Am 22. September ist es passiert. Erstmals, seit es Aufzeichnungen darüber gibt, sank die zehnjährige Rendite einer deutschen Staatsanleihe für Sekunden unter drei Prozent. Ich glaube, das war die Zinswende. Bis September hatte ich mich im Deflationistencamp aufgehalten. Und vier Jahre in Folge weiter sinkenden Zinsen das Wort geredet. Was lässt mich an die Wende glauben? Zwei Dinge. Weiter„Die Zinswende ist da“
Die SPD in der Krise, jammern die Leitartikler. Die Große Koalition in der Krise, ja ganz Deutschland in der Krise. Und das zu einer Zeit, da es der Wirtschaft so schlecht geht und Reformen dringend und unaufschiebbar sind.
Linksrutsch in der SPD. Die rote Andrea stürzt den tapferen Münte. Und das alles auch noch während der Verhandlungen zur Großen Koalition. Oh arme deutsche Wirtschaft. Das wird böse enden.
War was? Der Dax hat seinen größten Tagesgewinn (in Punkten) des Jahres gefeiert. Alles halb so schlimm? Oder gar ein Grund zur Freude?
An der Oberfläche juckt der Linksrutsch niemanden. Ein Scheitern der Großen Koalition wird am Finanzmarkt nicht erwartet. Daran glaubt niemand. Auf den zweiten Blick kann der Aufstand des SPD-Parteivorstandes sogar gut für die Märkte sein. Denn was bedeutet er? Die 35-Milliarden-Euro-Loch-Stopfer müssen vorsichtiger werden. In dem Kampf Wachstum gegen Haushaltskonsolidierung hat Wachstum heute einen entscheidenden Punktsieg errungen. Das ist gut für Aktien, wenngleich eher für konsumnahe Titel und für Aktien der zweiten und dritten Reihe, die stärker vom Inland und Europa abhängen als die Dax-Firmen. Das ist schlecht für die Deflationisten, die Deutschland Masochismus zutrauen, sogar die Wiederholung der Fehler von Brüning.
Wenn es überhaupt eine Botschat des heutigen Tages gibt: Kaufe Aktien, verkaufe Staatsanleihen, kaufe Euro, verkaufe Dollar. Denn hier ist das Wachstum! Downside risk: Destabilisierung der Koalitionsverhandlungen, Neuwahlen, ein Jahr Paralyse. Das könnte gut für Bonds und schlecht für Aktien sein, zumindest in der kurzen Frist.