsteht, dass jeder Atemzug Sauerstoff die Protagonistin dem Tod ein Stückchen näher bringt. Die Location, der Innenhof des Altonaer Rathauses unter freiem Himmel, unterstützt die Atmosphäre und Intensität der Narrative zusätzlich und macht die Vorführung zu einem außergewöhnlichen Erlebnis. Wer jetzt noch skeptisch ist: Da ist ja auch noch George Clooney

Text: Tanja Ehrlich